Eigentlich müsste im Duden unter dem Begriff „Unkaputtbar“ (den es nach Recherche da noch gar nicht gibt) das Bild der Frankfurter Gerstentee Liebhaber stehen, denn trotz vieler widriger Umstände, vor allem Mitte der Neunziger, haben sich die Urgesteine Gerre und Frank zusammen mit ihrem Team niemals beirren lassen und sind zielstrebig weiter ihren Weg gegangen. Das ist gut so und lobenswert, denn die Thrash Welt wäre um ein Vielfaches ärmer, würden Tankard irgendwann den Bierkrug streichen. Doch davon sind die Jungs weit entfernt, was der mittlerweile 16. Longplayer „R.I.B.“ eindrucksvoll beweist und den Vierer fit und frisch wie seit langem nicht mehr präsentiert.
War mir der Vorgänger „A girl called cerveza“ an manchen Stellen etwas zu sperrig, so hat es auf „R.I.B.“ den Anschein, als ob Tankard ihre Spritzigkeit und Frische wiedergefunden haben und die Songs sich frei von der (noch vorhandenen?) Leber schrieben ließen. So erklärt sich vielleicht der saustarke und zuweilen rasende Opener „War cry“, bei dem gerade Gitarrist Andy Gutjahr sein Können unter Beweis stellt. Überhaupt haut der Saitenwizard ein ums andere Mal mächtige Riffs raus, die sehr wohltuend an alte Schandtaten der Jungs erinnert. So hätte beispielsweise „Clockwise to deadline“ auch locker auf „The morning after“ stehen können. Überhaupt findet man einige Anspielungen auf die alten, glorreichen Tage. So wird zum Beispiel dem Doktor aus „Chemical invasion“ beim Titeltrack gehuldigt, der scheinbar auch auf dem Cover erneute Verwendung fand. Richtig gut sind die Mannen aus Mainhatten, wenn sie aktuelle Themen aufgreifen wie bei „Fooled by your guts“, bei dem die seltene Krankheit des „Eigenbrauerei Syndroms“ aufgegriffen wird, wo ich nach dem lesen eines Artikels im Jahr 2013 sofort erahnte, das diese Thematik nicht spurlos an Tankard vorüber ziehen kann und darf. Schön ist auch das autobiografische „No one hit wonder“ (…no one hit wonder a rolling thunder, we play our asses of for 30 years…) und die 80er Jahre Punk Reminiszenz “The party ain’t over til we say so”, der hoffentlich auch zu livehaftigen Ehren kommen wird.
31 Jahre Bandgeschichte und Ermüdungserscheinungen kann ich beim besten Willen nicht erkennen, eher im Gegenteil, denn „R.I.B.“ ist extrem abwechslungsreich, druckvoll und zeigt eindeutig, dass wahrscheinlich auch in den nächsten 30 Jahren mit Tankard zu rechnen sein wird. Die Scheibe strotzt vor Witz und Esprit und ist für das momentan vorherrschende heiße Wetter der perfekte Soundtrack, um störende Groß-Familien-Griller vom Tempelhofer Feld zu vertreiben und die wahren Fans um sich zu scharen, denn davon hatten Tankard in der Vergangenheit mehr als genug und mit diesem famosen Album werden noch einige mehr dazu kommen. Großer Käsetoast!
Bewertung: unerwartet starke und wohl verdiente 8,9 von 10 Punkten
Tracklist:
01. War cry
02. Fooled by your guts
03. R.I.B. (Rest in beer)
04. Riders of the doom
05. Hope can’t die
06. No one hit wonder
07. Breakfast for champions
08. Enemy of order
09. Clockwise to deadline
10. The party ain’t over til we say so
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TANKARD (2014)
"R.I.B."