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Q&A – Das Interview: WARWOLF
Wir klingen nach Maiden? Ihr habt recht!
2021 gegründet haben Warwolf mittlerweile in einer beeindruckenden Kontunuität 3 Alben veröffentlicht, beziehungsweise stehen mit dem dritten namens „The final Battle“ in den Starlöchern, welches dann ab dem 31.01.2025 in den Regalen stehen wird. Ein verdammt starkes Teil, welches mich ziemlich mitgenommen und viele alte Iron Maiden Vibes an die Oberfläche gespült hat. Dazu haben die Kölner bereits vor dem Release drei Videos veröffentlicht und scheinen die These vom dritten Album nach dem Motto „Make it or break it“ verdammt ernst zu nehmen. Dabei sind die Kölner kein Newcomer im eigentlichen Sinne.
Aus der Konkursmasse von Wolfen entstiegen, die von 1994 bis 2021 bereits 6 Alben veröffentlichten und mit „Rise of the Lycans“ 9, bzw. mit „Evilution“ 8 Punkte bei uns einheimsen konnten, konnte man bereits auf eine beachtliche Karriere zurückblicken. Dann kam der große Changeover in Warwolf, die weiterhin ungebremst Musik veröffentlichten. Dachte ich zumindest...
Es ist aber nicht nur das kommende Album, welches sehr gute 8,5 Punkte von mir bekam, sondern ebenfalls die bald anstehende Tour zusammen mit den guten Kumpels von Grave Digger und Victory, die als Teutonisches Dreigestirn den oldschooligen Heavy Metal auf die Bühnen unserer Republik bringen werden. Alles mehr als gute Gründe, um mit Frontmann Andreas ein wenig zu schwatzen und um Euch diese starke Band ein wenig näher vorzustellen.
Andreas, Warwolf wurde 2021 aus der Taufe gehoben, quasi inmitten der aufkommenden Pandemie. Wie kam dieser Wechsel von Wolfen, die ja auch 27 Jahre Existenz vorzuweisen hatten, hin zum Kriegswolf zustande?
Kurz vor der Pandemie haben wir mit Wolfen ein richtig starkes Album aufgenommen, Rise of the Lycans. Wir hatten einige Gigs gespielt, aber dann wurden wir durch die Pandemie natürlich ausgebremst. Kurz darauf verließ uns einer der Gitarristen, und wir standen vor der Frage: Wie geht es jetzt weiter? Es gab viel Hin und Her. Schließlich verabschiedete sich auch unser Schlagzeuger – das Übliche eben, wenn man in einer Band Musik macht.
Die Musiker, die jetzt bei Warwolf sind, sind zwar Profis im Prinzip, aber letztlich Semiprofessionelle, da wir unser Geld nicht damit verdienen. Unsere Einstellung zur Musik ist einfach eine andere. Wenn man mit Leuten Musik macht, die das nur als Hobby betrachten, fehlt ihnen oft das Durchhaltevermögen. Manche verstehen auch nicht, worum es wirklich geht – nämlich einfach um die Freude an der Musik. Da wir alle nicht von der Musik leben müssen, ist das der Kern unserer Motivation.
Mit Wolfen hatten wir immer das Problem, dass wir gute Kritiken bekamen – und ich behaupte, die Alben waren auch wirklich stark – aber wir saßen musikalisch zwischen den Stühlen. Wir waren ein Mix aus Thrash und Power Metal. Das war schon auf Festivals spürbar: Für die Thrasher waren wir zu soft, für die Power-Metal-Fans zu hart. Ein klassisches Problem. Gute Kritiken und Anerkennung helfen nur bedingt, wenn auf der Live-Ebene nicht mehr passiert. Als dann während der Pandemie sowieso alles stillstand, stellten wir uns die Frage: Wie soll es weitergehen?
