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SIMONE SIMONS – Vermillion (2024)

(9.059) Jörn (9,5/10) Progressive Metal / Symphonic Metal


Label: Nuclear Blast
VÖ: 23.08.2024
Stil: Progressive Metal / Symphonic Metal






Irgendwann kommt wohl jeder Künstler mal an einen Punkt, an dem man neben der eigenen Hauptband gerne noch etwas anderes machen möchte. Viele Musiker gründen dann oft ein Nebenprojekt oder übernehmen Gastbeiträge auf Veröffentlichungen von befreundeten Bands. Gerade Sänger und Sängerinnen scheinen stattdessen häufig eher ein Solo-Album in Angriff zu nehmen. So zumindest mein persönlicher Eindruck.

Als Gast hat SIMONE SIMONS ihre Stimme schon immer gerne auch an andere ausgeliehen. Egal ob bei KAMELOT, PRIMAL FEAR, MAYAN, LEAVES’ EYES, you name it … Die Frontfrau der Symphonic-Metaller EPICA zeigte sich schon immer umtriebig und durchaus experimentierfreudig. Nun erscheint ihr erstes Soloalbum. Damit folgt sie vielen anderen weiblichen Kolleginnen ihrer Zunft. ANNEKE VAN GIERSBERGEN verschlug es nach ihrem Ausstieg bei den Trip-Rockern THE GATHERING auf eher ruhigere Alternative-Pfade. NIGHTWISH-Sirene Floor Jansen entschied sich hingegen für gefühlvollen Rock mit etwas Pop-Schlagseite und erreichte nicht zuletzt hierdurch in ihrer niederländischen Heimat Superstar-Status.

Was nun die Frage aufwirft, wie Frau Simons ihr Solo-Debüt angegangen ist. Wer jetzt befürchtet hat, Simone würde jetzt auch auf Popstar machen, braucht sich aber keine Sorgen zu machen. Die gute hat sich nämlich mit ihrem Landsmann Arjen Lucassen eine wahre Wunderwaffe als Komponisten für ihre Songs ins Boot geholt.

Dass sie und der AYREON-Mastermind bereits mehrfach gemeinsame Sache gemacht haben, ist mehr als hinlänglich bekannt. Und dass die Ergebnisse aus dieser Kollaboration in der Vergangenheit immer großartig waren, ist auch kein Geheimnis. Auch mir ist sie vor allem durch ihre Teilnahme an mehreren AYREON-Alben nachhaltig im Gedächtnis geblieben.

Das ist auch nicht ungewöhnlich, da Mastermind Arjen Lucassen einfach ein Talent dafür besitzt, aus seinen Gästen, egal ob Männlein oder Weiblein, stets das beste herauszukitzeln und ihnen teilweise Performances entlockt, die nicht selten die Darbietungen auf den Veröffentlichungen der jeweils eigenen Bands in die Tasche stecken.

Gleichzeitig scheinen dem holländischen Meisterkomponisten einfach nie die großen Ideen auszugehen. Wenn Simone nun also sagt: „Hey Arjen, schreib mir doch bitte Songs für mein Soloalbum“, dann erwartet man von Herrn Lucassen auch nichts anderes als ein Meisterwerk.

Und, Holy Shit, er hat mal wieder geliefert. Und zwar sowas von. Daher überrascht es eigentlich auch kein bisschen, dass sich die „Vermillion“ betitelte Scheibe als eben genau das herausstellt: Ein f*#king Meisterwerk.

Von Sekunde eins an versprühen alle Songs eine dichte dystopische Atmosphäre. Darauf zahlen auch die vielfach eingesetzten Synthesizer mit ein, ohne die es natürlich kein Album unter Beteiligung von Arjen Lucassen geben kann. Aber erfreulicherweise nimmt weder der dadurch durchaus vorhandene kühle Bombast noch die vereinzelt eingesetzten elektronischen Elemente je die Überhand. Der instrumentale Fokus liegt klar auf den Gitarren. Und auch wenn die Songs meist im unteren Midtempo gehalten sind, braten diese mächtig fett und richtig schön tief aus den Boxen.

Und dann kommen wir endlich zu der eigentlichen Hauptperson. Denn der Name SIMONE SIMONS steht nicht umsonst auf dem Cover. Um es kurz zu machen: Falls es überhaupt noch Leute gibt, die immer noch daran gezweifelt haben, dass die Frau mit der feuerroten Mähne über ein überaus großes Repertoire an Gesangswerkzeug verfügt, wird hier in Null-Komma-Nix die Meinung ändern. Spielend verleiht sie den mal mystischen, mal zarten, mal härteren Melodien ein unglaublich hohes Maß an Leben, Dramatik und vor allem eine ganze Menge Gefühl. Dazu kommen Texte, die nicht selten unter die Haut gehen. So beschreibt sie in „In Love We Rust“, einem der zwei ruhigeren Songs des Albums, unheimlich treffend eine langsam sterbende Liebe. Jeden, der sowas schon einmal erlebt hat, trifft das direkt ins Mark.

Letztlich wäre es müßig, hier noch groß auf die anderen Songs einzeln einzugehen. Denn hier gibt es keinerlei Schwachpunkte und nicht einen Ausfall. Punkt.

Wenn überhaupt würde ich als einzigen kleinen Kritikpunkt anbringen, dass Simone sich nicht selbst an den wirklich heftigeren Gesangs-Parts versucht hat und sich hierfür stattdessen mit Alyssa White Gluz, ihres Zeichens Schrei-Queen bei ARCH ENEMY oder mit dem EPICA-compañero Mark Jansen ein paar alte Bekannte rangeholt hat. Die machen ihre Sache erwartungsgemäß natürlich sehr gut. Aber gerade hier wäre ich doch sehr interessiert daran gewesen, wie die Gastgeberin diese extremeren Situationen selbst gelöst hätte.

Sei’s drum. „Vermillion“ ist erfreulicherweise mehr Kunst als Kommerz und stellt sich als ein einfach alles richtig machendes Solo-Debüt heraus. Und auch wenn die Songs die Hörer, die Simone eher von ihren AYREON-Beiträgen her als von ihrer Hauptband EPICA kennen, noch direkter abholen, wird Fans aus beiden Lagern alles geboten. Gefühlvolle Vocals im Wechselspiel mit hartem Gegrowle und bombastischen Chören: Symphonic-Metal-Herz was willst du mehr? Genau. Gar nix. Außer in Zukunft noch ganz viel mehr aus der Zusammenarbeit von Simons/Lucassen.

Anspieltipps: „Cradle To The Grave“ und „In Love We Rust“


Bewertung: 9,5 von 10 Punkten


TRACKLIST

01. Aeterna
02. In Love We Rust
03. Cradle To The Grave
04. Flight Of Fight
05. The Weight Of My World
06. Vermillion Dreams
07. The Core
08. Dystopia
09. R.E.D.
10. Dark Night Of The Soul



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