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GUNS'N'ROSES

03.06.2018 - Berlin @ Olympiastadion

Guns N‘ Roses in Berlin, oder Axl, wir müssen reden!

Ich bin jetzt seit einigen Jahren als Redakteur tätig und Live-Reviews sind im Normalfall mit den leichtesten Übungen für mich. Gerade wenn es um eine meiner Lieblingsbands geht. Doch dieses Konzert bedarf a) etwas Abstand und b) eine neue Art einen Bericht zu schreiben. Und so werde ich erstmals in meiner Tätigkeit als Redakteur einen zweigeteilten Bericht schreiben. Der erste Teil ist der nüchterne, neutrale Blick auf das Konzert. Im zweiten Teil werde ich genau dieses Konzert ein wenig analysieren. Kommen wir erst einmal zum Bericht an sich:

Die Bedingungen waren sensationell. Das Wetter war großartig. Die BVG war perfekt auf dieses Ereignis vorbereitet und auch der Einlass lief ohne Probleme. Da ich als Fotograf leider eh erst zum Hauptact Zutritt zum Veranstaltungsort bekommen hätte, bin ich etwas später hingefahren und habe somit leider DIE Newcomer des Jahres, Greta Van Fleet, verpasst. Schade, denn das Album der Jungs hat mir echt gefallen. Von den Manic Street Preachers bekomme ich das Set wenigstens von außen mit. Da ich nicht allzu viel von dieser Band kenne und auch die Stimmung im Stadion nicht sehen konnte, kann ich nur das bewerten, was zu hören war und das war zumindest anständig.

In der Zwischenzeit habe ich nach einer halben Odyssee auch endlich den Presseschalter gefunden. Und wartete nun darauf, dass die lustige Reisegruppe abgeholt wird. Gegen 18:30 geht es dann auch für uns los und wir werden direkt zum FOH-Platz geführt, von wo wir unsere Bilder machen sollten. Puh, ganz schöne Entfernung. Nur gut, dass ich mir vorher eine neue Kamera besorgt hatte. Planmäßig sollte die Show um 19 Uhr dann auch losgehen, jedoch scherzten wir bereits im Vorfeld, dass man bei Guns N‘ Roses mit einer Karenzzeit von ca. zwei Stunden rechnen muss. Und, was soll ich sagen? Es wurde 19 Uhr und es passierte… nichts. Doch die Stimmung im Stadion war gelassen. Alles war gut. Alle freuten sich gemeinsam auf Axl Rose, Slash und Duff McKagan. Schließlich ist dieses Gastspiel das erste seit dem 26. Mai 1993. Damals war die Band – übrigens damals noch fast im Original-Line Up (lediglich Steven Adler wurde durch Matt Sorum ersetzt) – das letzte Mal im Berliner Olympiastadion. Seitdem machten sich die Jungs um W. Axl Rose in Deutschland auch eher rar – egal in welcher Besetzung. 1993 spielten Guns N‘ Roses fünf Konzerte in Deutschland. Danach kam eine dreizehnjährige Pause, bis man die Band als Special Guest zu Rock am Ring holte. Sofern ich mich erinnern kann, waren Verspätungen damals noch normal.

Nach diesem Intermezzo war wieder sechs Jahre Ruhe, bis Guns N‘ Roses im Zuge ihrer Chinese Democracy-Welttournee für ein Konzert nach Mönchengladbach kamen – wo ich sie mir natürlich angeschaut hatte. Nun sind wieder ein paar Jahre ins Land gezogen und endlich dürfen auch wir Berliner in den Genuss dieser Legende kommen, nachdem die Jungs letztes Jahr bereits München und Hannover heimgesucht hatten und Begeisterungsstürme losbrachen.

Nach knapp zwanzig Minuten gingen die LED-Leinwände endlich an und es wurde eine Animation abgespielt, die ein wenig an die Rock or Bust-Tour von AC/DC erinnerte. Na ja, geschenkt. Der Zweck wurde erfüllt, denn das Publikum geht steil. Mit dem »Appetite For Destruction«-Hit „It’s so Easy“ geht es schonmal anständig los. Tonschwankungen dämpfen zwar die Ekstase, doch das pegelt sich garantiert noch ein. Auch der nächste Song ist ein unverzichtbarer Klassiker: „Mr. Brownstone“. Eines muss man mal sagen. Die Band ist agil. Es wird auf der Bühne umhergelaufen und geposed, da können sich viele Bands eine Scheibe von abschneiden.

Mit Song Nummer Drei wird auch schon die Brücke zum größten Running Gag in der Musikgeschichte geschlagen, denn hier präsentiert die Band den Titel-Track ihres letzten Albums »Chinese Democracy« - sicherlich für die meisten hier das erste Mal mit Slash an der Gitarre. Aber der Song wird so gespielt, als hätten Slash und Axl den Song gemeinsam geschrieben. Nach diesem Song kommt dann auch die berühmte Frage: „Do you know Where you are?“ Ich muss ein wenig vorweggreifen, denn anscheinend wussten viele wirklich nicht wo sie waren, denn der Sound war tatsächlich einer band wie Guns N‘ Roses nicht würdig. Na gut, Augen zu und durch. Es wird bestimmt noch besser. Und zumindest und den Bereichen Front of Stage 1 und Front of Stage 2 scheint ein wenig Stimmung zu sein, denn da ist Bewegung zu sehen.

