GOATSNAKE | HEAT
03.06.2015 - Berlin @ SO36
Wenn Peter Stahl und seine alten Kumpels von Goatsnake aus LA, sich endlich mal in die Hauptstadt verirren, da kann man es nicht anders sagen, ist doch unbedingte Anwesenheitspflicht. Als ich die ersten Plakate zur anstehenden Show in Berlin entdeckte war der Plan recht schnell eingetaktet, dort mit meiner Audienz aufzuwarten. Den von Oma Hilde handgeklöppelten Gebetsteppich hab ich bei dieser Anbetung natürlich mitgeführt, ist doch völlig klar! Es gibt so besondere Anlässe da muss man mit ebensolchen besonderen Ehrbietungen aufwarten!
Als damals Goatsnake 1998 mit der lautstark, abgefeierten EP „Man Of Light“ für einen kräftigen, schweissumtriebenen Spatenhieb sorgten und darauf „Volume.1“ in den vertrockneten Stoner/Doom Kies schleuderten, multiplizierte sich die Anhängerschaft um ein Vielfaches. Zu dieser Zeit, um 1999, durfte ich die Mannen, die im diesem Genre für einen mächtigen Sturm aus Heavyness und tiefschwarzer Brachialität seit jeher sorgten, auf dem Dynamo Festival in Eindhoven bestaunen. Stunden zuvor hatten S.O.D mich im Eindhovener Dynamo-Klub quasi in alle erdenklichen Einzelteile zerlegt. Goatsnake durften am Tage später auf einer kleinen Nebenbühne für offene Mäuler sorgen und begeisterten eine handvoll irrer Maniacs, die teils geistesabwesend, melancholisch, euphorisch und auch sturztrunken sich zwischen Maikäfern und Heuschrecken auf Gottes Erde erstreckten. Ich zischte in der Mittagssonne eines der unzähligen Biere und wünschte mir nach der Show innerlich noch ein Klubkonzert herbei, dass es weit mehr als 15 Jahre dauerte bis ich die Mannen und ihren tonnenschweren Stoner/Doom wiedersah, hätte ich beileibe auch nicht gedacht, noch nicht mal beim unheilgen Baphomet!
Es scheint derzeit der Moment der seltenen Konzerte in Berlin zu sein. Noch vor Wochen gaben die Kanadier von Voivod sich die Ehre und spielten den überaus gut besuchten, einzigen Klubgig in Deutschland. Das war auch mal deutlich anders, man wäre ja total bekloppt wenn man das nicht gut fände! Kaum hat man den einen Hangover rausgefeilt, kriegt man Tage später mit der Doomglocke von Goatsnake eins auf den fetten, verschimmelten Kopp gebraten.
Mein letzter Besuch im So36 war der Gig von Bolt Thrower, Morgoth und Soulburn, meinen Erinnerungen Vertrauen zu schenken war das wohl ein ganz amtlicher Abend. Etwas länger ist da aber auf jeden Fall die Geburtsstunde des legendären Berliner Klubs her. Hier wurde bereits 1861 mit Ur-Berliner Schauze die gepflegte Mollekultur gepflegt und im Biergartenlokal der Flüssigkeitshaushalt ausbalanciert. Das kam sicher ziemlich oft vor, denn im Allgemeinen Berliner Turnverein hat man sich nur selten mit einer Rolle rückwärts zufrieden gegeben.
Aber von einer Rolle rückwärts muss ich nun doch noch einmal Gebrauch machen. Bei Bolt Thrower war die Anzahl der alteingesessenen Deathbangers auch richtig üppig ausgefallen. Dass es bei Goatsnake nicht ganz so sein würde, war mir absolut bewusst. Zumal Doom und insbesondere in dem Fall hier Goatsnake einfach immer noch sehr speziell ist. Die aus der Asche von The Obsessed entstandene Truppe war zudem noch viel zu lange von der Bildfläche verschwunden um eine große Schar an Gefolge und auch Neugierigen wieder in den Kahn zu lotsen.
