DIE BABES HABEN WIR VERGESSEN
Im Kern besteh das Heilbronner Thrash Kommando bereits seit 2002 und war nach der Veröffentlichung des zweiten Albums "Green machine laser beam" nicht nur eine der ersten Bands, die ich für Zephyr’s Odem interviewt habe, sondern auch die einzige, für die ich den Interviewtext anfangs grün statt dem üblichen rot einfärbte. Leider las sich das so dermaßen schlecht, dass ich doch wieder umschwenkte. Leider war nach dem dritten Album „Untrue like a boss“ von September 2014 ziemlich Ruhe im Karton, was mich ein wenig trübsinnig werden ließ und ich schon fast die Hoffnung aufgab, jemals wieder neue Mucke von den verrückten Grünen zu hören.
Anno 2020 und zwar am 20.03. erscheint nun endlich das von mir langersehnte neue Album "Fresh Metal", bei dem sich The Prophecy²³ nicht nur ihrer Linie treu geblieben sind, sondern ein solch facetten- und abwechslungsreiches Album rausgehauen haben, was vielen Bands in Deutschland Angst machen müsste. Natürlich ließ ich mir die Gelegenheit nicht entgehen, schnappte mir Gitarrist und Keifer Johannes und musste gleich zu Beginn eine kleine Schelte verteilen…
Hannes, ich muss gleich zu Anfang mit dir ein Hühnchen rupfen. Bei unserem letzten Interview vor knapp fünfeinhalb Jahren versprachst Du uns eine Coverversion von "Ich will Spaß" Deines Onkels Axel Kloprogge, der als Markus die NDW gerockt hat. Wo isse?
(lacht) Cool, dass du dich daran noch erinnern kannst! Ich hab es anscheinend vergessen, sorry! Sollte ich tatsächlich mal auf meinen Zettel "Songideen" nehmen.
Besser is, denn ich rühme mich bis heute damit, der Erste gewesen zu sein, der dieses Geheimnis enthüllt hat. Aber zurück zum Thema.
Von 2010 bis 2014 habt Ihr in schöner Regelmäßigkeit alle 2 Jahre ein Album rausgehauen und wart meiner Ansicht nach mit "Untrue like a boss" auf dem Sprung nach oben. Doch plötzlich...weg vom Fenster, kein neuer Release. Besetzungswdchsel gab es auch nicht...was war los?
Nach „Untrue Like A Boss“ haben wir noch eine Live CD Box veröffentlicht, die aber nicht so stark über die Presse promoted wurde, weil es ja kein neues Material war. Die Untrue Platte war tatsächlich ein richtiger Schub und wir waren anschließend sehr viel live unterwegs. Wir haben alle normale Jobs und da war es zeitlich nicht so einfach neue Songs zu schreiben. Es gab auch ein paar Besetzungswechsel in der Zwischenzeit. Wir haben einen neuen Death Sänger, Luca. Phil Butcher ist vom Bass zur Gitarre gewechselt, Jackson ist neu am Bass dazu gekommen und Theo neu an den Drums. Da mussten wir uns erstmal sammeln.
Hauptgrund ist aber, dass wir uns entschlossen haben, aus dem zwei Jahres Rhythmus auszubrechen, um einfach nicht gezwungen zu sein, irgendeinen Scheiß zu veröffentlichen. Ich mag Bands wie Bolt Thrower (RIP), die sich auch immer Zeit gelassen haben. Auf dem neuen Album haben alle neuen Mitglieder mitgewirkt, dadurch sind neue Einflüsse mit reingekommen. Ich denke die neue Platte ist etwas Punkiger geworden, ein paar mehr Hardcore Einschläge und etwas weniger Death.
Na, dann sollte mal jemand Metal Archives um Korrektur bitten, denn da stehen noch alle "Alten" mit drin.
Ich fand in der Vergangenheit den Death Anteil auch nicht soooo hoch und vor allem nicht unbedingt wichtig, denn Euer Thrash zog mir damals schon die Hosenbeine stramm. Euer neues Album "Fresh Metal" ebenso. Klingt nicht konzipiert, sondern tierisch aus den Eingeweiden heraus. Oder irre ich mich da?
