Es ist schon erstaunlich, dass, wenn von der deutschen Oldschool Thrash Szene geredet wird immer die gleichen Namen fallen: Kreator, Tankard, Destruction, Sodom. Wo bitte bleiben Paradox, die in ihrer nunmehr 26jährigen Karriere, die kurze Auflösung in den Neunzigern lasse ich mal unerwähnt (ups, hab es ja doch geschrieben) statt immer auf den gleichen, ollen Kamellen rumzureiten, sich selbst immer wieder neu erfunden haben. Dass ging ja schon damals los, als man nach dem Killerdebüt „Product of imagination“, welches heute noch öfter den Weg auf den Teller findet, mit „Heresy“ ein ausgefeilteres und innovativeres Produkt anbot, von dem leider nicht Allzu viele Gebrauch machten und Paradox daraufhin in den Annalen der Musikgeschichte verschwanden. Nur gut, dass der leid erprobte Charly Steinhauer, der seit jeher die Geschicke der Band führte, nie aufhörte an die Musik zu glauben und danach noch 3 Alben veröffentlichte, von dem das 2009 erschienende „Riot squad“ ein absolutes Meisterwerk war. Soviel Vorgeschichte, um ein Review zu einem neuen Album einzuleiten. Warum? Damit Ihr alle wisst, mit wem oder was Ihr es zu tun habt und erkennt, was für eine Meisterleistung es darstellt, wenn man nach so vielen Jahren des Kämpfens nun mit „Tales of the weird“ nicht nur das mit Abstand beste Album der Karriere, sondern auch einen Anwärter auf die Krone des Albums des Jahres abliefert.
Nicht nur die rifftechnischen Fertigkeiten von Master Steinhauer sind für dieses Geschoss verantwortlich, sondern auch die Zusammenarbeit mit Obscura Saitenhexer Christian Muenzner, der mit vielen unfassbaren Soli dem Album seinen Stempel aufdrückt und natürlich die Produktion, die Charly selbst übernahm, um sie danach durch den sich mittlerweile zu einem Top Produzenten entwickelnden Viktor Bullok, aka. V.Santura klangtechnisch veredeln zu lassen. Überraschenderweise fand ich früh heraus, das einer meiner alten Helden auch noch für die Texte verantwortlich war, der Vielen von Euch mit allergrößter Wahrscheinlichkeit gar nichts sagen wird: Daxx, früher Vendetta / Poke und was dieser Kerl da lyrisch hingezaubert hat…lest es selbst in unserem Interview, welches bald folgen wird. Dieses Gesamtpaket ist es, was das Grundgerüst darstellt, doch was nutzt einem das dickste Portemonai, wenn keine Kohle drin ist? Will heißen, wenn die Songs nicht passen, hilft auch ein Topmann hinter den Reglern nicht, doch diese Furcht ist in jeglicher Hinsicht unbegründet. Nach einer wunderschönen Einleitung, die in einem Midtempo Riffing weitergeht, treten die Jungs erstmal das Gaspedal durch und eröffnen der Reigen mit dem über neun Minuten langen Titeltrack. Das hat Eier, mit solch einem Monster zu starten, der aber trotz seiner exorbitanten Länge zu keinem Zeitpunkt Langeweile versprüht. In Teilen erinnert mich das Stück an gaaaanz alte Blind Guardian, bevor sie sich im Geflecht hoffnungslos überfrachteter Klangmonster verloren und somit mein Desinteresse weckten. Das folgende „Day of judgement“, welches Ihr Euch unten anhören könnt, lebt von einem unfassbaren Riffing und ist ein Hit sondergleichen, ebenso wie „Brutalized“, mein absoluter Favorit auf einem mit Megahits gespickten Album. Seine beeindruckendste gesangliche Leistung zeigt Herr Steinhauer auf „Fragile alliance“, der etwas schleppender aber nicht minder sauheavy aus den Boxen quillt. Gleiches gilt für „Escalation“, den Ihr Euch unten anhören könnt und das etwas aus dem Rahmen fallende „Brainwashed“ dem zweiten großen Höhepunkt der Scheibe, bei dem mich der Refrain völlig plättete. Ein absoluter Ohrwurm. Doch langsam wurde es nervig, denn bevor Paradox mit „Zeitgeist“ eine kleine akustische Verschnaufpause einlegen, musste ja noch unbedingt mit „Slashdead“ das nächste überragende Geschoss auf meine jubelnden Sinnesorgane abgefeuert werden. Hallo? Was soll das??? Aber ich merke schon, dass meine Meinung die Herren einen Scheißdreck interessieren, denn „The downward spiral“ vollendet mit seinem erneuten Riffgewitter diesen vortrefflichen Reigen. Doch Halt: Ganz nebenbei befindet sich mit dem Rainbow Song „A light in the black“ eines der besten Cover dieses Jahres auf dem Album, bei dem Charly mit seiner Gesangsleistung eine mehr als tiefe Verbeugung vor Ronnie James Dio vollführt, auf die dieser mehr als stolz gewesen wäre. Allein dieser Song verdient die Höchstnote.
Zum Ende des Jahres hat sich dieses in Polycarbonat gepresste Juwel einen fest zementierten Platz in der redaktionsinternen Top Ten gesichert und beweist eindrucksvoll, das auch altes Eisen noch in der Lage ist, ein geniales Stück Metal zu formen. Die Songs sind keine Eintagsfliegen, entwickeln sich sogar bei mehrmaligem Hören noch weiter und sorgen somit für einen lang anhaltenden Hörgenuss. Paradox sind hoffentlich noch lange nicht am Ende und werden den jetzt eingeschlagenen Weg konsequent weitergehen. Ebenfalls hoffe ich, diese Megasongs schnellstmöglich mal live zu hören und mit Charly nach 2009 in Wacken mal wieder kräftig einen zu brennen. Grund genug gibt es dafür in Form von „Tales of the weird“.
Bewertung: ohne Umschweife die Höchstnote 10
Tracklist:
01. Tales of the weird
02. Day of judgement
03. Brutalized
04. Fragile alliance
05. Escalation
06. Brainwashed
07. Slashdead
08. Zeitgeist
09. The downward spiral
10. A light in the black