Label: Universal Music
VÖ: 17.05.2019
Stil: NDH / Industrial
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Ein Streichholz…ein verkacktes Streichholz? Nach 10 Jahren Wartezeit kein Albumtitel und nur ein dummes Streichholz? Ich krieg mich gar nicht mehr ein. Aber Rammstein können und dürfen das! Und was war das für ein Ballyhoo, als mit „Deutschland“ ein Meilenstein an Video veröffentlicht wurde, welches einmal mehr für kontroverse und teilweise absurde Diskussionen führte? Und ja, ich fand und finde diesen Film mit als das Beste, was es im Bereich Musikfilmchen jemals gab und geben wird. Dementsprechend gespannt war die Nation auf das siebte Album dieses Massenphänomens aus Köpenick und Umgebung, welches nun endlich in den Regalen liegt und definitiv erneut zu hitzigen Debatten verleiten wird. Die einen werden es abfeiern, die anderen verteufeln. Das Feuilleton hat sich ja bereits auf die Band eingeschossen und zerfleddert haarklein alles, was man so auf „Rammstein“ finden kann, doch ist das wirklich notwendig?
Nein und zwar aus einem einfachen und für mich essentiellen Grund: Musik soll Spaß machen und unterhalten und das tut das Album ohne Ende! Natürlich kann man darauf herumreiten, dass die Texte vielleicht nicht mehr ganz so anstößig sind (unwichtig), oder die Instrumentalisierung nichts Neues bietet (warum auch?). Wenn man ein Haar in der Suppe finden will, findet man auch eins. An Rammstein selbst wird all das abperlen wie ein Spiegelei an einer Teflonpfanne, der Erfolg gibt und wird ihnen recht geben. Und das vollends zurecht, denn gerade das Duo Kruspe Landers hauen ein lässiges Riff nach dem anderen in den Äther, Flake kokettiert mit vielen Techno und Trance Einlagen, die Rhythmussektion Riedel/Schneider kommt fett wie Omas Hühnersuppe aus den Boxen gekrochen und Lindemann grummelt, rollt das Rrrrr wie eh und je, verzichtet aber leider an vielen Stellen auf seinen hohen Gesang, den ich immer ein wenig bevorzugte. Letztendlich bieten Rammstein hier definitiv den fettesten Sound ihrer Karriere auf. Und die Songs?
Klar, „Deutschland“ war und ist in aller Munde, knallt wie am ersten Tag und auch das mir anfänglich nicht ganz so zusagende „Radio“ hat mittlerweile einen festen Platz in meiner Playlist eingenommen, da mir hier auch der Text unglaublich gut gefällt, obwohl ich auf der anderen Seite der Mauer aufgewachsen bin und von solchen Einschränkungen, wie sie hier dargelegt werden, goatseidank verschont blieb. Bis hier hin Business as usual, könnte man meinen, doch wenn man sich diese elendig lange Schaffenspause nach „Liebe ist für alle da“ mal vor Augen hält ist es beruhigend, dass die Jungs ihren Biss nicht verloren haben. Das hört man sofort bei dem mit einem schönen Chor beginnenden „Zeig dich“, bei dem Lindemann dann endlich seine Stimme anhebt und der Song dadurch einen völlig anderen Drive bekommt wie als das darauffolgende „Ausländer“, welches mir ein wenig zu sehr auf Trance gebürstet ist. Bei „Sex“ ist erstmals ein klein wenig Kontroverses zu entdecken, doch bei weitem nicht so plakativ wie auf früheren Werken. Das gibt es dann bei „Puppe“, der meines Erachtens die nächste Single, die man gerade aufgrund der lyrischen Ausschweifung perfekt bildlich in Szene setzen könnte. Im Übrigen brilliert hier Lindemann mit seinem fiesesten Gesang aller Zeiten, welcher durch den fast an Doom Metal erinnernden Beat sich komplett in die Hirnhautrinde fräst.
Wie bei vielen Rammstein Alben kommt leider nun im Mittelteil ein leichter Hänger mit „Was ich Liebe“ und dem schnulzigen „Diamant“, welche durchaus auch weggelassen hätten werden können, allerdings zukünftig bei 40% der Erstliebenden in der Oberstufe rege per whattsapp an die Angebetete versandt werden wird. „Weit weg“ hingegen geht dann wieder gut nach vorne, hart, schleppend und an vielen Stellen an meinen Lieblingssong „Mutter“ erinnernd ein echtes Highlight auf dem Album, welches bis hierhin durchaus zu gefallen, aber nicht unbedingt hellauf zu begeistern weiß. Ich nenne es mal vorsichtig „Euphorie mit 80 km/h“ und nicht zu vergleichen mit dem meiner Ansicht nach unerreichten „Mutter“ Album.
Dennoch kommt ein wenig Wehmut auf, wenn man weiß, dass nun die letzten beiden Stücke kommen, auf dem bei „Tattoo“ Lindemann textlich viele Interpretationsmöglichkeiten bietet, musikalisch aber verdächtig bei „Du hast“ geklaut wurde. Aber was soll’s, sollen sie sich selber verklagen? Das abschließende „Hallomann“ ist ebenfalls reich an Wortspielen und dürfte einigen Kopfzerbrechen bereiten, was die Band hier aussagen möchte. Aber so ist das halt bei Rammstein und exakt das ist es auch, was den Reiz dieser Truppe ausmacht.
Wer hoch steigt, der wird tief fallen? Blödsinn! Rammstein könnten auch eine Akustik Tour lediglich bewaffnet mit einer Maultrommel, einer Bongo und einer auf dem Kamm geblasenen Version von „Engel“, den ich im Übrigen bis heute gerne bei Konzerten zum Pipimachen und Bierholen nutze, auf die Beine stellen und die Leute würden steil gehen. Oder ein Album veröffentlichen, welches lediglich 10 Versionen des Lindemann Blödsinns „Mathematik“ beinhaltet und es wäre innerhalb von Sekunden von Null auf Eins in den Charts weltweit. Und ganz ehrlich? Ich finde es vollkommen legitim. Es bleibt zu hoffen, dass dies nicht das angekündigt letzte Album sein wird, sondern auch in Zukunft neues von Rammstein zu erwarten ist.
Bewertung: 8,5 von 10 Punkten
Tracklist:
01. Deutschland
02. Radio
03. Zeig dich
04. Ausländer
05. Sex
06. Puppe
07. Was ich Liebe
08. Diamant
09. Weit weg
10. Tattoo
11. Hallomann
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