SABATON | BATTLE BEAST | DELAIN
19.01.2015 - Berlin @ Huxley's
Die Herren sind schon ein Phänomen. Als ich sie Anno 2006 im Vorprogramm von Edguy und Dragonforce sah, hätte ich keinen Cent darauf gesetzt, dass sie ein paar Jahre später ein eigenes Festival veranstalten und 2015 das Huxleys restlos ausverkaufen. Nicht dass Sabaton live mies gewesen wären, aber halt auch nicht wirklich umwerfend. Aber so kann‘s gehen.
Spontan und mit Kumpel im Gepäck geht’s dann nach Neukölln um am Einlass einen etwas überforderten aber sympathischen Herren in seinem Kabuff thronend über den Gästelisten zu finden. Ja, wo stehen wir denn? Liste um Liste wird durchgewühlt auf der Suche nach dem richtigen Namen, der aber bleibt verschwunden. Am Ende lässt er uns so rein, wohl auch weil er keinen Bock hat weitere Listen zu durchforsten. Ein guter Start wenn auch etwas kurios.
Im Obergeschoss sorgen Battle Beast schon für etwas Stimmung. Die Band, die mir rein gar nichts sagt, erinnert mich als erstes an eine Mischung aus Bonnie Tyler und Europe die mit etwas Double Bass auf Metal machen. Eingängig, griffig, auch optisch mit starker 80er Attitüde aber zum Einstimmen sicher nicht verkehrt. Die Finnen bringen die ersten Reihen gut in Stimmung und auch der Rest wippt bei dem Ohrwurmpotential des quäkenden Synthies gerne mal hin und her. Die Songs sind größtenteils im Midtempo gehalten, lediglich „Madness“ ist etwas fixer und sticht dadurch positiv heraus. Frontfrau Noora macht als Rockröhre einen guten Job und auch dem Rest der Band ist deutlich anzumerken, dass er heute Spaß an der Sache hat.
Far far away
Black Ninja
Touch in the Night
Madness
Iron hand
Out of Control
Wie die Niederländer von Delain in diesem Billing harmonieren, war vorher noch unklar, da ihre Mischung aus Gothic und Symphonic Metal doch ziemlich vom Rest des Abends abweicht, aber Pustekuchen. Mit gutem Sound und jeder Menge eingängiger Hits können sie mit Battle Beast locker mithalten. Frontfrau Charlotte Wessels hat mit Merel Bechtold, die für Gitarrist Timo Somers eingesprungen und Kennern unter anderem aus dem Projekt Mayan bekannt ist, weibliche Verstärkung erhalten und auch wenn sie allein schon durch ihr Outfit visuell im Mittelpunkt steht, so ist die Gitarristin mit dem sympathischen Grinsen doch eine willkommene Ergänzung im Bühnenbild Delains. Ihre Fähigkeiten kann sie dabei, den Kompositionen entsprechend, nur ansatzweise zeigen, diese sitzen dafür makellos. Mit Mittemponummern wie „Mother Machine“ oder „Get the Devil out of me“, die ziemlich poppig daherkommen, kann sich ein beachtlicher Teil des Publikums gut anfreunden und so sieht man viele mitsingende Fans, wenn auch die große Mehrheit noch nicht zu ganz großen Begeisterungsstürmen bereit scheint . Das man es neben Charlottes klarer Stimme auch härter kann, beweist dann „The Gathering“, bevor man zum Abschluss den Hit „We are the Others“ in die Menge schmeißt, die schon sehnsüchtig auf den Hauptact wartet.
