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Live on Stage Report: Walpurgisnacht II
29. bis 30.04.2023- Berlin @ Orwohaus
TAG 1
Nach dem De Mortem et Diabolum ist vor der Walpurgisnacht – und diese ist nun zum zweiten Mal erfolgreich durchs Berliner ORWOhaus gezogen. Das noch recht junge Festival bot wieder einmal eine höchst erlesene Mischung verschiedener Acts der Black Metal Szene. Newcomer sowie längst etablierte Formationen oder auch Geheimtipps boten dem Publikum ihre Künste.
Den Anfang machten die Sachsen Nemesis Sopor. Das Quartett lieferte mit seinem verspielten, teils progressiven Black Metal einen starken Einstieg ins Festival, wobei besonders der facettenreiche Gesang des Fronters meine Aufmerksamkeit erweckte. Ein souveräner Auftritt mit viel Abwechslung und einem gutem Maß an Härte – so darf die Walpurgisnacht doch gern beginnen!
Gradliniger und aggressiver präsentierten sich dagegen Scitalis. Die vier Schweden waren gut aufgelegt, gaben sofort Vollgas und ließen dem Publikum nur wenige Momente um einmal inne zu halten und durchzuschnaufen.
Äera wiederrum setzten auf Atmosphäre, wenngleich ihr Sound auch eine ordentliche Portion Dampf mitbrachte. Die Mischung macht es halt – und diese beherrschten die Nordrhein-Westphalen an diesem Abend wirklich sehr gut. Ihre Darbietung lud zum Verweilen und genießen ein (Danke an dieser Stelle für den visuellen Eindruck durch phrenetica photography, die uns das Bild leiht).
Auf Rimruna hatte ich mich im Vorfeld schon gefreut, hatte ich ihren Auftritt vom 2017er De Mortem doch als sehr gut in Erinnerung. Zwar holte mich das Duett aus Berlin diesmal nicht ganz so ab, dennoch wurde ich gut unterhalten. Und das Feedback des restlichen Publikums sprach ebenfalls eine positive Sprache.
Wie schon im Vorbericht beschrieben brachten Balmog alles andere als warmes Mittelmeer Feeling mit. Stattdessen läuteten die Spanier die zweite Hälfte des ersten Tages mit reichlich Kälte und Dunkelheit ein. Dabei boten sie neben rasenden Parts auch eine Menge rockiger Momente. Apropos Raserei – diese stet an der Tagesordnung von Naðra. Und so prügelten sich die Isländer ohne Unterlass wie ein eisiger Wirbelsturm durch ihr Set. Bei all dieser urgewaltigen Wucht drangen aber auch immer wieder Melodien durch, die der Musik eine hässliche Finsternis verliehen.
Die Stille nach dem Umbau wurde dann mit einem simplen Ton unterbrochen. Für die meisten wäre es wohl nur ein einfaches Tuten, für Endstille Fans war es das „Ortungssignal“, das ihnen sagte: Es geht los! Und schon stieß das Kieler Flakschiff in See und begann ein herrlich durchmischtes Set mit einer Kampfansage – denn „Dominanz“ versteht sich (für mich zumindest) nicht nur als Titel sondern auch als ein Statement. Es folgten „World aflame“ und „Ripping Angelflash“ bevor mit „Frühlingserwachen“ und „Sick Heil“ Stellung bezogen wurde. Die Rufe nach dem „Navigator“ wurden knapp mit einem „So’n Scheiß spielen wir heut nicht, Alter!“ abgetan, was zwar etwas Enttäuschung bei manch einem aber auch ein Schmunzeln erweckte. Doch mit dem Geschoss „Bastard“ – einer meiner All Time Favourits – und der Hymne „Endstilles Reich“ fand dieses Set ein mehr als würdiges Ende.
