Auf Partys hat man die besten Ideen
Das Leben eines Musikjournalisten ist zuweilen ein schönes. Da darf man eine Band wie Berzerker Legion entdecken, deren Mitglieder man schon seit Ewigkeiten in anderen Combos zu schätzen gelernt hat und die nun als geniales Quintett die Death Metal Szene vor sich hertreiben. "Obliterate the weak" nennt sich die geniale Schöpfung der Herren Zuur, Elofsson, Isaksson, Stewart und Pettersson und wird am Ende des Jahres in einigen Pollbögen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit recht weit vorn zu finden sein.
In meinem Review zu diesem Monstrum schrieb ich fälschlicherweise, dass sich Wombbath Chef Jonny für die Zusammenstellung der Band verantwortlich zeigte, was durch etwas bessere Recherche hätte vermieden werden können, zeichnen sich für Berzerker Legion doch Hypocrisy Gitarrist Tomas Elofsson und Asphyx Viersaiter Alwin Zuur seit 2012 bereits für die Belange der Band verantwortlich. Trotz dieses Fauxpas lud mich Alwin zu einem munteren Gespräch ein, welches ich hier gerne und mit Wonne wiedergebe.
Alwin, Du klingst ein wenig verschnupft.
Das bin ich leider auch. Wir waren am Wochenende mit Gods forsaken, Entrails und Massacre in Hamburg und da habe ich mir wohl was eingefangen. Aber egal, denn es war einfach nur supergeil und Massacre live haben alles umgehauen. Bis auf meinen Schnupfen war es absolut klasse.
Aber wir sind ja hier nicht bei Dr.Brinkmann, vielmehr wollen wir über Berzerker Legion sprechen. Ist die Band, wie von vielen behauptet, aufgrund seiner Bandmitglieder eine Supergroup?
Die Frage wird uns oft gestellt und gelesen habe ich es auch schon einige Male, doch dieser Terminus ist für mich nicht unbedingt gegeben. Klar spielen wir alle in ziemlich bekannten Bands, doch macht uns das in dieser Zusammenstellung zu einer sogenannten „Supergroup“? Ich persönlich halte mich für einen stinknormalen Death Metal Fan, der es liebt, diese Musik zu hören und das Glück hat, diese auch zu spielen. Ich will als Metal Fan Spaß haben, Leute kennenlernen, rumreisen und was nützen dir da Musiker in deiner Band, die zwar alle einen großen Namen haben, trotzdem aber irgendeinen Scheiß abliefern, den man nicht hören kann (lacht).
Man darf niemals davon ausgehen, dass man trotz einer bekannten Besetzung automatisch auch ein gutes Album abliefert, denn wenn’s scheiße ist, ist es scheiße. Ganz einfach. Wir haben lange und hart daran gearbeitet, die Songs zu schreiben, das Album fertig zu bekommen und ein gutes und qualitativ hochwertiges Death Metal Album abzuliefern.
Dennoch stelle ich es mir im Falle von Berzerker Legion die Recordings nicht unbedingt einfach vor. Aufnahmen in Polen, den Niederlanden, Schweden und England und der finale Mix und das Mastering in Deutschland. Quasi eine multinationale Produktion…
(lacht) Ja, wir haben es ÜBERALL aufgenommen. Man muss aber die ganze Geschichte anders betrachten. Tomas und ich haben uns bereits 2012 kennengelernt und nach gegenseitiger Sympathie schnell festgestellt, dass wir irgendwas zusammen machen wollen. Das hat sich dann über die Jahre, in denen man sich auf Konzerten oder Festivals wiedergetroffen hat, immer weiter vertieft und irgendwann ging es dann los. Du weißt ja, auf Partys hat man immer die besten Ideen (lacht).
Wir trugen Riffs zusammen, sprachen über Ideen, schickten uns die gegenseitigen Musikteile über verschiedene Kanäle hin und her und so entstand die Idee, die ganze Geschichte weiter auszubauen und zu vertiefen. Dann kamen natürlich all die anderen Mitglieder hinzu, die nun auch nicht um die Ecke wohnen und somit verbrachten wir eine Menge Zeit in Chatrooms, um an der Musik zu feilen. Witzigerweise hatte ich nicht mehr viel anzupassen, da die meisten Ideen einfach schon so ausgereift und gut waren, dass man sie umgehend verwenden konnte. Auch meine Songs gingen so zu Tomas, der dann alles sofort aufgriff und verarbeitete. Auch wenn wir nicht in einem Raum waren, war die Arbeitsweise sehr entspannt und unkompliziert.
Als ich dann alles zusammenhatte, bin ich hier im Tom Meier Studio in Enschede beigegangen und habe meine Gitarren- und Bassspuren aufgenommen, der Einfachheit halber, da das Studio ja bereits gebucht war und wir somit Zeit und Geld sparten. Dann gingen die fertigen Spuren zu Jonny nach England, der dort sein eigenes Studio besitzt und somit die Vocals kostengünstig aufnehmen konnte, hahaha. Der Kontakt war aber immer und zu jeder Zeit vorhanden und wir haben uns ausgetauscht. Als dann alle Versatzstücke zusammen waren, haben wir das Material an Lars Lüttge und sein Deadlight Studio geschickt, der dann den Mix und das Mastering übernommen hat. Tomas hat alles in Schweden und James in Polen aufgenommen. Ich muss auf jeden Fall erwähnen, das Lars einen fabelhaften Job hingelegt hat.
