ATARAXIE – Le Déclin (2024)
(9.193) Niclas (4,0/10) Funeral Doom Metal
Label: Ardua Music
VÖ: 25.10.2024
Stil: Funeral Doom Metal
Man möchte es kaum glauben, aber Doom Metal ist eines der Metal-Genres die wohl am schwierigsten zu produzieren sind. Angesichts der Langsamkeit und Simplizität des Genres braucht man vielleicht nicht allzu viel technische Skills, um als Musiker in einer Doom-Band zu glänzen, doch dafür ist ein gutes Verständnis von Atmosphäre und Songwriting umso stärker vonnöten, um lange Titel bei 30 BPM spannend zu gestalten.
ATARAXIE sind dabei ja gewissermaßen schon alte Hasen, schließlich bringen sie mit „Le Déclin“ mittlerweile bereits ihr sechstes Album düster-apokalyptischen Funeral Dooms heraus. Und wie auch die Vorgängeralben ist „Le Déclin“ erneut ein harter Brocken, den man als Hörer lange verdauen muss. Gerade einmal vier Titel befinden sich auf dem Album, das trotzdem rund 80 Minuten Spielzeit vorzuweisen hat. Easy, wenn jeder Song an der 20-Minuten-Marke kratzt oder diese gar überschreitet.
Atmosphärisch zeigen die Franzosen auch ganz deutlich, wo ihre Prioritäten liegen. Alle vier Songs sind reine klanggewordene Hoffnungslosigkeit. Die Gitarren dröhnen in glazialen Riffs vor sich hin, die Drums sind rudimentär aber effektiv, die Vocals sind irgendwo zwischen bedrohlichen Growls und Schreien, die klingen als kämen sie direkt aus der Folterkammer. Hin und wieder wird die Monotonie durchbrochen von Ausbrüchen von Blastbeats oder Double Bass, die wie Schuttberge aus dem nuklearen Ödland aus den Slo-Mo-Riffs hinausragen. Stellenweise erinnern mich die Vibes ein wenig an Klassiker wie „El Mundo Frio“ von CORRUPTED oder „Last Tape Before Doomsday“ von WORSHIP.
„Le Déclin“ hat also alle die Elemente, die man für ein gutes Funeral Doom-Album bräuchte. Warum komme ich dann trotzdem nicht wirklich an die Musik von ATARAXIE heran? Warum gibt mir dieses Album emotional nicht das, was seine offensichtlichen Einflüsse mir geben können? Die Antwort liegt im Songwriting – oder besser in dessen Absenz. Nehmen wir zum Beispiel das bereits erwähnte „El Mundo Frio“. Sicher ist dies auch kein leicht zu konsumierendes Album, handelt es sich dabei doch um einen einzigen 70-minütigen Song. Was CORRUPTED aber von ATARAXIE unterscheidet, ist dass „El Mundo Frio“ trotz seiner Länge wie ein Song geschrieben ist. Er lässt sich Zeit, baut Spannungsbögen auf, hat identifizierbare und logische Höhepunkte, größere Abwechslung in der klanglichen Struktur und melodische Leads, die als Ohrwürmer noch lange nach dem Anhören im Gedächtnis des Hörers verbleiben.
Derweil wirken alle Songs auf „Le Déclin“ geradezu zufällig arrangiert. Die Parts fließen nicht immer natürlich ineinander, bauen nicht zu einem Höhepunkt hin aufeinander auf und klingen vor allem wahnsinnig ähnlich zueinander. Die melodischen Leadgitarren, die zu großen Teilen den Kern des Funeral-Doom-Songwritings bilden, fehlen bei ATARAXIE quasi komplett. Kein einziger Riff bleibt lange im Gedächtnis hängen, die Songs plätschern einfach nur wie eine monotone graue Suppe vor sich hin.
Nach der Enttäuschung über SWALLOWTHESUNs schlappes neues Album hatte ich gehofft, dass zumindest ATARAXIE mein Verlangen nach Doom in diesem Herbst stillen könnten, doch meine Erwartungen wurden leider enttäuscht. „Le Déclin“ zeigt wie kaum ein anderes Album der jüngeren Vergangenheit, dass es eben nicht ausreicht, einfach alle atmosphärischen Gesichtspunkte des Genres für guten Doom abzuhaken. Gutes Songwriting trennt letztlich die Spreu vom Weizen. Bleibt diesen Herbst lieber bei den Klassikern.
Bewertung: 4,0 von 10 Punkten
TRACKLIST:
01. Le Déclin
02. Vomisseurs de Vide
03. Glory of Ignominy
04. The Collapse