Wenn man morgens aus der Kiste krabbelt ist der Gedanke an einen anstehenden, abendlichen Gig, einer seiner absoluten Faves, natürlich wie Treibstoff in den Gliedern. Zumal wenn man sich aufgrund eines folgenden Gammeltages ordentlich einen hinter die Rinde kippen kann. Da wird jede Morgentoilette zu ner Marsexkursion. Am frühen Abend des 3.Juni machte ich mich dann alsbald auf den Weg und umschiffte wiederholt zahlreiche Rollkoffermutanten auf der Warschauer Brücke, dort wartete auch ein Kollege von mir, der mich natürlich mit einem köstlichen Erfrischungsgetränk einsammelte, Staffellauf mal anders. Geraume Zeit später erreichten wir auch Kreuzberg und enterten gleich nochmal den ein oder anderen Späti, schlenderten im ansässigen Kiez der Oranienburger Straße umher und nahmen die freudig versammelten Doomster vor dem legendären Berliner Klub wohlwollend ins unser Blickfenster.
Dort hatten die Berliner Heat gerade begonnen, diese verzückten mich mit ihrem energischen Hardrock. Dieser Krautsound, der wie aus einer fernen Galaxie für die ersten psychedelischen Momente an dem Abend sorgte und meinen Astralleib wie ein durchgedrehter Käfer Herbie umwirbelte.
Wie hoffnungsvoll die Szene im Hardrock und Metalspektrum doch ist haben für mich auch die letzten Wochen immer wieder zeigen können. These Hands Conspire im Vorprogramm von Voivod zum Beispiel machten von sich Reden und boten ein ultrafettes Brett, beamten den Spirit von Black Sabbath in die Gegenwart. Allein schon die Professionalität wie dort gewerkelt wurde hätte nicht vermuten lassen dass hier gerade mal die erste Langrille aus dem Schmiedefeuer gehoben wurde.
Heat haben hier nun bereits das zweite Album „Labyrinth“ ins Blech genietet und zeigten sich selbstbewusst und relaxt auf den Brettern des So36. Man ist nicht überheblich wenn man sagen kann das die Jungs das jut runtergezockt haben! Die beiden Alben hatten sie demzufolge mehr als gelungen präsentiert, da fiel es es leicht auf den schmackhaften Merchstand zu schielen und eine gute alte Schallplatte abzugreifen. Wenn man auf psychedelischen Erdrock steht und neuere Bands wie Horisont, Graveyard bis Brutus huldigt, ist auch mit diesen Berlinern bestens bedient. Natürlich schwingt hier auch immer ne gute Kanne Kultrock wie BlackSabbath, Uriah Heep bis Zeppelin mit. Heat bewiesen Charme und Spielfreude, den sie an den Tresen nagelten und auf den Asphalt prächtig zementieren.
Der kultig, kauzige und bärtige Mercher von Heat, kam mir vor wie aus einem Film mit Clint Eastwood Streifen. Harry Callahan macht sie alle fertig! Er bemerkte meine Neugier, lag wohl an den enttarnten Stielaugen und frage mich: “Willste anfassen?“ Ich dachte mir, wie jetzt wo und wann? Dann wurde mir klar er meinte doch die feilgebotenen Artikel seines Bauchladens. Klar sagte ich und versicherte am Ende des Abends noch mit meiner Audienz aufzuwarten und steuerte hinzu, jetzt erst einmal eine Molle zu fassen und in den gierigen Schlund zu schütten.
