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Festival-Report: Pitfest 2023

30.06 bis 02.07.2023 - Emmen/The Netherlands



Nachdem legendären 2019er Pitfest mit Bands wie Asphyx, Wolfsbrigade, Sodom, Discharge, Herder oder Thanatos. Wollten wir eigentlich gleich ein Jahr darauf nochmal nach Erica pilgern. Leider wurde nichts daraus, aufgrund der Corona-Pandemie, die das Leben allerorts bestimmte. Aufgrund der verschiedenen Gegebenheiten, konnten wir erst dieses Jahr wieder dem niederländischen Happening einen Besuch abstatten. Dabei gab es zahlreiche Neuerungen, neuer Veranstaltungsort, einen zusätzlichen Festivaltag. Verlegung von Mai auf Ende Juni.

Auch 2023 lieferten die Pitfest Macher wieder ein volles Brett, eine wilde Fahrt von Punk, Hardcore und Hardwurst-Metal wurde aufgeboten. Ein gutes Jahr zuvor reifte bereits der Gedanke einer Spritztour in die Niederlande. Wir mieteten uns eine kleine Ferienhütte und planten die Anfahrt mit der Bahn, die nur zwei Umstiege beinhaltete. Was sich als deutlich kostengünstiger herausstellte. Die Anreise startete am Donnerstag den 29.Juni, und wir kamen bereits am frühen Nachmittag in Emmen an. Leider lag die Unterkunft ein wenig entfernter, so dass noch eine Bustour nach Schoonebeek anstand. Angekommen in der Unterkunft war erstmal langmachen angesagt, mit guter Mucke aus der Dose und dem ein oder anderen Pils konnten wir das Festival-Wochenende einläuten.


Erster Festivaltag, 30.06.2023


Nach entspannter Nacht und einem ausgiebigen Brunch, lag der Fokus erstmal auf den Einkauf von Proviant, für die nächsten Tage. Danach ein ausgiebiges Mahl in Form von einer üppigen Portion Spagetti Bolognese, konnte nicht mehr viel schiefgehen. Dank geht an den Chefkoch Schorsch. Bevor es mit dem Bus nach Emmen und einen weiteren Umstieg in den Shuttle Bus, auf die Festival Area ging.

Das deutlich größere Gelände bot dabei reichlich Platz für die 3 Festivalbühnen: Ellert (Hauptbühne), Brammert (Zelt groß) und Punkhol (Zelt klein). Reichlicher Imbissstände und zentral der große Bierausschank. Für den Kauf von Essen und Trinken war der Kauf von Token notwendig, der pro 3 Euro kostete. Was im Umkehrschluss ein kleines Bier ist.

Als erste Kapelle im großen Zelt starteten die niederländischen Disquiet, melodischer Thrash der ordentlich nach vorn ging. Der Sound war fett und ballerte angenehm druckvoll. Disquiet waren mir bis dato unbekannt, immerhin schon über 20 Jahre aktiv, und 3 Alben im Gepäck, lieferten die Herren recht ordentlich ab. Da gibt’s nichts zu murren.

Ein dreiviertel-Stunde später weihten die amerikanischen Recken von Incantation die Hauptbühne ein. Die Death Metal Maniacs kann man zweifellos als Vollprofis beschreiben und das bewiesen sie auch hier. Der unerbittlich düstere Sound geht zurück bis in die Geburtsstunde des Todesblei, dabei boten sie einen guten Querschnitt ihrer Alben, dennoch lag der Fokus ein wenig deutlicher auf „Onward to Golgotha“ und „Diabolical Conquest“. Soundtechnisch bot die Mainstage leider nicht den nötigen Druck, je nach Position des Hörenden. Mal besser, mal schlechter. Für mich funktionieren Incantation immer in kleinen Undergroundklubs besonders gut, wo die musikalische Schwärze in jede Pore des Kadavers kriecht.

Als einen schönen Tapetenwechsel kann man darauf den Boston Fünfer Unearth bezeichnen. Der melodische, klassische Metalcore-Salven in die schon gut gefüllten Reihen vor der Ellert Hauptbühne streute. Der altgediente Frontmann Trevor bewies seine guten Entertainer Qualitäten und trieb das Stageacting der Band immer weiter voran. Ein guter Auftritt.

Für Ruhepausen war keine Zeit, denn im großen Zelt machten sich die aufstrebenden Schotten von Hellripper bereit, was eigentlich das Solo Projekt des Metal Bruders James Mc Bain ist. Mittlerweile kann der Herr bereits auf 3 ausdruckstarke Alben zurückblicken. Der rockn’rollige, angeschwärzte Thrash traf dabei auch bei mir vollends ins Mark und funktionierte live wie ein wild gewordenes Biest. James hat sich für die Liveauftritte auch die richtigen Musiker ins Boot geholt, die hier ordentlich und überzeugend ablieferten. Wie passend das in diesem Jahr der neue Langspieler „Warlocks Grim & Withered Hags“ erschien. Durchaus ein schönes Highlight des Tages.



