Label: Metal Spiesser Records
VÖ: 06.10.2017
Stil: Heavy Metal
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Kommen wir nun zu einer Band, bei der man recht weit ausholen kann und muss. Warum? Enrichment kennt doch keine Sau (trotz Existenz seit 1994), sagt Ihr Euch? Das ist durchaus richtig, doch hinter der dem Fünfer verbirgt sich die Band um ex-Starsearch Gewinner Martin Kesici, der nicht nur seit seinem Gewinn dieses kurzlebigen Casting Formates auf Sarg 1 als hochgehypter D-Promi diverse TV Formate durchleben musste und dabei die Nation mit eleganter Lethargie bei „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ hängemattenliegend in den Schlafmodus trieb. Doch man wird Martin nicht gerecht, wenn man ihn nur auf solche Formate herunterbricht, denn eines war und ist ehemalige Morgenmoderator bei StarFM Berlin immer geblieben: Ein verfickter Metalhead, auch wenn man ihn seitens der Medien immer wieder versuchte, auf eine andere Ebene herunter zu brechen.
Natürlich ist es für mich nicht unbedingt ein Leichtes ein Album eines Mannes zu besprechen, mit dem ich Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger angefangen habe, selber Musik zu fabrizieren (Exmatis nannte sich der erste selbstgebastelte Metal-Versuch) und damals hautnah dabei war, wie er sich Autodidakt das Gitarre spielen beibrachte und selbst nach dem drölfzigsten gescheiterten Versuch, „Alison hell“ von Annihilator fehlerfrei herunterzuprügeln, niemals den Kopf in den Sand steckte und unbeirrt weiterging. Doch genug von den Ausflügen in die Vergangenheit, widmen wir uns der Gegenwart und der daraus hoffentlich rosig resultierenden Zukunft, die Enrichment mit ihrem seit fast 5 Jahren angekündigten ersten Album „Reanimate“ durchaus innehaben könnten.
Warum? Ganz einfach: Auf diesem Album gibt es harten und heftigen Heavy Metal in Reinkultur, der einer Band wie den alten Pantera oder sogar in einigen Teilen Megadeth unglaublich gut zu Gesicht gestanden hätte. Harte Riffs, sehr filigran ausgearbeitete Arrangements, die natürlich nicht nur von Herrn Kesici leben, sondern auch die Klasse seiner Mitstreiter offenbart, allen voran sein kongenialer Partner Vincent, der sich zusammen mit Mr.Käsefuß ein Wettrennen um das fetteste Riff auf dem Album liefert. Das gipfelt darin, dass man zuweilen von der Wucht des hier Dargebotenen förmlich weggeweht wird. Ich gebe ehrlich zu, dass ich mit solch einer Vorstellung nicht gerechnet hatte und gleich beim ersten Hören eine gewisse Verzückung verspürte. Es macht einfach mächtig Späne, bei Songs wie „I swear“, „Crawl“, dem fetten Schlepper „Nothing to say“ oder meinem persönlichen Favorit „Back again“ die Faust im Takt kreisen zu lassen. Auch die Texte sprechen für sich und offenbaren zuweilen einen tiefen Einblick in die Seele Martins, der in den letzten Jahren durchaus eine Menge einstecken musste, doch immer wieder aufstand und sich nicht verbiegen ließ. Nein, dieses Album ist ehrlich, heavy, direkt, fett produziert und durchaus ein Soundtrack für jede etwas längere Autofahrt.
Selbst das damalige „Siegerlied“ und dadurch weithin bekannte „Angel of Berlin“, welches bei so mancher Dame einen leicht feuchten Streifen in String hinterließ, erfährt durch seine Metalisierung einen völlig neuen Anstrich und rockt wie Sau. Gerade hier merkt man, was für ein außergewöhnlich guter Sänger Martin über die Jahre hinweg geworden ist. Wenn ich da an unsere im Proberaum heruntergerotzte Version von Slayers „Piece by piece“ denke…das ist so, als wenn der Corpsegrinder die Hauptrolle in „Das Phantom der Oper“ übernehmen würde…also als Sänger versteht sich.
Enrichment sind nicht massenkompatibel und definitiv nichts für all die „Blöd“ Leser in dieser Republik und ich nehme mal stark an, dass dies auch niemals beabsichtigt war. Ob die Jungs mit dem „Promi-Bonus“ von Martin ein bis zwei Scheiben mehr verkaufen werden, weiß ich nicht vorauszusagen, kann es mir aber kaum vorstellen. Das wäre allerdings in anbetracht der Tatsache, das „Reanimate“ ein mächtig fettes Stück Metal geworden ist, wirklich schade, denn ich würde den Jungs einen Erfolg wünschen. Natürlich auch aufgrund der Tatsache, dass ich gerne zukünftig noch mehr von Enrichment hören möchte, denn das hier Dargebotene macht so viel Spaß, wie ein Abend mit guten Freunden, einem Haufen Bier und gitarrenorientierter Unterhaltungsmusik, bei der man beschwingt den Kopf im Takt mitbewegen kann.
Bewertung: 9,0 von 10 Punkten
Tracklist:
01. Intro
02. When silence breaks
03. Crawl
04. My war
05. Reanimate your roots
06. Pounding
07. Obey (The truth)
08. Nothing to say
09. Back again
10. I swear
11. I stand alone
12. Angel of Berlin

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