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THE MIDNIGHT SUN: A LIGHT IN THE STORM

SOLSTAFIR

16.03.2019 – Berlin @ Apostel Paulus Kirche


Ein Fest für alle Heiden, Schwarzmetaller, Atheisten und Anhänger des Gehörnten. Wenn mir vor 5 Jahren Irgendwer gesagt hätte, Solstafir würden in der altehrwürdigen Apostel Paulus Kirche in Berlin Schöneberg zum Schwof intonieren, ich hätte Denjenigen sofort einweisen lassen. Doch mit dem Erfolg und vor allem der in den letzten Jahren immer stärker hervorgetretenen künstlerischen Ausrichtung, ist es eine logische Konsequenz, dass die Isländer ihre epische Musik auch in die protestantischen Gotteshäuser tragen. Ebenso war im Vorfeld bereits zu erwarten, dass das "Ausverkauft" Schild ziemlich schnell über der Kasse hängen und der Run auf kurzfristig zu erwerben Tickets den Schwarzmarkthändler in die Karten spielen würden. Doch weit gefehlt. Nicht einer, der seine Billets vor Ort feilbot. Vielmehr hüteten fast alle ihre Karten wie Schätze, um sich dieses famose Ereignis keinesfalls entgehen zu lassen.

Allein diese Location rechtfertigt den Umstand, für lediglich eine Band mal etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Eine Umgebung, wie sie für die Musik der Mannen aus dem Nordatlantik scheinbar erbaut wurde. Genügend Platz, um das Streicher Quartett neben dem neuen Drummer Hallgrimur Jon Hallgrimsson zu platzieren und auch sonst schienen die Bühnenbauer eine Menge Respekt vor dieser großartigen Kulisse gehabt zu haben. Kein unnötiger Schnickschnack, schönes Licht und direkt vor dem Altar die Bretter, die die Welt bedeuten. Bereits eine halbe Stunde vorher überkam mich ein wohliger Schauer.

Der untere Bereich der Kirche war bereits eine halbe Stunde vor Beginn mehr als gut gefüllt, doch da ich eh die ganze Geschichte von oben begutachten wollte, fanden wir auf der Empore einen phänomenalen Platz mit einem direkten Blick auf die Bühne, um Solstafir bei diesem geschichtsträchtigen Ereignis genaustens auf die Finger schauen zu können. Die Show begann dann mit ca. 15 Minuten Verzögerung, da noch nicht alle Musikbegeisterten den Weg in die Kirche gefunden hatten. Überhaupt war es ein sehr gemischtes Publikum. Vom Black Metaller über den ortsansässigen Hipster bis hin zu der der Kirchengemeinde angehörigen Großmutter, die mir draußen versicherte, alles mitzumachen, was die Apostel Paulus Gemeinde anböte. Ich traf sie kurz vor Ende des Konzertes nochmal und sie war hellauf begeistert. Die Dame war 84 Jahre alt!

Als es dunkel wurde begann es vor Spannung zu knistern und als mit „Náttfari‘ der erste Song vom großartigen „Ótta“ Album erklang, war die Spannung auf ihrem Höhepunkt. Anfangs ein wenig zu leise, doch bei dem großartigen Gesang von Aðalbjörn Tryggvason nicht unbedingt von Belang, da der schlaksige Frontmann mit seiner Stimme den gesamten Kirchenraum erzittern ließ. Alle starrten gebannt auf die Bühne und waren angesichts des hier Dargebotenen fasziniert, begeistert und vollkommen euphorisiert. Die Streicher untermalten die Songs mit einem immens hohen Gänsehautfaktor und man merkte der Band den Respekt vor dieser Location sichtlich an. Nach jedem Song erzitterten die Grundmauern vom donnernden Applaus und ich wage zu behaupten, dass sich Niemand dieser Darbietung entziehen konnte. Der erste Teil des Konzertes war ein wenig ruhiger gehalten und nach „Miðaftann“ gab es erstmal eine kleine Pause, um die Erfrischungsgetränke nachzufüllen und den Weg zur Lunge zu teeren. Witzigerweise traf ich draußen dann auf den Pfarrer der evangelischen Gemeinde, der sich ebenfalls äußerst angetan von diesem Schauspiel zeigte.