Definitiv. Ultrafett, wie es sein muss. Unsere Redaktion war seit Erreichen des Promomaterials Feuer und Flamme für dieses Album und wenn es 2019 noch herausgekommen wäre, ein Platz unter den Jahres Top 20 wäre Euch wahrscheinlich sicher gewesen…
Dann plan uns mal mit Deinen Leuten für 2020 fest mit ein, hahaha.
Du spielst Gitarre bei Berzerker Legion, dazu noch bei Gods forsaken, Bass bei Asphyx und auch noch Grand Surpreme Blood Court. Reicht das nicht mal langsam an Bands?
Blood court liegt momentan auf Eis, Gods forsaken ist eine etwas kleinere Geschichte für mich, um Berzerker muss ich mich nun kümmern, na und Asphyx liebe und lebe ich. Aber ja, es reicht nun wirklich (lacht). Aber dennoch ist es wichtig, dass alle drei Bands drei völlig unterschiedliche Richtungen des Death Metal spielen. Asphyx machen Doom Death, Gods Forsaken ist traditioneller schwedischer Death Metal wie Carnage oder Nihilist und mit Berzerker Legion zollen wir dem alten Göteborg Sound Tribut, den ich total liebe. Ich denke da an Bands wie At the gates, alte In Flames oder Dark Tranquillity, die jeder kennt, doch der Sound ist irgendwie leider ein wenig in Vergessenheit geraten. Und mit Berzerker liebe ich es, diese Liebe auszuleben und diese Musik zu spielen. Man glaubt es vielleicht nicht, aber ich liebe es total, solche Songs mit Melodie und Harmonien zu komponieren (lacht).
In meinem Review schrieb ich ja fälschlicherweise, dass Jonny die Band zusammengetragen hat und nicht Du und Tomas, wofür ich mich entschuldige. Wie seid Ihr denn auf ihn gekommen? Er hat ja nun mit Wombbath, ebenfalls Gods forsaken, Henry Kane, Just before dawn, Heads for the dead, Ursinne, Nattraven und gefühlt tausend anderen Bands auch einen ziemlich vollen Terminkalender.
Komisch, als wir ihn vor vier Jahren fragten, hatte er noch gar nicht so viele, hahaha. Da gab es nur Wombbath und ein paar Projekte, die natürlich live nicht oder kaum in Erscheinung treten. Kennengelernt haben wir uns, als Wombbath mal vier Shows bei uns gespielt haben, deren Gitarrist ausfiel und ich gefragt wurde, ob ich aushelfen könne. Somit habe ich dann zwei Shows mit ihnen gespielt. Daher kenne ich ihn ziemlich gut.
Ich wollte einen Sänger haben, der nicht nur infernalisch grunzen, sondern auch schreien und die hohen Töne treffen kann, um somit meinem Ziel, den Göteborg Sound zu realisieren, näher zu kommen. Und dafür ist Jonny absolut perfekt und ich bin froh, ihn mit an Bord zu haben. Das Du das verwechselt hast, sei Dir verziehen.
Und wie war die Findung Eurer Rhythmus Sektion? Ich meine, James und Fredrik sind bei Vader und Dark Funeral ja auch gut beschäftigt…
Als wir mit den ersten drei Songs fertig waren überlegten wir, wen wir denn ans Schlagzeug setzen könnten. Da wir ja alle Profis oder semi-professionelle Musiker sind, wollten wir schon einen gestandenen Mann an der Schießbude haben, der das musikalisch umsetzen kann, was wir uns vorstellten, dazu Studio- und Liveerfahrung besitzt. Tomas und James sind seit einiger Zeit befreundet, vielleicht durch eine gemeinsame Tour und wir brauchten jemanden, der auch hyperschnelle Bassdrum Passagen beherrscht und da war und ist er einfach erste Wahl. James hörte das fertige Material und sagte sofort zu.
Bei Fredrik war die Geschichte ein wenig komischer. 2016 haben wir die Band quasi bis auf den Basser komplettiert. Tomas und Fredrik haben vorher schon öfter miteinander telefoniert und eines Tages fragte er Tomas, ob er irgendeine Death Metal Band wüsste, die noch einen Bassisten bräuchten. Da hat Tomas gleich zugeschlagen und meinte: Ja, WIR! (lacht). Auch hier bekam Fredrik diese drei Songs, fand sie geil und das war’s dann. Somit waren wir komplett.
Da Du schon des Öfteren in unserem Gespräch den Begriff „Band“ benutzt hast, gehe ich davon aus, Berzerker Legion sind eine solche und nicht nur ein loses Projekt.
