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Es gibt nicht viele Gitarristen auf dieser Welt, die ganze Generationen von Musikern beeinflusst haben. Jimmy Page gehört natürlich genauso dazu, wie auch Tony Iommi, Ritchie Blackmore oder Jimi Hendrix. Aber auch ein deutscher Name taucht immer wieder in dieser Liste auf: Michael Schenker. Der kleine Bruder von Scorpions-Gründer Rudolf. Sein Stil beeinflusst immer noch viele Gitarristen. Übrigens zählte seinerzeit auch ein gewisser Edward van Halen zu jenen Gitarristen die Michael Schenker heute noch dafür verantwortlich machen, dass er einst zur Gitarre gegriffen hatte.

Im Alter von gerade einmal vierzehn Jahren wechselte Michael Schenker, gemeinsam mit seinem damaligen Sänger, Klaus Meine, von der Band Copernicus zur Band seines Bruders. Bis 1972 blieb er bei den Scorpions und spielte das Album »Lonesome Crow« ein. Kurz darauf wechselte er zur englischen Band UFO. Zu diesem Zeitpunkt wurde er bereits international als heißes Eisen gehandelt. Als „German Wunderkind“. Wohlgemerkt, zu diesem Zeitpunkt war er gerade einmal siebzehn Jahre alt und fing bereits an, international zu touren. Doch wie es nun mal oft so ist, wenn man in jungen Jahren so gehypt wird, der Fall folgt schnell und so kam es, dass er aufgrund von alkohol- und drogenbedingten Exzessen UFO wieder verlassen musste und er in den Schoß der, inzwischen auch international erfolgreichen, Scorpions zurückkehrte und das Album »Lovedrive« mit einspielte.

Nach diesem kurzen Intermezzo war dann endgültig Schluss. Michael machte den Weg für Matthias Jabs frei und gründete nun seine eigene Band Michael Schenker Group, kurz MSG. Auch hier hatte er mit verschiedenen Besetzungswechseln zu kämpfen, doch es bleibt unumstritten, dass gerade drei Sänger die MSG-Phase deutlich prägten: Gary Barden, Graham Bonnet und Robin McAuley.

Und genau mit diesen drei Sängern feierte Michael Schenker vor zwei Jahren ein großes Comeback, dem heuer ein komplett neues Album hinzugefügt wird. Diesmal sogar zusätzlich noch mit Schenkers Temple of Rock-Sänger Doogie White. Vorhang auf für Michael Schenker Fest

Ihr hattet ja mit dem Schenker Fest einen ziemlich guten Lauf, muss ich sagen. Wie kam es dazu?

Da muss ich etwas ausholen. Meine gesamte Energie zerstreute sich ja über mehrere Phasen und mehrere Sänger. Es ist jetzt nicht wie eine einzige Band, wo du vierzig Jahre immer wieder dieselben Leute hast und wo man immer darauf aufbauen kann. Ich hatte immer wieder neue Anfänge gehabt. Und eines Tages kam mir der Gedanke, als ich auf meine Karriere zurückgeblickt hatte, dass es eigentlich ein schöner Grund zum Feiern ist.

Ich meine, ich habe ja in all den Jahren ne Menge erreicht. Und da kam die Idee: „Die populärste Phase von Michael Schenker, gesungen von so vielen Sängern, wie möglich.“ Also, anstatt mit einem Sänger auf die Bühne zu gehen, der einfach die alten Lieder nachsingt, wollte ich schauen, dass ich möglichst die Original-Sänger bekomme, die ihre Sachen singen. Einfach auch um diese Magie zu bekommen, die Songs mit den Original-Sängern zu hören. Es war auch die richtige Zeit dafür. Ich bin jetzt in der dritten Phase meines Lebens angekommen. Es ist „Celebration Time“. Deswegen heißt es auch Michael Schenker Fest und nicht Michael Schenker Group.

Nun steht also mit »Resurrection« das erste Album in dieser Formation in den Startlöchern. Wann kam der Gedanke auf, so weiterzumachen?