Chris Boltendahl, ein langjähriger Freund von mir – wir kennen uns seit über 25 Jahren –, rief mich eines Tages an. Wir haben Freundschaft und Musik stets getrennt gehalten, obwohl wir beide im Metal unterwegs sind. Ich habe ihn nie um Unterstützung gebeten, um die Freundschaft nicht auszunutzen. Bis auf eine gemeinsame Tour mit Grave Digger gab es keine Berührungspunkte. Chris meinte, ich solle mal etwas machen, das mehr Erfolg verspricht. Meine Antwort war, dass Erfolg zweitrangig sei. Wichtiger wäre es, ein paar gute Gigs zu spielen, ohne immer so hinterherrennen zu müssen.
Er kritisierte, dass unsere Musik zu sperrig sei. Vielleicht hat er recht, aber es gibt auch Bands wie Dream Theater, die sperrig sind und trotzdem ihre Berechtigung haben. Chris ist eben ein Traditionalist. Er schlug vor, Musik zu machen, die mehr Leute anspricht, ohne dabei unsere Leidenschaft zu opfern.
So entstand die Idee, etwas im Stil von Iron Maiden zu machen, da wir alle große Maiden-Fans sind. Am Ende waren nur noch Franco, unser Gitarrist, und ich übrig. Wir schrieben die ersten Songs, die wie Wolfen-Stücke klangen, aber einen leichten Maiden-Touch hatten. Chris meinte, wir sollten ohne großes Nachdenken Musik machen, wie in alten Zeiten. So entstanden zwei Songs, die stark an Maiden erinnerten und auf der ersten Platte landeten. Ich kontaktierte unseren ehemaligen Schlagzeuger und sagte ihm, wir machen jetzt Oldschool-Metal. Er war sofort dabei. Auch Flo, ein befreundeter Bassist und ebenfalls Maiden-Fan, war schnell überzeugt.
Das war der Ursprung von Warwolf. Uns war klar, dass das nicht unter dem Namen Wolfen laufen sollte, da Wolfen etwas anderes ist. Es gibt oft Missverständnisse, dass Warwolf einfach Wolfen unter anderem Namen sei. Aber das stimmt nicht. Warwolf ist ein eigenständiges Projekt, das als Experiment begann und uns unglaublich viel Spaß macht.
Halbe Sachen scheinen Euch jedenfalls fremd zu sein. 6 Alben in 18 Jahren mit Wolfen und nun in einer schier rasenden Geschwindigkeit innerhalb von 3 Jahren 3 Alben. Woher kommt diese überbordende Kreativität? Oder habt Ihr einfach nur Hummeln im Arsch?
Also, wir hatten die Songs schon fertig, als es einmal lief. Wir hatten sogar zu viele Lieder. Die, die wir zu viel hatten, haben wir tatsächlich verworfen. Wir haben nicht gesagt: „Vielleicht heben wir sie fürs nächste Album auf.“ Wir haben gesagt: „Nein, weg damit.“ War nicht gut genug, also weg.
Ich glaube, das war gerade der Moment, in dem das 1.Album veröffentlicht wurde. Dann dachten wir: „Wir könnten eigentlich ein paar neue Lieder machen.“ Das war total seltsam. Da habe ich aus Spaß in den Raum geworfen: „Hey, pass auf: drei Jahre, drei Alben!“ Klar, das zweite Album ging dann relativ fix. Wir hatten eigentlich gar keine Zeit, das erste großartig live zu spielen.
Beim zweiten Album dachten wir: „Komm, jetzt machen wir das und konzentrieren uns dann darauf, ein gutes Jahr lang live zu spielen.“ Aber dann kam Herr Boltendahl wieder auf uns zu und meinte: „Übrigens, ich mache auch eine neue Platte. Wir gehen auf Tour. Kommt doch mit!“ Da dachte ich: „Okay, dann muss ein drittes Album her.“ Schließlich hatten wir gesagt: „Drei Jahre, drei Alben.“ Die anderen fanden das irre und sagten: „Ey, du hast doch nicht mehr alle!“ Meine Antwort war: „Ist doch egal! Andere gehen zum Sport, wir machen eben Lieder.“ So haben wir das dritte Album relativ schnell hinterhergeschossen.
