Stürmische Tage, laute Nächte - Das POA 2018 (2)
TAG 1-FREITAG, 23.06.2018 TAG 2-SAMSTAG, 24.06.2018
(Bandname fett=Fotogalerie auf Facebook)
Zu den Klängen von Cashley, die ich bereits in meinem Review zum Chronical Moshers lobend erwähnte, trollten sich die Überlebenden der letzten Nacht so langsam in Richtung Zelt, wo das unermüdlich schuftende Team mit Rührei und Mettbrötchen den zahlreich anwesenden Alkoholleichen zur Gesundung verhelfen wollte. Warum allerdings im Nachgang darüber gemault wurde, dass a) Das Ei aus dem Tetrapack kommt (Vorschriften des Gesundheitsamtes, einfach mal nachlesen) und b) einer zu dünnen Schicht Mett, zu wenig Zwiebeln und nicht vorhandener Gewürzgurke, erschließt sich mir nicht. Leute, das hier ist ein kleines Festival VON FANS FÜR FANS und wenn ihr was zu mäkeln habt, geht ins Hotel oder bringt Euch Euer Futter selber mit. By the way…ich briet mir auf meinem Gaskocher mein eigenes Ei (mit VIEL Speck), welches von meinem Kollege Robsess und meiner Frau gierig verschlungen wurde.
Auch der Vorwurf, man habe das Bier 0,50 ct. teurer gemacht und gleichzeitig von 0,4 auf 0,3 verkleinert, ist absoluter Nonsens. Die Biergröße war schon immer dieselbe und ich finde 2,50€ für diese leckere Suppe immer noch vollkommen in Ordnung. Und auch hier: Maulen, selber versorgen und Mund halten. So…nun zur Musike…
Hinfahren, raus aus dem Bus und rauf auf die Bühne: Artless aus dem Vogtland standen nun auf dem Plan und wer unsere Berichte kennt weiß, dass es sich hier um die Band der Chronical Moshers Macher Burgi und Jan handelt, die mit ihrem schnörkellosen Death Metal zu solch früher Stunde den Leuten die Schlafläuse aus dem Pelz prügelten. Kurioserweise war es trotz dieser nachtschlafenden Zeit um dreiviertel eins (oder viertel vor, für die Unwissenden…) schon ziemlich voll im Hangar und auch heute hatte Rico ein glückliches Händchen an den Knöpfen, denn der Sound brummte gewaltig…und das im positiven Sinne. Die Vogtländer gaben jedenfalls Alles, rissen sich komplett den Arsch auf und wurden dementsprechend mit großen Handgeklapper in den Feierabend verabschiedet.
Was nun folgte darf ohne Wenn und Aber als eine der größten Überraschungen für mich in den letzten Monaten angesehen werden, denn ich habe Xicution in der Vergangenheit schon oft gesehen und selbst meine Freundschaft zu Frontmann und ZO Redakteur Jano konnte nicht darüber hinweghelfen, dass ich mit dem rumpeligen und nicht unbedingt kurzweiligen Todesblei der Mannen aus Eberswalde nie sonderlich warm wurde. Heute allerdings hatten meine Frau und ich Gänsehaut. Klar ist das immer noch stumpf, aber fett, brutal und mit Fjalli hat man nunmehr einen Drummer an Bord, der einen niederschmetternden Punch vorlegt und somit dem Gesamtsound tierisch guttut. Auch Jano hat sich mittlerweile zu einem grandiosen Frontmann entwickelt, der das Publikum abholt, mitnimmt und mächtig Brause macht. Das Publikum wandelte sich auch im Laufe des Sets von interessiert zu begeistert und somit konnte Xicution bereits als zweite Band den Pokal für die größte Überraschung einsacken und sich dementsprechend feiern lassen. Selbst der Keksgrinder stürmte die Bühne, grunzte mit Jano ins Mikro und sprang ins Publikum. Korrekt, Alda!