Jaaa, natürlich sind wir eine Band. Das werdet Ihr beim Protzen Open Air sehen, wo ich ja auch noch mit Gods forsaken spielen werde, allerdings an zwei verschiedenen Tagen. Das wird richtig geil werden und wir werden gut feiern. Wir haben jetzt, wo das Album fertig ist und bald rauskommt, einfach tierisch Bock drauf, den Scheiß auch live zu spielen. Klar haben wir alle unsere Hauptbands, die definitiv Priorität haben, doch an den Wochenenden kann man da schon was machen. Das ist einfach eine Frage der Planung.
Ihr habt ein grandioses Albumcover von Adi Dechristianize, der früher mehr durch Werke für brutal Slam Death Bands aufgefallen ist. Wie seid Ihr denn an den gekommen?
Ich habe ihn mehr zufällig mal bei Facebook entdeckt und mir seine Bilder angeschaut, die er, wie Du richtig erkannt hast, mehr für Bands gemalt hat, die so noch nicht großartig bekannt sind. Mir gefiel sehr, was ich da gesehen habe und dachte mir gleich: Der muss was für Berzerker zeichnen. Ich habe ihn dann einfach angeschrieben, er wohnt ja in Indonesien und bat ihn um eine Arbeit. Ich habe ihm ein paar Vorgaben gegeben, Bandname, Albumtitel und sagte, dass von allem irgendwas drin sein sollte. Ein Berserker halt, ein Krieger, Vernichtung muss mit rein und man muss eine optische Umsetzung der Scheibe sehen. Sein erster Entwurf war nicht so dolle, doch mit dem zweiten hat er mich sofort am Haken gehabt. Da war alles drin, was ich drin haben wollte. Auch die Farben passten. Ja, ich bin sehr stolz auf dieses Cover.
Kannst Du auch sein. Da werden sicherlich eine Menge T-Shirts verkauft werden…
Wenn ich sie irgendwann mal bestelle (lacht). Aber daran arbeite ich.
Euer erstes Lebenszeichen war ja das Lyric Video zu „Of blood and ash“, welches ja schon vor gut einem Jahr die Runde machte…
Das hat damals ein Freund von mir gemacht und es hat mich nichts gekostet. Ich bin übrigens der Typ, der da am Ast baumelt, hahaha. Ich wollte einfach schon mal etwas haben, noch weit bevor wir ein Record Deal oder ähnliches hatten, um der Welt via Facebook und ähnlichen Kanälen zu zeigen, was da auf sie zukommt. Das war die ganze Idee dahinter und außer der Formatierung und am Baum rumhängen habe ich nicht viel dazu beigetragen (lacht).
Ihr habt ja nun mittlerweile einen echt guten Deal mit Listenable Records, die einen ganzen Haufen an großartigen Bands im Roster haben. Zufrieden?
Ohja, denn Listenable hat schon in der Vergangenheit immer wieder großartige Alben veröffentlicht. Ich bin sehr stolz über den Umstand, jetzt auch mit Berzerker Legion zur Listenable Familie zu gehören. Seit 1993 sind die aktiv, waren immer präsent, nicht zu groß, nicht zu klein, haben eine gute Distribution und als vier unsere ersten Songs digital verschickten, waren wir nicht auf der Suche nach einem großen Label, dass wäre einfach noch viel zu früh gewesen. Wenn du bei einem Label wie Nuclear Blast, Metal Blade oder Century Media unterschreibst, ist die Erwartungshaltung natürlich immens und das wollten wir von vornherein ausschließen. Es gibt viele kleine und gute Labels, wo dann der Vertrieb aber nicht so das Gelbe vom Ei ist. Wir wollten irgendwas dazwischen, hatten auch einige Optionen und letztlich wurde es dann Listenable. Sie machen einfach gute Arbeit und das ist für sie wie für uns eine Win-Win Situation.
Ich freue mich jedenfalls tierisch darüber, Euch dann auf dem Protzen live zu sehen und hoffe, dass es in Zukunft weitergehen wird…
Momentan ist die Planung noch nicht so weit fortgeschritten. Du musst bedenken, dass ich mich bei Berzerker wirklich um alles alleine kümmere. Interviews, Fotos, Termine, Shows und vieles andere. Ich habe irre viel Arbeit investiert und will im nächsten Monat erstmal genießen, die CD und vor allem das Vinyl in meinen Händen zu halten. Nächste Woche ist es ja dann endlich so weit.
Natürlich wollen wir in diesem Jahr noch so oft wie möglich spielen und nicht alles mit Berichten oder Interviews vollballern (lacht). Wir wollen, dass die Leute sehen und vor allem hören, dass wir unser Zeug auch live umsetzen können. Danach sehen wir weiter. Aber ich hoffe auf jeden Fall auf eine zweite Scheibe, denn die Potenz haben wir…
Du meinst sicherlich Potential (Gelächter von beiden) …
Genau und wenn die zweite Scheibe genauso stark oder sogar stärker wird, kann aus uns vielleicht eine recht bekannte Band werden. Und wenn es dann noch Leute wie Dich gibt, die mir und der band die Möglichkeit geben, uns zu präsentieren und vorzustellen, sind wir dafür dankbar, freuen uns und werden alles daran setzen, die Fans nicht zu enttäuschen!