Das lief auch so ab: Frank bringt meistens die musikalischen Ideen, und ich lasse mir Melodien dazu einfallen. Dann arbeiten wir die Songs gemeinsam so aus, dass gute Stücke daraus entstehen. Anschließend werden die anderen Bandmitglieder involviert, die ihren eigenen Einfluss einbringen. Diese Arbeitsweise hat sich durch die Pandemie ergeben. Früher ging man in den Proberaum und arbeitete wochen- oder monatelang an Songs. Das fällt weg, wenn man online zusammenarbeitet. Das ging alles relativ fix, muss ich sagen. Aber jetzt haben wir uns vorgenommen, das Ganze erst einmal sacken zu lassen. Ein neues Album werden wir wohl erst 2027 angehen.
Der Sound hat sich auf jeden Fall in den letzten 7 Jahren bei Euch extrem gewandelt. War das bis zur Umbenennung noch teilweise richtig heftig nach vorne gehender Thrash/Power Metal mit derber Schlagseite, so klingt Ihr auf Eurem neuen Album „The final Battle“ differenzierter, aufgeräumter und noch ein wenig mehr nach Iron Maiden als vorher. Viele werfen Euch sicher pures Plagiat vor, ich nenne sowas Heldenverehrung, oder liege ich damit falsch?
Es gibt natürlich Leute, die sagen, dass das Majestätsbeleidigung ist. Ich entgegne dann immer: „Wir sind doch selbst Maiden-Fans!“ Wenn es uns nur um Maiden ginge, könnten wir eine Cover-Band gründen. Aber es ist gar nicht so einfach, eigene Songs zu schreiben, die zwar nach Maiden klingen, aber keine Kopien sind. Natürlich entstehen automatisch Parallelen. Viele finden das blöd, aber genauso viele finden es gut – aus einem bestimmten Grund: Viele sagen, Maiden sind heute zwar immer noch gut, aber nicht mehr das, was sie in den 80ern waren. Wir haben uns vorgenommen, so zu klingen, wie Maiden in den 80ern.
Unsere Stücke sind aber auch lang. Man kann nicht nur versuchen, „Number of the Beast“ oder „Powerslave“ nachzuahmen, das funktioniert nicht. Mit der Zeit kommen auf einem neuen Album natürlich auch unsere eigenen Wurzeln und unser Stil zum Vorschein. Wir haben damit kein Problem.
Auf Live-Konzerten sage ich meistens beim zweiten Song: „Falls jemand meint, dass wir nach Maiden klingen: Ja, das stimmt. Und das ist Absicht!“ Warum? Weil wir es mögen. Damit ist das Thema im Grunde erledigt. Die, die absolut dagegen sind, gehen, und die anderen feiern es ab. Meistens feiern es die Leute.
Würde einer aus Eurer Band behaupten, er mag Iron Maiden nicht, würde diese Lüge nicht lange ungesühnt bleiben. „The Lycan Empire“ hat einen fetten „Wasted Years“ Einschlag zu Beginn des Songs, wo hingegen man bei „The dark Emperor“ ein wenig darauf wartet, dass Du „I'm waiting in my cold cell when the bell begins to chime“ beginnst zu singen und auch der Mittelteil von „The final Battle“ ist unverkennbar Maiden-belastet. Wie groß ist der Einfluss von Harris und Co. auf Euch?
