Label: Century Media
VÖ: 16.06.2017
Stil: Power Metal
Auf der einen Seite nervt es mich seit Jahren, dass Iced Earth von vielen Fans und Kritikern augenscheinlich nur auf ihre Frühwerke reduziert werden (Nein – The Dark Saga ist nicht das beste Iced Earth Album und Matt Barlow nicht der einzig wahre Sänger). Auf der anderen Seite gelingt es der Band zwar auf jeder neuen Veröffentlichung scheinbar spielend, einzelne grandiose Songs zu erschaffen, dieses Niveau aber nicht über ein ganzes Album zu halten. (Bestes Beispiel hierfür ist das nach meiner Meinung schwache „The Glorious Burden - Album“, welches jedoch mit dem episch genialen Gettysburg-Meisterwerk den besten Song der gesamten Karriere beinhaltet)
Als großer Fan der „neuen“ Iced Earth bin ich dennoch natürlich gespannt wie ein Flitzebogen, ob der werte Herr Schaffer es mit dem neuen Album „Incorruptible“ schaffen wird, die Nörgler zum Schweigen zu bringen und endlich ein durchgehend erstklassiges Album zu veröffentlichen. Die Vorzeichen sind sehr gut: Der ehemalige Into Eternity - Frontmann Stu Block passt wie die Faust aufs Auge zu Iced Earth und der neue Mann an der Lead Gitarre, Jake Dreyer, kann sowohl mit sehr gefühlvollen als auch mit schädelspaltenden Soli aufwarten. Der Sound ist zwar ziemlich glatt gespült, gleichzeitig aber auch druckvoll und transparent. Doch nun endlich zu den Songs:
Das Album startet nach kurzem Intro flott mit Great Heathen Army. Und wie! Ich fühle mich sofort an „Horror Show“ erinnert. Ein typischer Schaffer-Song, der alle Trademarks der Band in gut fünf Minuten zusammenfasst. Black Flag startet etwas sperrig, entwickelt sich aber zu einem super Song mit kräftiger Maiden-Schlagseite. Mit Raven Wing kommt dann eine urtypische Iced Earth Powerballade, die in einem grandiosen Schlusspart mündet. The Veil ist ebenfalls eher ruhiger gehalten und dümpelt ein wenig belanglos vor sich her. Das anschließende Seaven Headed Whore gleicht den schwächelnden Vorgänger souverän aus und geht ab wie Schmidts Katze. Der Song dürfte es direkt in die All-Time-Setlist geschafft haben. Mit The Relic, Pt. 1 und Ghost Dance geht es sehr episch weiter und Jon Schaffer spielt hier seine ganze Erfahrung als Songwriter aus. Letztgenannter Song ist ein fast siebenminütiges Instrumental, welches an keiner Stelle Langeweile aufkommen lässt – muss man auch erst mal schaffen!
Brothers und Defiance sind solide straighte Power-Metal Songs, die jedoch ein wenig austauschbar wirken und ohne (ganz) große Momente daherkommen. Mit dem überlangen
Clear The Way hauen Iced Earth aber noch mal so richtig einen raus. Der Song zeigt teilweise recht untypische Rhythmen und wirkt vom Aufbau sehr ungewöhnlich. Der sehr melodische Mittelteil und insbesondere der absolute Gänsehaut-Refrain schließen „Incorruptible“ würdevoll ab.
Ob es Iced Earth geschafft haben, alle Kritiker auf ihre Seite zu ziehen, möchte ich bezweifeln. Auch hätte ich mir mehr von den tollen Ohrwurm-Melodien und Harmonien der letzten Alben gewünscht. Und dennoch: „Incorruptible“ ist ein sehr gutes, vielseitiges und dabei dennoch grundsolides Album geworden, welches jede Menge erstklassige Songs vorhält.
Bewertung: 8,0 von 10 Punkten
Tracklist:
01. Great Heathen Army
02. Black Flag
03. Raven Wing
04. The Veil
05. Seven Headed Whore
06. The Relic, Pt. 1
07. Ghost Dance
08. Brothers
09. Defiance
10. Clear the Way (December 13th, 1862)