Eines der großen Highlights des gesamten Wochenendes war für viele Angereiste der nun bevorstehende Gig der Norweger Mork. Völlig zu recht bekleidete die Truppe um Mastermind Thomas Eriksen den Posten des Headliners an Tag 1. Auch wenn die Band nicht allzu oft live auftritt, so wirkte sie dennoch super eingespielt und glänzte auch bei ihrem Berlin-Debüt mit Live Qualitäten, was die Menge zu schätzen wusste und entsprechend abfeierte. Eröffnet wurde das Set mit „Forført av kulden“ vom kürzlich erschienenen Album „Dypet“, gefolgt von „Dødsmarsjen“, dem Opener der „Katedralen“-Scheibe, die später auch noch mit dem großartigen Track „Det siste gode i meg“ bedient wurde. Das Finale bildete der älteste Song im Set: „Dype røtter“ vom Debüt „Isebakke“.
TAG 2
Nach einem großartigen ersten Tag und einer etwas kurzen Nacht in unserem skurrilen Hotel ging es bei strahlendem Sonnenschein wieder zurück zum ORWOhaus. Ob nun aber die Sonne schien oder nicht, wurde ziemlich schnell der Egalität erklärt.
Denn Tru‘Nembra zogen das Publikum in eine dunkle, finstere Welt und sicher nicht nur mich in ihren Bann. Die Berliner spielten ein für ihre Verhältnisse schnelles und aggressives Set, sind sie sonst doch auch sehr dem Doom Metal zugewandt. Die Taktik schien jedenfalls aufzugehen, denn der Saal füllte sich und die Band erntete reichlich Zuspruch, was mich persönlich für Hauptstädter sehr freute, die mir im Laufe des Tages noch sympathischer werden sollten.
Solch eine Beziehung konnte ich zu Lichtblick nicht aufbauen. Ohne sie schlechtreden zu wollen muss ich gestehen, dass mich der Depressive Black Metal der Österreicher nicht wirklich erreichte. Vermutlich ist das aber auch meine generelle subjektive Einstellung zu diesem Sub-Genre, denn die Resonanz des Publikums schien recht positiv:
Zwar traf auch das Rostocker Duo Silent Leges Inter Arma nicht ganz meinen Geschmack, dennoch war der Black Death Metal der Hanseaten ein willkommener Umschwung nach der vorangegangen Melancholie und ich muss meinen Hut davor ziehen, wie schnell die zwei Herren den Schalter beim Publikum umlegen konnten. Dies lag mit Sicherheit auch am agilen und intensiven Stageacting von Frontsau M:F, der die Anwesenden gut mitnahm.
Firtan hatte ich erst kürzlich in Hamburg erlebt und war gespannt, was ich ihnen diesmal abgewinnen können werde. Auf jeden Fall zündeten sie heute mehr als noch zuvor in der Hansestadt, auch wenn ich in diesem Leben wohl nicht mehr zum Fanboy mutieren werde. Dennoch muss man der Band wirklich attestieren, dass sie stets Spielfreude ausstrahlen und höchst motiviert zu Werke gehen – und von dieser ließ sich auch ein Gros der Menge anstecken.
Die Recken von Nocte Obducta haben sich an diesem Abend sicherlich nicht nur in meinem Herzen einen Platz erspielt – sollte die sympathische Band um Ur-Mitglied Marcel Breuer den nach fast 30 Jahren nicht eh schon bei vielen der Anwesenden haben. Allein das Auftreten der Truppe machte große Freude. Abseits jeglicher Starallüren und gängiger Klischees teilten sie mit dem Publikum Erinnerungen und einige schöne Anekdoten frühster Bandtage, vergaßen dabei aber natürlich nicht, weshalb sie eigentlich gekommen waren: Nämlich um allen ordentlich die Ohren freizublasen, die Köpfen kreisen und die Fäuste empor recken zu lassen. Und ganz im Stile der Walpurgisnacht richteten sie ihr Set sehr schwarz aus, was dem Auditorium zu gefallen schien.