Die kultiges Oi Punks Cockney Rejects legten sogleich auf der Hauptbühne los. Der Sound war jetzt auch mal wirklich ordentlich. Vor einigen Monaten in Berlin vor Toxpack gesehen, hatten sie natürlich zahlreiche Klassiker im Gepäck. Jeder halbwegs ernstzunehmende Punk Rocker kennt sie zweifelsohne, wie: „War on the Terraces“, „Oi Oi Oi“, „Eastend“, oder „Iam not a Fool“. Die Truppe ist seit 1978 auf den Brettern und zeigte auch hier nochmal was in ihnen steckt. Haben dabei wahre Pionierarbeit geleistet. Frontbarde Jeff Stinky Turner lieferte dabei wieder einen ordentlichen Bewegungsradius, dass viele seine jüngeren Kollegen, sicher in den Schatten stellt. Leider befindet sich die Band in diesem Jahr auf der Zielgeraden und begeht ihre letzten Liveshows.   

Der Abend schritt unentwegt voran und im großen Zelt machten sich Sheer Terror bereit. Die legendären New Yorker Hardcore Urgesteine legten mit voller Breitseite mit Songs ihres Kult Albums „Just Can’t hate enough“ los. Priester des Gemeckers Paul Bearer legte sich gleich vollends ins Zeug. Vor der Bühne war reichlich viel rumturnen angesagt. Der Sound war wuchtig und die Band lieferte einen Nackenbrecher und Arschtritt nach dem anderen ab, dass es eine helle Freude war. Das abschließende Cover „Boys don’t Cry“ von The Cure, bildete einen wohlwollenden Abschluss.

Auf der großen Bühne machten sich fortan die belgischen Death Grinder Aborted bereit. Der Livesound war recht ordentlich und man merkte dem belgischen Blastkommando die Liveerfahrung an.  Sven de Caluwé fegte wie ein Derwisch über die große Stage und brachte die zahlreichen Maniacs davor zum toben. Je weiter vorn man stand war die Qualität des Sounds doch ganz ordentlich. Und in den vorderen Reihen war doch gute Action. Ich selbst finde die Absperrung und Abstandhalter vor Festivalbühnen immer reichlich irritierend und störend. Aber gut. Von der Songauswahl lieferte die Kombo eine schöne Rundreise durch die bekannten Werke von Aborted, ein durchaus gelungener und überzeugender Auftritt. Auch wenn ich selbst nie ein großer Fan ihrer Mucke sein werde.

Final ballerten die Kalifornier von Terror ordentlich einen raus. Die Legendären Hardcore/Metal Pioniere brachten das komplette Zelt zum Beben, was für eine Livepower. Stillstehen konnte da echt niemand, bis in die hinterste Reihe war jeder am zappeln. Herrlich. Die packen mich live immer, absolute Hochachtung habe ich vor dieser Truppe. Live zweifelsohne eine Macht. Dabei lag der Fokus auf Alben wie „One with the Underdogs“ und dem Klassiker „Keepers oft he Faith“, aber auch Songs wie „Always the Hardway“. Fett.

Nach der Show gings dann mit dem Taxi zur Unterkunft, und wir ließen dort den ersten Festivaltag angemessen ausklingen.



Zweiter Festivaltag, Samstag, 01.07.2023


Den Tag ließen wir entspannt angehen und fuhren erst am Nachmittag zum Pitfest. Dort empfingen uns die australischen Thrasher Harlott. Die ich vor Jahren mal im Berliner Lido im Vorprogramm von Annhilator sehen konnte, wo sie mächtig abräumten. Auch hier im Zelt konnten sie schon einige Besucher von sich überzeugen und vermitteln dabei reichlich Spielfreude.

Auch die legendären Schweizer Messiah zeigten auf der Mainstage schon was ihnen in steckt. Und strotzten dem beginnenden und unbeständigen Regenwetter. Dabei konnten sie aus dem reichlichen Songangebot ihren Klassiker und auch neuen Werke schöpfen. So spielten die Alben „Extreme Cold Weather“, „Choir of Horrors“ und auch die letzte Scheibe „Fracmont“ eine gewichtige Rolle.

