Es gibt ganz wenige Künstler auf dieser Erde, die sich mit jeder ihrer Veröffentlichungen neu erfinden. Devin Townsend ist so einer, der mir dabei immer wieder einfällt, doch nun gesellt sich auch Arjen Lucassen dazu. Nicht nur das der umtriebige Niederländer mit Ayreon Meisterwerke erschaffen hat („01011001“), uns mit Star one in die Weiten des menschlichen Bewusstseins katapultierte („Victims of the modern age“) oder für die Oldies unter uns (zu denen ich mich auch zähle) mit Vengeance für den Soundtrack lauer Sommernächste gesorgt hat („Arabia“), nein, auf seinem ersten Album unter seinem höchst eigenem Namen hat das Musikgenius dermaßen vielschichtige Musik gepackt, dass es eine wahre Wonne ist.
„Lost in the new real“ besticht aber nicht nur durch fantastische Klänge, sondern auch durch eine tolle Geschichte, in der es um die Weiterentwicklung der Menschheit und deren Abhängigkeit von der Technologie geht. Hauptprotagonist ist Mr.L, der sich in einer fernen Zukunft wiederfindet und mithilfe eines Psychologen versucht, sich in dieser fremden Welt zurechtzufinden. Nun wäre Master Lucassen nicht der, der er ist, wenn er nicht mit mindestens einer faustdicken Überraschung aufwarten könnte, denn niemand Geringeres als Rutger Hauer (Blade Runner, Sin City) fungiert hier als Psychiater und Erzähler. Welch vortreffliche Wahl, denn dessen sonore Stimme mit dem tiefen Bass verleiht dem Album eine grandiose Düsternis. Auf jeden einzelnen Song einzugehen, würde hier definitiv den Rahmen sprengen, doch auf eine Besonderheit muss ganz explizit eingegangen werden. Auf CD 2 befinden sich neben Eigenkompositionen, die zwar thematisch zum Konzept der ersten CD passen, dort aber keinen Platz mehr fanden, auch eine Handvoll Coverversionen, die man zwar als solche zu erkennen vermag, sich aber dennoch in das Klangbild des gesamten Werkes perfekt einfügen. Sei es nun „Welcome to the machine“ von Pink Floyd, „Battle of evermore“ (Led Zeppelin) oder das famose „I’m the slime“ vom Meister Frank Zappa…all diese Reminiszenzen an vergangene Tage klingen so, als ob sie Arjen Lucassen gerade erst selbst komponiert hat, was für den Musiker ein großes Kompliment meinerseits ist. Doch natürlich hauen seine eigenen Songs in die gleiche Kerbe wie das etwas doomige und mit nem satten Grunzer zum Schluß ausgestattete „Parental procreation permit“, das an die Beatles erinnernde „Dr.Slumbers eternity home“ oder die Verbeugung vor Peter Gabriel namens „When I’m hundred sixty-four“. Also alles in allem eine mehr als runde Sache.
2 CDs, ein stimmiges Konzept, eine tolle Produktion und geile Songs…was wilol man mehr? Ok, die sägende Hard Rock Fraktion wird mit „Lost in the new real“ nichts anfangen können, doch da wird Arjen Lucassen höchstwahrscheinlich einen satten Haufen draufsetzen. Ich mag das Album total, da es eine düstere Stimmung verrmittelt und dann meist in eine völlig andere Richtung abdriftet. So muss Abwechslung. Klasse!!!
Bewertung: starke 9,0 von 10 Punkten
Tracklist:
CD1
01. The new real
02. Pink beatles in a purple zeppelin
03. Parental procreation permit
04. When I’m hundred sixty-four
05. E-Police
06. Don’t switch me off
07. Dr.Slumber’s eternity home
08. Yellowstone memorial day
09. Where pigs fly
10. Lost in the real world
CD2
01. Our imperfect race
02. Welcome to the machine
03. So is there no god
04. Veteran of the psychic war
05. The social recluse
06. Battle of evermore
07. The space hotel
08. Some other time
09. You have entered the reality zone
10. I’m the slime