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Live on Stage Report: GHOST | HALESTORM
06.06.2023 - Berlin @ Velodrom
Zuallererst: Das Velodrome ist eine Kack-Halle! Isso, bleibt so und wird sich auch nie ändern. Einlass Chaos, überforderte Mitarbeiter und natürlich beschissenes Bier. Nur gut, dass wir vor dem Ausritt noch ein wenig vorgeglüht hatten, so dass sich die Getränkeausgaben in Grenzen hielten. Man muss ja auch sparen, denn bei 45 Kopeken für ein bedrucktes Geist Leibchen grenzt an blanken Nepp. Für die Kohle hole ich mir beim Chronical Moshers am Wochenende drei Shirts von Bands, die es nötiger haben als die Schwedischen Kleriker. So, genug ausgekotzt, widmen wir uns der Musik.
Auf wundersame Weise erreichten wir genau zu Beginn des Gigs von Halestorm unsere Plätze und als ich die im Innenraum zusammengeferchten Massen erblickte war ich froh, meinen alten Kadaver auf einen bequemen Sitz zu wuchten, um mir das Treiben gemütlich aus der Ferne anzuschauen. Achja, Musik, verzeiht mit bitte.
Ich mag die Mucke der Band aus Pennsylvania eigentlich recht gerne auf Platte und war vor einigen Monaten extremst angepisst, als ich die Truppe im Vorprogramm von Alter Bridge kaum zu Gesicht bekam, doch heute nervte vor allem die selbstdarstellerische Darbietung von Stimmwunder Lizzy Hale komplett. Das ist in meinen Augen keine Band, sondern vielmehr eine Soloperformance mit Begleitmusikern gewesen. Kaum Flow, alle Songs mit ellenlangen Vokalakkrobatiken vollgekleistert, die nach 30 Minuten zu rasenden Kopfschmerzen führten.
Ok, der Sound war recht passabel und dass in Massen für den Headliner erschienene Publikum, von dem viele scheinbar erstmals einen Konzert mit gitarrenorientierter Unterhaltungsmusik beizuwohnen schienen, ging gut mit und fühlte sich anscheinend gut angeheizt. Ich war irgendwann nur froh, dem Gekreische ohne bleibende Schäden Paroli geboten zu haben. Darauf erstmal ein teures und ekelhaftes Bier. Bäh...im doppelten Sinne.
Ja, ich habe vorher gespoilert und die Setlist seit Tagen gehört. Ich hätte es lassen sollen und hätte mir damit die größte Enttäuschung des Gigs erspart. Wie zum Teufel kann man auf das Genesis Cover "Jesus he knows me" verzichten welches vorher überall live gespielt wurde? Echt, war total angepisst deswegen und vor allem auch wegen des Sounds, der einfach wieder einmal zu leise war. Die Drums waren nur zu erahnen, die Samples zu laut...und dennoch hat es mächtig geknallt und da muss ich meine Animositäten mal hintenanstellen.
Ja, Tobias Forges Stimme ist ein Streitthema seit Jahren doch heute hatte er scheinbar ein paar Briketts gelutscht, denn er klang rauer als auf Platte, was gerade einen Song wie "Ritual" zu einem echten Erlebnis werden ließ. Die Nameless Ghouls waren verdammt gut drauf, die Lichtshow Klasse, doch irgendwie überkam mich spätestens nach "Spillways" und dem irgendwie lieblos runtergespielten Übergang "He is" das Gefühl, dass die Connection zwischen der Band und dem wie üblich lethargischen und permanent filmendem Berliner Publikum einfach nicht zustande kommen wollte.
Ok, wenn "Year Zero" nicht mehr geht ist irgendwas nicht in Ordnung und irgendwie schwankte ich die ganze Zeit zwischen leichter Begeisterung und etwas Langeweile über das scheinbare Business as usual. "Miasma" mit dem Saxophon spielenden Papst, der aus einem überdimensionalen Gitarrenkoffer entstieg, war dann aber wieder ein Highlight und so langsam merkte ich: Hey, die Leute stehen scheinbar auf den alten Scheiß, was ich wiederum ziemlich cool fand.
Auch das steinalte "Mary on a cross" ging mächtig steil und mein Stimmungsbarometer stieg wieder an, hielt bei "Mummy dust" und ging beim überragenden "Respite on the Spittalfields" durch die Decke. Ja, die schwedischen Geister hatten mich dann doch wieder eingefangen. Aber da fehlte doch noch was...Natürlich: "Dance macabre" und "Square hammer", die Forge in einem feinen und gar nicht für Fotografen gemachten Glitzer Jackett performte. Starker Abschluss, der mich dann doch etwas versöhnlich stimmte und das nicht gespielte Genesis Cover vergessen ließ.
Definitiv ein starkes, wenn auch nicht überragendes Konzert einer Band, die ich erstmals vor 200 Leuten sah und denen ich den Erfolg wahrlich gönne. Doch wenn ich die früheren Konzerte betrachte und den Umstand, dass Ghost einst Metallica im Olympiastadion an die Wand spielten, war das lediglich HSV (oder Hertha, bevor die Hater wieder zuschlagen...), sprich 2. Liga. Dennoch würde ich immer wieder vorbeischauen.