Alben des Jahres 2023

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Ja, ich gebe es offen und unumwunden zu, dass Callejon früher zu meinen Lieblingsfeinden schlechthin gehörten und sich dieses erst seit „Blitzkreuz“ so richtig geändert hat. Doch irgendwie sind die 5 Düsseldorfer über die Jahre reifer, erfahrener und vor allem anspruchsvoller geworden, was ihr aktuelles Album "Wir sind Angst" eindrucksvoll beweist. Lyrics, die aktueller kaum sein können und zuweilen tief unter die Haut gehen sind dafür verantwortlich, dass die Jungs statt in einer Sackgasse sich auf der Überholspur befinden. Ich packte die Gelegenheit gerne beim Schopfe und traf mich vor dem Konzert mit Gitarrist Kotsche und Drummer Kotze, der allerdings ziemlich erkältet einen etwas bemitleidenswerten Eindruck machte, zu einem sehr lockeren und informativen Plausch.

Willkommen in Berlin! Liegt ja eigentlich auf der Hand, dass Ihr heute in meinem „Block“ den gleichnamigen Song von Eurem „Man spricht Deutsch“ Album mit Sido performen müsstet, oder?

Kotsche: Im Grunde genommen schon, aber Sido ist ja momentan sehr beschäftigt mit Eskimo Callboy (
Video zu "Best day (feat.Sido)") und von daher…

Ich muss zugeben, dass Ihr bis „Blitzkreuz“ so ziemlich DAS Feindbild Nummer 1 in der deutschen Metalszene für mich ward, doch mit diesem Album änderte ich meine Meinung grundlegend. Was habt Ihr da gemacht, um Leute wie mich auf Eure Seite zu ziehen? Ihr klangt dort auf jeden Fall reifer, gefestigter…

Kotsche: Es ist lustig, denn viele Leute sagen: Ey, Ihr ward damals so geil und seid jetzt sooo scheiße…

Die sind so um die 20 schätze ich…(Gelächter)

Kotsche: Nee, die kommen aus allen Altersschichten, aber sobald man sich als Band verändert verliert man Leute genauso, wie man auf der anderen Seite welche dazu gewinnt….dich zum Beispiel (lacht). Es geht uns, wie vielleicht auch jedem anderem Künstler darum, auf jedem Album irgendetwas anders zu machen, denn Stillstand geht halt nicht. Keine Zukunft ohne Kampf und dementsprechend muss man immer so ein bisschen an sich selbst arbeiten, selbst kämpfen, damit man Neues erreichen kann. Und wenn man diesen Kampf gewonnen hat ist man an einem Punkt, wo man das macht, was man fühlt…und diese ganze grellbunte-Zombie-Wildheit war für die damalige Zeit cool, später aber halt nicht mehr.

Also doch Reife…

Kotze: Naja, wir altern halt alle sehr schnell. Momentan auf Tour 3 Tage pro Tag (Gelächter)

Wir sind Angst“ von Null auf 5 der deutschen Verkaufscharts. Die Party war sicherlich sehr opulent...

Kotsche: Wir haben uns auf jeden Fall tierisch gefreut, denn es ist natürlich der größte, an Zahlen messbare Erfolg, den wir bislang vorzuweisen haben. Doch eine Feier diesbezüglich gab’s nicht. Wir haben alleine schon den Release gefeiert, da wir einfach stolz auf das sind, was wir da geschaffen haben. Wir haben uns quasi selbst abgefeiert (grinst). Doch kam schon die Vorfreude auf die Tour, auf die Besucher…-es gibt immer etwas, auf das man sich freuen kann und nicht explizit feiern muss. Dennoch haben wir immer Sekt dabei…(lacht)

In Zeichen von Pegida, Legida oder wie dieser ganze Auswurf heißt, der da momentan an die Oberfläche gespült wird, ist der Titel „Wir sind Angst“ ziemlich aktuell. Stand der schon vorher fest oder wurde der doch durch die momentan vorherrschenden Aufmärsche erst geformt?

Kotsche: Der Titel kam relativ spät. Die Songs und die Texte standen und auf den letzten Metern kam dann dieser Titel noch dazu und der fast das Alles ganz gut zusammen. Basti und Bernhard reden sehr viel über die Texte, über die Inhalte und es stellte sich heraus, dass diese in der Gesellschaft verankerte Angst von wegen „Ich hab bald keinen Arbeitsplatz mehr“ oder „Terrorismus hier und da“ zum Teil ziemlich irrational und die treibende Kraft in unserer Gesellschaft ist und diese dadurch durchaus auch mal gegen die Wand fährt. Das ganze Album ist schon ziemlich wütend geworden und das war dann wirklich der Titel, auf das man das Alles prima herunterbrechen konnte.