Ihr meint jetzt mit dem Album? Das ging eigentlich ein ins andere über. Wir haben eine Menge Konzerte gespielt und sind megamäßig angekommen. Die DVD kam heraus und verkaufte sich auch richtig gut, wo man dann sehen konnte, dass die Nachfrage immer noch da ist. Also war es ganz natürlich, dass ich zuhause nachgedacht habe, was der nächste Schritt sein könnte und da kam mir gleich die Idee: Michael Schenker Fest im Studio. Ich habe mir das eigentlich ganz witzig vorgestellt. Wie so eine Art Büffet. Ganz viele verschiedene Zutaten und Gerichte die, zusammengenommen, etwas ganz Großes ergeben. Außerdem muss ich natürlich dazu sagen, dass sich, gerade durch die DVD, viele Labels bei mir gemeldet haben, die ein Album mit uns machen wollten. Das war echt überall auf der Welt kamen die herausgekrochen, ob klein oder groß. Jeder wollte auf einmal Michael Schenker Fest. Ein Angebot war eben dann auch Nuclear Blast, bei denen wir jetzt schlußendlich gelandet sind. Aber ich muss dazu sagen, dass ich zuerst nicht wollte.

Ach, nein? Warum nicht? Schließlich ist Blast ein großes Label.

Das war mir schon bewusst, aber, um ehrlich zu sein, ich fühlte mich sehr wohl in meiner kleinen Kabel Company. Ich arbeite seit Jahren mit einem Vertrieb für Gitarrenkabel zusammen, die auch CDs vertreiben. Also war mein erster Gedanke, warum sollte ich jetzt wechseln? Das ist doch albern. Aber Nuclear Blast haben nicht aufgegeben. Die haben immer wieder nachgefragt. Bis irgendwann, meine Freundin ankam und meinte, ich soll mir mal das Angebot genauer anschauen. Vielleicht wäre jetzt genau die richtige Zeit dafür. Das war mir auch wichtig, dass von ihr kam. Somit wusste ich, dass ich ihren Segen hatte. Und das Angebot war tatsächlich sehr interessant und es ist auch noch ein deutsches Label, was die Sache für mich noch interessanter gemacht hatte. Aber ich musste erstmal schauen, wo ich stehe und wo Nuclear Blast steht.

Aber irgendwann habe ich eingesehen, dass ich nicht mehr derselbe Typ wie früher bin. Ich bin nicht mehr der schüchterne, instabile kleine Junge, sondern bin jetzt ein selbstbewusster, stabiler Mann. Ich stehe mit beiden Beinen im Leben und bin offen für Neues. Deswegen auch der Neustart jetzt mit Michael Schenker Fest. Und ich habe gesehen, dass so ein Unterfangen eine andere Art von Support benötigt. Deshalb bekamen Nuclear Blast dann den Zuschlag. Und das Witzige ist, kurz nachdem ich den Vertrag unterschrieben hatte, bin ich in London mit einem Award ausgezeichnet worden und Nuclear Blast ist auch bei derselben Veranstaltung als bestes Label ausgezeichnet worden. Das ist doch ein gutes Zeichen.

Gab es zu diesem Zeitpunkt bereits Material für ein komplettes Album oder ging dann das Songwriting erst richtig los?

Also, ich schreibe ja ununterbrochen Musik. Das sind aber eher Skizzen. In diesem Fall war es so, dass ich mich relativ kurz nach der Vertragsunterzeichnung bei Michael Voss gemeldet hatte und meinte, dass ich zu ihm ins Studio komme. Ich habe dann Skizzen und Segmente vorbereitet. Noch nichts Vollständiges, aber genug, dass Vossi sich ein Bild machen konnte, worum es ging. Er bereitete dann alles Weitere vor, holte einen Drummer ins Boot, der seine eigene Persönlichkeit in die Songs reinbringen sollte. So haben sich die Songs entwickelt. In dieser Zeit hatte mein Sänger Doogie White immer wieder angerufen und mir Nachrichten geschickt. Er wollte wissen, wann wir endlich wieder ein neues Temple of Rock-Album machen. Da habe ich ihn gefragt, ob er nicht Lust hätte, bei Michael Schenker Fest mitzumachen.

Das hat Sinn gemacht, schließlich ist er der aktuelle Sänger von Michael Schenker. Ich meinte zu ihm, er solle mitmachen, dann bräuchte er auf der Bühne keine Songs mehr singen, die ursprünglich von Gary Barden, Graham Bonnet oder Robin McAuley stammen, sondern kann sich auf Temple of Rock-Songs und neue Songs konzentrieren. Und Doogie war sofort Feuer und Flamme. Und somit war das Line Up dann perfekt. Wir haben uns allesamt dann getroffen und die Chemie unter den Sängern stimmte auch. Es war irgendwie magisch. Vossi und ich haben dann die Songs präsentiert und die Sänger konnten sich dann die Sachen aussuchen, die sie machen wollten.

