Alben des Jahres 2023

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Abrisse ohne Ende und strahlende Gesichter - Das POA 2017

Sollte dies wirklich schon der letzte Tag werden? Meinem Kalender nach zu urteilen war tatsächlich bereits der Samstag angebrochen und in meinem Kopf tobten doch ein paar kleine Männchen, die meine These des Nüchternseins vom Vortag ad absurdum führten. Egal, rinn in die Bahn und wieder ins benachbarte Bundesland geeiert, wo mich diesmal Thor aufsammelte und unbeschadet auf dem Ground ablieferte. Äußerst pünktlich, denn ich wollte allein aus Chronistenpflicht nicht eine Band an diesem Wochenende verpassen…


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Eine vortreffliche Entscheidung, denn mit Terrible sickness stand erneut zu Beginn exzellentes Futter für die Todesblei Fraktion auf dem Speiseplan. Die Nienburger, die mich bereits mit ihrem im März veröffentlichten Album „Feasting on your perdition“ gefangengenommen hatten, präsentierten sich in grandioser Spiellaune und ballerten ihre Tracks ungebremst in die Menge. Witzig war der Umstand, dass Kollege Dennis Bähringer am Vortag schmerzlich vermisst wurde und nun mit Flo quasi sein vermisster Zwillingsbruder am Mikro auf der Bühne stand. Oder war es doch der Dennis inkognito? Der Angesprochene, der später mit Frau und Kind das Gelände enterte, verneinte dies jedoch vehement. Musikalisch gab es voll auf die Nuss und für mich bedeutete dieser Auftritt, dass ich die Niedersachsen gerne irgendwann ein weiteres Mal begutachten würde.

Cryptic Brood, ebenfalls in Niedersachsen beheimatet und schlanke 130 Kilometer von Nienburg entfernt aus Wolfsburg kommend, welches eigentlich nur durch den dort ansässigen VfL und den dort gegründeten Protector Bekanntheit erlangte…na gut…vielleicht auch ein bisschen VW…erklommen nun die Bühne und konnten mit ihrem doomig angehauchten Death Metal vollends überzeugen. Das Trio gab mächtig Gas und man hatte das Gefühl, die Jungens würden ihren Aufenthalt beim POA sichtlich genießen. Die Menge vor der Bühne jedenfalls war recht angetan und ließ sich gut unterhalten.

2015 quasi ein wenig aus der Not geboren und damals als Ersatz für Carnal Ghoul auf der Running Order, starteten Demonbreed im nördlichen Brandenburg ihre Karriere und kehrten nun an ihre Geburtsstätte zurück. Fernando und Daniel schienen von ihrem gestrigen Auftritt im Ziegengewand erholt und legten zusammen mit Jost, Timo und Johannes einen unglaublich energetischen Auftritt hin der alles beinhaltet, was Death Metal so außergewöhnlich macht. Die Riffs schraubten einem die Rübe ab, das Tempo variierte, so dass jeder in den Genuss gepflegten Kopfschüttelns kam und songtechnisch ist der Fünfer eh ein Kandidat für höhere Weihen. Ein vortrefflich klingender Akustikschmaus, der gerne noch etwas länger hätte andauern können.

Gleiches gilt auch für Revel in flesh, denen ich ebenfalls stundenlang lauschen kann und die bis heute mit „In the name of the flesh“ einen absoluten Gassenhauer in ihrem Repertoire wissen. Selbst die immer noch zu großen Boots von Frontmann Ralf fallen nicht weiter ins Gewicht, denn darauf konzentrierte sich eh keiner bei diesem musikalisch atomaren Vernichtungsschlag, der die kleine brandenburgische Gemeinde heimsuchte. Unterstützt von einem erneut megafetten Sound war dieser Auftritt so gigantisch, dass ich meine letzten Kröten unbedingt in ein Shirt der Schwaben investieren musste und obendrauf auch noch eine Fahne für meine Terrasse bekam. Und nur deshalb gibt es hier solch lobende Worte, denn eigentlich war der Gig schei… hahaha…reingefallen, denn Revel in flesh können nicht schlecht, nie und nimmer!

Nun wurde es aber endlich Zeit für Torturized mit unserem Redaktions-Siggi an der sechssaitigen und da ich vorher ein klein wenig die Werbetrommel rührte, fanden sich vielleicht ein paar Leute im Zelt ein, die ansonsten diesen brachialen Mix aus Immolation, Cattle Decapitation und Suffocation verpasst hätten. Es ist natürlich schwierig in solch einem Fall Objektivität zu bewahren, doch an dieser Demonstration technischer Finesse und rasender Geschwindigkeit gab es kein Haar in der Suppe zu finden. Ok, vielleicht der Schnauzer von Kollege Tom am zweiten Brett und die Tatsache, dass Sänger Lu aufgrund seines intensiven Bewegungsdrangs kaum auf Kamera gebannt werden konnte hätten sich negativ auf die Bewertung auswirken können. Musikalisch gab es nichts zu nölen, der Sound war ebenfalls für diese Lesart gitarrentechnischer Unterhaltungsmusik großartig und differenziert, was sich später am Merchstand auch in barer Münze widerspiegelte. Eine Schande, dass die Jungs alles in Eigenregie machen und sich kein Label findet. Da werden lieber zig Krachcombos unterstützt die gar nicht wissen, wie man Torturized korrekt schreibt.

