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DEVIN TOWNSEND – Empath (2019)

(5.341) – Olaf (10,1/10) Progressive Metal

Label: Inside Out Music
VÖ: 29.03.2019
Stil: Progressive Metal


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Ganze zweieinhalb Jahre nach seinem Studioalbum „Transcendence“ mit seinem gleichnamigen Projekt musste ich warten, um endlich neues musikalisches Material vom Meister zu erhalten. Umso mehr kribbelte es mich in den Fingern, als ich nach dem Ableben eben jenes Devin Townsend Projects das nach 12 Jahren Pause erste Solo-Album nach „Ziltoid the omniscient“ namens „Empath“ erstmals in meine Playlist packte, auf Play drückte und gespannt wie ein Flitzebogen war, mit welchen Schandtaten der gute Herr Townsend seine weltweite Gefolgschaft begeistern würde. So viel sei vorab verraten…als ich das erste Mal diese musikalische Schöpfung hinter mich gebracht hatte, schaffte es stundenlang niemand, mir mein diabolisches Grinsen aus dem Gesicht zu meißeln. Gehen wir ins Detail.

Passend zum herrlichen Coverartwork beginnt die Reise mit Klängen aus dem südpazifischen Raum, die mit einem tollen Chor und einer leisen Gitarre untermalt unter dem Titel „Castaway“ den Hörer sofort gefangen nimmt, entspannt und zum Träumen animiert. Der eigentliche Wahnsinn startet dann mit dem bereits vorab veröffentlichten „Genesis“, welches erst mit elektronischen Beats untermalt sich im weiteren Verlauf zu einem wahren Double Bass Monster entwickelt, welches ebenfalls mit Chören und Orchester untermalt wird und sofort zeigt, wohin dieser akustische Trip führen wird. Musikalischer Wahnsinn aus dem Hause Townsend, welcher mit Wahlgesängen synchron zu einem bestialisch pumpenden Schlagzeug nichts für schwache Gemüter ist. Allein die Wendungen in diesem etwas über 6 Minuten langen Stück würde vielen Bands für das Füllen von mindestens drei Alben reichen. „Spirits will collide“ hingegen klingt anfangs etwas gesetzter, eingängiger und erinnert an manchen Stellen an Enya. Erneut tolle Chöre und Devin mit ruhigem, fast hypnotischem Gesang machen dieses Stück zu einer kleinen Insel der Erholung, bevor der kanadische Klangkünstler zu einem erneuten Rundumschlag ansetzt.

Evermore“ beginnt ruhig, steigert sich langsam, um dann in wilde Raserei auszuarten, allerdings ist diese nicht unbedingt heavy, sondern vielmehr ruhig gehalten. Es ist schwer, dafür Worte zu finden. Aus einem scheinbar quirligen Ameisenhaufen an Tönen, Klängen, orchestralen Parts und Chören, kristallisiert sich schlussendlich eine Linie heraus, die den ungeübten Hörer sicherlich ziemlich fordert, die Townsend Fans aber vor Verzückung aufjuchzen lässt! „Sprite“ beginnt mit einer schönen spoken Word Einlage, die dem Hörer kurz erklärt, um was es in der nun folgenden Reise geht, die sehr sphärisch beginnt, im weiteren Verlauf vollständig auf Gitarren verzichtet und musikalisch fast einem Jean-Michel Jarre zur Ehre gereichen würde. Der nahtlose Übergang zu „Hear me“ reißt einen dann komplett aus der vorher geschaffenen Komfortzone und entpuppt sich als der zu diesem Zeitpunkt härteste Track. Fette und rasende Drum Einlagen, brutales Riffing, tiefe Growls, hypnotische Keyboard Soli im Takt der Blastbeats, die an einen John Lord auf Speed erinnern. Das ist es, was die Musik des Devin Townsend so unverwechselbar und spannend macht. Man weiß nie, was als nächstes kommt. „Why?“ ist dann genau so eine Überraschung. Fast im Walzertack wird hier ein akustischer Wahnwitz geboten, bei dem Devin gesanglich eine mehr als überragende Leistung abruft, die dann urplötzlich mit infernalischen Grunzlauten aufgepeppt wird.