Und so nahmen die Dinge also ihren Lauf.

Ganz genau. Was ich allerdings nicht wollte war, dass bei diesem Album nach Schema F vorgegangen wird. Also nach dem Motto: Jeder bekommt zwei oder drei Songs und gut ist. Ich wollte es etwas bunter haben. Songs, auf denen alle Sänger zu hören sind. Mir fehlte aber der Ansatz. Eines Morgens kam ich dann ins Studio und Vossi und die Jungs grinsten mich an und meinten: „Wir haben da etwas vorbereitet.“ Da haben die über Nacht an einer Gesangs Melodie und einem Text gearbeitet. Ich war total begeistert und meinte, dass dies genau das ist, was ich wollte. Aus diesem Song wurde dann unsere erste Single „Warrior“.

Hattest du dir am Anfang überlegt, diese Sache als Michael Schenker Group fortzuführen? Schließlich gab es ja mehrere Versionen davon.

Ich fand tatsächlich den Titel Michael Schenker Fest sehr passend. Das hat sich Manifestiert, als wir gemeinsam im Studio waren. Klar habe ich mich kurz gefragt, ob es unter dieser Firmierung weitergehen könnte. Aber im Studio waren so magische Momente. Da passierte irgendetwas. Und das wurde als Michael Schenker Fest perfekt zusammengefasst.

Du sagtest, dass du derzeit in der dritten Phase deines Lebens bist. Wie meinst du das genau?

Ich fing sehr früh an, wie ihr ja wisst. Habe das erste Album mit den Scorpions aufgenommen und bin dann zu UFO gewechselt und habe internationale Erfolge gefeiert. Ich habe schon mitbekommen, dass man mich abgefeiert hatte. Aber ich wollte einfach nur Gitarre spielen. 1977 zum Beispiel, da habe ich mit UFO »Lights Out« veröffentlicht. Das war damals ein Riesenerfolg. Da bin ich erstmal abgehauen. Das war mir zu unheimlich. Die Freiheit war auf einmal weg. Da kamen auf einmal Verpflichtungen, die ich nicht wollte. Ihr müsst euch vorstellen. Ich habe sehr früh angefangen, Gitarre zu spielen. Mit siebzehn habe ich aufgehört, Sachen nachzuspielen und ich habe aufgehört, Musik zu hören. Ich wollte mich durch nichts Fremdes beeinflussen lassen. Ich wollte Intuitiv handeln und spielen. Wie ein leerer Schwamm, der alles aufsaugt. Dann bin ich Ende der Siebziger zu den Scorpions zurückgekehrt und habe denen damit quasi das Tor zur USA geöffnet. Da habe ich danach ja mit Michael Schenker Group noch weitere Erfolge gefeiert. Das war eine tolle Zeit. Ich wurde von Peter Mensch gemanagt. Das ist derselbe Typ, der auch Metallica und Def Leppard unter Vertrag hat.

Ich hatte also mit MSG losgelegt und hatte nicht viel Zeit Luft zu holen, denn ich wurde mit den Jungs gleich nach Amerika zu Aerosmith geschickt. Die sollten wir da supporten. Und ich war auch glücklich damit, denn erstmals konnte ich machen, was ich wollte. Dachte ich zumindest. Ich wollte zum Beispiel nie mit einem bekannten Sänger arbeiten. Ich hatte Gary Barden als Sänger und war zufrieden. Der Mann war unbekannt und hat eine angenehme Stimmfarbe. Doch Peter Mensch hat mich überredet, Graham Bonnet an Bord zu holen. Der hatte ja seinerzeit mit Rainbow und Alcatrazz gearbeitet. Ich wollte das nicht, aber so isst mit »Assault Attack« trotzdem ein tolles Album entstanden. Nur Graham wollte nicht touren, weshalb wir wieder auf Gary Barden zurückgreifen konnten. Das war eine aufregende Zeit. Peter Mensch wollte mit mir auf das nächste Level. Ich wollte aber nicht. Ich wollte eher runter, er wollte rauf. Dann kam er an und fragte, ob ich nicht mit David Coverdale arbeiten wollte. Ich fragte ihn dann, ob er denke, dass Coverdale bei MSG einsteigt. Peter meinte dann nur: „Nein, du sollst bei Whitesnake einsteigen.“ Aber das wollte ich nicht. Zu dieser Zeit hat auch Ozzy Osbourne angefragt.

