KILLSWITCH ENGAGE – This Consequence (2025)
(9.381) Olaf (9,4/10) Metalcore
Label: Metal Blade
VÖ: 21.02.2025
Stil: Metalcore
Es gibt Bands, die sich mit der Zeit verändern, und es gibt Killswitch Engage, die sich treu bleiben, ohne jemals zu stagnieren. Seit über 25 Jahren liefern sie eine mitreißende Mischung aus brachialer Härte und eingängigen Melodien, die ihren ganz eigenen Stempel im Metalcore hinterlassen hat. Nun melden sie sich nach sechs Jahren Pause mit This Consequence zurück – und beweisen eindrucksvoll, dass sie immer noch hungrig sind. Statt sich auf Altbewährtem auszuruhen, hebt das Album ihren Sound auf eine neue Ebene: kraftvoll, wütend, aber auch durchdachter als je zuvor.
Rückblende: Ende der 90er-Jahre. Fünf Freunde aus Massachusetts jammen sich durch die örtlichen Kellerräume und legen so den Grundstein für eine Karriere, die sich mittlerweile auf über 25 Jahre erstreckt. Was als musikalisches Experiment begann, wurde mit Alive or Just Breathing (2002) zum weltweiten Metal-Phänomen. Die Szene war elektrisiert, und plötzlich sprach jeder über diesen Hybrid aus Hardcore-Intensität und Heavy-Metal-Melodien. The End of Heartache (2004) und As Daylight Dies (2006) hievten die Band in den Mainstream, Gold- und Platinauszeichnungen folgten, Grammy-Nominierungen hagelte es gleich mehrfach. Und live? Da teilten sich die Jungs die Bühne mit Größen von Iron Maiden über Slipknot bis hin zu My Chemical Romance.
Nach einigen Besetzungswechseln und einem Sänger-Comeback von Jesse Leach im Jahr 2012 meldet sich die Band mit This Consequence nun zurück – und setzt alles auf eine Karte. Denn wie Jesse selbst sagt: „Wir mussten das nächste Level erreichen. Wir wollten uns nicht wiederholen. Alles war sehr sorgfältig geplant und mit viel Herzblut geschrieben.“
Schon der Opener Abandon Us macht klar, dass hier nichts dem Zufall überlassen wurde. Ein giftiges Riff, ein Moshpit-Garantiepart und eine Melodieführung, die sowohl vertraut als auch neu wirkt – willkommen zurück, Killswitch Engage! Jesse schreit sich die Seele aus dem Leib und verpackt eine bittere Botschaft: „Es geht um Verrat, um das Gefühl, dass du von denen im Stich gelassen wurdest, die eigentlich für dich da sein sollten.“
Mit Discordant Nation wird es politisch: „Es geht um die Illusion von Gerechtigkeit in einem System, das eigentlich gegen uns arbeitet.“ Musikalisch bedeutet das eine knackige Mischung aus Thrash-Elementen und einem hymnischen Refrain, der live ein Abrisskommando auslösen dürfte.
Mein persönliches Highlight ist Aftermath, das mit seinem gezupften Intro kurz eine falsche Sicherheit suggeriert, nur um dann in eine donnernde Soundwand zu münden. Jesse beschreibt es als Song über das Überleben: „Du hast Depressionen, du denkst, es geht nicht mehr weiter – und dann wachst du eines Morgens auf und merkst: Doch, es geht. Heute ist ein neuer Tag.“ Dieses Wechselspiel zwischen Hoffnung und Schmerz macht den Song zu einem emotionalen Monster.
Aber auch das gnadenlose Where It Dies gehört für mich zu den besten Momenten des Albums. Eine unerbittliche Abrechnung mit falschen Freunden und toxischen Beziehungen – musikalisch so brutal, dass es selbst den härtesten Nacken in die Knie zwingt. „Es geht darum, sich von Ballast zu befreien – von Menschen, die einen runterziehen.“ Mission erfüllt.
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Für Fans der epischen Hymnen hat die Band mit Forever Aligned eine Wuchtbrumme im Gepäck, die perfekt zwischen Wucht und Eingängigkeit balanciert. Die Zeile „It’s you, I find, forever in my mind“ brennt sich ins Gedächtnis und dürfte live für einen der lautesten Mitsing-Momente sorgen.
Mit Collusion wird die gesellschaftskritische Ader weitergeführt. Jesse bringt es auf den Punkt: „Die Mächtigen manipulieren, die Massen gehorchen. Ein uraltes Spiel.“ Gepaart mit messerscharfen Riffs und einer explosiven Dynamik, die an die besten Momente von Disarm the Descent erinnert, wird hier ein weiteres Statement gesetzt.
Und dann kommt Broken Glass – ein Song, der tatsächlich nach Glas klingt: scharfkantig, gefährlich, schneidend. Adam Dutkiewicz ist begeistert: „Ich bin am meisten gespannt darauf, wie die Fans den Song aufnehmen. Es ist anders als alles, was wir je gemacht haben.“ Jesse gibt die metaphorische Bedeutung preis: „Die Worte eines Lügners schneiden wie zerbrochenes Glas. Wenn du jemals eine zerstörte Familie oder eine zerbrochene Beziehung erlebt hast, weißt du, wovon ich spreche.“ Unangenehm ehrlich – und damit umso stärker.
Sechs Jahre Pause, und dann das? Killswitch Engage haben mit This Consequence eine echte Statement-Platte abgeliefert. Der Sound ist brachial, die Produktion fett, die Riffs meisterhaft. Jesse Leach klingt so gut wie nie, die Texte treffen ins Schwarze, und die Band wirkt insgesamt frischer und entschlossener als noch vor ein paar Jahren. Die Mischung aus Vertrautem und Neuem macht das Album zu einem der stärksten Releases in ihrer Karriere.
Ich gebe es zu: Ich war nie der größte Killswitch Engage-Fan. Aber dieses Album hat mich gekriegt. Nach den ersten ein, zwei Durchläufen war ich noch skeptisch, doch mit jedem weiteren Hören wuchs die Begeisterung. Und jetzt? Jetzt bin ich überzeugt.
Mit Songs wie Aftermath und Where It Dies setzen sie neue Maßstäbe für modernen Metalcore. Es ist eine Platte, die laut gehört werden muss – und die genau zur richtigen Zeit kommt. Denn nach sechs Jahren Funkstille ist die Botschaft klar: „Tach, da sind wir wieder. Danke, dass ihr unseren Thron warmgehalten habt – und jetzt beiseite, ihr Loser!“
Bewertung: 9,4 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. Abandon us
02. Discordant Nation
03. Aftermath
04. Forever aligned
05. I believe
06. Where it dies
07. Collusion
08. The fall of us
09. Broken Glass
10. Requiem