Nun geht es aber in die Vollen und wer dachte, dass vorher schon Dargebotene könne nicht mehr überboten werden, sieht sich aber sowas von getäuscht. Das 11minütige „Borderlands“ ist quasi eine Zusammenfassung des ersten Akts und zeigt einmal mehr die überragenden Kompositionskünste des Nordamerikaners, der hier am Anfang auch mal ein Saxofon zum Einsatz bringt, welches kurz den Chor unterstützt, der in den ersten vier Minuten diesen Song trägt. Danach gibt es karibische Steel Drums und erneut einen musikalischen Ausflug in den Südpazifik. Härte oder verzerrte Gitarren sucht man hier erneut vergebens, was der Brillanz dieses Stückes aber keinerlei Schaden zufügt, denn allein die Chöre sind so fabelhaft, dass man sich komplett in der Zeit verliert und gar nicht merkt, dass mit dem an einen Soundtrack erinnernden „Requiem“ bereits das nächste Stück angelaufen ist. Doch all das war lediglich Vorgeplänkel zu dem, was uns Heavy Deviy zum Schluss aufgehoben hat: „Singularity“.

Dieses Stück darf man nicht als einzelnens Lied sehen, denn mit seinen fast 24 Minuten könnte allein dieser Titel ein ganzes Album füllen. Leise Gitarrenklänge und Devins unnachahmlich ruhiger Gesang bilden die Einleitung, die dann nach knapp vier Minuten in ein orchestrales Intro münden, welches ab der fünften Minute in Härte und fetten Riffs mündet, die mit Urwaldtrommeln untermalt den nächsten Akt dieses Klangwunders bilden. Ab Minute 9 geht es dann vollkommen zur Sache und Strapping young lad finden musikalische Erwähnung. Blastbeats, krankes Gegrunze, rasende Geschwindigkeit, die dann urplötzlich abebbt und wieder in einen ruhigen Orchesterpart mündet, der mit leisem Vogelgezwitscher untermalt ist. Reicht das, um Devins Welt einigermaßen zu erklären? Nein, denn ab Minute 15 kommt sogar der geneigte Jazz Fan auf seine Kosten und kann sich an den Irrungen und Wirrungen in diesem Stück satthören. Dieser Part mündet dann quasi im Prestigio, wo noch einmal alles aufgefahren wird, was bislang auf diesem Album zum Tragen kam. Härte, Ruhe, Atmosphäre, Chöre, tolle Solisten. Man schaut danach auf die Uhr und kann sich nicht erklären, wo die vergangenen 24 Minuten geblieben sind.

Empath“ ist ein 75minütiges Meisterwerk in allen Belangen, musikalisch epochal, wahnwitzig, ergreifend. Devin Townsend hat sich mit diesem Werk ein Denkmal erschaffen, welches die Ewigkeit überdauern wird und reiht sich damit in die Riege der ganz Großen ein. Was Bach, Mozart oder Beethoven für die Klassik waren, ist Heavy Devy für die Neuzeit. Ein akustischer Geschichtenerzähler, ein Magier, ein Prophet, ein überragender Komponist. Es ist eine Wonne, seinen Gedanken zu lauschen und zu versuchen, diese zu verstehen. Es ist manchmal nicht einfach, dafür umso ergreifender, wenn man es irgendwann geschafft hat. „Empath“ ist große Kunst und ich bin dankbar dafür in einer Zeit zu leben, in der uns Devin Townsend an seinem überragenden Lebenswerk teilhaben lässt.

Bewertung: 10,1 von 10 Punkten

Tracklist:
01. Castaway
02. Genesis
03. Spirits will collide
04. Evermore
05. Sprite
06. Hear me
07. Why
08. Borderlands
09. Requiem
10. Singularity

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