Naja, wir haben es ja wirklich darauf angelegt. Wir haben bewusst gesagt, dass wir nach Maiden klingen wollen. Das war von Anfang an die grundlegende Idee des Projekts. Ursprünglich sollte es nur ein Experiment sein. Doch gerade für das neue Album haben wir Songs geschrieben, bei denen wir dachten: „Mist, das klingt nicht genug nach Maiden.“
Ich erinnere mich noch gut, als mir „Dark Emperor“ geschickt wurde. Als ich den Anfang gehört habe, dachte ich: „Das kann doch nicht sein!“ Doch irgendwann sagte ich: ich sing da mal was drüber.“ Also, machte ich das. Damit fing es an, dass ich auf dem neuen Album die ruhigen Passagen mit meiner natürlichen Stimme gesungen habe. Vorher habe ich versucht, ein bisschen in Richtung Dickinson zu gehen. Aber ich bin nun mal nicht Dickinson. Trotzdem habe ich es auf meine Weise interpretiert. Wir haben viel abgewogen und uns gefragt: „Ist das zu viel oder passt das noch?“
Schon bei unserem Titeltrack vom ersten Album Necropolis hatten wir alles Mögliche verwurstet. Da haben wir gesagt: „Egal, sollen die Leute denken, was sie wollen.“ Am Ende ist trotzdem ein eigener Song daraus entstanden. Aber wie ich immer sage: Du kannst Maiden-Musik nicht neu erfinden. Wenn du dir vornimmst, ein bisschen (oder auch viel) nach Maiden zu klingen, dann entstehen zwangsläufig Überschneidungen. Manchmal fällt es dir selbst gar nicht auf, bis es jemand anspricht. Aber das ist genau das, was live immer funktioniert. Die Leute erkennen etwas Vertrautes und feiern selbst unbekannte Songs mit.
Hat es Dich getroffen, als Nicko McBrain vor kurzem Iron Maiden verließ?
Nein, ich muss dazu sagen, dass ich Iron Maiden bestimmt 24-mal live gesehen habe. Früher lag mein Fokus eher auf dem Schlagzeug. Tatsächlich habe ich sogar zweimal im Vorprogramm von Maiden gespielt – das war 2008. Aber die Zeit vergeht, und du wirst nicht jünger. Je älter man wird – ich bin jetzt 54 –, desto mehr denkt man: „Irgendwann ist es auch mal gut.“ Wenn die Gesundheit nachlässt und man ständig auf Reisen ist, reicht es irgendwann.
Ich könnte mir vorstellen, dass man mit über 70 einfach die Nase voll hat. Ehrlich gesagt hätte ich mir gewünscht, dass Maiden nach dem letzten Album gesagt hätten: „Das war’s.“ Das klingt vielleicht wie Blasphemie, gerade als Maiden-Fan, aber manchmal wäre es besser so. Bei Judas Priest ging es mir ähnlich. Firepower war ein grandioses Album, das neue Invincible Shield finde ich okay, aber nicht so stark. Da hätte man auch sagen können: „Das war’s.“ Ich habe oft das Gefühl, dass Bands sich irgendwann selbst demontieren. Vor allem, wenn nur noch ein oder zwei Leute vom Original-Line-up übrig sind. Ich finde es vollkommen in Ordnung, wenn jemand sagt: „Es reicht.“
Andreas…“The final Battle“. War’s das mit Warwolf? Wenn Ihr konsequent wärt, müsste ja dann die Umbenennung in War erfolgen…
Kürzer und einfacher zu merken (lacht) Maiden haben ja auch ein Album namens The Final Frontier gemacht. War danach Schluss? Nein.
Ursprünglich wollten wir unser Album Blood and Ice nennen. Aber dann fiel uns auf, dass der Titelsong immer ein längerer Song war. Wir dachten: „Wenn wir schon Klischees übernehmen, dann konsequent.“
Doch Blood and Ice war bereits ein anderer und kürzerer Song. Also haben wir überlegt: Was machen wir? Das Cover zeigt Blut und Eis, aber die Geschichte handelt nicht nur davon. Letztlich haben wir kurz vor Schluss entschieden: Final Battle. Natürlich wird uns jemand fragen, ob das die letzte Platte ist. Nein, das ist es nicht. Es wird definitiv noch etwas kommen.
