JUDAS PRIEST – Invincible Shield (2024)
(8.786) Maik (10/10) Heavy Metal
Label: Sony Music
VÖ: 08.03.2024
Stil: Heavy Metal
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Sechs Jahre haben uns JUDAS PRIEST auf den Nachfolger von „Firepower“ warten lassen. Nun ist es endlich wahr geworden, „Invincible Shield“, das neunzehnte Studioalbum der britischen Metal-Legende steht in den Startlöchern, und buhlt um die Gunst der Metal-Community.
Mit vier Songs der Scheibe hat uns die Band in den letzten Wochen ja schon angefüttert, was eine clevere Aktion war, konnten die Metalgötter doch so dafür sorgen, dass man beim ersten Betreten des Albums schon mal ein paar gute Bekannte trifft. Und welcher wahre PRIEST- Fan hat nicht die vier Tracks die letzte Zeit permanent gehört?
Passend zu dieser Strategie beginnen PRIEST auch gleich mit zwei der vorab- Songs. „Panic Attack“ startet „Turbo“-mäßig mit Synthetikklängen, feuert dann aber eine geballte Mischung aus „Painkiller“ und „Firepower“- Wucht hinterher. Auch „The Serpent And The King“ knallt ordentlich in diese Schiene.
Und wer nun denkt, PRIEST hauen am Anfang zwei bekannte Granaten raus, und das war’s dann, wird nun eines Besseren belehrt. Denn der Titelsong ist ein treibender Track im klassischen JP- Stil, basierend auf energetischem Riffing und den immer noch coolen Screams vom Metal God. Das Drumming erinnert hier teilweise an alte Zeiten und setzt der Power noch einen kleinen Nostalgiehappen drauf. Ebenso die Soli.
Etwas melodischer kommt die Midtempo- Nummer „Devil In Disguise“ daher. Grooviges Riffing und ein griffiger Refrain, den man sofort mitgrölen will. Und trotz des gegenüber den ersten drei Songs entspannt wirkenden Tracks wird dennoch ein ordentliches Maß Härte ins Spiel gebracht.
Eindeutige 80er Vibes entströmen den „Gates Of Hell“. Bei diesem Song scheinen sich die PRIESTer an ihren alten Heldentaten von „Point Of Entry“ zu orientieren. Ein richtiger, trotz des düsteren Titels, gute-Laune- Song, der regelrecht entspannt wirkt, obgleich jedoch keinesfalls weichgespült. Der Song zeigt, dass JUDAS PRIEST auch noch die Lehrfrage Melodie mit Bravour bestehen.
Auch „Crown Of Horns“, die dritte Vorab-Auskopplung kommt eher ruhig daher, wirkt teils sogar wie eine Powerballade. Der Refrain bohrt sich sogleich in die Hirnrinde und möchte von dort auch nicht wieder vertrieben werden. Regelrecht liedhaft präsentieren sich JUDAS PRIEST hier und ziehen auch hier wieder den Bogen zu alten Glanztaten.
Mit „As God Is My Witness“ ziehen PRIEST das Tempo wieder etwas an. Sägende Riffs, aggressive Vocals setzen hier wieder mehr auf Vortrieb und Power. Das nun folgende „Trial By Fire“, welches der zweite von vier vorab veröffentlichten Songs darstellt, zieht wieder eine deutliche Spur zum Albumvorgänger „Firepower“. Etwas vertrackter als die vorangegangenen Songs, aber eben wieder voller Kraft und Druck.
Eine fast doomige Note wohnt dem Track „Escape From Reality“ inne. Schön düster und gewaltig scheinen sich JUDAS PRIEST hier vor ihren Landsmännern BLACK SABBATH zu verneigen. Teilweise gelingt es Halford fast, an den Gesang von Ozzy zu erinnern. Kein Wunder, dass Tony Iommi damals versucht hat, Halford als Sänger für BLACK SABBATH zu rekrutieren.
„Sons Of Thunder“ baut eine Brücke zwischen der frühen und der neuen Ära von JUDAS PRIEST. Für mich liegt der Song in einer Schnittmenge aus „British Steel“ und „Firepower“. Liegt vielleicht auch ein wenig am Gitarrensolo von Glenn Tipton, der trotz seiner Erkrankung immer noch als vollwertiges Bandmitglied zählt.
