Irgendwie beschlich mich schon langsam das Gefühl, dass die Münsteraner von der Bildfläche verschwunden sein, denn zwischen 2005 und 2010 gab es insgesamt 5 Alben, die den Ruf von Neaera als hervorragende Band festigten und den Verdacht nährte, die Jungs hätten ein schier unerschöpfliches Potential. Doch dann war plötzlich Schluss und erst bei der Hatebreed Tour im Januar tauchten die Jungs wieder auf der Bildfläche auf, erzählten was von einem neuen Album und gaben sogar schon live einen Vorgeschmack auf das Kommendem welches nun in gepresster Form, herrlich silbern schimmernd und auf den Namen „Ours is the storm“ getauft in meinem Player rotiert und die Knüppelbarden in gewohnt heftiger Manier präsentiert. Doch haben sich die fast 3 Jahre Wartezeit wirklich gelohnt?
Für mich persönlich ist es immer eine Gratwanderung, da ich bis heute ein riesiger Fan des „Armamentarium“ Albums bin, welches Neaera für mich zum legitimen Nachfolger Bolt Throwers machte und dessen Klasse danach nie wieder erreicht wurde. Dafür entwickelten sich die beiden Bennys, Sebastian, Tobias und Stefan in eine andere Richtung, verbanden Core Einflüsse mit heftigem Gekeife und Black Metal Riffing und mixten daraus ihre eigene Soße, die zwar immer knallte, manchmal aber auch eine klare Linie vermissen ließ. Dies ist auf Album Nummer Sechs nicht so, was den Bumms auf „Ours is the storm“ um ein Vielfaches anhebt und Neaera damit weit nach vorne bringen wird. Hier dominiert nicht nur eine saubrutale Produktion, sondern auch ein spielerisches Können, welches vielen Bands in diesem Genre einfach fehlt, bis vielleicht auf Heaven shall burn. Das ist auch der einzige wirklich gravierende Kritikpunkt, denn zuweilen klingen die Jungs aus dem Münsterland ziemlich ähnlich, was am meisten beim eigentlichen Opener und Titeltrack am deutlichsten zu hören ist. Ebenfalls ziemlich gruselig ist der plärrende Cleangesang bei „Slaying the wolf within“, der weniger den Wolf killte, sondern vielmehr zum mitjaulen animierte. Doch der Rest ist gewohnt heftige Kost, klasse instrumentalisiert, abwechslungsreich und zum Teil mit fantastischen Leads („Guardians of ashes“, „My night is starless“) ausgestattet. Es befindet sich sogar mit „Through treacherous flames“ eine satte Hitsingle im Programm, die sich als echter Ohrwurm entpuppt. Hervorragend! Ich allerdings bevorzuge Neaera immer dann, wenn sie etwas schleppender zu Werke gehen wie bei „Walk with fire“ oder „Decolonize the mind“, bei dem die Heavyness und Brutalität der famosen Mucke am besten zum Tragen kommt. Leider ist manchmal auch ein wenig Hektik mit im Programm wie „Ascend to chaos“ oder „Black tomb“ beweisen und den Hörer dann ziemlich fordern. Ist ja auch nicht verkehrt, denn permanente Abgänge gehen irgendwann auf die Prostata…naja…bei uns Kerlen zumindest.
Im direkten Vergleich zum Vorgänger „Forging the eclipse“ haben Neaera mit „Ours is the storm“ einen großen Schritt nach vorne gemacht und präsentieren sich wieder erstarkt zurück im Ring. Allerdings kann das Album nicht ganz an die oben erwähnte Glanztat oder das absolut brillante „Omnicide-Creation unleashed“ anschließen, kommt aber direkt dahinter. Scheiße heavy mit ganz viel Abwechslung und so gar nicht der vielzitierte Metalcore Scheiß…Neaera sind zurück und werden nun das Feld von hinten aufrollen. Wir sehen uns hoffentlich bald auf Tour!
Bewertung: heftige 8,2 von 10 Punkten
Tracklist:
01. The defeaning
02. Ours ist he storm
03. Decolonize the mind
04. Through treacherous flames
05. Ascend to chaos
06. Walk with fire
07. My night is starless
08. Black tomb
09. Between us and annihilation
10. Slaying the wolf within
11. Back to the soul
12. Guardian of ashes