Endlich! Na gefühlten 27 Jahren endlich mal wieder Facebreaker live erleben und obwohl Frontmann Roberth mit seiner Frise mittlerweile auch bei Linkin Park durchgehen würde, hat der sympathische Frontmann nichts an seiner einzigartigen Vocal Performance eingebüßt. Meine Fresse, was für eine Machdemonstration schwedischen Elchtods, die auf die durchdrehende Masse niederprasselte von einem bis heute besten Vertreter dieses Genres. Nun endlich mal ne neue Scheibe und der skandinavische Rest kann einpacken. Ich jedenfalls summte noch eine ganze Weile „creeeeeping flesh“ vor mich hin. Hammerband, Hammer Auftritt, Hammer smashed…ach nee…das war was anderes. Leider hatten unter diesen musikalischen Nachwehen und einem Interview die Rostocker von Wojczech als einzige Band des Wochenendes das Nachsehen und konnten nicht von mir begutachtet werden. Wer die Jungs gesehen hat und sich äußern will…gerne auf meinen Namen unten klicken, Email schreiben und zack: Seid Ihr Gastautor!

Nach meinen anderweitigen Verpflichtungen gab es ebenfalls endlich mal wieder die Holländer Cliteater in die Fresse…und das wortwörtlich, denn als ich die Halle betrat gab’s als kleine Begrüßung erstmal ne Elle quer durch meine Hackfresse, was dem nun folgenden Porngrind Spaß aber keinerlei Abbruch tat. Im Gegenteil! Todesmutig stürzte ich mich in den Pit und feierte die Jungens ausgiebig, bei denen Drummer Marten mit seiner Mega Frise wie ein blutjunger Shane Embury dazu verleitete, ihm durch dieses mächtige Haupthaar zu wuscheln. Die Halle ging steil und scheinbar hatte sogar Soundmann Jacky, der ja eher gemäßigt unterwegs ist, auch Spaß an der Performance, ertappte ich ihn doch beim Wippen mit dem Fuß. Eat clit or die…Fuckers!

Bereits weit vor ihrem Auftritt palaverten Thor und ich mit den Jungs von Islay über Goat und die Welt, tranken ein paar Bierchen und freuten uns eigentlich gemeinsam auf den anstehenden Gig, der der vorletzte im Zelt sein sollte und mächtig Arsch trat. Die Emsländer riefen ihr gesamtes Potential ab, bretterten ohne Rücksicht auf Verluste durchs Unterholz und zauberten so einigen Besuchern ein Lächeln ins Gesicht. Was für eine Demonstration geballter Aggression und definitiv ein Highlight des Wochenendes.

Da mussten sich Obscurity mächtig strecken, um das eben Erlebte toppen zu können. Doch der bergische Löwe ist halt kein zahnloser Papiertiger und trotz der Tatsache, dass der magische Viking Metal der Jungs aus Velbert musikalisch einen recht großen Kontrast zum vorherigen Programm bot, kamen die Jungs mächtig gut an und präsentierten sogar neues Material aus ihrem am 14.07. erscheinenden neuen Album „Streitmacht“, welches unserem Rene fast die Höchstnote wert war. Verständlich, denn nach meiner ersten Livebegutachtung vor einem Jahr in Emden bestätigten Obscurity ihre hervorragende Kondition und boten ein tolles Programm, welches jeden Amon Amarth Jünger glücklich gemacht haben sollte. Machte Megaspaß und soll das ja auch, oder?

Da waren die thüringischen Death Grinder von Disaster KFW natürlich wieder der totale Gegensatz, denn hier wurde geschrotet was das Zeug hielt und trotz der Tatsache, dass die Jungs bereits seit dem späten Nachmittag auf dem Gelände rumturnten, erschien die Truppe megafrisch und bließ als letzte Band auf der Zeltbühne den Leuten nochmal mächtig Pfeffer in den Allerwertesten. Moshkompatibel gab es mega was auf die 12 und ich hatte das Gefühl, dass meine noch verbliebene Haarpracht nach diesem Inferno um Minimum 10% geschrumpft war. Höllenbrett, welches zukünftig noch öfter live erforscht werden muss.

