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PPP-Patrick's Pechschwarze Perlen
#18 ARCTURUS - La Masquerade Infernale
#18
Band: ARCTURUS
Album: La Masquerade Infernale
Erscheinungsjahr: 1997
Aktiv: 1990 bis 2007 und 2011 bis heute
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Ich habe wirklich sehr lange mit mir gehadert, ob denn „La Masquerade Infernale“ der Norwegischen Avantgardisten ARCTURUS überhaupt in irgendeiner Form in die Rubrik „Patrick´s Pechschwarze Perlen“ passt, denn auf der musikalischen Seite hat dieses Meisterwerk mit Black Metal nicht wirklich viel am Hut, denn wie sich herausstellen sollte, sind die Jungs meinem allerliebsten Metal Genre mit dieser Platte völlig abtrünnig geworden.
Da mich diese Scheibe vor 25 Jahren aber trotzdem so dermaßen umgehauen hat und mich auch heute noch in nicht enden wollende und völlig eruptive Begeisterungsstürme zu setzen vermag, habe ich mich letztendlich dafür entschieden. Außerdem regiert hier trotz der musikalischen Diversität zu den üblichen „Perlen“ eine enorm düstere, ja fast pechschwarze Grundstimmung und zu allem Überfluss liest sich die Besetzung aller beteiligten Musiker wie das „Who is Who“ der damaligen Black Metal Szene. Somit schließt sich der Kreis und ein Platz in dieser Rubrik ist dann letztendlich irgendwie doch sehr passend.
Neben Gitarrist Knut M. Valle, Keyboarder Sverd (ULVER, MORTEM) und Bassist Skoll (VED BUENS ENDE, ULVER, FIMBULWINTER), nahm ein gewisser Jan Axel Blomberg alias Hellhammer (MAYHEM) hinter der Schießbude Platz und, als wäre das alles nicht schon genug des Guten, steht am Mikrofon niemand geringeres als Sangeswunder Garm (ULVER). Hinzu kommen noch diverse Gastbeiträge wie z.B. der von ICS Vortex, welcher sich im dritten Song „The Chaos Path“ ein mehr als beeindruckendes Gesangsduell mit dem Hauptvokalisten liefert, einige Zeit später durch seine Aktivität bei DIMMU BORGIR etwas mehr ins Rampenlicht rückte und seit geraumer Zeit auch bei BORKNAGAR für ein enorm hohes Qualitätslevel sorgt.
Kurzum, wenn man in relativ internetlosen Zeiten als Black Metal Maniac auf solch ein Namedropping stößt, dann kauft man diese Platte verdammt nochmal blind. Ich dachte mir, hier kann ja mal überhaupt nichts schief gehen und in freudiger Erwartung auf übelstes Getrümmer und ein Black Metal Inferno sondergleichen, wurde meine kleine Welt der schwarzen Künste binnen kürzester Zeit nach dem Einlegen der CD und dem Lauschen der ersten Klänge bis in ihre Grundmauern erschüttert. Was zur Hölle ist denn das? Ist hier die falsche CD in der Hülle?
Nur Klargesänge! Modern gestrickte und recht progressive Strukturen, ja sogar programmierte Beats! Hallo? Wo ist mein Black Metal? Als ich die Platte dann aber am Stück durchgehört hatte war eines ganz schnell klar. Das hier dargebotene ist nicht einfach nur Musik. Nein, das hier ist ganz große Kunst und ganz egal wie sehr ich mich wegen des fehlenden Schwarzmetallanteils dagegen sträuben mochte, diese Scheibe eröffnete mir ganz neue Welten! Was für ein intensives Album. Was für musikalische Visionäre stehen hinter diesem Album? Alleine dieses oben angesprochenen und völlig kranke Gesangsduett im Überhit "The Chaos Path" ist jeden Pfennig dieser Scheibe wert. Unglaublich, welchen Ausdruck und Theatralik man allein in Gesang legen kann. Ganz großes Kino!
Die Musik auf „La Masquerade Infernale“ lässt sich als stark theatralisch, gesanglich fast schon in eine Art Musical-Richtung abdriftende Darbietung und vor allem, als völlig einzigartig bezeichnen. Der künstlerische Anspruch und die musikalische Umsetzung desselben ist so dermaßen hoch, dass es einem schwindlig wird. Wahnsinn. ARCTURUS verbinden hier auf unnachahmliche und absolut geschickte Art und Weise Metal mit Rock, machen selbst vor klassisch symphonischen Elementen, mystisch erscheinender Kammermusik und elektronischen Passagen nicht halt und selbst jazzige Passagen (Ad Astra), sowie diverse Trip-Hop, bzw. komplett Metal untypische Rhythmen scheinen die Genreüblichen Grenzen auf diesem Album nicht sprengen zu können. Klingt komisch? Stimmt. Dennoch oder vielleicht gerade deswegen ist dieser Meilenstein der avantgardistischen Musik ein so unglaublich großes Stück Musikgeschichte. Mir sind absolut keinerlei Kapellen bekannt, die sich auch nur ansatzweise mit ARCTURUS vergleichen ließen. Diese Band, bzw. ihre Musik ist einfach so derart außergewöhnlich, vollkommen visionär, total eigenständig und MUSS gehört werden.
Bis heute liefern ARCTURUS durchgehend sehr gute, zwar immer noch sehr eigenwillige, aber auf permanent gleichbleibendem Level, künstlerisch sehr anspruchsvolle Alben ab. Die "La Masquerade Infernale", mit der die Band damals den Black Metal hinter sich ließ und ihren Stil in eine andere Richtung lenkte, denselben neu definierte und gleichzeitig die tonale Kunst auf ein erschreckend eindrucksvolles Level gehoben hat, wurde meiner Meinung nach allerdings nie mehr erreicht. Dennoch sind ausgesprochen ALLE Veröffentlichungen dieser Ausnahmeband uneingeschränkt zu empfehlen!
Wer ein etwas offenes Ohr hat und gern bereit ist, auch mal über den berühmten Tellerrand zu blicken, der sollte ARCTURUS und speziell das hier besprochene Manifest unbedingt anchecken. Bei aller Haltung im Sinne der „true Black Metal“ Phase, hat mir diese Band mit diesem Album zumindest gezeigt, dass es sich durchaus lohnen kann, den eingeschlagenen und manchmal auch schwer festgetretenen Weg, zumindest manchmal ein klein wenig in Richtung kleinerer Trampelpfade zu verlassen, um dementsprechend etwas völlig Neues und Lohnenswertes zu entdecken, bzw. seinen z.T. sehr engstirnigen Horizont erweitern zu können. Die ein oder andere Perle könnte man sonst durchaus verpassen.
Anspieltipps: „The Chaos Path“ und „The Throne Of Tragedy“