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13 Jahre Bandgeschichte, fünf abendfüllende Langspielplatten, eine herausragende Debüt EP, großartiger Thrash und mit Britta Görtz ein absolutes Aushängeschild in Sachen Gesang, Ausstrahlung und Charisma. Das sind Cripper…oder besser waren, denn der niedersächsische Fünfer entschloss sich Anfang des Jahres dazu, die Geschichte zu beenden und neue Gestade anzusteuern. Am kommenden Wochenende wird es beim bereits ausverkauften Chronical Moshers das letzte Mal die Möglichkeit geben, die Dampfwalze noch einmal im ostdeutschen Raum zu erleben, bevor man nach drei weiteren Gigs am 23.06.2018 im Hannoveraner Indiego das Buch endgültig zuschlägt. Gerne nahm ich von daher das Angebot war, um beim Gig im Zuge der letzten Pestbaracke in Eisenhüttenstadt mit der Band ein wenig Revue passieren zu lassen und einen Ausblick auf die Zukunft zu wagen.

Die erste Frage sollte wohl klar sein: Warum in Dreiteufelsnamen löst Ihr Euch auf? Ich kenne eine Menge Leute, die diesen Schritt ziemlich schade finden…

Jonathan: Unsere privaten Leben gehen mittlerweile etwas auseinander, was allerdings keine neue Situation ist, sondern sich vielmehr über die letzten Jahre hin entwickelt hat und darin gipfelte, dass die Einen etwas mehr, die Anderen etwas weniger machen wollten. Dazu haben einige Dinge, die wir geplant haben, nicht funktioniert und irgendwann hat es uns nur noch frustriert. Wir hatten zeitweilig ein wenig den Kurs, die gemeinsame Richtung verloren. Es gibt keinen speziellen Grund, vielmehr haben wir uns einfach auseinandergelebt. Es klingt wie eine Floskel, ist aber so.

Wir verstehen uns noch und prinzipiell hätte man unter diesen Voraussetzungen auch weitermachen können, doch wir beschlossen, dass dies nun ein guter Zeitpunkt wäre zu reflektieren, ob dies nun noch das sei, was wir vor 14 Jahren gestartet haben und merkten dann schnell, dass es sich in die falsche Richtung bewegt und so nicht mehr zu kitten ist. Es wäre zu anstrengend geworden.

Dennoch war es für mich und viele Andere schon verwunderlich, denn mit „Follow me: Kill“ hattet Ihr zuletzt ein wirklich bärenstarkes Album abgeliefert…

Britta: Das hatte ja auch gar nichts damit zu tun, wie gut das Album nun war oder wie beliebt oder erfolgreich wir sind. Wir müssen miteinander auskommen, ein gemeinsames Ziel verfolgen, doch wenn man keines mehr hat oder findet, weil die einzelnen Interessen doch zu weit auseinanderdriften, dann ist es schöner mit einem gut gelungenen Album aufzuhören, als qualitativ abzusteigen…oder nur rumzudümpeln…

Jonathan: Man muss auch anmerken, dass es mit dem letzten Album schon eine ziemliche Kraftanstrengung war etwas zu kreieren, mit dem alle zufrieden sind. Wir taten uns schwer, haben lange und hart dran geschrieben, im kompletten Gegensatz zu älteren Scheiben, die wir eins fix drei fertig hatten, schwitzten Blut und Wasser. Schlussendlich sind wir mit dem Ergebnis mehr als zufrieden, dennoch hat es Narben hinterlassen.

War denn während des Entstehungsprozesses schon klar, dass danach Schluss sein würde?

(Fast alle schütteln energisch den Kopf) Britta: Nein, das kam dann wirklich erst im November.

Christian: Der Entstehungsprozess sind mehrere Arbeitsphasen. Man ist kreativ, kann sich austoben, aber im Grunde genommen waren es bei uns auch unglaublich anstrengende Phasen. Gerade kurz bevor man ins Studio geht und merkt, dass irgendwelche Songfragmente noch fehlen und sich jeder zurückzieht und selber versucht, da was beizusteuern. Das verlangt bei uns das meiste ab und der Energielevel kann da schonmal ziemlich in den Keller rutschen. Aber nein, während der Arbeit an „Follow me: Kill“ Dachten wir nicht daran, dass danach Schluss sein könnte.