Nein, so ganz konnte ich anfangs die Begeisterung für die Verpflichtung der eigentlich vor 19 Jahren aufgelösten Viu Drakh nicht verstehen, denn so richtig konnte ich mich auch früher nicht für den crustigen Death Metal der Hallenser erwärmen, doch die Performance der natürlich etwas in die Jahre gekommenen Musiker ließ mich teilweise wohlig erschauern. Wie zur Hölle kann eine Band, die seit so langer Zeit inaktiv ist der jüngeren, aktiven Garde zeigen, wo Bartel den Most herholt? Das war ganz großes Rasenschach und machte mächtig Laune. Ich vergleiche sowas immer mit einem schönen Mädchen, welchem man immer wieder hinterher schaut, obwohl man seine Frau an der Seite hat. Soll heißen, man konnte sich dem Bann nicht entziehen und somit avancierte Viu Drakh zu meiner persönlich größten Überraschung des Wochenendes.

Danke Rick Rozz, danke Kam Lee, danke Terry Butler, denn durch Euer kindisches Rumgezicke konnte Mario kurzerhand Martin Schirenc dazu bringen, erneut altes Pungent Stench Liedgut zu…hüstel…covern, denn aufgrund des ebenfalls weibischen Verhaltens von Alex Wank darf der Hauptsongwriter bis heute nicht den alten Namen verwenden. Und wisst Ihr was? Drauf geschissen, denn die Musik ist es was zählt und mit Danny Vacuum, der stilecht mit einem blauen Müllsack bekleidet wie ein Derwisch über die Bretter fegte und Schlagwerker Mike G.Mayhem hat Martin zwei ebenfalls durchgeknallte Mitstreiter am Start, die das Auditorium zum kollektiven Überkochen brachte. Meine Fresse, was für eine Fete und selbst wenn Martin nun aussieht wie ein ostindischer Guru, knallen die ollen Kamellen immer noch wie ein Tequilla morgens um 6. Was für ein Geschubse und Gepoge und selbst Das C, verantwortlich für unser Seitendesign, drehte komplett am Rad und schleifte seinen alkoholgeschundenen Körper über das Parkett. Das war Party pur und erneut eine Machtdemonstration einer ganz alten Legende, die hoffentlich noch lange weitermachen wird, denn die Szene braucht die Musik Pungent Stenchs und den Wiener Schmäh aller Beteiligten. Erneut ein Mega-Highlight!

Da Thor die Ungarn von Ektomorf bereits zwei Wochen vorher beim Chronical Moshers ablichtete und auch sonst nicht sonderlich auf die Mucke von Zoltan und seinen Jungs abfährt, muss es beim geschriebenen Wort bleiben und es fällt schwer, für diesen Monsterabriss die richtigen Worte zu finden. Ich gebe zu, ich habe den Cavalera-Klon irgendwann um 2007 aus den Augen verloren, da sich jedes Album gleich anhörte und auch live nichts mehr kam. Wie konnte ich nur, denn Ektomorf frisierten mich vollkommen um und ich stürzte mich inmitten des Geschehens. Klar stießen sich einige am Umstand, dass mehr „Jump, jump, jump“ kam als die zu erwartende zur Leier getragene Lyrik, doch Abwechslung ist es, was solch ein Festival ausmacht und da setzten die Magyaren ein megafettes Ausrufezeichen. Ich jedenfalls war nach dieser sportlichen Einlage nass wie ein Blauwal auf Tauchgang und happy wie Kind in einer Nutella-Badewanne. Hölle!

Sorry, aber das konnten Manos auch nicht mehr toppen, die ich als letzte Band des Festivals etwas deplatziert fand, aber mega Anklang beim Publikum fanden. Meins ist es bis heute nicht, doch man muss der Truppe das Ständchen zu Gute halten, welches sie der gesamten Protzen Belegschaft zum Ende hin brachten und somit ein grandioses Festival beschlossen, welches zu toppen ein schier unerreichbarer Anspruch sein sollte.

Ein Fazit zur zwanzigsten Ausgabe des POA zu ziehen fällt mehr als leicht, denn für mich, der nun bereits 9x dabei war, war es die beste Ausgabe überhaupt. Tolle Bands, großartige und entspannte Leute, das Wetter hat mitgespielt, die Getränke waren kalt und das Essen klasse. Ich weiß gar nicht, wie ich nun ein Jahr lang ohne Knoblauchbrot mit allet durff überleben soll? Jeder, der in das Geschehen involviert war, hat einen fantastischen Job geleistet, um uns Metalfans ein paar unvergessliche Tage zu bereiten. Nein Freunde, es war uns allen, die ich kenne, mit denen ich geredet und getrunken habe, ein inneres Skatspiel und welche Band auch immer Späne macht und sich die Möglichkeit verbaut beim Protzen Open Air zu spielen, schießt sich damit selbst ins Knie. Ich sammel schon einmal Kraftreserven für 2018 und überlege ernsthaft, ob ich dann entgegen meiner Gewohnheit auch mal über Nacht vor Ort bleibe. Es war uns ein Fest und eines der absoluten Highlights der letzten Festivaljahre.


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