Ich liebe das Coverartwork. Quasi ein Cyborg-Werwolf, der scheinbar sich mit außerirdischen Aggressoren im Clinch befindet. Find ick jut. Was steckt dahinter oder gibt es vielleicht gar keinen tieferen Sinn?
Grundsätzlich sind alle Alben – besonders das vorherige – Geschichten über Werwölfe, Vampire und ähnliches Zeug. Aber von früher, von Wolfen, bin ich es gewohnt, reale Themen aufzugreifen und sie irgendwie zu verpacken.
Auf den ersten beiden Alben, besonders dem zweiten, hat jeder Song einen Bezug zu aktuellen Themen, ob politisch oder gesellschaftlich. The Final Battle könnte man zum Beispiel mit den aktuellen Kriegen vergleichen, besonders dem Russland-Ukraine-Konflikt. Ohne politisch zu werden: Es geht um Aggressoren und diejenigen, die sich dagegen wehren. Das ist das Grundthema in jedem Film, jeder Geschichte – Macht, Geld und Ressourcen. Leider dreht sich die Welt nur darum.
Da ich ein großer Science-Fiction-Fan bin, wollte ich weg von Vampiren und Ähnlichem. Also habe ich eine simple Science-Fiction-Geschichte genommen, wie man sie schon tausendmal gesehen hat, und sie ins Metal-Gewand gepackt. Es ist keine Rock-Oper mit Einspielern – das wäre zu aufwendig und würde keine guten Songs hervorbringen. Die Geschichte zieht sich zwar durch das Album, aber jeder Song steht auch für sich. Man könnte die Reihenfolge ändern, und es würde trotzdem passen. Das ist der Hintergrund.
Ich finde Euren Rausschmeißer „The War is over“. Ein mehr als frommer Wunsch, aber auch ein mutiger Schritt, eine Halb-Ballade ans Ende zu setzen, doch es funktioniert. War das geplant oder eher ein Zufall?
Es sind immer diese extrem melodischen Songs, die meistens von mir stammen. Ich hatte die Chorus-Melodie von War Is Over schon ganz am Anfang, als wir gerade mit dem Album begonnen hatten, irgendwo gespeichert. Ich habe bei der Arbeit immer mein Handy dabei und singe Ideen einfach rein – vollkommen egal, ob ich gerade an der Ampel im Auto sitze oder sonst wo.
Irgendwann wurde klar, dass der Song am Ende etwas Ruhiges und Positives sein sollte. Ich dachte mir: Lass uns doch mal ein Happy End machen, weißt du? Es muss nicht immer alles verstört oder ausgefuchst sein, nur weil es Metal ist. Ich habe gesagt: Scheiß drauf, am Ende soll alles gut sein. Es hören zwar nicht viele Leute unsere Musik, aber warum nicht einfach mal etwas Positives raushauen? Solche untypischen, nicht Maiden-lastigen Songs hatten wir übrigens auch auf dem letzten Album – da waren auch zwei oder drei dabei.
Am 31.01.2025 kommt das Teil in die Läden. Wie groß ist die Vorfreude oder könnt Ihr das Teil selber gar nicht mehr hören? Ergeht ja vielen Bands so nach Fertigstellung bis hin zur Veröffentlichung.
Wir haben uns beim Aufnehmen viele Gedanken über den Sound gemacht, weil wir einen sehr direkten Klang schaffen wollten. Diese modernen Produktionen, die im Rahmen des sogenannten Loudness War entstanden sind, klingen zwar alle super fett, aber oft auch uninspiriert. Man kann einen Song nicht alt klingen lassen, ohne dass er schrottig wirkt. Es war also ein Balanceakt, und wir haben unzählige Mixe immer wieder durchgehört.
