TUNGSTEN – The grand Inferno (2024)
(9.208) Olaf (5,0/10) Heavy Metal
Label: Reigning Phoenix Music
VÖ: 08.11.2024
Stil: Heavy Metal
Tungsten – klingt hart, klingt vielversprechend, oder? Diese Band aus Schweden, gegründet von ex-Sabaton Schlagzeuger Anders Johansson und seinen beiden Söhnen Karl und Nick, macht seit 2016 Musik und bewegt sich in den Sphären des melodischen Metals, gemischt mit moderner NDH und symphonischen Elementen. Mit dem „Grand Inferno“ legt die Truppe nun ihr neuestes Werk vor, und ich war wirklich neugierig, wie sich das anhören würde, auch aufgrund dessen, was Maik in seinem Review zum Vorgänger schrieb, was ich im Nachhinein für viel zu gut bewertet halte, doch dazu später mehr.
Mit ihrem Debütalbum „We Will Rise“ von 2019 haben Tungsten erstmals auf sich aufmerksam gemacht. Der Sound: melodisch und irgendwie vertraut, nicht allzu innovativ, aber gut produziert. Es folgte „Tundra“ (2020) und „Bliss“ (2022), die beide einen ähnlichen Stil fortsetzten und den Fokus auf eingängige, hymnische Refrains legten. Die Produktion war stets auf einem hohen Level, doch bereits hier stellte sich die Frage, ob Tungsten langfristig die nötige Eigenständigkeit entwickeln würde oder eher in den Fußspuren anderer Metal-Größen verharren würde. Die Richtung, in der sich die Band bewegt, war also vorgezeichnet – und mit „The Grand Inferno“ wagen sie nun den nächsten Schritt.
Nach den ersten Tracks ist es, als stünde man vor einer endlosen Tour durch den „Sound-alike“-Wald, in dem Riffs und Arrangements einfach nichts Neues bieten. Der Titeltrack „The Grand Inferno“ knallt solide rein, doch schnell driften wir in eine Klangwelt ab, die stark an eine Mischung aus Sabaton und Dymytry erinnert – hymnisch und energiegeladen, ja, aber mit wenig originellem Charme, wobei ich die Tschechen allerdings im Gegensatz zu den Schweden durchaus mag.
„Falling Apart“ zeigt eine ruhigere, bedächtigere Seite von Tungsten und überrascht positiv. Der Song lässt die Instrumente atmen, nimmt sich Raum und bringt tatsächlich eine Art emotionale Tiefe ins Spiel. So etwas hätte ich mir öfter gewünscht. Aber kaum lehnt man sich entspannt zurück, reißt „Walborg“ einen wieder aus der Wohlfühlzone – kitschig, irgendwie unsinnig und typisch für den Mix aus Metal und übertriebenem Pathos, der dann aber auch schnell langweilt.
Und dann kommt „Vantablack“: ein Song, der klingt wie ein zähes Rammstein-Double, jedoch ohne deren Biss. „Vantablack“ ist einfach nur ein billiger Klon, der weder die Tiefe noch die bedrohliche Atmosphäre seiner offensichtlichen Vorbilder erreicht. Grauenhaft, dieser Song – und wirklich nichts für zarte Ohren. Die Verbindung von NDH-Elementen mit ein paar Metal-Klischees hier und da wirkt eher wie eine halbherzige Kopie als ein mutiger Stil.
Das Album wirkt, als hätte man einfach alle populären Zutaten in einen großen Metal-Topf geworfen, sanft umgerührt und gegart – und heraus kommt etwas, das den Massengeschmack sicherlich trifft, aber kaum mehr bietet. Eine Prise bekannter Bands ähnlicher Genres, ein wenig NDH und hymnische Refrains, die für die große Bühne gemacht sind. Und ja, es gibt hier wirklich keinen Mangel an erfahrenen Musikern. Doch all diese Erfahrung scheint auf eine Einheitsproduktion hinauszulaufen, die nächste Saison wahrscheinlich auf jedem Festival eine Rolle spielen wird.
„The Grand Inferno“ ist ein Album, das eine Menge Hörer finden wird – daran zweifle ich keine Sekunde. Für mich aber bleibt es eine gut gemachte, aber leider seelenlose Produktion. Die Melodien klingen bekannt, die Songs laufen gefällig durch die Boxen, und hier und da blitzt eine Art musikalisches „Déjà-vu“ auf. Das ist kein kreatives Inferno, sondern eher eine kalkulierte Hit-Sammlung, die auf dem Reißbrett entstanden zu sein scheint. „The Grand Inferno“ mag episch inszeniert sein, doch für meine Ohren ist es tatsächlich ein grandioses Inferno im negativen Sinne – viel Hitze, wenig Herz.
Bewertung: 5,0 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. Anger
02. Blood of the Kings
03. Lullaby
04. The grand Inferno
05. Falling apart
06. Walborg
07. Vantablack
08. Me, myself, my Enemy
09. Chaos
10. Sound of a Violin
11. Angel Eyes