Nach Jahren der Abstinenz sollte heute die triumphale Rückkehr von Infight stattfinden, hinter denen sich Tilo und Putz von Postmortem, unser Redaktions Bollo Schrod und Cashley Bassist Timo verbergen, die mit ihrem groovenden, teilweise rasenden und immer grandiosen Hardcore für Abwechslung sorgen sollten. Ich hatte anfangs ein wenig Bedenken, ob das musikalisch passen würde, doch schon nach dem ersten Ton ging es rund mit dem jungen Hund und die Meute feierte das Quartett nach allen Regeln der Kunst ab. Tilo ließ seine Mähne kreisen, Putz bellte und keifte wie eine auf Speed befindliche Furie, Schrod verdrosch seine Kessel und Timo ging steil und erinnerte mit seinem Auftreten wohltuend an Sick of it all Klampfer Pete Koller. Der nun anwesende Jacky, der vorher eine kleine Odyssey nach Finnland und zurück hinter sich gebracht hatte, hatte soundtechnisch die Oberhand und verpasste Infight den richtigen Ton. Leider war dieses schweißtreibende Spektakel bereits nach 35 Minuten beendet, doch es bleibt zu hoffen, dass ich noch öfter in den Genuss dieser granatenstarken Truppe kommen werde.
Ich habe eine südamerikanische Augenkrankheit: Ich Chile! Jaja, doofer Witz, doch eine gute Überleitung zu Thornafire aus Santiago, die allerdings nicht mit dem etatmäßigen Basser und Sänger Andres an den Start gingen, sondern sich zwei Aushilfen an Bord holten, die leider nicht annähernd an den Originalsound dieses ansonsten großartigen Trios herankamen. Dementsprechend war ich etwas enttäuscht, auch wenn Gitarrero Victor einige Ässe aus dem Ärmel zauberte und auf viele teilweise heruntergelassene Kinnladen vor der Bühne herunterblicken konnte.
Da hatten dann Inhume bei mir doch leichteres Spiel, denn obwohl die Niederländer zuletzt 2010 mit „Moulding the deformed“ polycarbonattechnisch etwas von sich hören ließen, so frisch und frech präsentierten sie sich nun auf der Bühne, als ob sie nie weg gewesen wären. Die beiden Sänger rotzten und grunzten sich durch einen Set voller Hits, wobei mit natürlich die Klassiker „Dead man walking“ und „Grind culture“ am ehesten zwischen Hammer und Amboss kleben blieben. Die Masse pogte sich durchs Zelt und war selbst nach Beendigung eines grandiosen Gigs kaum zu stoppen. Bärenstark!
So sehr ich mich im Vorfeld auf Revolting gefreut hatte (Ja Mario, ich habe leider keinen anderen Flyer…also den kleinen *grins*), so waren Requiem bei weitem kein schnöder Ersatz, sondern vielmehr eine Bereicherung des Billings und auch wenn EmZett mit der letzten Scheibe nicht sonderlich warm wurde, so feierte ich die Schweizer mit ihrem brutalen, aber immer technisch hochwertigen Death Metal ab und streckte ein ums andere Mal die Faust in den Himmel. Stimmungstechnisch war allerdings weitaus weniger los als bei Inhume, was definitiv an der unterschiedlichen Art der hier dargebotenen Metal-Kunst lag. Dennoch hörte ich danach viele darüber reden, wie geil die Eidgenossen doch gewesen seien.
Bereits im Vorfeld des POA wurde bekannt, dass sich Dew-Scented nach einer durchaus respektablen Karriere in den Ruhestand verabschieden würden, womit dies hier und heute eine der letzten Gelegenheiten sein würde, die Mannen um Frontmann Leif noch einmal live zu begutachten. Beginnend mit ihrem Übersong „Arise from decay“ schrubbten sich die Jungs mit einem ansteckenden Enthusiasmus durch ihren Set, den die proppenvolle Halle mit viel Respekt und Anerkennung über das Erreichte gebührend huldigte. Auch wenn die Niedersachsen nicht unbedingt zu den Filigransten oder Kurzweiligsten in der Szene gehören, so werde ich sie definitiv vermissen und ende mit den Worten von Abbath „Thank you for the music“…oder waren das doch Abba?