Nach Regen kam gewiss kein Sonnenschein, denn mit Full of Hell bretterten die Maryland Power Violence Grinder alles in Grund und Asche. Mit den extremen Elektro/Industrial Samples gab man auch live dem Stil der Band eine brachiale Derbheit. Frontbiest Dylan Walker drehte komplett am Rad und war immer mehr am ausrasten. Geile Show, definitiv. 

Darauf boten Midnight die gewohnten Black Metal/RocknRoll Salven. Ich hatte sie in der letzten Zeit einfach zu oft gesehen, ehrlich gesagt auch übersehen, die Liveshows mögen spektakulär und gewiss auch energisch sein, leider sind sie kaum überraschend und ziemlich ähnlich und gleichmäßig runtergespult. Perfekt war es allemal, und beliebt sind sie ohne jeden Zweifel, dabei brauchte es nicht viel um die Anwesenden davon zu überzeugen. Und die hatten richtig Spaß.



Auch der legendäre Motörhead Gitarrist Phil Campbell ist mit seinen Bastard Sons schon einige Jahre unterwegs und konnte live immer reichlich Energie streuen. So überzeugen die bisher veröffentlichten Alben durchaus, heute war aber ein kompletter Motörhead Tribute angezeigt und den boten sie auch.  Eröffnet wurde mit Dauerbrenner „Iron Fist“ und „Damage Case“. Später die Alltime-Klassiker „Stay Clean“ bis „Born to Raise Hell“. Über „Over The Top“, „Ace of Spades“ und dem Brecheisen „Overkill” so ziemlich vieles aufzubieten was in der Historie von Motörhead zum Dauerbrenner wurde. Ein wirklich gelungener Auftritt, auch wenn man sich ein wenig an den etwas cleaneren Gesangsstil gewöhnen musste, aber davon hatte ich mich recht schnell befreit. Angemerkt, so klang Lemmy mit Motörhead in ihrer Frühphase auch.

Kurz vor Mitternacht ließen wir den Abend mit dem New Yorker Hardcore Helden Madball ausklingen, die wiederum im Zelt beste Soundbedingungen hatten, wie ich fand. Was natürlich wieder ein deftiger Abriss war. Es gibt Bands die brauchen nicht viel um zu überzeugen. Die seit 1988 existenten Helden gehören zweifelsohne zu Ikonen der Szene. Live power war hier vorprogrammiert, die einfach unendlich viel Spaß bereitete. Und beste Stimmung verbreitete.

Um ein paar Taler zu sparen beschlossen wir mit dem Zug zurück zu fahren. Und ein paar km zu laufen, was natürlich schief ging und wir falsch abbogen, aber das ist eine andere Geschichte. Nichtdestotrotz hielt es uns nicht ab, in unserer Hütte noch etwas über Musik und das Leben im Allgemeinen zu philosophieren. Bevor es in die Koje ging. Ein schöner Tag…


Dritter Festivaltag, 03.07.2023


Nun stand auch schon der dritte Festivaltag an. Der mit den schwedischen Uralt Death Metal-Heads von Grave für uns startete. Dabei verschob sich der Beginn leider etwas, da man am Sound noch einige Zeit rumschraubte. Ehrlich gesagt fand ich an den Tagen davor den Sound auf der Mainstage schon ziemlich drucklos und dünn, was die Schweden scheinbar dazu veranlasste die Regler auf Anschlag zu drehen, was dann natürlich nur noch schallerte und komplett übersteuert klang. Begeisterung trotz des geilen Klassiker-Sets konnte sich da bei mir kaum entwickeln. Songs wie „Deformed“, „Extremly Rotten Flesh“, „Morbid Way To Die”, „Into The Grave” sprechen aber auch so eine klare Sprache.

Bei wechselhaften, aber auch hauptsächlich heiteren Wettergebilde, wackelte ich danach mal rüber zum Zelt, und ließ mich gleich anstecken von der guten Laune die Nine Pound Hammer verbreiteten. Die mit ihrem Assi Rock gleich schön zur Sache gingen. Mit von der Partie ist auch Nashville Pussy Frontbiest Blaine Cartwright, der hier ausschließlich die Saitensäge ansetzte, allerdings richtig geil bei „Run Fatboy Run“ das Mikro an sich riss und schön am Rad drehte. Dabei mutierte der Song in Endlosschleife und wurde immer temporeicher intoniert. Was für eine irres Finale für diese Show, dirty RocknRoll, at it’s best. Mehr braucht es nicht. Alles andere ist Kindergeburtstag will man da gleich einwerfen. Für mich ein schönes Highlight, dieser alten geilen Fucker. Ich hätte sie zugern im Berliner Wild at Heart ein paar Tage später nochmal besucht Leider macht mir ein Dienst ein Strich durch meine Rechnung. Hoffentlich kommen sie bald wieder nach Europa. Coole Typen und live ein Hit.