Beginnend mit „Niemals gelebt“ und „Es fließe Blut“ starteten die Rheinländer in der „Nektar“-Ära. Über den „Trollgott“ (2017) verjüngten sie sich, bevor es mit „Drei gemeuchelte Sommer“ sogar einen neuen Song vom kommenden Album „Karwoche - Die Sonne der Toten pulsiert" zu vernehmen gab. Die „Prinzessin der Nachtschatten“ führte uns zurück ins Jahr 2000. Man merkte der Band an, dass sie noch immer große Freude an ihren Klassikern hat. Beschlossen wurde das oldschool-ige Set letztlich mit „Fick die Muse“ vom 2001er Werk „Schwarzmetall (Ein primitives Zwischenspiel)“.
Den Titel des „Exoten“ hatten diesmal Psychonaut 4 inne – und das in mehrfacher Hinsicht. Zum einen wegen ihrer georgischen Herkunft, denn zumindest ich kenne keine weitere Band von dort; zum anderen ist ihre Musik sehr besonders, lässt folkloristische Einflüsse aus der Heimat zu, vermischt diese mit Black Metal, Rockanleihen und auch stilfremden Elementen. Da die Band auch recht rar anzutreffen ist, war es offensichtlich für viele ihrer Fans ein Muss heute hier zu sein. Auch ich konnte mich mit diesem speziellen, aber durchaus interessanten Sound anfreunden und wurde angenehm überrascht.
Darauf folgte nun eines meiner Highlights des Wochenendes: Auf Asagraum hatte ich mich schon sehr lange im Vorfeld gefreut. Das nicht mehr ganz taufrische, aber saustarke „Dawn of Infinite Fire“ lief noch morgens zur Einstimmung in unserem Hotelzimmer. Der raue und zu tiefst böse Sound der Niederländerinnen passt zum Festival einfach wie die Faust aufs Auge – wie schön also, dass beide Komponenten nun zusammenfanden. Sofort zündeten die finstren Hymnen bei mir und dem Rest der Anwesenden und wurden stark abgefeiert. Es mag die Nacht der Walpurga gewesen sein, doch die oberste Hexe war an diesem Abend eindeutig Frontfrau Obscura, die jeden im Saal verzaubert hatte. Ganz starker Auftritt, jeder Zeit wieder!
Den krönenden Abschluss lieferten dann Misþyrming. Während einige Besucher des Festivals langsam an ihre Grenzen stießen und sich allmählich Müdigkeitserscheinungen breit machten, drehten die Isländer noch einmal richtig auf. Mit einer immensen Wucht und aberwitziger Intensität knallten sie einen Track nach dem anderen raus und spielten sich immer mehr in einen Rausch; allen voran Rampensau D.G., der wie ein Derwisch aus der Hölle steil ging und eine wahnsinns Energie verströmte. Brutal, schnell, erhaben – kurz Misþyrming!
Tja und schon ist die Nacht der Hexen auch wieder vorbei. Und wieder einmal hat es das geniale Orga-Team und seine großartige Crew geschafft, mich zwei Tage hintereinander mit einer hervorragenden Bandauswahl, einer starken Sound und Licht Performance und gutem Bier zu verwöhnen. An allen Ecken geben sich Professionalität und Sympathie die Hand – ob schon am Einlass, vor oder hinter der Bühne, am Merchstand oder eben am Tresen. So macht das einfach nur Spaß!
Daher freu ich mich schon jetzt auf das Wiedersehen im Dezember beim De Mortem et Diabolum, wo mir bereits jetzt schon der musikalische Zahn tropft, wenn ich an das Billing denke: Unter anderem werden Misþyrming zurückkehren, doch auch Acts wie Saor, Winterfylleth, Ultha, The Spirit, Darvaza, Krater und viele mehr sind mit von der Partie. Besonders freue ich mich auch auf die Argentinier Los Males Del Mundo, die man hierzulande (noch) nicht so oft zu Gesicht bekommt…
Also zuckt den Kalender und markiert euch das Wochenende um den 8. & 9. Dezember 2023 schon mal ganz dick! Die Tickets könnt ihr schon hier ordern:
https://shop.demortemetdiabolum.de/products/de-mortem-et-diabolum-2024-hard-ticket-early-bird