Inzwischen habe ich mich auch mit einer Gerstenkaltschale ausgestattet und habe meinen Platz eingenommen, der mir zugeteilt wurde. Nun heißt es, Konzert genießen – zumindest versuchen es zu genießen. Wenn man einen puren Blick auf die Setlist wirft, dann stellt man schnell fest, dass hier wenig Wünsche offenblieben: „Estranged“, „Live and Let Die“, „Rocket Queen“, „Civil War“ – alles da. Natürlich auch Kracher vom letzten Album der Marke „Better“ oder „This I Love“. Doch Guns N‘ Roses wissen auch zu überraschen, denn nach „Civil War“ spielen die Jungs den Velvet Revolver-Hit „Slither“ – geile Geste. Für alle, die es nicht wissen sollten: Slash spielte gemeinsam mit Duff und dem ex-Guns N‘ Roses-Drummer Matt Sorum in dieser Band. Sänger war der inzwischen verstorbene Scott Weiland. Nach dieser Version von „Slither“ scheint die Band zwar endlich Fahrt aufzunehmen, man merkt allerdings, dass inzwischen immer mehr Fans das Stadion verlassen. Schade, denn nun hat Slash seinen Rampenlichtmoment, als er sein Solo anstimmt, in das er clever den Rock’n’Roll-Klassiker „Johnny B. Goode“ eingebaut hat. Dieses Solo geht ohne Pause über in das berühmte Love-Theme vom Filmklassiker „Der Pate“, welches Slash immer anspielt. Und Kenner wissen natürlich, was danach kommt: Richtig, von diesem Stück geht es sofort über in das berühmteste Riff von Slashs Karriere: „Sweet Child O‘ Mine“ und endlich hört man das Stadion toben. Alles richtig gemacht.

Danach folgt das Jimmy Webb-Cover „Wichita Lineman“, „Used to Love her” und eine geile instrumentale Version des Pink Floyd-Hits „Wish You were Here“, bei dem neben Slash auch Izzy Stradlin-Ersatz Richard Fortus zeigen kann, was er draufhat. Während die Jungs spielen wird vorne am Bühnenrand bereits ein Flügel aufgebaut und spätestens jetzt weiß auch der letzte Fan, womit es weitergeht: Richtig, „November Rain“. Der Song an sich ist großartig und die Soli in diesem Song gehören zur Champions League der Gitarren-Soli. Doch gerade beim berühmten Outro passiert es: Slash versaut es. Es braucht ein paar Takte, bis er wieder drin ist und das Solo noch rettet, aber, er hat den Anfang versaut. Bei „Knockin‘ on Heavens Door“ zeigt das Berliner Publikum, dass es noch da ist und auch aktiv werden kann, denn beim Mitsingpart wird lauthals mitgegrölt. „Nightrain“ schließt das offizielle Set ab. Nach einer kurzen Pause kommt die Band nochmals auf die Bühne und geht mit „Patience“ in die Zugabe, die mit „Paradise City“ traditionell beendet wird.

Nach zweieinhalb Stunden verlassen Guns N‘ Roses die Bühne und lassen die Fans mit gemischten Gefühlen zurück. Und während der Anfang dieses Konzerttages perfekt beginnt, endet er irgendwie genauso wie das Konzert selbst: Im Chaos, denn durch einen Polizeieinsatz kamen viele S-Bahnen stark verspätet und der Bahnhof füllte sich immer mehr.

Nun gut, kommen wir zum zweiten Teil, dem Fazit:

Es hätte episch werden können. Ganz ehrlich. Als das Konzert im letzten Jahr angekündigt wurde, habe ich dieses Event schon im Vorfeld als Konzert des Jahres tituliert. Das war in Zement gegossen. Was sollte denn bitteschön noch kommen? Aber, wie ihr bereits in vielen Facebook-Posts oder Zeitungsartikeln lesen konntet, lief dieses Konzert alles andere als perfekt. Es geht los mit der Verspätung. Gut, das kann ich verschmerzen, ich habe schon deutlich schlimmere Verspätungen gehabt. Fans bemängelten die mangelnde Interaktion zwischen Band und Publikum und der Band untereinander. Durch mein Objektiv konnte ich schön beobachten, dass die Band auf der Bühne Spaß hatte. Duff zog Grimassen und ulkte mit Fans, Axl hatte ein Dauergrinsen im Gesicht und Slash ist Slash. Axl hat sogar mit dem Publikum gesprochen. Also da lief es. Interaktion untereinander… hmm, stimmt. Es gab keine ständigen Umarmungen oder ähnliches. Duff, Axl und Slash standen selten zusammen. Das ist zwar schade kann aber viele verschiedene Gründe haben. Die Stones stehen auch nicht immer Arm in Arm auf der Bühne.