Es kamen unzählige Leute auf mich zu. Lemmy fragte, ob ich bei Motörhead spielen will, Phil Lynott fragte, ob ich Lust hätte bei Thin Lizzy einzusteigen. Ian Hunter von Mott The Hoople hat mich angerufen. Alle wollten mit mir arbeiten. Ich sollte sogar bei Deep Purple einsteigen 1993. Ich war geehrt, keine Frage, aber das war nichts für mich. Ich wollte frei sein als Musiker. Aber dann fing es an, dass mir klar wurde, dass ich eigentlich ausgebeutet wurde von mehreren Seiten. Das war das Ende meiner Ersten Phase. Ich habe mich erstmal komplett zurückgezogen und überlegt wie es weitergeht. Irgendwann habe ich das letzte Geld, was ich hatte, zusammengekratzt und wollte eine Akustik-Platte aufnehmen. Ich habe dann »Thank You« aufgenommen. Quasi ein Dankeschön für alle Hardcore-Fans für ihren Support. Und dann habe ich etwas gemacht, was ich noch nie gemacht hatte. Ich habe mir überlegt, was ich brauche. Und das war einfach ein Dach überm Kopf und zwei oder drei Sandwiches am Tag. Dann habe ich etwas kalkuliert und festgestellt, dass ich ungefähr drei CDs am Tag verkaufen müsste, um komplett frei zu sein. Das sollte machbar sein. Also habe ich mich in einen alten Greyhound Bus gesetzt und bin quer durch die USA gefahren. Ein paar CDs und eine Akustik-Gitarre im Gepäck und habe die Radiostationen abgeklappert. Dort habe ich Interviews gegeben und meine Platte vorgestellt. 95% der Stationen haben mitgemacht.

Dort habe ich dann gesagt, dass man die Platte über meine Webseite bestellen kann. Als ich dann nach Hause kam, waren da sprichwörtlich Berge von Bestellungen. Das waren tatsächlich meine kommerziell besten Jahre, denn diesmal habe ich einfach das Geld zu hundert Prozent bekommen und musste nichts abgeben. Es waren allerdings auch Erfahrungen, die ich mit Geld nicht kaufen kann. Und nun, nun stehe ich in meiner dritten Phase. Ich ruhe tatsächlich in mir selbst. Es sind keine wünsche übrig, weil ich mir bereits alles erfüllt habe und erlebe nun mit Michael Schenker Fest einen neuen Höhepunkt.

Das bedeutet aber auch, dass du Frieden mit deiner Vergangenheit geschlossen hast? Auch mit all dem Ärger, den du mit den Scorpions hattest oder mit UFO?

Das darf man alles nicht so eng sehen. Ärger kommt in den besten Familien vor. Krisen kommen nicht nur bei Michael Schenker vor, sondern auch bei dir oder deinen Freunden. Ich sehe Krisen als Lehrer. Wir leben in einer Welt, wo man Entscheidungen treffen muss. Ob diese Entscheidung die richtige war erfährst du später. Aber jede Entscheidung, egal ob gut oder schlecht, bringt dich im Leben weiter. Es heißt immer: Was dich nicht umbringt, macht dich stärker. Dieser Spruch stimmt wortwörtlich.

Kommen wir auf Michael Schenker Fest zurück. Du hast dich in den letzten Jahren in Deutschland unglaublich rargemacht, was Konzerte betrifft. Du hast höchstens mal auf Festivals gespielt. Bei der letzten Tour gab es ein einziges Deutschland-Konzert, außerhalb der Festivals. Haben wir nun mehr Chancen, euch live zu erleben?

Unbedingt! Also, bis 2019 ist mein Terminkalender bereits voll. Klar, gibt es noch ein paar Lücken, aber die werden gerade gefüllt, jetzt wo wir hier sitzen. Da passiert gerade eine Menge um uns herum. Das Problem ist natürlich, dass wir einen Veranstalter brauchen, der mutig ist, das ganze zu stemmen. Ich meine, Michael Schenker Fest ist ein Unterfangen mit hohem logistischen Aufwand. Ich will hier spielen, die Jungs auch, aber es muss sich lohnen. Aber, ich gehe davon aus, dass wir hier einige Konzerte spielen werden. Denn sobald das Album erst draußen ist, weiß auch der letzte Veranstalter, dass er sich etwas Großes an Bord holt, wenn er eine Show mit uns bucht.

Pat St. James

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