Die Songs hingen uns dadurch schnell zum Hals raus, was schade ist. Am Anfang kannst du es kaum erwarten, sie endlich mal komplett zu hören, aber nach so viel Feinschliff brauchst du Abstand. Das Album war ja schon vor dem Sommer fertig, und in der Zwischenzeit hat sich einiges verändert. Prioritäten verschieben sich.
Das merkt man auch bei der Frage, welche Songs wir live spielen. Die Stücke, die anfangs alle gefeiert haben, verschwinden plötzlich aus dem Fokus, und andere rücken in den Vordergrund. Ich sage dann immer: „Bremst euch mal! Denkt daran, was wir zuerst geil fanden.“ Es ist ein spannender Prozess. Du entdeckst auf der Platte immer wieder neue Highlights, selbst wenn du sie tausendmal gehört hast. Das ist doch das Schöne daran.
Ich mag den Sound, der schön klar akzentuiert aus den Boxen ballert und mich ein klein wenig an eine andere Band erinnerte, die wir auch schon oft genug im Gespräch hatten. Hand aufs Herz: Liege ich falsch in der Annahme, dass da dein Intimus Chris Boltendahl seine Finger im Spiel hatte?
Ja, wir haben das Album nun zum dritten Mal von ihm mixen lassen. Diesmal sind wir jedoch noch einen Schritt weitergegangen. Wir haben ein echtes Schlagzeug aufgenommen und versucht, es so natürlich wie möglich in die Produktion einzubinden. Das war eine Herausforderung, weil diese Drums oft nicht so fett klingen wie bei modernen Produktionen. Hör dir zum Beispiel das neue Priest-Album an – da wirst du regelrecht zugeballert. Aber die anderen in der Band wollten es bewusst anders. Sie sagten: „Wir wollen, dass es so direkt und ehrlich wie möglich klingt.“
Das hat auch mit ihm zu tun, weil er zu der Zeit an seinem eigenen Album gearbeitet hat. Diese Arbeitsweise hat abgefärbt. Man hört auch beim neuen Grave Digger-Album eine ähnliche Herangehensweise – der Sound ist direkt und präsent. Es ist kein typisches Klangbild, bei dem alles irgendwie aufgeblasen wirkt. Stattdessen schlägt dir der Sound direkt ins Gesicht. Das ist nicht schlecht, und man merkt sofort, dass er dahintersteckt.
Apropos Boltendahl und Grave Digger, die ja mit „Bone Collector“ zwei Wochen vor Euch releasen. Du hast ja schon reingehört. Wie findest Du sie? Ich find die total geil und sehr überraschend.
Ich finde das Album total genial und vor allem überraschend. Mit so einer Veröffentlichung hätte ich wirklich nicht mehr gerechnet. Wir haben oft auch privat über Musik gesprochen, und ich weiß, wie das Ganze entstanden ist, als der neue Gitarrist Tobi dazukam. Der hat wirklich einen wahnsinnig geilen Gitarrensound, und das kommt vor allem aus seinen Fingern – sowas kommt nicht nur aus irgendeinem Verstärker. Er hatte das schon bei dem Steelhammer-Projekt ausprobiert. Damals habe ich ihm gesagt: "Ey Mann, bleib doch mal bei diesem kernigen Sound!" Dann hat er mir die ersten zwei Songs vorgespielt, und ich habe gesagt: "Alter, mach genau so weiter!"
Ich werde nie vergessen, wie er im Sommer zum Grillen bei mir war. Er hatte sein Handy dabei, und ich hatte da so eine Bluetooth-Box stehen, ein eher furchtbares Teil. Dann hat er die Songs darüber abgespielt, und wir haben immer etwa eine Minute reingehört. Ich meinte nur: "Alter, das ist der Hammer!"
