DARK TRANQUILLITY | ENSIFERUM | DESERTED FEAR | THE LEGION: GHOST | VINEGAR HILL
15.04.2022 – Berlin @ Orwo Haus
Eigentlich bin ich kein Fan von solch mit 5 Bands aufgeblähten Konzerten, doch die heutige Veranstaltung versprach spannend zu werden, da ich zwei Bands noch nie live gesehen habe, mich wie Bälle inne Jasanstalt uff Deserted Fear freute und mal wieder Gelegenheit hatte, über Ensiferum herzuziehen. Aber der Reihe nach.
Mit knapp 30 Minuten Verspätung betraten dann die Österreicher von Vinnegar Hill die Bühne, auf der natürlich aufgrund der voluminösen Aufbauten der Hauptacts der Platz ein wenig eingeschränkt war.
Allerdings schien das den Jungs aus der Steiermark nicht viel auszumachen, denn trotz eines beschränkten Bewegungsradius fanden ständig Positionswechsel statt, die keinerlei Einfluss auf ihren schicken, zweistimmigen Melo Death hatte. Mir gefiel der hier vorgetragene Abwechslungsreichtum, denn ob schnell oder groovend, die Mucke zündete richtig gut. Ja, auch das bereits mehr als gut gefüllte Auditorium konnte richtig was mit der Truppe anfangen und auch ich fand mächtig Gefallen an der Darbietung der Schluchtenscheißer, denen man allerdings mal erklären sollte, dass in dem Wort "Gut" niemals ein "A" oder "D" vorkommt. Starker und guader Auftritt. Oh...hoppla...
Auf Platte könnte ich bislang so gar nichts mit The Legion: Ghost anfangen und deshalb hoffte ich, dass meine Vorbehalte vielleicht live ihre Berechtigung verlieren würden. Nach Beendigung des erneut mit Verspätung gestarteten Gigs musste ich ernüchtert feststellen, dass eine Kehrwendung in meiner Wahrnehmung leider ausblieb. Der Metalcore des Fünfers ist furchtbar langweilig und beliebig austauschbar, auch wenn die Jungs durchaus was an ihren Instrumenten können, dass aber für meine Ohren nicht gewinnbringen einbringen. Das ist aber im Allgemeinen eine Krux bei dieser Spielart des Metal, dass irgendwie alle Bands gleichklingen und jegliche Alleinstellungsmerkmale vermissen lassen. Ja, der Sound war ok, die Drums vielleicht ein wenig zu dominant, die Band schien alles zu geben und doch bei mir drang so gut wie nichts durch. In ein Ohr rein, aus dem anderen wieder raus. Dazu kam dann noch der Becherwurf des Gitarristen an den Kopf meiner Frau als Höhepunkt. Dann lieber noch ein Bier und ne Wurst.
Egal wie oft ich bereits unsere liebsten Thüringer gesehen habe, es erstaunt mich trotzdem immer wieder aufs Neue, wie es Deserted Fear immer wieder schaffen, mich komplett abzuholen. Selbst bei einer minimalen Spielzeit von 30 Minuten geben die Jungs Vollgas, vergessen keine Klassiker wie "Kingdom of worms" und reißen sich komplett den Allerwertesten auf.
Der Sound war drückend, ebenso wie die Luft vor der rammelvollen Bühne des nunmehr fast ausverkauften Orwo Hauses. Da sah man bei den musizierenden Protagonisten nur lachende Gesichter, während das Quartett ihren Triumphzug durch die Hauptstadt antrat. Nein, Deserted Fear sind eine Macht, die, egal wie oft man bereits das Vergnügen hatte, immer wieder aufs Neue begeistern. Irre, Wahnsinn und bislang der beste Gig der gesamten Post Corona Zeit.
Auch ein schöner Abend kann manchmal kippen, vor allem dann, wenn sich eine Band ein Stelldichein gibt, mit der ich noch nie etwas anfangen konnte und bei der es mir einfach schwerfällt, objektiv und sachlich zu bleiben. Machen wir es kurz. Vor der Bühne war weniger los, der Sound war Grotte, die Songs sowieso, außer man ist ein Hobbit aus dem Auenland nach dem Genuss von Hamm Gamschis Bier im grünen Drachen und Ensiferum werden es in diesem Leben nicht mehr schaffen, dass mir ein positives Wort über diese Truppe über die Lippen geht. Einfach in meinen Augen eine der unwichtigsten Bands im Business.
Ich bin ja froh, dass scheinbar doch die meisten wegen der schwedischen Melo Death Götter gekommen waren und Dark Tranquillity einen triumphalen Empfang bereiteten. Man kann sich einfach dieser geilen Truppe nicht entziehen und schon gar nicht, wenn Front-Forhnatur Michael Stanne permanent am Strahlen ist und es mehr als sichtlich genießt, wieder auf der Bühne zu performen. Und wenn man mit "Focus shift" als dritten Song gleich einen meiner Lieblingssongs rausholen, ist der Abend eh gelaufen.
Unfassbar timingsicher holten die Schweden einen bunten Strauß an fantastischen Melodien aus der Vase und begeisterten vom ersten Ton an. Der Sound war fett, differenziert, jedes Instrument hatte seinen Freiraum und zusammen zeigten Dark Tranquillity eindrucksvoll, warum sie in meinen Augen den skandinavischen Melo Death Thron innehaben und diesen nach diesem fulminanten Auftritt zu schnell auch nicht wieder räumen werden. Sah das Publikum scheinbar ebenso, die die Jungs nach jedem Song den Beifall spendeten, den sie sich mehr als verdient hatten. Großartig!
Es war insgesamt ein verdammt schöner Abend, der sich schon fast auf vor-Corona-Niveau bewegte und zwischen totaler Euphorie und Ernüchterung alles zu bieten hatte. Dank auch an den besten Merchman Erik, der in gewohnt brummeliger Art und Weise die bedruckten Accessoires der Thüringer Deather unters Volk brachte und auch mir so einige Kröten aus der Tasche leierte. Wir sehen uns beim Moshers und dem Party San! Und sorry nochmal an alle Fans von Ensiferum, von denen es ja eine Menge gibt. Ich kann die einfach gar nicht…nichts für ungut.