Allerdings merkten wir danach schon, wie ausgelaugt wir waren und wenn man meine Vorredner mit einbezieht merkt man schon irgendwann, wie verbraucht man selber ist. Klar, man bekommt ein nettes Feedback, doch man muss sich irgendwann auch wieder beginnen, neu zu motivieren und die ganze Mühle wieder lostreten, denn nach einem Album fängt man wieder bei Null an. Dann muss sich jeder gegenseitig wieder anschieben und da merkten wir, dass dies nicht funktionieren würde. Dann lieber mit einem wirklich guten Album abtreten, als mit irgendetwas Halbgaren, hinter dem nicht jeder aus der Band steht, weiterzumachen.

Wir haben uns das wirklich nicht einfach gemacht oder abgewägt, ob es sich für uns noch lohnt, sondern es war bis zur Entscheidungsfindung ein monatelanger Kraftakt, bei dem wir uns wirklich viele Gedanken gemacht haben und jeder von uns in sich ging und überlegte. Die Quintessenz daraus war dann, dass es so nicht weitergehen kann und wird. Es ist schon bitter, auch für uns und wir müssen damit umgehen. Ein paar Shows spielen wir ja noch, aber mehr ist leider wirklich nicht mehr drin.

Dennis: Spätestens als wir das Album produzierten gab es schon Spannungen, die uns auch allen bewusst waren, doch hatten uns bewusst dagegen entschieden, diese anzusprechen, sondern uns voll auf das Album zu fokussieren und es nicht eskalieren zu lassen. Sonst wäre das Album nicht so geil geworden, wenn wir bereits zu diesem Zeitpunkt zu der Erkenntnis des Endes von Cripper gekommen wären. Allerdings ist das alles rein hypothetisch, doch der Fokus wäre definitiv nicht mehr auf dem Album und den Videoproduktionen gewesen. Wir versuchten, diese Spannungen aufzulösen und uns erst später damit auseinanderzusetzen. Schlussendlich war das aber ein recht langer Prozess.

Jonathan: Grundsätzlich wird man ja immer im Urlaub krank. Man reißt sich monatelang den Arsch auf, merkt nach dem Release, dass sich die ganze Arbeit mehr als gelohnt hat, doch später kommt statt der Erholung erneut die Erkenntnis, dass Irgendetwas im Argen liegt. Wir haben alles reingebuttert, sind alle mehr als zufrieden mit dem Endergebnis, doch es war die letzte Energie, die wir reingesteckt haben, dass wurde uns dann bewusst.

Ist es denn für Euch eine Befreiung, nach diesem Entschluss, dem starken Album in der Hinterhand, den Fokus auf die anstehenden Konzerte zu richten und dementsprechend befreit aufzuspielen?

Britta: Es ist auf jeden Fall befreiend, da so offen drüber sprechen zu können. Im November haben wir den Entschluss gefasst, es im Februar öffentlich gemacht und die Zeit dazwischen habe ich persönlich schon als sehr belastend empfunden. Im engen Kreis mit dem Freund oder der Familie hat man schon darüber gesprochen, aber ansonsten hatte da niemand von Wind bekommen und letztendlich darüber zu reden ist schon eine Erleichterung. Es ist nicht so abgeschnitten, sondern man kann sich damit differenzierter auseinandersetzen, reinwachsen und sich gebührend und befreit verabschieden.

Es ist für mich jetzt nicht so, dass ich nochmal richtig Gas geben muss, sondern mich vielmehr bei den Proben und den Shows so langsam von den Songs verabschiede. Allerdings nur von den Songs, nicht von den Menschen, denn die sind nach Cripper immer noch da. Ich merke da schon oft: Mensch, der Song hat live immer richtig Spaß gemacht und finde es nunmehr gut, dass es so peu a peu passiert und nicht plötzlich abgeschnitten wird. Für mich ist es wie eine Art Countdown, nochmal durch die Republik zu reisen, um auf Wiedersehen zu sagen. Das ist für mich definitiv eine Herzensangelegenheit, denn viele Fans und Freunde sprechen mich da an und erinnern sich zusammen mit mir an tolle Konzerte, die man zusammen gefeiert hat, oder was einzelne Songs oder Alben den Menschen bedeuteten. Das ging und geht weit über das Hobby hinaus, mit dem man mal angefangen hat. Auch die Songs gibt es natürlich weiterhin und es macht mich stolz und glücklich, diese erschaffen zu haben.

Christian: Es war eine tolle Erfahrung, denn wenn man anfängt Songs zu schreiben denkt man sich schon: Hört die überhaupt mal jemand und wenn ja, was denken die darüber? Es hat sich ja irgendwann verselbstständigt…wir schmissen die Songs auf den Markt und warteten ab. Was auch Britta schon sagte…mich freut das natürlich ebenso total wenn es Leute gibt, denen wir mit unserer Musik etwas vermitteln, etwas geben. Wir schmissen quasi den Ball um die Welt, jemand fing ihn auf und fand das gut, was wir machten. Die Band ist zwar weg, aber die Songs bleiben…das ist ein beruhigendes Gefühl, dass wir nicht komplett sterben.

