Es gibt wenige Bands, die mich früh musikalisch geprägt und beeinflusst haben, die Alben herausbrachten, die gleichermaßen von Presse und Fans geliebt und verehrt wurden und die bei mir und vielen anderen Gefühlswallungen aufgrund ihrer bevorstehenden Auflösung auslösten. Candlemass war und ist so eine Band, doch wenn deren Chefdirigent Leif Edling kurz darauf mit Avatarium so eine dermaßen starke Nachfolgecombo vom Stapel laufen lässt, muss mir um meine rabenschwarze Doom Seele nicht bange sein.
Wichtig zu erwähnen ist allerdings, dass natürlich selbst ein so herausragender Komponist nur immer so gut ist, wie die Band, die ihn begleitet…und da hat der sympathische Tieftöner hervorragendes „Material“ um sich geschart, beginnend bei Tiamat Schlagzeuger Lard Sköld, über Evergrey Gitarrist Marcus Jidell, ex-Candlemass Keyboarder Carl Westholm und natürlich DIE Entdeckung schlechthin: Sängerin Jennie-Ann Smith. Da kommen wir auch gleich zu einem weiteren Positivum der Scheibe, denn wie vielen von Euch bekannt sein dürfte, bin ich kein großer Fan der theatralischen Trällerelsen, denen man sofort das spitzenbedeckte Taschentuch zuwerfen möchte, doch was die gute Frau hier abliefert, ist einfach grandios! Als Erstes fiel mir so eine Sängerin wie Lita Ford oder Lee Aaron ein, natürlich um einige Nuancen härter und mit so einem unfassbaren Timbre ausgestattet, dass es mir die Kopfhörer wegfetzte.
Allein schon das vorher als EP veröffentlichte „Moonhorse“ ist die Blaupause für ein Album, welches von so vielen verschiedenen Stimmungen getragen wird, dass man sich irgendwann komplett in der Musik verliert und einfach nur noch genießt. Zum Teil unfassbar traurige, zum Nachdenken anregende Texte, die durch die grandiose Stimme und die düstere Musik perfekt transportiert werden und natürlich ebenfalls die Energien aus der hervorragenden Produktion freisetzen. Kaum zu erwähnen, dass alle sieben auf dem Album befindlichen Songs das Kaliber zu zeitlosen Klassikern haben, nicht ein einziger Ausfall zu verzeichnen ist und vielmehr man die Frage stellen muss, wohin die scheinbar überströmende Kreativität eines Leif Edling noch führen wird. Die Keyboards haben das Format eines John Lord und geben solch Perlen wie dem operettenhaften „Tides of telepathy“ oder der selbst bei sieben Minuten recht langen, dennoch niemals langweilig werdenden Ballade „Lady in the lamp“ noch einmal den richtigen Schub. Mir fehlen einfach langsam die Synonyme für dieses außergewöhnliche Werk, mit dem sich Avatarium in meiner persönlichen Top 5 und der Auswertung zur CD des Jahres bereits jetzt einen der vorderen Plätze gesichert haben.
Bewertung: großartige und außergewöhnliche 9,5 von 10 Punkten
Tracklist:
01. Moonhorse
02. Pandora’s egg
03. Avatarium
04. Boneflower
05. Bird of prey
06. Tides of telepathy
07. Lady in the lamp
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