Meiner Meinung nach habt ihr das letzte Mal bei Tunes of War so gut geklungen. Klar, es ist jetzt vielleicht nicht so eine Hymne wie Rebellion, aber der Weg stimmt genau. Das war auch immer Tobis Ziel: zurück zu den Wurzeln. Weg von diesem überladenen Mist. Ob das vorher am anderen Gitarristen Axel lag, weiß ich nicht und möchte mir da auch kein Urteil erlauben.
Ich finde, das ist wirklich das Beste. Und dabei bin ich gar kein großer Grave Digger-Fan. Klar, ich habe zwar alle Platten im Regal stehen, aber man kennt sich halt. Oder man bekommt sie auch mal geschenkt. Trotzdem sage ich: Das ist ein Mega-Album. Und jeder, der etwas anderes behauptet, lügt einfach.
Die Frage war natürlich nicht ganz uneigennützig, denn ab dem 30.01.2025 werdet Ihr als Support von ebenjener teutonischen Metal Legende auf kleine Rundreise gehen und dabei auch noch Victory mit am Start haben. Ihr seid da also sozusagen die Jungspunde. Schon Bock drauf?
Die Jungspunde? Hahaha, das ist schon geil. Natürlich haben wir da Bock drauf! Aber es ist auch immer viel Arbeit, die man vorher stemmen muss: Merch, Equipment und so weiter – das kostet alles eine Menge Geld. Da kommen dann Leute und sagen: "Das Cover sieht nach KI aus." Die wissen doch gar nicht, dass ein gemaltes Cover schnell tausend Euro und mehr kostet. Und mit den CD-Verkäufen kommt eine Band wie unsere kaum auf ihre Kosten.
Die Leute haben da oft seltsame Vorstellungen. Wir freuen uns trotzdem total auf die Tour. Eigentlich hätten wir die ganze Tour mitgemacht, aber das war einfach zu teuer. Wir haben ja auch Familien und Frauen, die dann irgendwann sagen: "Alter, bist du noch ganz sauber? Was ist mit unserem Badezimmer?" Als unbekanntere Band verbrennst du einfach Geld für dein Hobby.
Das klingt jetzt banal, aber unser Drummer hat es schön zusammengefasst: "Es gibt Leute, die fahren im Winter in den Skiurlaub und geben dafür unheimlich viel Geld aus."
Du singst ja auch bei Veritates, denen wir zum Release von „Killing Time“ 2020 auch gute 8,2 Punkte verpasst haben. Wird es zukünftig auch noch was geben oder wird Dich Warwolf zu sehr in Anspruch nehmen?
Veritates ist ein Projekt, eine Idee von Thomas Winter, mit dem ich das zusammen gemacht habe. Er hat mir die Ideen geliefert, und wir haben daraus die Songs gemacht. Ich sage mal so: Wenn er wieder will, bin ich sofort dabei – das weiß er auch.
Aber er hat momentan viel zu stemmen, gesundheitlich, familiär und beruflich. Da kamen einige Dinge zusammen. Ich habe ihn einfach in Ruhe gelassen, denn es ist ja ein Projekt, das nicht auf Live-Auftritte ausgelegt ist. Das hätte auch gar nicht funktioniert. Schon allein, weil Markus Kniep von Grave Digger kaum Zeit hätte, live zu spielen, und wir außerdem viel zu weit auseinander wohnen. Ich gebe die Hoffnung nicht auf. Ich habe auch schon ein, zwei Songs geschrieben. Das ist nicht das Problem.
Ich will zum Abschluss noch eine kleine Brücke zu den eisernen Jungfrauen schlagen. In einem Interview hat die Band mittlerweile angekündigt, auf der in diesem Jahr anstehenden „Run for your Lives“ Songs zu spielen, die sie vorher noch nie auf der Bühne aufgeführt haben. Du hast 3 Wünsche frei und diese Songs werden sie spielen…
Weißt du, wie viele Lieder die haben? Sie könnten von mir aus die ganze Powerslave spielen. Ja, weil das ist halt mein Album, und es war auch irgendwie das erste Album, das ich mir selbst gekauft habe – das erste richtige Metal-Album. 1984. Mit 14. Und ich denke, das hat ein bisschen damit zu tun, dass man diese Alben, die man sich damals gekauft hat, besonders schätzt. Aber ich finde das Album einfach genial.