Wir sind nicht Papst, wir sind nicht Weltmeister und wenn man das wirklich so plakativ darstellen will oder muss, dann sind wir halt Angst.

Also quasi Bild-beeinflusst…

(überlegt) Im Grunde genommen schon…Patriotismus an sich ist meist die ätzende Vorstufe von Nationalismus und wenn dann zufällig irgendein Typ aus Deutschland Papst wird, sind wir nicht zwangsläufig auch alle Papst. Solche Aussagen machen mich wahnsinnig…

Aber wir sind Weltmeister….komm…das war doch schön und eine nette Abwechslung, denn mit Eurer Fortuna seid Ihr doch schon arg genug gebeutelt…

(Gelächter) Kotsche: Da haste genau den Richtigen erwischt, denn ich interessiere mich dafür ja überhaupt nicht!

„Blitzkreuz“ habt Ihr ja mit Colin Richardson zusammen aufgenommen, einem meiner großen Helden, doch schockierender Weise habe ich während der Recherche im Vorfeld unseres Gespräches gelesen, dass Ihr nun einen Produzenten namens B-Ray hattet, der lediglich durch eine Produktion mit Aaron Carter vorher aufgefallen ist…

(mich gucken vier Augen ziemlich fragend an) Kotsche: Den kenne ich gar nicht! Aber jetzt habe ich richtig Bock, mit dem das nächste Album zu machen, hahaha. 

Kotze: Da hat sich definitiv jemand verschrieben…

Kotsche: Markus Schlichterer hatte die letzten Album aufgenommen und diesmal haben wir mit Markus Vieten eine bewährte Kraft mit ins Boot geholt, der auch schon als Livemischer mit uns auf Tour war…

Kotze: …und als wir die ersten Aufnahmen von ihm hörten machte es einfach so sehr Bock das zu hören, dass wir immer wieder zurückspulte, um unseren Song nochmal zu hören.

Kotsche: Er wusste exakt, was wir benötigen, er kennt uns halt sehr gut und konnte auch Bastis Visionen super umsetzen, die er ihm vorher vermittelte. Sie sprechen einfach die gleiche Sprache, metaphorisch gesehen und man konnte beim Mischen zugegen sein, wo er analog gemischt hat und nicht allzu viel mit dem Computer herumexperimentierte, was die Euphorie am ganzen Album noch einmal richtig schürte.

Was Euch ehrt, denn gerade in der von Euch gespielten Musiksparte wird mir doch in letzter Zeit viel zu sehr mit irgendwelchen elektronischen Hilfsmitteln nachgearbeitet und bei Euch merkt man halt immer, dass Ihr Euren Plattensound auch live umsetzen könnt, was halt viele andere Bands nicht schaffen…

Kotze: Das ist mir persönlich auch ganz wichtig, denn als Drummer trägst man ganz viel zum eigentlichen Sound bei und es gibt doch nichts Schlimmeres, als dieses permanent getriggerte Zeug. Dieses ganze digitale Drüberbügeln geht mir sowas von auf den Keks, das glaubst Du gar nicht. Wenn man dieses Geballer dann auf Platte permanent in die Fresse bekommt…das atmet und lebt einfach nicht…(was er damit ausdrücken wollte, konnte man später in einem fetten Drumsolo beim Gig selber erleben – Olaf) Das geht einem als Mucker unfassbar an die Substanz und die Nerven. Musik muss atmen, leben und dementsprechend wollen wir so natürlich wie nur eben möglich aufnehmen. Oldschool…da macht das alles auch viel mehr Spaß…

Jette, Du hast ja das Review gemacht…hat sie geatmet?

Jette: JAAAA!!! (Gelächter)

Trotz Eurer exorbitanten Härte nehmt Ihr Euch auch immer noch die Zeit, tiefgründiges und emotionales zu schreiben und aufzunehmen. Mir fallen dazu zwei Songs ein…zum einen wäre das „Unter Tage“, bei dem man wirklich Gänsehaut bekommt…

Kotsche: Geht uns genauso! Das kommt schon meistens dann, wenn wir uns die ersten Songfragmente zuschicken und gerade bei „Unter Tage“ war es so, dass der eigentlich noch gar nicht so richtig existent war und als Basti uns dann den Refrains schickte dachte ich nur: Boah!!! Das sind dann die Perlen, die auf so einem Album dann auftauchen. Ob das nun allerdings autobiografisch ist, kann Dir nur Basti wirklich erklären.

