DREAM THEATER – Parasomnia (2025)
(9.354) Jörn (8,5/10) Progressive Metal
Label: InsideOut Music
VÖ: 07.02.2025
Stil: Progressive Metal
Na? Auch schlecht geschlafen? Dann passt das neue DREAM-THEATER-Album „Parasomnia“ ja zu euch wie die berühmte Faust aufs Auge. Denn die Band hat auf ihrer neuen Platte zwar keine durchgehende Story zu erzählen, den Lyrics der Songs aber trotzdem ein durchgehendes Textkonzept verpasst, in dem es, vereinfacht ausgedrückt, um Alpträume geht.
Warum gerade jetzt „Parasomnia“ genau das als Themenschwerpunkt behandelt, ist fast etwas überraschend. Denn eigentlich sollten Fans und Band doch gerade auf Wolke Sieben schweben und sich nicht durch unruhigen Schlaf quälen müssen. Schließlich ist die überlebensgroße Schlagzeuglegende Mike Portnoy nach 15 Jahren wieder zu den Proggöttern zurückgekehrt. Dass dieser Zeitpunkt irgendwann einmal kommen würde, war für mich nie ganz ausgeschlossen, obwohl man sich seinerzeit nicht gerade in aller Freundschaft getrennt hatte. Wenn man den Äußerungen der Mitglieder im Zuge der Reunion jedoch Glauben schenken darf, fand die Rückkehr des verlorenen Sohns doch recht organisch ab. Nachdem zunächst alle Unstimmigkeiten der Vergangenheit in Ruhe ausgeräumt wurden, war die Tür daher anscheinend wieder offen. Und sein wir mal ehrlich: Ja, Mike Mangini ist ein großartiger Drummer und auch sicher ein netter Kerl, aber konnte die übergroßen Fußstapfen seines charismatischen Vorgängers letztlich nie ganz ausfüllen.
Tatsächlich hatte die Band in meinen Augen aber schon in den letzten Jahren vor Portnoys damaligem Absprung einiges an Federn gelassen und mich auf ihrer vorerst letzten Zusammenarbeit „Black Clouds & Silver Linings“ schon nicht mehr richtig mitgenommen. In der Zwischenzeit haben dann das selbstbetitelte Album von 2013 eher Langeweile statt Euphorie in mir ausgelöst. Zwar haben DREAM THEATER zuletzt wieder etwas die Kurve gekriegt, nachdem sie zuvor mit „The Astonishing“ zeitweise komplett vom Pfad abgekommen waren. Trotzdem machte sich zunächst einmal etwas Skepsis in mir breit, als ich von der Wiedervereinigung hörte. Aber lassen wir doch einfach mal die Musik sprechen und sie mich eines Besseren belehren. Let’s go!
Gleich zu Beginn lassen die Jungs beim eröffnenden Instrumental „In The Arms Of Morpheus“ die Muskeln spielen und zeigen wenig überraschend, dass sie es einfach noch draufhaben.
Danach darf Sänger James LaBrie auf „Night Terror“ auch endlich mitmischen. Und hier haben wir auch gleich den ersten Volltreffer. Denn der Song, der auch passenderweise als erste Single einen Vorgeschmack auf das Album gab, ist abwechslungsreich, geht direkt ins Ohr, hat aber genügend Facetten, um auch beim wiederholten Anhören nichts an Spannung zu verlieren. Bei „A Broken Man“ geht es dann noch etwas riffbetonter zur Sache. Fast fühlt man sich an das 2003er Brett „Train Of Thoughts“ erinnert, auch wenn dessen Härte zu keiner Zeit erreicht wird. Dafür hat es einen großartigen Refrain, der bis ins Intro des nachfolgenden Tracks „Dead Asleep“ nachhallt, womit wir schon beim vierten Song angekommen wären. Und hier haben wir einen richtigen Leckerbissen. In gut 11 Minuten wird ordentlich Kopfkino verbreitet. Dass DREAM THEATER zu sowas in der Lage sind, weiß man spätestens seit dem Referenzwerk „Scenes From A Memory“. So gut wie hier habe ich es aber schon lange nicht mehr von den New Yorkern gehört.
Nach diesem fulminanten Auftakt geht es zwar nicht mehr ganz so hochklassig weiter, aber trotzdem geht „Parasomnia“ nie wirklich die Puste aus. „Midnight Messiah“ ist zwar nicht schlecht, irritiert mich aber mit seinem Refrain, der eher nach JUDAS PRIEST klingt als nach dem Traumtheater. „Are We Dreaming?“ ist mehr ein nettes Interlude als ein richtiger Song, gleitet dann in „Bend The Clock“ über, welcher der obligatorischen Ballade am nächsten kommt, sich aber dankenswerterweise eher als Powerballade statt als kitschige Schmonzette entpuppt.
Zum Abschluss folgt mit „The Shadow Man Incident“ dann noch ein gut 20 Minuten langer Brocken, in dem die Band noch einmal alles zeigt, was sie ausmacht: Gute Riffs, waghalsige Breaks, verspielte Instrumentalpassagen und schöne Melodien. Wenngleich die ganz großen emotionalen Momente ausbleiben.
Und dann sind wir nach etwas mehr als 70 Minuten durch mit dem Ding. Letztlich lässt sich festhalten, dass DREAM THEATER mit Mike Portnoy hinter den Drums eigentlich genau da weitermachen, wo sie aufgehört haben. Immer wieder wird die eigene Vergangenheit zitiert und dabei besonders zu den Veröffentlichungen, die um die Jahrtausendwende kamen, hinübergeschielt. Insgesamt lässt sich „Parasomnia“ damit klar in die Riege der besseren DREAM-THEATER-Alben einordnen. Das Potential für einen alle Zeiten überdauernden Klassiker sehe ich hier trotz der gebotenen Qualität zwar nicht unbedingt, aber man bekommt definitiv viel mehr geboten als ein halbgares Reunion-Album. In der Form, und somit auch in der Besetzung, darf es gerne noch lange weitergehen.
Anspieltipps: „Night Terror“ und „Dead Asleep“.
Bewertung: 8,5 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. In The Arms Of Morpheus
02. Night Terror
03. A Broken Man
04. Dead Asleep
05. Midnight Messiah
06. Are We Dreaming?
07. Bend The Clock
08. The Shadow Man Incident