In erwartungsvoller Vorfreude wird schon der ein oder andere Refrain intoniert und als Europes Klassiker „The final Countdown“ aus den Boxen prescht, gröhlt die halbe Halle lauthals mit. Nach dem ersten Intro folgt mit „ The March to War“ noch ein zweites, bevor die fünf Schweden in ihren gewohnten Camouflagehosen die Bühne Stürmen und mit Verzögerung (mal ehrlich: warum spielt man zwei Intros um dann nicht sofort auf 1 loszulegen? Dramaturgisch unsinnig) dann auch „Ghost Division“ in den Ring werfen. Fast die ganze Halle ist sofort am Hüpfen, so dass sogar das Holzparkett des Huxley’s bedächtig zu beben beginnt, und Joakim steht dem natürlich um nichts nach. In Bruce Dickinson Manier rennt er über die Bühne, posiert und gestikuliert, während sich hinter ihm das martialische Bühnenartwork in Form einer Panzerattrappe auf der das Schlagzeug thront, erstreckt. Doch nicht nur der Einsatz, vor allem der Draht zum Publikum, der sich in ständiger Interaktion mit dem Publikum, meistens in Form von Blödeleien, zeigt, ist es, der Sabaton auszeichnet. Während die Masse in fast jeder erdenklichen Pause in karnevalistischer Form „Noch ein Bier“ fordert (wo hat das eigentlich seinen Ursprung?) und man den Eindruck nicht loswird, dass man hier auf Mallorca und nicht in Berlin ist, zieht Joakim gekonnt seine Show ab, und geht natürlich auch drauf ein. So wird ein Bier auf Ex geleert, natürlich nicht ohne drauf zu verweisen dass er es dabei belässt, weil er schnell betrunken wird, und die Bühne nie besoffen betritt. Außerdem neigen Schweden dazu sich im angeheiterten Zustand schnell mal ihrer Kleidung zu entledigen, und das möchte doch nun wirklich niemand, oder?
Neben der Musik, die heute alle Alben umfasst, und sich größtenteils auf die Midtemposongs beschränkt, ist der Gig vor allem ein Happening mit viel guter Laune. Und so wird der Refrain von „Gott mit uns“ mal eben zu „Noch ein Bier“ umgedichtet, und auch demokratische Abstimmungen zwischen Songs dürfen nicht fehlen. Eigentlich eine ziemlich gute Idee wie ich finde, da die Masse damit zumindest einen kleinen Einfluss auf die Setlist hat. Die Entscheidung für „A Lifetime of War“ auf Schwedisch fällt, aber erst nachdem das Publikum anhaltend „Swedish Pagans“ gefordert hat, einen Song der wohl nicht vorgesehen war, Pär Sundströms großer Auftritt. Der Bassist ließ es sich nicht nehmen in gestellter Keilerei die Setlist zu zerreißen, um seiner Interpretation von Demokratie Gestalt zu verleihen. Später machte noch „White Death“ das Rennen.Und so neigte sich der Abend langsam seinem Ende mit „Attero Dominatus“, und den Zugaben „Night Witches“, dem Klassiker „Primo Victoria“ und „Metal Crüe“.
Alles in allem ein sehr unterhaltsamer Abend mit vielen fröhlichen Gesichtern und einer routinierten Band, die zwar ihr 90 minütiges Standardprogramm boten, aber dennoch zu überzeugen wussten. Auch die beiden Vorbands wussten in ihrem Rahmen durchaus zu überzeugen, so dass es an diesem Abend wirklich kaum was zu meckern gab. Für meinen Geschmack hätte man noch ein paar fixere Nummern à la „Panzer Batallion“, „Thundergods“, „Into the Fire“, „Counterstrike“ etc. ins Programm aufnehmen können, um es nicht so midtempolastig zu gestalten, aber diese Wehrmutstropfen bleibt wirklich sehr klein.
The Final Countdown
The March to War
Ghost Division
To Hell and Back
Carolus Rex
40:1
Gott mit uns
The Art of War
7734
Resist and Bite
Soldier of 3 Armies
Swedish Pagans
A Lifetime of War
Far from the Fame
Attero Dominatus
White Death
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Night Witches
Primo Victoria
Metal Crüe
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Masters of the World (vom Band)