Dann haben sie etwas von Somewhere in Time und ein bisschen was von Powerslave gespielt. Die hätten von mir aus einfach Powerslave komplett durchziehen sollen. Ich glaube, es hat vielen Leuten gefallen, aber ja, Number of the Beast hat einfach einen größeren Schatten geworfen.
Aber da sind wir uns auf jeden Fall ähnlich. Ich bin zwei Jahre jünger als du, aber das gehörte damals auch zu den ersten Alben, die ich mir geholt habe.
Was war denn dein erstes?
Mein erstes war Q5 – Steal the Light. Von 1984.
Meine zweite war übrigens, nach Powerslave, Tokyo Blade – Night of the Blade. Die habe ich nur wegen des Covers gekauft. Ich wusste überhaupt nicht, was das für Musik ist. Ich hatte nur etwas darüber gelesen, dann das Cover gesehen – und ich musste sie sofort kaufen.
Eine Frage habe ich noch. Du hörst selber privat unglaublich viel Musik. Welche 3 Alben haben Dich im Jahr 2024 maßgeblich abgeholt und begeistert?
2024? Fand ich ein komisches Jahr, zumindest für meinen Musikgeschmack. Ich habe von anderen Leuten gehört, dass es total viel Black Metal und Death Metal gab. Mag sein, ist nicht meine Baustelle. Ich fand, obwohl ich kein riesiger Deep-Purple-Fan bin, das neue Deep-Purple-Album sehr gut. Der Sound, die Gitarrensoli – großartig. Da macht es auch nichts, dass jemand wie Gillan nicht mehr so singen kann. Das sei ihm verziehen.Ich fand das Album unheimlich gut.
Was ich auch sehr mochte – das kennen nicht so viele – ist In Vain. Kennst du die? Die mischen Black Metal ein bisschen mit anderen Stilen. Eigentlich gar nicht meine Baustelle, aber dieses Sphärische und die Melodien fand ich einfach großartig. Ich weiß gar nicht mehr, wie viele Alben ich dieses Jahr gehört habe. Es waren so viele.
Ich fand Kerry King sehr stark. Auch wenn viele ihn genial finden. Ich mag aber die Stimme von diesem Death-Angel-Sänger sehr. Und dann gibt es noch eine Band namens Hell in the Skies. Die fand ich richtig geil, weil sie anders klingen. Und ich mag es immer, wenn Bands anders klingen. Deswegen gehört Bruce Dickinson auch zu meinen Top Ten. Viele sagen: „Das ist ja gar nicht …“ Aber genau weil er so ist, wie er ist, finde ich ihn genial.
Über Hell in the Skies freue ich mich total, weil Baka, der Gitarrist, auch Redakteur bei uns ist. Die Band kenne ich tatsächlich schon ewig.
Ich finde sie großartig. Ehrlich gesagt, bin ich auf sie gekommen, weil Monte, den du sicher auch kennst, unser Vinyl macht. Der hat deren Vinyl gemacht. Ich habe mal in einen Song auf Spotify reingehört und gesagt: „Schick mir sofort diese Platte!“ Und er meinte: „Ja, die kommt bald.“ Da habe ich gesagt: „Das ist mir egal, wann. Wenn du sie hast, schick sie mir bitte.“ Das hat er dann auch getan.
Ich habe sie tatsächlich nur einmal gehört – und das habe ich selten. Bei Platten brauche ich normalerweise mehrere Durchläufe. Aber diese habe ich einmal gehört und seitdem nicht wieder. Sie hat so einen bleibenden Eindruck hinterlassen, dass ich mir den zweiten Durchlauf irgendwann gönnen werde.