Label: Eisenwald
VÖ: 14.06.2019
Stil: Black Metal
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Was eine Panzerfaust ist, wusste ich dank meiner kinderfreundlichen Rambo-Filmbildung schon sehr früh, wer PANZERFAUST sind dagegen erst sehr spät. Denn mit Gründungsjahr Anno 2005 sind die Herren aus Kanada nun immerhin schon 14 Jahre unterwegs. Warum sie mir bisher nicht aufgefallen sind, kann ich beim besten Willen auch nicht nachvollziehen. Denn als Support von etlichen Größen (u.a. MARDUK, BELPHEGOR, VITAL REMAINS und sogar DIMMU BORGIR und SLAYER) hätte man ihnen doch eigentlich schon mehrfach (zumindest auf diversen Flyern) begegnen müssen. Allerdings führten besagte Touren vornehmlich durch ihre Heimat oder die USA. Doch bald kommen sie mit ihren Label-Partnern und Nachbarn UADA auch zu uns.
Und das freut mich sehr, da die Musik vom neuen Werk „The Suns of Perdition, Chapter I: War, Horrid War“ mich sofort krass gepackt hat. Mit einem gequälten Schrei und enormen Wums empfängt einen der Opener „The Day After 'Trinity'“. Die Riffs wiegen verdammt schwer, der Bass noch schwerer und was davon noch nicht tief genug gedrückt wurde, das walzen die Drums bis zum Grundwasser. Überlebende? Fehlanzeige! Und sollte tatsächlich irgendetwas noch zucken, so macht Sänger Goliath (ein verdammt passender Künstlername) das auch noch platt. Der erste Eindruck fasziniert mich einfach. Hier gibt’s mit dem ersten Ton einfach sofort eine verdammte fette Packung. Anstatt sie in eine Schublade zu packen, reiß ich für euch nur mal ein paar von denen auf, aus denen PANZERFAUST noch am offensichtlichsten kommen: Hässlicher Schwarzmetall ummantelt derben Todesblei, welcher von doomiger Schwere in den Abgrund gezogen wird und sich mit thrashiger Zügellosigkeit wieder empor kämpft. Es ist einfach einer der interessantesten Eröffnungstitel, mit denen mich ein Album in letzter Zeit begrüßt hat.
Die „The Suns of Perdition“ Reihe ist als Tetralogie geplant, das erste Kapitel beschäftigt sich mit den Abscheulichkeiten des Krieges und den damit verbundenen Abgründen der Menschheit. Im Zuge dieser Sammlung passt eine Erzählung bzw. ein Titel wie „Stalingrad, Massengrab“ nur allzu gut. PANZERFAUST sind die Inhalte laut eigener Aussage sehr wichtig. Sie glorifizieren nicht und negieren jeglichen Bezug zu nationalsozialistischem Gedankengut. Ihr Interesse steckt in der Geschichte. Und so nähren sie ihre Musik mit Sounds von Kampfflugzeugen und Lautsprecherdurchsagen um die Atmosphäre dem Szenario anzupassen. Der Song selbst schiebt mächtig nach vorn und setzt immer wieder zum Angriffsflug an. Der Sound ist brutal, heavy und die Riffs schnell und doch entsteht viel Atmosphäre. Ein Break lässt sogar etwas technisches Gemörtel aufkommen.
Die „Crimes Against Humanity“ lassen zu erst die Ketten eines Panzers hören, begleitet von den Stimmen der Soldaten. Singen sie? Beten sie? Ich weiß es nicht, aber fröhlich klingen sie nicht. Die eintretende Musik hält sich diesmal zurück und beschränkt sich zumeist auf Gezupfe der Saiten. „The Decapitator's Prayer“ arbeitet sich langsam aus diesem recht stillen Moment heraus und baut sich immer weiter auf bis es dann eruptiert. Dieser Ausbruch knallt dann wunderbar los und auch hier entwickelt sich bei aller Heavyness immer wieder eine herrlich beklemmende Atmosphäre. Und wieder kann man sagen, dass die vier Herren aus Kanada sich nicht einordnen lassen. Immer zu schwanken sie zwischen Death Metal Brutalität, Black Metal Kälte und thrashiger Raserei – und genau das macht sie so stark; das und ihr Drummer. Wat ein kranker Typ!
„The Men of No Man's Land“ ist mit seinen 13 Minuten der längste Titel und bewegt sich auf schleppende Weise am Rande von Doom und Death Metal. Er ist zäh und gemein. Es ist, als würde er selbst wie ein verwundeter Soldat über den Boden kriechen und immer wieder um Hilfe schreien – doch nicht erhört oder gar erlöst werden. Ich kann nur mutmaßen, aber vielleicht ist der Song inspiriert von der Geschichte des Films „No Man’s Land“ vom bosnischen Regisseur Danis Tanovic, welcher die Absurdität und Sinnlosigkeit des Krieges wiederspiegeln sollte. Hier finden sich im „Niemandsland“ zwei ehemalige Freunde als feindliche Soldaten wieder. Ihre Situation ist von ähnlicher Verworrenheit wie die der tausenden Soldaten, die in Schützengräben einst Weihnachten feiern mussten und zusammen mit ihren Feinden die Festtage verbrachten und sogar zum Teil gemeinsam sangen. So verstehe ich zumindest den Bezug zum Sampler in der Songmitte, der eine mächtig traurige Version von „Stille Nacht, heilige Nacht“ vertont. Auf musikalischer Seite nützt dieser dann auch als Überleitung in die zweite Hälfte des Liedes, welche nochmal mit etwas mehr Power nach vorn geht, jedoch noch ein gedrosseltes, grooviges Tempo behält.
Nach dieser Schlacht endet dann auch schon das erste Kapitel von „The Suns of Perdition“ und lässt mich ziemlich neugierig zurück. Wann geht es mit dem nächsten Teil weiter? Was wird dieser behandeln? Wo wird die Reise noch hinführen? Wird das hohe Niveau gehalten werden können? Auf jeden Fall darf mir sehr gern Nachschub beschert werden. Mir hat das alles hier sehr gefallen und ich hatte nicht nur einmal sehr bildhaftes Kopfkino, was sicher im Sinne der Band sein dürfte bei so einem Konzept. Denn „Chapter I: War, Horrid War“ ist eine sehr runde Sache und wird viele Hörer unterhalten können. Meinetwegen hätte es noch länger gehen können, ist nach einer guten halben Stunde leider Schluss. Doch schon bald sind sie ja mit UADA auf Tour und meine Karten für ihren Stopp in Hamburgs Bambi Galore habe ich bereits – da kommen auch gleich die nächsten Frage auf: Wie wird die Truppe wohl live abschneiden? Werden sie ihrem Studio Niveau gerecht? Können sie die Bühnenschlacht gewinnen oder müssen sie kapitulieren? Wir werden sehen…
Bewertung: 9 von 10 Punkten
Tracklist:
01. The Day After 'Trinity'
02. Stalingrad, Massengrab
03. Crimes Against Humanity
04. The Decapitator's Prayer
05. The Men of No Man's Land
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