Label: Zeitgeister Music
VÖ: 06.06.2017
Stil: Progressive Experimental Black Metal
Man muss doch immer wieder staunen, ja sich fast schon schämen, wenn man auf eine Band (dazu aus dem eigenen Land) trifft, die trotz langer Geschichte bisher an einem komplett vorbeigegangen ist – und das obwohl sie doch so viel Aufmerksamkeit verdient hätte. Gut, dass sich das nun ändert. In meinem persönlichen Falle spreche ich hier von den Meckenheimern KLABAUTAMANN. Seit Ende der 90er sind die beiden tief kreativen Köpfe Tim Steffens und Florian Toyka unterwegs und erschaffen eine ureigene Form von progressivem bis jazzigem, dazu folkig angehauchtem Black Metal. Puristen mögen da schon wieder mit den Augen drehen, aber die sind wohl auch nicht die Zielgruppe. Viel mehr dürfen sich Fans (früher) OPETH oder die eher hartgesottenen Freunde von ALCEST angesprochen fühlen.
Schon „Into Depression“ beginnt träumerisch verspielt im proggigen Sektor, rastet dann jedoch ganz urplötzlich aus – alles auf Angriff, die Drums prügeln, das Keifen erinnert an MARDUKs Mortuus und auf einmal wechselt die Stimme in zarten Klargesang. Die Instrumente jagen weiter und dann Cut! Gitarre und Bass unterhalten sich, begleitet vom Schlagzeug, über das Sein und den Sinn der Welt – jedenfalls fühlt sich dieser Dialog der Saiten so an. Diese Musik grenzt an Poesie. Nach diesem emotionalem Ausflug geht die Fahrt wieder bergauf. Welch ein Auftakt! „My Terrifying Mirror“ überrascht mit einem harten Einstieg und folkigem Anklang. Base und Bass drücken so heftig, dass ich erstmal am Regler drehen muss um nicht den Zorn der Nachbarn auf mich zu ziehen. Dieser würde sich aber wohl schon im nächsten Part wieder legen, denn die jazzigen Frickeleien sorgen einfach für ein wohliges Lächeln – welches beim brachialen Wiedereinstieg der Drums allerdings weggeschrubbt werden könnte. Dieses dynamische Auf und Ab liest sich vielleicht sprunghaft, wirkt aber tatsächlich einfach großartig.
Auch wenn man nicht den Fehler machen sollte, KLABAUTAMANN auf Vergleiche mit OPETH zu reduzieren, so darf man „In My Shadow“ jedoch eine große Sympathie zu den ruhigen Momenten eben jener Schweden attestieren. Wie ich laß, stand der cleane Gesang wohl bisher nie so stark im Focus auf einem Album der Meckenheimer wie auf diesem und doch klingt alles wie längst bewährt. Nach diesen Minuten von eher stiller Natur geht’s dann in „Under Feral Skies“ mit mehr Wucht weiter, natürlich aber nicht ohne das Niveau weit oben zu halten. Wieder ruhiger wird es dann in „As The Snow Melted“, während „The Murderers“ eine Kombination aus Härte, Gefühl und Technik präsentiert und sowohl mit Groove als auch Rock spielt. Dieses gelungene Wechselspiel mit seinen unzähligen Facetten, Wogen und Neigungen enthüllt den Song als eines der Highlights auf diesem ohnehin starken Werk.
Das „Enemies‘ Blood“ ergießt sich auf direktem und brachialen Wege. Hier könnte man schon beinahe von Tech Death sprechen. Es dürfte mittlerweile klar sein, dass auch dieser Titel nicht, ohne zumindest ein kurzes Zwischenspiel aus proggigen Gefielden geliefert zu haben, einfach dahinbrettern wird. Man begrenzt es aber auf ein Hinterlassen der eigenen Duftmarke und erzwingt nichts. KLABAUTAMANN finden also auch hier das richtige Maß.
Und wenn man denkt, diese Band hätte nun schon alles ausgepackt und könnte nicht nochmal überraschen, da beweist sie mit dem griffigen „Saturn“, dass auch die eigene Muttersprache wunderbar ins Soundgewand passt.
Bei so vielen Höhepunkten steigt natürlich die Spannung auf das Stück, nachdem dieser Edelstein von einem Album benannt wurde. „Smaragd“ kommt für mich wider Erwarten harsch und wütend daher und stellt den Song mit dem größten Black Metal Vibe dar. Es ist und bleibt eben nichts vorhersehbar und das ist toll. Ebenso unerwartet ist dann natürlich auch das plötzliche Auftreten einer Frauenstimme. Für das gefühlvolle, abschließende „Frozen In Time“ lieh man sich die Stimme von Anna Murphy (Ex-Eluveitie), die einen würdigen Job leistet.
Was kann bzw. muss man nach so vielen Eindrücken und ebenso vielen Zeilen nun noch am Ende sagen? „Smaragd“, dieses Album wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. Es ist so umfangreich, so besonders, so eigenständig, so... großartig und verdient einfach die volle Punktzahl. Es gibt einfach nichts zu meckern und ich werde einen Teufel tun, zwanghaft nach irgendwelchen Kritikpunkten zu suchen nur um mit Punkten zu geizen. Es regieren Innovation, Können und das Gefühl, das alles stimmt, da können nur alle Daumen hoch gehen. Danke KLABAUTAMANN für dieses Stück Musik!
Bewertung: 10 von 10 Punkten
Tracklist:
1. Into Depression
2. My Terrifying Mirror
3. In My Shadow
4. Under Feral Skies
5. As The Snow Melted
6. The Murderers
7. Enemies’ Blood
8. Saturn
9. Smaragd
10. Frozen In Time