MALADIE – Wound Of Gods (2022)
(8.106) Maik (10/10) Avantgarde Metal
Label: Apostasy Records
VÖ: 09.12.2022
Stil: Avantgarde Metal
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Eigentlich hatte unser Heeresführer Olaf selbst vor, diesen Review zu schreiben. Diverse Probleme haben es ihm zu seinem- und vorerst auch zu meinem – Leidwesen versagt, wodurch ich mich letztlich in das Soundgespinst von MALADIE wagen darf, muss, soll….
Bisher hatte ich mich ja immer gekonnt vor dieser Band verborgen, aber nun treffen die Mannen um Björn Köppler frontal auf meine Fontanelle. Wie mich Olaf schon vorwarnte, hat die Mucke auf dem vorliegenden Album „Wound Of Gods“ nur wenig mit dem Material aus den Anfangstagen zu tun, weshalb ich mich schon mal todesmutig ohne Vorkenntnisse in diese Scheibe vage.
Und die fängt eigentlich recht gefällig an. „Eternity Denied“ beginnt mit Klängen, die an doomigen Gothic- Rock gemahnen, und auch der Gesang passt da eigentlich wie die Faust auf den Eimer. Im Hintergrund wird zwar dezent schwarzmetallisch gekeift, aber sonst klingt es doch ganz nett. Die Keyboardeinlagen lassen mich mit dem flotten Rhythmus etwas an ETERNAL SADNESS denken. Im Mittelteil gibt es dann eine ruhige Phase, die von Saxophonklängen dominiert wird. Danach wird es spürbar härter. Nun hat der Song eher etwas von Punkrock. Und sobald man sich dann daran gewöhnt hat, ziehen keifende Black Metal Vocals den Heaviness-Regler noch ein Volume nach oben.
Nun könnte man also annehmen, dass wir hier ein rockiges Gothicalbum haben, welches einige Elemente des Punk und Black Metal verarbeitet. Auch der Anfang von „Dying Immortality“ geht zunächst in diese Richtung. Aber hier gibt es den Schwarzmetallkreisch schon gleich am Anfang und so scheint die Mucke in eine Art Black’n’Roll- Richtung zu schwappen. Dann wandelt sich der Gesang wieder eher in die Punkrock-Schiene, bis dann das Saxophon, zusammen mit Sprechgesang, wieder die Überleitung fabriziert, nach der es dann noch mal zur Sache geht, und nun klingt es fast nach Pagan Metal.
Ja, bin ich denn hier im falschen Film? MALADIE springen hier inmitten eines Songs durch mindestens vier Subgenres, die eigentlich gar nichts miteinander zu tun haben. Aber die Typen schaffen es, dass das nicht komisch klingt. Naja, nicht übermäßig komisch. Etwas Openmindedness muss man schon mitbringen. Ich kuck grad mal, wo meine ist.
Und das geht noch weiter. Der Titeltrack beginnt mit typischem Black Metal- Riffing, aber langsamer und gothicmäßig gespielt. Ja, werte Leserschaft, das geht. Wusste ich bislang auch nicht. Gesanglich geht es zwischen Schwarzwurzelkreisch bis Todesbleigrunz, bevor dann theatralische, fast opernhafte Gesänge ein hymnisch getragenes Mittelstück zelebrieren. Das Ganze kulminiert dann wieder in schwarzmetallischen Rasereien, inklusive Flötentöne, die wieder das Pagan Metal Flair aufleben lassen.
Ich könnte jetzt auch noch alle anderen Songs so aufdrieseln, aber ich will Euch ja nicht das Vergnügen nehmen, die Welt von „Wound Of Gods“ selbst zu erkunden. Ich finde es recht interessant, wie es MALADIE schaffen, Versatzstücke aus den verschiedensten Stilen zusammenzubasteln, die zwar irgendwie danach klingen, aber eben nicht ganz.
Wenn sie einen Punkrock-Part spielen, klingt es nicht nach Punkrock. Wenn sie gothicmässig unterwegs sind, klingt es nicht nach Gopthic, wenn sie die Black Metal- Keule rausholen (und das tun sie öfters, mit extremer Brachialität) dann klingt es nicht nach Black Metal, und wenn sie in die Pagan Metal-Kerbe hauen, …naja, Ihr wisst ja Bescheid.
Exemplarisch für dieses derwischhafte Herumspringen zwischen den Stilen (nicht den Stühlen!) ist der Song „A Fool’s Joy“. Der beginnt nämlich eher gothicrockmässig. Inklusive Gesang. Aber stückweise kommt wieder das schwarzmetallische Gebrüll dazu, und Schlag auf nichts mündet der Song in brutalste Raserei, dass IMPALED NAZARENE dagegen wie die WILDECKER HERZBUBEN wirken. Dann erschienen im Hintergrund BRYMIR- mäßig Chorgesänge, und nachdem die Band noch mal kurz in SATYRICON-Gefilde gewechselt hat, erklingen dann walzerhafte Klänge, denen eine Hammondorgel siebzigermässigen Charme verleiht, getragener Gesang dazu und das Ganze klingt in einer Coda aus, begleitet von folkmässigem Singsang. Und das alles, werte Gemeinde, in einem Song!!!
Letztlich bin ich unserem Olaf fast dankbar, dass er mir diesen Review aufs Hühnerauge gedrückt hat, denn sonst hätte ich wohl nie die Veranlassung gehabt, intensiver in diese Mucke reinzuhören. Zugegeben, beim ersten Durchlauf war ich verstört, beim Zweiten jedoch schon fasziniert. Und, naja, ich kann nicht behaupten, dass ich dieses Album lieben werde, aber es ist genial. Und in der Erkenntnis, dass mein limitierter Geist diese Genialität wahrscheinlich gar nicht in seiner vollen Intensität wahrnimmt, bleibt mir nur die Höchstnote, um mich mit ein bisschen Anstand aus der Affäre ziehen zu können.
Wenn Euch fröhliche Düsternis, friedvolle Aggressivität und eingängige Brutalität nicht zu antagonistisch erscheinen, und wenn Ihr Euch gern auf musikalische Erkundungsreisen begebt, sollte „Wound Of Gods“ der perfekte Reiseveranstalter sein. Hört Euch das Ding mindestens dreimal an, bevor Ihr Euer Urteil fällt. Es lohnt sich.
Fazit: Das neue Album von MALADIE in eine Schublade stecken zu wollen, kommt der Bemühung nahe, Elefanten in Streichholzschachteln zu halten. Prost!
Anspieltipp: Hört Euch das ganze verdammte Album an!