Ihr redet nicht über Eure Texte?

Kotsche: Es gibt so manche Songs, da frage ich einfach nicht nach, weil…

Es Dir egal ist!

Kotsche: (lacht) nein, aber wenn es zu persönlich ist, frage ich nicht. Bei Songs wie „Wir sind Angst“ oder „Ich lehne leidenschaftlich ab“ weiß ich schon genau, um was es geht, weil gerade auch die beiden sehr explizit sind.

Der zweite Song befindet sich nicht auf dem aktuellen Album und ist „Kind im Nebel“ (der an diesem Abend in einer mitreißenden Akustik Version für Erpelpelle am ganzen Körper sorgte), bei dem Basti in Wacken mal meinte, dass dies sein absoluter Lieblingssong wäre…

Kotze: Uns ist das total wichtig, dass wir auch solche gefühlvollen Songs im Set haben. Wir sind alle sehr emotionale Menschen in der Band und Basti könnte so einen Song niemals performen, wie er ihn in Wacken performt hat, wenn er da nicht zu 100 Prozent hinter stehen würde.

Im Gegensatz zu den früheren, recht knallbunten Coverartworks, habt Ihr diesmal eine ziemliche Schlichtheit walten lassen und quasi ein ziemlich punkig anmutendes Cover gewählt…

Kotsche: Was auch absolut so gewollt war! Wir wollten musikalisch ein sehr eindeutiges Album machen, was uns auch gelungen ist und der rote Faden ist ganz klar Wut und Angepisstheit…und wenn du sowas machen willst, dann schmückt man das nicht künstlich aus, sondern bleibt auch in der Bildersprache so minimalistisch wie nur eben möglich. Das „Dunkelherz“ Video ist ebenso gehalten und auch unsere Bühne wird dementsprechend aussehen. Das ist alles aus einem Guss…

Ich lerne Euch gerade von einer Seite kennen, die ich so nicht erwartet hatte. Gesellschaftlich und politisch interessiert, offen…

Kotsche: Man muss dafür auch nicht unbedingt in einer Partei sein, sondern das kommt scheinbar mit der Reife. Wir sind halt aus dem Alter raus wo man sich morgens sagt: Geil, die Schule fällt heute aus, hahaha. Man bekommt mehr mit, macht sich Gedanken über vieles und setzt das in Relation zueinander.

Kotze: Wir sind auch mittlerweile in einer Position, wo uns die Leute zuhören und nicht andauernd denken: Ey, was sind denn das für Schwachköppe? Und aus dieser Position heraus kann man dann schon mal ne Platte machen, wo man sich gegen all die Missstände stemmt und eine klare Aussage vertritt. Wir haben viel Feedback von Leuten erhalten die uns mitgeteilt haben, dass sie sich nach dem Hören unserer Platte schon über manche Dinge, über die sie vorher vielleicht nicht nachgedacht haben, mittlerweile Gedanken machen. Das ist im Umkehrschluss auch eine große Verantwortung. Viele sind auch mittlerweile so komplett im Handywahn und bekommen um sich herum nichts mehr mit. Ok, wenn man bei uns vor einem Konzert backstage kommt, hängen auch schon mal 5 Zombies an ihren Geräten (Gelächter).

Im Vorfeld haben wir unsere Leser aufgefordert, Euch Fragen zu stellen und bei vielem Blödsinn kam eine etwas Provokantes: Kam Euch irgendwann mal in den Sinn auch auf Englisch zu singen? Eure deutschen Texte versteht ja eh kaum einer…

Kotsche: Das sagt meine Mutter auch! (großes Gelächter). Nein, die Überlegung gab es zu keinem Zeitpunkt und Basti kann sich auf Deutsch einfach besser ausdrücken, als wenn er dies auf Englisch versuchen würde. Er hat seine Ausdrucksweise über die Jahre gefunden und diese nun zu ändern, wäre in höchstem Maße kontroproduktiv. Auch für einen eventuellen Auslandserfolg würden wir uns diesbezüglich nicht verbiegen.

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