Vielen Dank! Ja, das trifft es ganz gut, wir haben und keinen Stress mit irgendwelchen Schubladen gegeben, sondern echt mehr aus dem Bauch raus geschrieben. Die meisten Songs sind auch im Proberaum entstanden und wurden vor dem Studio schon live getestet und teilweise verändert. Der ganze Songwriting Prozess war lässiger und mit weniger Druck. Wir haben Sachen eingebaut, die wir uns früher vielleicht nicht getraut hätten. Zum Beispiel der Slap Bass bei "we Kindly Ask To Shred".
Einer meiner Lieblingssongs auf dem Album, neben "Mammon", zu dem Ihr auch ein cooles Video gedreht habt. Ich finde es schön und vor allem wichtig, dass Thrash Bands auch heutzutage noch viel tagesaktuelles einfließen lassen. Seid Ihr politisch, wie es viele Thrash Bands der Achtziger waren?
Ja sind wir. Ich finde es Quatsch, wenn Leute sagen "Musik muss unpolitisch sein". Die Wurzeln des Metals, zumindest den, den wir hören. sind auch politisch oder zumindest gesellschaftskritisch, was für mich das gleiche ist. Man muss nicht Ultra links sein, um Rassisten und Faschisten scheiße zu finden. Wir finden sie scheiße.
Der Song Mammon handelt davon, dass der Grund allen Übels auf der Welt eigentlich die Gier der Menschheit ist. Wenn sich Leute aufhetzen lassen gegen andere Menschen, Religionen und dergleichen, dass ist das im Endeffekt nur das Ergebnis von Gier oder von unbegründeten Verlustängsten. Zu dem Titel hat mich der SC Freiburg Trainer Christian Streich inspiriert. Ich liebe seine Pressekonferenzen. In einer Pressekonferenz sinniert er über die Gier der Menschheit.
Das Video war übrigens erst gar nicht geplant. Ich habe es aus aktuellem Anlass schnell zusammengeschnitten aus Material von den Drum Recording Sessios. Das powervolle Schlagzeugspiel mit den Lyrics hat für mich eine ganz eigene Stärke und das passt genau zu dem Song
Du bist Fan des SC Freiburg? Bei Christian Streich gebe ich Dir aber unumwunden recht, geiler Typ...
"Fan" ist übertrieben, ich habe kaum mehr Zeit ins Stadion zu gehen. Es ist eher eine Sympathie für das was dort geleistet wird und er ist ein Vorbild was Bodenständigkeit betrifft.
Der SC gehört auch zu meinen Lieblingen. Aber weg vom Fußball, zurück zur Musik. Wobei mir diese Zwischenfrage erlaubt sein muss. Du warst letztes Wochenende bei Deichkind. Wie war's? Ich kenne viele Metaller, die die Jungs ebenfalls abfeiern...
Deichkind war der Wahnsinn! Ich höre Deichkind schon seit bestimmt 20 Jahren (ja, ich bin auch mit Hip-Hop aufgewachsen). Sie schaffen es seit vielen Jahren sich ständig neu zu erfinden und das finde ich faszinierend. Die Halle hat ab dem ersten Ton gebebt, das gibt es bei Metal Konzerten nicht so oft.
Da gebe ich Dir Recht, wobei mit Eurem Album die Wahrscheinlichkeit recht hoch ist, dass die Clubs zum Erbeben gebracht werden, denn in meinen Augen ist "Fresh Metal" Euer bislang bestes Werk. Aber warum eigentlich Fresh Metal?
Den Begriff "Fresh Metal" hat uns eine lokale Tageszeitung gegeben, die über unsere gemeinsame Show mit Grave Digger und Destruction in Karlsruhe berichtete. In dem Artikel stand, dass wir Fresh Metal machen. Erst dachten wir, es wäre ein Schreibfehler oder die Reporterin hat es einfach falsch verstanden. Nach ein paar Aufregern und noch mehr Bieren war uns dann klar, dass sie exakt beschrieben hat, wie wir unsere Musik selbst fühlen. Es ist kein richtiger Thrash Metal. Die Bezeichnung FRESH gibt uns die Möglichkeit, ein paar neue Sachen auszuprobieren.
Ich habe vor ein paar Tagen Euer Cover als Bild im sozialen Netzwerk gepostet und es kamen viele Leute an, die das Bild komplett abgefeiert haben. Ist das Eure Vorstellung vom sorgenfreien Leben? "Beach, waves, beer, Babes" (ebenfalls ein Song des neuen Albums)?