Einen schweren Stand hatten nun Debauchery, die sich parallel zum Krimi Deutschland gegen Schweden bei der Fußball WM auf der Bühne behaupten mussten und während ich schlussendlich das Tor von Toni Kross bejubeln konnte wurde mir zugetragen, dass sich Thomas Gurrath und seine Kollegen mehr als achtbar aus der Affäre zogen, mit ihren Auftreten für einen Hungucker sorgten und trotzdem noch genügend Leute im Hangar bespaßten. Freut mich, denn musikalisch ist es nicht unbedingt meins, doch den Fans schien es gefallen zu haben.
Schade auch für Demonical, die ebenfalls gerne ihren Tre-Kroners die Daumen gedrückt hätten, auf der Bühne dafür aber Vollgas gaben und sich, ebenso wie das proppenvolle Zelt nebenan mit einem Unentschieden zufrieden gegeben hätten, am Ende ihres Gigs aber mit der Nachricht der Niederlage „überrascht“ wurden. Ich linste für knappe 20 Minuten rein und was ich sah, haute mich um. Die Schweden sind in meinen Augen die momentan stärksten Vertreter der skandinavischen Todesblei-Szene und bewiesen dies mehr als eindrucksvoll. Viele der anwesenden Augenzeugen schwörten jedenfalls Stein und Bein darauf, die beste Band des Wochenendes gesehen zu haben und was ich sah bestätigte dieses durchaus.
Nach dem Fußball Drama (wie dies für die Deutschen Balltreter ausging, wissen wir mittlerweile ja alle) stand nun die vorletzte Band auf der Bühne, die alles noch einmal in den Schatten stellen sollte, was sich vorher in Protzen zugetragen hatte: Just before dawn. Das schwedische Allstar Projekt mit Benediction Frontmann Dave Ingram, Anders Biazzi und Wombbath‘ Jonny Pettersson, der mit seinem monumentalen Bart alle anderen Fusselmatten Träger ins Abseits schubste, zog alle Register und streckte mit ihrem monumentalen Sound alle noch Wachgebliebenen gnadenlos zu Boden. Das Hauptaugenmerk lag natürlich auf dem aktuellen Meisterwerk „Tides of blood“, welches live um ein Vielfaches geiler klang, als auf der ohnehin schon exorbitant überragenden Platte. Hier wurde noch einmal aus allen Rohren gefeuert und man kann Mario und seiner Truppe wirklich nur dazu gratulieren, diese Megaband auf die Bühne gebracht zu haben. Dass das Publikum noch einmal vollends ausrastete, sollte schon fast keiner Erwähnung mehr wert sein.
Ach ja...nicht zu vergessen sei hier noch der eigentliche Headliner des Abends, Entombed A.D., die allerdings zu keinem Zeitpunkt an die vorher erbrachten Leistungen ihrer Landsleute heranreichen konnten und selbst Klassiker, die jeder Todesblei Fan mit der Muttermilch aufgesogen hat, konnte man kaum erkennen. Das lag sicherlich nicht am Sound, sondern erneut an der etwas "merkwürdigen" Performance von Herrn Petrov, bei der sich selbst eingefleischte Fans zu Unmutsäußerungen nach dem Gig hinreißen ließen. Es ist natürlich lobenswert, dass man diese Legende eingeladen hat, doch mit einer solchen Show haben sich die Nordmänner bei mir erneut keinerlei Meritten verdient. Nein, ich finde, man sollte Entombed jetzt langsam mal zu Grabe tragen und in Frieden ruhen lassen.
Obwohl mein Zelt am Sonntag nun doch im Müllcontainer landete, ich Samstagfrüh einen Schädel wie E.T. hatte, ich für knapp 15€ Wertmarken mit nach Hause nahm (wie eigentlich immer), meine Frau sich am letzten Abend den Arsch abfror, der Wettergott am Abend des zweiten Tages seinen kompletten Zorn über dem Gelände entlud und ich Lifeless nicht sehen konnte, war die 21.Ausgabe des Protzen erneut ein großes Familientreffen und ein Stelldichein Gleichgesinnter, die 3 Tage lang eine große Party feierten und sich durch den Wetterumschwung nicht die Laune verderben ließen. Wir sehen uns im nächsten Jahr!
TAG 1-FREITAG, 23.06.2018 TAG 2-SAMSTAG, 24.06.2018
(Bandname fett=Fotogalerie auf Facebook)
Das Zephyr's Odem Team
Olaf (Bericht) | Thor (Fotos)