Danach legten die legendären Engländer von Onslaught sich ins Zeug. Die Uralt Thrasher von der Insel boten dabei auch ein schönes Klassiker Set mit 5 Songs aus den Kult-Alben „The Force“ und „Power from Hell“. Bretter wie „Metal Forces“ und „Thermonuclear Devastation“ sind einfach richtig derbe Pfeile. Eine gute Schnittmenge auch mit aktuelleren Tracks wurde dennoch geboten. Wie zum Beispiel „Strike Hard Strike Fast“ von „Generation Antichrist“. Über die Livepower des Fünfers aus Bristol braucht man eigentlich auch nicht viele Worte verlieren. Frontman David Garner bot da auch wenig Grund zum Nörgeln, da er es gut verstand die Meute anzuheizen. Soundtechnisch überzeugte mich die Qualität auf der großen Bühne auch am dritten Tag nicht, klang es doch eher drucklos. Das funktionierte zur damaligen Zeit in Erica doch ein wenig besser. Verbesserung für das kommende Jahr sind da echt ein Muss.   

Den Vorabend zelebrierten wir dann mit Cro-Mags. Kaum eine Band könnte besser zum Pitfest passen als diese New Yorker Pioniere. Zählen sie doch zu den Ersten die Hardcore mit Metal und nicht unbedingt mit genreverwandten Bands sogar auf Tour gingen. Shows mit Slayer bis Iron Maiden sprechen Bände. Musikalisch merkte man diese Offenheit und den Respekt gegenüber den Fans bis heute, und auch diese unendliche Dankbarkeit und Nähe. So auch auf dem Pitfest-Set. Kaum eine Band versprüht mehr Herzblut auf ihren Shows als Harley Flanagan mit Cro-Mags. Es war einfach nur pure Freude dieser Legende live zuzuschauen. Soundtechnisch war hier alles im Reinen. Und auch die Songauswahl ließ keine Wünsche offen. Freudentränen inklusive. Für mich das Highlight des Festivals, was die kommende Cro-Mags Tour für mich wieder zum Pflichtprogramm macht.

Nach 4 Tagen waren wir schon ziemlich gerädert und beschlossen mit Exhorder den Tag ausklingen zu lassen. Da am kommenden Montag auch eine lange Rückreise anstand. Eine Band die ich selbst leider nie live sehen konnte, was die Motivation dazu enorm steigerte. Dabei begeisterten sie mit der totalen Livepower und einem unvergesslichen „Slaughter The Vatican“ Set. Songs wie „Legions of Death“ oder „Desecrator“ funktionierten mit ihrem Brutalo Thrash richtig gut. Und holten noch einige Körner aus den Pitfest-Besuchern heraus. Die Band würde ich mal gern zusammen mit Demolition Hammer und Sacred Reich auf Tour sehen. 

Unser Freund Damien chauffierte uns dann noch zur Unterkunft, da er selbst an dem Abend gleich zurück nach Gladbach musste. Wir ließen den Abend noch relaxt ausklingen und machten uns am Folgetag zurück auf den Weg in die Hauptstadt.

Rückblickend war es wieder die volle Packung Pitfest. Punk, Metal und Hardcore bis der Arzt kommt. Mit unendlich vielen geilen Bands, und angenehmen entspannten Leuten, dafür liebe ich dieses Festival. An allen Ecken und Enden. Das Angebot auf dem Metalmarkt hätte etwas besser sein können, also mehr Angebote durch Label und Mailorder. Es war für mich auch nicht immer klar wann und wo es das Bandmerch zu den jeweiligen Bands gab.

Leider sind scheinbar aufgrund der Inflation, durch die Krisenzeit, auch die Getränke und Essenpreise schon sehr teuer geworden, was sich auch auf dem Pitfest widerspiegelte, 9 Euro für eine kleine Pizza? Da kommt man nicht drumrum, sich ein paar Taler extra einzupacken. Oder gut vorbereitet zu sein.

Obwohl ich auch das alte Gelände doch gemütlicher, und übersichtlicher fand. Mit einem angenehmen Dorffest-Charme, bietet das neue Gelände natürlich mehr Möglichkeiten das Pitfest größer aufzufahren, was ich natürlich verstehe. Derzeit läuft die Vorbereitung auf das Pitfest 2024 schon auf Hochtouren, und schon einige fette Bretter stehen auf dem kommenden Billing. Die man eigentlich nicht verpassen sollte. Wer die ultimative Mischung aus Punk, Hardcore und Metal in seiner Agenda verankert hat, ist hier auf jeden Fall auf dem richtigen Festival.





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