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NUDE AUF DEM RUDE

Das Rock unter den Eichen 2019

19.-20.07.2019 - Bertingen



Nach dem letztjährigen Ausfall unserer Berichterstattung, standen wir natürlich in der Pflicht, 2019 eine mehr als fette Nachlese des RUDE abzuliefern. Also setzte ich mich gleich am Samstagmorgen an mein mobiles Büro und hämmerte alles ein, was mir vom Vortag noch im Gedächtnis blieb. Zu meinem Erstaunen eine ganze Menge, denn im Vergleich zu meinen Jahren zuvor, bemaß ich dem Dämon Alkohol diesmal nicht allzu viel Bedeutung bei, was mir ein völlig neues Musikerlebnis eröffnete. Doch genug der Selbstbeweihräucherung und ab zu den Bands, von denen es in diesem Jahr einen ganzen Haufen großartige gab.

Dass es in Annaberg Buchholz nicht nur die wunderschöne Anna Amalia Bibliothek gibt, sondern auch famosen Todesblei, bewiesen Anfang des Jahres Epidemic Scorn, die mir mit ihrem Album „Rebirth“ die Flöhe aus dem Pelz jagten. Nun also als Opener der Hauptbühne, was natürlich bei dem noch etwas spärlichen Besucherandrang ein schwieriges Unterfangen ist, doch das in Sechs-Mann-Stärke aufspielende Killer Kommando ließ sich davon nicht beirren und spulte sein Programm routiniert herunter. Ein glasklarer Sound unterstützte die sich meist synchron bewegende Band und es machte unfassbar Spaß, der Truppe bei ihrer zur Leier getragenen Lyrik zuzuschauen. Zum Titeltrack "Rebirth" waren dann auch ein paar mehr Leute vor der Bühne, was diese live großartig agierende Band mehr als verdient hatte. Wenn ich Epidemic Scorn sehe, wird mir um die Zukunft des tektonischen Todesstahls nicht bange.

Jaja, ich weiß. Metall und icke, das war eine Beziehung, die lange gebraucht hat, doch das neue Album „Metal fire“ hat mich schon mitgenommen und heute galt es zu beweisen, wie das Material live rüberkommt. Was soll ich sagen...es war geil! Vor allem muss ich Frontmann Joel ganz klar eine meilenweite Steigerung attestieren. Selbstbewusster, härter und vor allem auf den Punkt intonierte der Jungspund seine Aufgabe zu vollster Zufriedenheit der nun etwas zahlreicher Anwesenden, die gut mitgingen und sich zum Schluss tierisch über "Easy rider" freuten, welches den Besuchern der diesjährigen Protzen leider versagt blieb. Starke Performance!

Aus dem schönen Zwickau hatte es nun die Black Metaller von Gateway to selfdestruction zu uns herübergespült, die ein ziemliches Mysterium darstellten…und zwar soundtechnisch, denn während auf und vor der Bühne zum Teil nicht ganz definiert werden konnte, was uns die Band musikalisch mitteilen wolle, so war hinter der Bühne richtig fett was los. Und ich war nicht der Einzige, dem dies auffiel. Trotz dieses merkwürdigen Umstandes gefiel mir die Mucke der Truppe recht gut, auch wenn Frontdeibel Mara ihre Ansagen vielleicht nicht keifen sollte, denn das hatte zuweilen den Effekt eines Schmunzlers bei den Anwesenden vor der Bühne, die der Band aber ordentlichen Applaus spendete.

Sorry Leute, wer bei Infight still stehen bleibt, hat entweder ein inoperables Hüftleiden, oder einfach keine Ahnung von mitreißender Mucke, die zum Bouncen gnadenlos einlädt. Unser Redaktions-Schrod gab barfuß den Takt an, zu dem Tilo, Putz und Timo die Bühne zu solch einem frühen Zeitpunkt pulverisiert. Es machte einfach Spaß diesem HC Gepolter zu lauschen und seine Hüften kreisen zu lassen. Dazu noch Body Counts "Copkiller". Was soll man sagen: Megafett!!!

Tja...Wie oft habe ich nun Endseeker in den letzten Jahren gesehen_ Ich weiß es nicht und es ist auch relativ unwichtig, denn die Hamburger und diesjährigen Headliner bei unserem Zoff kann man nicht oft genug sehen. Allerdings muss ich diesmal sagen, dass dieser Auftritt mit zum Besten gehörte, was ich bislang von der Truppe von der Waterkant gesehen habe. Megabrutaler Sound und ein Lenny in gesanglicher Hochform. Natürlich gab es auch ein Ausblick aus dem bald erscheinenden neuen Album und die Leute gingen steil. Das mir die ansonsten mehr als sympathischen Jungs später am Abend laut lachend einen nackten Mann ins Zelt schickten, kehre ich mal unter den Teppich...doch die Retourkutsche wird folgen Freunde...