Mit „Lágnætti“ begann dann der zweite Teil und sofort wurde klar, der Sound wurde um ein Vielfaches besser und man konnte nun auch den Bass von sonnenbebrillten Svavar Austman und die Gitarre des vollkommen in sich ruhenden Sæþór Maríus Sæþórsson besser hören. Auch die Songs wurden um einiges härter, was der einzigartigen Akustik und dem Flair keineswegs schädlich war. Im Gegenteil, denn nun wurden sogar in der ersten Reihe sitzend die Matten geschwungen und die Fäuste gen Himmel gestreckt. Mein persönliches Highlight war danach die Ansprache von Aðalbjörn zum Thema Selbstmord, Depressionen und wie man sich mit Freunden da herauswinden kann. Dies geschah in Anbetracht der Tatsache, dass man mit „Necrologue“ erstmals auf dieser Tour einen Song ins Set aufnahm, welcher nicht nur der Lieblingssong der Isländer, sondern einem verstorbenen Freund gewidmet ist, der sich aus dieser furchtbaren Spirale nicht lösen konnte und letztendlich den Freitod wählte. Gänsehaut pur und sogar ein paar feuchte Augen waren zu sehen.

Natürlich rastete die Gemeinde dann vollkommen aus, als die ersten Töne von „Fjara“ erklangen, dem absoluten Megahit von Solstafir, dessen Melodie man selbst Stunden später nicht aus dem Ohr bekommt. Danach war der „normale“ Part beendet und eigentlich verlässt die Band da die Bühne, um sich von dem frenetischen Applaus des Publikums zu einer Zugabe „überreden“ zu lassen, doch dazu kam es nicht, denn die donnernden Sympathiekundgebungen ließen es gar nicht zu, dass die Band kurz verschwand. Aðalbjörn kommentierte dies mit „Normalerweise ist das jetzt der Part, bei dem wir die Bühne verlassen und uns überlegen, noch 1-2 Songs zu spielen. Aber heute brauchen wir wohl gar nicht zu gehen. Also machen wir gleich weiter“ Sprachs…und sagte dann „Good night Berlin“ und alle mussten lachen. Überhaupt muss ich sagen, dass ich Solstafir noch nie so gelassen und entspannt auf der Bühne gesehen habe wie an diesem Abend.

Nach „Kukl“ zeigte sich die Band noch einmal vollkommen begeistert über die Location und sprach davon, wo sie mal in Berlin angefangen haben. Ich glaube mich zu erinnern, dass eines der ersten Konzerte mal in einem fast leeren K17 vonstattenging…und nun das! Vollkommen verdient und berechtigt. Mit „Goddess of the ages“ vom brillanten „Köld“ Album gaben Solstafir noch einmal alles. Aðalbjörn blickte bereits während des regulären Gigs mehrfach sehnsüchtig auf die Kanzel, die sich von der Bühne aus gesehen rechts befand und erklomm diese schlussendlich, um von der seine Worte zu predigen. Nun gab es kein Halten mehr und der Jubel war ohrenbetäubend. Ebenso wurde sein Ausflug in die Reihen der Zuschauer mit Selfies, Küsschen, High Five und Fist Bumps entsprechend honoriert und als nach einem schieren Inferno zum Schluss die letzten Töne verklungen waren, hielt es niemanden mehr auf den Sitzbänken und die Kirchenkuppel erbebte vor Zuneigungsbekundungen. Die Band war ebenfalls ergriffen, begeistert und somit ging ein Konzert zu Ende, welches ohne Zweifel zu einem der spektakulärsten gehörte, die ich jemals erleben durfte.

Náttfari
Náttmál
Ótta
Dýrafjörður
Hula
Miðaftann
Lágnætti
Hvít sæng
Necrologue
Fjara
Kukl
Goddess of the Ages




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