Guns N‘ Roses waren da, um einen Job zu erledigen und hier ist die Frage: Haben sie ihn erledigt? Viele Fans sind der Meinung nein und haben sogar eine Petition gestartet, in der sie die Band auffordern das Geld für die Karte zu erstatten. Wie süß. Ganz ehrlich: Einmal richtig bei Facebook ausgekotzt und gut ist, als ob eine Band dieser Größenordnung es interessiert, dass eine Petition läuft. Sicher, die Karten waren teuer. Bis zu 200 Euronen. Da müssen einige lange sparen, um sich so ein Event leisten zu können. Natürlich sind diese Fans zu Recht sauer. Und ich habe es eben gerade gesagt: Eine Band dieser Größenordnung. Eben, einer Band dieser Größenordnung darf so etwas nicht passieren. Denn, der Sound war Müll. Das kann man auch nicht schönreden. Und das war eben das größte Problem. Und ich denke, dass es auch stark darauf ankam, wo man sich befand, denn während ich Leute kenne, die ganz vorne waren und alles perfekt gehört hatten, war von meinem Platz aus die Tonschwankungen schon extrem zu hören. Mal hörte man Axl gar nicht, dann nur dumpf und im nächsten Augenblick dann klar, nur um ein paar Sekunden später wieder die nächsten Tonprobleme mitzubekommen. Das ist ärgerlich und dämpft den Konzertgenuss.

Ich habe allerdings auch von Freunden gehört, die gar nichts verstanden haben. Dort war ein Soundbrei zu hören, so dass man die Songs nicht erkennen konnte, wiederum andere bekamen regelrecht Ohrenschmerzen. Doch woran lag das? Stand diesmal der Praktikant am Mischpult? Was war mit der Band los? Und jetzt kommt doch nochmal der Fan in mir heraus, der die Band ein wenig in Schutz nimmt. Denn, ich fand die Show an sich okay. Bei weitem nicht so gut wie 2012 in Mönchengladbach, aber absolut solide. Hinzu kam allerdings noch die Spielzeit, bei der ich Guns N‘ Roses nicht einmal die Schuld geben kann. Denn in Berlin ist bei Open Airs ja bekanntlich um 22 Uhr Schluss. Auch bei einer Band die gerne mal vier Stunden spielt um jeden Hit unterzubringen. So wurden es halt „nur“ zweieinhalb Stunden. Aber es fehlten Über-Hits wie „Don’t Cry“ und „You Could be Mine“. Im Internet kursierte eine Setlist, die wohl im Proberaum abfotografiert wurde. Dort waren knapp dreißig Songs zu sehen. Berlin hatte 24 Songs.

Nun war Berlin die erste Show nach über einem halben Jahr Pause. Da läuft nie alles rund. Die Band muss sich erstmal wieder aufeinander eingrooven. Dann darf man nicht vergessen, dass dieser Tourtross bereits seit über zwei Jahren unterwegs ist. Irgendwann kommen Ermüdungserscheinungen und die Luft ist raus. Ich denke das große Problem liegt vor allem daran, dass Guns N‘ Roses die Maßstäbe selber sehr hoch gesetzt hatten. Die bisherigen Konzerte der Tour glichen einem Triumphzug. Die and war pünktlich und spielte phasenweise bis zu vier Stunden. Dann kamen Gäste wie Angus Young, Steve Perry und Steven Tyler und andere Rockstars immer mal wieder auf die Bühne, was die Shows nochmal aufgewertet hatte. Ganz am Anfang der Tour durfte sogar Steven Adler ein paar Songs mittrommeln. Nun ist der Zauber dieser Reunion ein wenig verflogen.

Die Band geht in die letzte Tourphase und man kann nur für die kommenden Konzerte hoffen, dass dies nur ein Ausrutscher war, ein Fleck auf der blütenweißen Weste dieser gigantischen Tour. Vielleicht braucht die Band danach eine Pause, die bereits angekündigt ist, um sich noch einmal selber zu finden und aus der vielleicht sogar ein neues Album hervorkommt. Zumindest hat ein Mitglied der Band, mit dem ich Kontakt habe, angedeutet, dass man bereits an Songs arbeitet. Aber zunächst einmal hat Slash ein weiteres Album mit Myles Kennedy angekündigt und man munkelt ja über eine weitere Zusammenarbeit zwischen Axl und Angus Young. Kommt etwa ein Axl/DC-Album? Wir werden sehen.

Setlist:
It’s so easy
Mr. Brownstone
Chinese Democracy
Welcome to the Jungle
Double Talkin‘ Jive
Better
Estranged
Live and Let Die
Rocket Queen
Attitude (Duff on vocals)
This I Love
Civil War
Slither (Velvet Revolver-Cover – erstmals live gespielt)
Slash Guitar Solo
Speak Softly Love (Love Theme from “The Godfather”)
Sweet Child O’ Mine
Wichita Lineman
Used to Love Her
Wish you were Here
November Rain
Knockin’ on Heavens Door
Nightrain
-------
Patience
Paradise City

PAT St.JAMES

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