Exakt! Das Cover Artwork ist von Marvin Clifford aus Berlin. Guter Mann. Wir haben ihm eine gekrizelte Vorlage gegeben und er hat es mega umgesetzt. Beach, Waves, Beers, Babes - der Song beschreibt den Spirit denke ich ganz gut! Außerdem sind alle Elemente vertreten, die wichtig sein: Pizza, lässiger Kleidungsstil, Bier, gutes Wetter.
Mir fällt aber gerade auf...wo sind die Babes auf dem Bild?
Die haben wir leider vergessen...vor lauter Bier (lacht)
Oder standen da doch die eigenen Frauen/Freundinnen dem etwas kritisch gegenüber?
Hehe, nee, die haben damit nichts zu tun. Wir hatten auf der "Untrue Like A Boss" schon ein Babe auf dem Cover, wir wollen es ja nicht übertreiben (grinst).
Achja, in der verspiegelten Sonnenbrille, ich erinnere mich. Du sagtest vorhin, dass das "Mammon" Video eher zufällig entstand. Was ist denn mit Eurem neusten Output zu "Caps, Trucks and Rock'n'Roll“? Das sieht mir nicht "zufällig" aus...
Das war tatsächlich harte Arbeit. Wir haben Videomaterial der letzten Monate gesichtet. Da ist ziemlich viel angefallen, weil wir viel unterwegs waren. Von dem Material hätte ich noch eine 60 Minuten Reportage schneiden können. Wir haben hauptsächlich Liveszenen und behind the scene Material verwendet. Meine Liebling Szene ist, wo sich unser neuer Sänger Luca von unserem alten Sänger Phil tätowieren lässt. Das zeigt unseren Family Spirit, wir sind mit allen ex Membern weiterhin befreundet halten zusammen. Da wird auch hier und da mal ausgeholfen, wenn einer nicht kann.
Wie kommt eigentlich ein Song wie „Mexico Maya Mosh“ zustande, der so gar nicht zum moshen einlädt? Was hat Euch denn da inspiriert?
Ich habe auf meinem Handy eine Liste, wo ich Ideen für Song Titel aufschreibe. Meistens steht erst der Songtitel und dann der Rest. Ich war eine Zeit lang in Mexiko und da kam mir diese Idee. Ich wollte eigentlich einen Song über einen Maya schrieben, der die Zeit überlebt hat und sich heute in einem Mosh Pit wiederfindet. Die Story war dann aber doch zu kompliziert, deshalb habe ich den Song Titel für das Instrumental genommen. In der Gitarren Melodie kommenTonfolgen vor, die an traditionelle mexikanische Musik angelehnt ist, so kommt beides zusammen
In unserem letzten längeren Gespräch sprach ich über die neu aufkeimende Thrash Szene in Deutschland und deren neue Helden, zu denen ich Euch auch zählte. Nun sind in der Zwischenzeit weitere Bands hinzugekommen wie Pripjat oder Traitor. Fühlt Ihr Euch da ein wenig links überholt und blast Ihr jetzt zur Gegenattacke?
Links überholt fühlen wir uns nicht, im Gegenteil. Wir finden es cool, wie sich die Szene entwickelt. Beide Bands haben eine mega Ausstrahlung auf der Bühne. Traitor sind alte Freunde von uns. Ich träume von einer Package Tour. Mit Traitor, Pripjat, Space Chaser, Skeleton Pit, Antipeewee und uns.
Na, da würde ich definitiv hingelaufen kommen. Am 20. März, also in gut 2 Wochen steht das Album dann final in den Regalen der Läden. Macht sich da schon Aufregung breit?
Ja klar, wir stehen schon seit Wochen unter Strom, weil die Promomaschinerie sie krass läuft wie bei keinem Album zuvor. Wir hauen ja dieses Mal auch limitiertes Vinyl in transparent grün und schwarz raus sowie ein limitiertes Box Set. Die Spannung steigt natürlich, wie den Leuten da draußen das Material gefällt. Die ersten Resonanzen sind mega. Wenn es so weiter geht, sind wir glücklich. Wir sind aber auch ein bisschen aufgeregt wegen der Europatour mit Anvil, die fast 4 Wochen dauert. So lange waren wir noch nie am Stück auf Tour.
Das wäre meine Abschlussfrage gewesen, die Du mir damit vorweggenommen hast. Dann bleibt mir nur Euch alles Gute zu wünschen und wir sehen uns bei Eurem Konzert in Berlin!