Nein, ein Geheimtipp sind Dekadent schon lange nicht mehr, was unter anderem den neuen und überragenden Album „The nemean ordeal“ geschuldet ist, welches heute in schöner Ausführlichkeit präsentiert wurde. Artur und seine Mannen legten sich voll ins Zeug und schafften es locker, die noch Unwissenden, von denen es scheinbar eine Menge gab, locker auf ihre Seite zu ziehen. Erneut war der Sound überragend, was den komplexen Kompositionen dieser famosen Band mehr als entgegen kam. Dem Skullcrusher Enni sein Lächeln war komplett eingemeißelt wie auch bei mir, denn der Auftritt war einmal mehr ein Beweis dafür, wo die Reise Dekadents einmal hingehen wird, nämlich ganz nach oben!

Zwischendurch pilgerten wir immer mal wieder vor die kleine Bühne, auf der am frühen Nachmittag Ruins since fall den Reigen unter den Eichen vor fast Ausschluss der Öffentlichkeit eröffneten und dabei eine mehr als gute Figur abgaben. Als Hauptattraktion, der von Jacky Lehmann soundtechnisch perfekt in Szene gesetzten Stage, fungierten heute Metal Heart, die mit guten Interpretationen alter Accept Klassiker die Leute locker bei Laune hielten. Machte tierisch Spaß und bewiess einmal mehr, wie geil dieses Konzept der zweiten Bühne als Überbrückung zwischen den Umbaupausen funktioniert. Kollege Migosch und meine Wenigkeit jedenfalls moshten wie die Doofen, vernichteten dabei ein paar Hirnzellen und freuten uns wie ein dickes Kind in einer mit Nutella gefüllten Badewanne über unsterbliche Klassiker einer der besten deutschen Heavy Metal Bands, die mit viel Liebe von Metal Heart umgesetzt wurden.

Wenn ich daran denke, wie ich 2009 Tribulation abgefeiert habe und danach mit Sorge und Argwohn deren Weiterentwicklung verfolgte war ich überrascht, wie tight und geschlossen sich die Schweden präsentierten und vom immer voller werdenden Infield abgefeiert wurden. Ich allerdings muss zugeben, dass meine Zeiten als Tribulation Fanboy definitiv vorbei sind, ich durchaus deren Gig interessant fand, mehr aber auch nicht. Ebenso verhielt es sich bei Benediction, die zwar bemüht waren, den Leuten eine ordentliche Show zu liefern, in meinen Augen aber ebenfalls ihren Zenith weit überschritten haben. Kurz nach dem Festival wurde bekanntgegeben, dass Dave Ingram wieder zurückkehren würde, was diesen Gig für Dave Hunt zu seinem Letzten auf deutschen Boden werden ließ. Nun wurde es aber Zeit für DIE Headliner des diesjährigen RUDE.

Seit ich im letzten Jahr beim Rock Hard Festival erstmals Sodom in der neuen Besetzung gesehen habe, gärte in mir das unbändige Verlangen, die widererstarkten Thrash Könige schnellstens wieder zu sehen. Leider dauerte es tatsächlich ein Jahr, bis dieser Wunsch in Erfüllung ging. Im Vorfeld versuchte ich Husky die Setlist zu entlocken, was die Szene Ikone immer nur mit einem lakonischen Grinsen quittierte. Zu Recht wie sich herausstellte, denn mit „Agent orange“ als Einstieg gab es gleich meinen absoluten Lieblingssong in einer Art und Weise, wie ich ihn noch nie gehört habe. Straight, schnell und unfassbar präzise gab es voll eins in die Fresse und erneut wurde bewiesen, wie sehr sich die Entscheidung vom Angelripper bezahlt gemacht hat, die Band um eine Gitarre zu erweitern. Blackfire als alter Hase und York als frisches Blut geben Sodom die Brutalität, die man in der Vergangenheit manchmal schmerzlich vermisste. Das merkte man Tom auch an, der nicht nur gesanglich eine Meisterleistung darbot, sondern ebenfalls wie befreit auftrat und Kracher wir „Sodomy and lust“, „Blasphemer“, „Outbreak of evil“, das aktuelle „Partisan“ oder das seit 1992 nicht mehr live gespielte „The crippler“ mit gottgleicher Inbrunst zelebrierte.

Das knüppelvolle Infield drehte jedenfalls völlig frei, bildete Circle Pits, eine Wall of death und feierte Sodom nach allen Regeln der Kunst ab. Ich flippte aus, als mit „Tired and red“ einer meiner Lieblingssongs gespielt wurde, der neben „The saw is the law“ und vor allem „Nuclear winter“ ebenfalls so frisch daherkam, als ob er erst vor kurzer Zeit eingespielt wurde. Mit „Bombenhagel“ wurde ein Gig beendet, der zum Besten gehörte, was ich in letzter Zeit sehen durfte. Definitiv der beste Headliner Gig, den ich jemals beim RUDE erleben durfte und auch Tom schein nach dem Gig mehr als zufrieden, denn er war backstage in Plauderlaune und zeigte sich ebenfalls sehr angetan von der Reaktion des Publikums. Unfassbar geil!!!!




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