Für den abendlichen Reigen hatte man für beide Bands den Saal verkleinert und zur Hälfte mit einem schwarzen Vorhang quer durch den Raum behangen. Gut sortiert hatten die freudigen Anwesenden und in guter Anzahl dem psychedelischen Hardrock bei Heat gehuldigt, kann man nicht anders sagen. Nach der Pause stockte die Anhängerschaft sich deutlich auf und ein ordentlicher Pulk verteilte sich strömend vor der Bühne. Ihre letzte Show spielten Goatsnake 2001, damals in London mit Queen Of The Stone Age. Danach war es ziemlich ruhig um Pete Stahl und Goatsnake geworden und neues Tonmaterial war nicht zu erwarten. Erst 2010 wurden wieder ein paar Festivalshows anberaumt, allerdings hatte man nie eine vollständige Clubtour realisieren können. Das jetzt ein Gig in Deutschland zustande kam war da natürlich besonders erfreulich. Dann kam man auch noch nach Berlin mit dem neuen Album „Black Age Blues“, das ist doch einfach mal der totale Wahnsinn. Goatsnake starteten dann aber erstmal mit altbewährten und eröffneten ihren Gig mit „Slipping The Stealth“ und „Flower Of Disease“. Als diese ersten schleppenden und wahrlich intensiven Riffs, mit der mächtig schweren Heavyness, vorangeschoben wurden, waren die ersten ungehemmten Reaktion eine klare Folge. Die hypnotische, einschneidende Stimme von Pete Stahl umgarnte diese unglaubliche Heavyness in Perfektion. Das kann man sagen ohne hier zu dick aufzutragen. Goatsnake sind ohne Zweifel eine der besonderen Bands des Genres, weitab vom üblichen Stonerrock-Einheitsbrei, da sie auch diese monströs schweren Riffsalven gekonnt in das Goatsnake-Gerüst eingliedern. Pete Stahl hatte auch überhaupt nichts von seiner Klasse verloren, begeisterte wie damals schon 1999. Da man fast in Originalbesetzung auftrat und an den Drums weiterhin auf die Klasse von Greg Rogers setzen darf und mit Greg Anderson ein weiteres Urgestein beheimatet weiss, sind gewiss die richtigen, üppigen Bohnen in der Pfanne. Greg Anderson der übrigens seit jeher als umtriebig bekannt ist, war auch immer wieder mit Bands wie u.a Thorrs Hammer, Sunn O ))) und Burning Witch aufgetaucht. Neumitglied bei Goatsnake ist Scott Renner, der nun seit 2015 dabei ist und sein Können bei Sourvein bereits unter Beweis stellte.
Der Opener „The Orphan“ von der EP „Dogdays“ bildete die Brücke für ein paar erste Kostproben betreffend des neuen Albums. Mit „Black Age Blues“ und „Elevated Man“ wurden gleich zwei Songs davon am Stück vorgestellt, wobei mir der herrliche Chorus zu letzteren köstlich in Erinnerung haften blieb. „Elevated Man“, jau – kann ich quasi jetzt noch mitsingen! Das alles zerberstende „Graves“, was für eine monströses Urtier! Kniefall! Wenn Herr Stahl dann messerscharf seine einmalige, sirenenhafte Stimme an den schweren Riffs andockt, komm ich schon leicht um meinen Verstand. Gott bewahre, der Herr ist nicht aus dem hiesigen Universum! Schon lang kein Konzert mehr erlebt was durchweg zu so einer amtlichen Messe wurde. Ausfälle gab es definitiv hier überhaupt nicht! Eine gute Mischung aus dem neuen Material, was einen Anteil von vier Songs hatte und dem klassisch älteren Stoff haben die Doomster aus dem sonnigen Kalifornien in diese Kreuzberger Nacht zementiert. „Mower“ vom Debut schloss einen mehr als einmaligen Gig ab, wo ich nach Ende der Show noch nach einer weiteren Stunde Doombombast gierte!
Mit dem üblichen Smalltalk endete ein mehr als genialer Abend in angenehmer Runde! Die Verabredung am Merchstand hatte ich aber dennoch nicht vergessen und verhaftete gleich mal das Heat Debut „Old Sparky“, der hoffnungsvollen Berliner Formation, die an diesem Abend unsere Ärsche mächtig wund rockten. Die Scheibe gabs in der exklusiven Goldausgabe, herrlich – mal schauen ob Goldmarie wieder in den Brunnen gefallen ist. Für dieses Jahr sicher eines der Highlights für mich! Ich komme wieder, geteert und gepudert natürlich!
Slippin` The Stealth
Flower Of Disease
The Orphan
Black Age Blues
Elevated Man
Graves
The Dealer
A Killing Blues
Mower