Zunächst scheint sich „Giants In The Sky“ zu einem klassischen Midtempostampfer zu entwickeln, der ebenfalls im Fahrwasser des Vorgängeralbums schwimmt. Das ist er auch größtenteils, bis nach etwa drei Minuten dezente Akustikgitarrensounds in eine eher blueslastige Fasson wechseln und somit an die Frühphase der Band anknüpft, bevor der kurze Ausflug in die Mittsiebziger wieder in die wuchtigen modernen Stiefel schlüpft. Schön furioses Finale übrigens.
Das offizielle Album wäre hier zu Ende, doch für die Luxusedition haben JUDAS PRIEST noch die Bonuskiste aufgemacht. Und was da drin lag, muss sich keinesfalls vor dem Hauptteil verstecken. „Fight For Your Life“ ist wieder mal eher einer der liedhaften Songs, die sich an groovigem Metal der Achtziger anlehnen und wohlige Nostalgieschauer über den alten, moosbewachsenen Metallerbuckel streichen lassen. Einen schönen Kontrast zwischen beinhartem Riffing und melodischem Gesang bietet „Vicious Circle“, der mit einfach getakteten Gitarrenspuren gleichfalls bangtauglich und tanzbar wirkt.
Sehr melodisch, fast episch agieren JUDAS PRIEST im abschließenden „The Lodger“. Das ist der wohl untypischste Song auf dem Album und wohl auch deshalb im Bonusbereich gelandet. Von der Theatralik erinnert das Lied teilweise an das Konzeptalbum „Nostradamus“, und es entwickelt hier Melodien, die mich teilweise fast an QUEEN erinnern. Gerade, wenn Halford die Textzeile ‚vengeance is mine‘ singt, stellt man sich fast vor, wie der Song wohl klingen würde, hätte Freddy Mercury hier das Mikro in der Hand. Der Song hört ziemlich abrupt auf, was vermuten lässt, dass er ursprünglich wohl für die Mitte der Platte gedacht war, seiner Ungewöhnlichkeit wegen dann allerdings nach ganz hinten rutschte.
Dazu hat Andy Sneap wieder eine hammermäßige Produktion zusammengebosselt, sodass die PRIEST- Rakete mit vollem Schub durch die Zimmerdecke brät.
Letztlich stellt sich die Frage, ob „Invincible Shield“ mit „Firepower“ gleichziehen kann. Gelegentliche Unkenrufe, die seit Jahren von einer JUDAS PRIEST – Coverband faseln, die „Firepower“ als einen einmaligen Glückstreffer bezeichneten, und bezweifelten, dass es die Band noch einmal schaffen könne, daran anzuknüpfen, prallen samt und sonders ab. Und zwar am unverwüstlichen Schild, den JUDAS PRIEST allein mit ihrer Musik zu errichten vermochten. Bösige Zungen werden jetzt mitleidig behaupten, ich als PRIEST- Fanboy würde das Album durch das rosarote Hörgerät hören und wäre eh voreingenommen.
Ein Teil von mir würde diesen Leuten vielleicht recht geben, aber nur ein winzig kleiner. Denn der Großteil von mir ist einfach nur begeistert. JUDAS PRIEST konnten nicht nur das Qualitätsniveau von „Firepower“ halten, sie haben das neue Album auch maximalst abwechslungsreich gestaltet. Indem sie die neuen Songs immer wieder mit Reminiszenzen an alte Heldentaten angereichert haben, schafften sie es doch oft, dass mir dann doch fast ein Freudentränchen aus den Glubschern quoll.
Okay. Mein Album des Jahres steht fest. Wir können jetzt Silvester feiern. JUDAS PRIEST sind durch die Zehn-Punkte-Deckelung gekracht. Die Band hat es geschafft, ihre Trademarks effizient hochzuhalten, ohne sich selbst zu kopieren. Bestellung ist raus.
Anspieltipp: „Panic Attack“ und „Escape From Reality“
Bewertung 10 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. Panic Attack
02. The Serpent And The King
03. Invincible Shield
04. Devil In Disguise
05. Gates Of Hell
06. Crown Of Horns
07. As God Is My Witness
08. Trial By Fire
09. Escape From Reality
10. Sons Of Thunder
11. Giants In The Sky
12. Fight For Your Life
13. Vicious Circle
14. The Lodger