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JORDAN RUDESS – Permission To Fly (2024)

(9.097) Jörn (4,0/10) Progressive Metal


Label: Inside Out Music
VÖ: 06.09.2024
Stil: Progressive Metal






Mit Prog ist es ja immer so eine Sache. Kaum eine Sparte der härteren Musik ruft bei mir derart ambivalente Gefühle hervor. Man wühlt sich mehrmals durch beim ersten Hören kryptisch und undurchdringlich anmutende Songstrukturen. Wenn man dranbleibt und irgendwann alles entschlüsselt hat, ergibt plötzlich alles Sinn, man wird mit großen Melodien belohnt und kann das virtuose Spiel der Musiker genießen. Aber nicht selten stellt sich dieser Effekt am Ende gar nicht ein. Und dann bleibt man genervt und gelangweilt zurück.

Seit nunmehr 25 Jahren haut JORDAN RUDESS bei den Amis von DREAM THEATER in die Tasten. Und während sich die Band just in diesem Moment mit der Rückkehr von Ausnahme-Drummer Mike Portnoy dazu aufmacht, den Thron der besten Progmetal-Band zurückzuerobern (den ihnen während dessen Abwesenheit aber auch keine Band so wirklich streitig machte), wirft dieser sein Soloalbum auf den Markt.

Und auch wenn bei seiner Hauptband nicht immer alles Gold war, was glänzt, hat er mir in der Vergangenheit zusammen mit seinen Mitstreitern doch recht viele der eingangs erwähnten magischen Musikmomente beschert. Leider ist ihm das mit seinem Alleingang nun gar nicht gelungen.

Versucht man den Titel seines neuen Werks „Permission To Fly“ einmal symbolisch zu deuten, könnte man meinen, dass Rudess mit seinem Soloauslug endlich die Freiheit hat, voll aufzudrehen und alles, was er sonst bei seinem Hauptbrötchengeber nicht machen kann, nun endlich komplett auszuleben. Aber Pustekuchen. Den Flieger hätte er mal lieber im Hangar gelassen. Denn bereits kurz nach dem Abheben stellt sich die Platte als kreativer Rohrkrepierer heraus.

Keiner der neun Tracks weckt in mir den Wunsch, ihn noch ein weiteres Mal anhören zu wollen. Statt in mir den eingangs beschriebenen Entdeckerdrang zu wecken, versetzt mich das Album in Tiefschlaf. Das geht direkt beim Opener „The Final Threshold“ los. Zwar beginnt die Nummer noch mit ein paar schön verschachtelten Takten, allerdings übernehmen schnell uninteressante AOR-Melodien die Überhand und die Fahrt im Schlafwagen kann losgehen. Für den Gesang ist dieses Mal der mir bislang unbekannte That Joe Payne verantwortlich. Der ist zwar definitiv nicht talentfrei und passt mit seiner samtigen Stimme auch gut zum allgemeinen Gähnfaktor. Jedoch trällert er mir auf Dauer einfach viel zu harmlos vor sich hin und nervt zudem mit anhaltender Reisezeit zunehmend durch seine jammernde Art.

Da auch die Gitarren so dermaßen zahnlos klingen, ist das Schlagzeugspiel von Darby Todd insgesamt noch am interessantesten zu bewerten. Immerhin gelingt es ihm mit seinem variablen Spiel noch am ehesten, für so etwas wie Unterhaltung zu sorgen. Allerdings dürfte er angesichts des lahmen Songmaterials sich auch lieber auf seine nächste Zusammenarbeit mit DEVIN TOWNSEND freuen, für den er aktuell die Sticks schwingt.

Und was macht der Meister selbst? Ihm sollte es als Hauptverantwortlichen der ganzen Chose doch irgendwie gelingen, ein paar Ausrufezeichen zu setzen. Aber leider stellt auch er sich nicht gerade als Quell sprudelnder Kreativität heraus und zeigt sich, ganz gegenläufig zur ursprünglichen Bedeutung des Begriffs „progressive“, ernüchternd rückwärtsgewandt. Um das zu erklären vielleicht ein kleiner persönlicher Exkurs. Anfang der 2000er Jahre begann ich mich vermehrt für Synthesizer zu interessieren und war super glücklich darüber, als ich las, dass ich mir für meinen ROLAND JD 800, ein 90er-Jahre-Synthesizer, bei Jordan Rudess höchstpersönlich gegen Zahlung einer Handvoll Dollar eine Diskette mit einer Auswahl seiner eigenen Soundpresets für eben jene Maschine bestellen konnte. Als das Ding dann bei mir ankam, wich meine ursprüngliche Aufregung schnell Ernüchterung. Denn die Sounds waren unglaublich langweilig und komplett nutzlos.

Warum erzähle ich das jetzt? Ganz einfach. Ich schwöre bei Gott, dass ich genau diese Sounds hier auf dem Album wiedererkenne. Und das nicht nur einmal, sondern permanent. Ein weiteres Indiz dafür, dass hier ein Album geschaffen wurde, dass sich abgesehen vom bunten Cover als farbloses Irgendwas darstellt, dass zu altbacken für zeitgemäßen Prog wirkt, gleichzeitig aber zu sehr nach seelenlosem 90er-Gedudel klingt, um richtig cool und retro zu sein. Und auch wenn beim besten Song der Platte „Embers“ die Melodien ausnahmsweise doch mal ganz gut funktionieren und in „Eternal“ sogar kurzzeitig in der Instrumentalfraktion etwas Wahnsinn durchsickert, ist es damit schnell wieder vorbei, sobald das Gesäusel von Payne einsetzt.

Nee, lieber Jordan, das war leider nichts. Und als wäre das alles nicht schon seicht genug, besitzt Herr Rudess auch noch die Eier, den Hörer mit „Dreamer“, dem ruhigsten Song, zum Ende dieser 55-minütigen Langeweile aus der Platte zu entlassen. Als wären wir da nicht eh schon alle längst eingeschlafen oder hätten bereits freiwillig zum nächsten Fallschirm gegriffen, um möglichst schnell aus dem Flieger zu springen, bevor es zur unvermeidlichen Bruchlandung kommt. Was jetzt auch gefährlicher klingt, als es ist. Denn wirklich abgehoben hat das Ding ja eigentlich zu keinem Zeitpunkt.

Anspieltipps: „Embers“ und „The Alchemist“


Bewertung: 4,0 von 10 Punkten


TRACKLIST:

01. The Final Threshold
02. Into The Lair
03. Haunted Reverie
04. The Alchemist
05. Embers
06. Shadow Of The Moon
07. Eternal
08. Footstep In The Snow
09. Dreamer




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