Was waren denn Eure schönsten Erlebnisse mit Cripper? Ich denke mir, dass die 70.000 tons of Metal in 2011 ein besonderes Highlight war…

Britta: Wenn man das von außen betrachtet definitiv, das waren gemeinsame Abenteuer, aber das eigentliche Wunder dieser Band war, eine gemeinsame musikalische Sprache zu entwickeln, dazuzulernen, ein Bühnenfeeling zu entwickeln, gemeinsam Songs zu schreiben…das empfinde ich als persönliches Highlight. Die 70.000 tons war eigentlich weniger das Event als vielmehr die Tatsache, dass wir erstmals alle zusammen so weit weggeflogen sind. Die vielen Male die wir geprobt haben, wo Songfragmente herauskamen oder das gegenseitige Aufbauen im Studio, wenn es mal nicht so gut lief…das zwischenmenschliche werde ich als Highlights in mein Säckchen packen…

Christian: Aber wir hatten auch megageile Konzerte…

Britta: Natürlich, das steht vollkommen außer Frage, aber auch diese waren zwischenmenschlich (Gelächter). Ich erinnere mich halt auch gerne an phänomenal witzige Busfahrten, die wir gemeinsam hatten und die fernab der Öffentlichkeit stattfanden. Selbst wenn mal der Strom auf der Bühne ausfiel oder das Konzert gecancelt wurde, obwohl wir schon vor Ort waren…es hat immer super funktioniert und wir haben gut zusammengearbeitet.

Dennis: Vor dem offiziellen Einlass spielen war auch so ein „Highlight“. Da buchst du dich bei einer Tour ein, was ja auch ein bissken was kostet, bekommst SMS von Leuten, die sich auf deinen Gig freuen, allerdings vor dem Einlass noch einen Burger essen gehen und dann kommen die um festzustellen, dass wir schon fertig sind. Aber sowas schweißt zusammen…

Das war doch aber hoffentlich nicht bei der Overkill Tour?

Dennis: Das werden wir nicht verraten. Diese Tour war jedenfalls auch so ein Erlebnis, welches uns menschlich und musikalisch ein ganzes Stück weitergebracht hat. Idole wäre übertrieben, aber du hattest halt die Möglichkeit, den Großen mal über die Schulter zu gucken, was wir an allen 22 Abenden auch getan haben. Es wurde auch nie langweilig.

Ihr macht jedenfalls einen sehr gefassten, ja fast schon fröhlichen Eindruck so dass man denkt, Ihr geht mit einem lachenden und einem weinenden Auge…

Dennis: Bedenke: Peter Gabriel wurde auch erst erfolgreich, als er bei Genesis ausstiegen ist (Gelächter) Er sah auch später viel besser aus, als in seinen jungen Jahren, dass muss auch mal erwähnt werden.

Ich werde mich auf jeden Fall immer an Cripper erinnern als eine Band, bei der die Mitglieder mit den meisten Festivalbändchen überhaupt rungerannt sind. Arme, Beine…das war immer ein besonderer Augenschmaus…

(Gelächter) Christian: Unser alter Basser Basti hatte die bis zum Oberarm, mindestens 120 Stück…aber ich hatte auch so ein paar (lacht). Aber irgendwann kommst du auch auf Festivals, wo es nur Papierbändchen gibt, wie in Wacken beispielsweise…

Britta: Aber davon gleich 4 Stück (Gelächter).

Christian: Aber ich habe nie eins weggeschmissen!

Dennis: Aber irgendwann ist das auch eine Frage der Hygiene. Wenn man so im OP liegt und der Oberarzt dann sagt: Schnitt dann bitte oberhalb Wacken ansetzen (Gelächter).

Wie geht es für Euch einzeln nach Cripper weiter? Du Britta und Euer aktueller Basser Lommer habt ja Critical Mess…und der Rest?

Dennis: Ich persönlich habe momentan keine konkreten Pläne. Ich habe zwar Ideen aber noch nichts Greifbares. Ich wollte mal was in die Richtung Drum and Bass machen, komme da aber gerade nicht wirklich weiter. Vielleicht ist der Schluss von Cripper ja die Initialzündung…

Britta: Wie du schon sagtest haben Lommer und ich ja mit Critical Mess was am Start, wobei ich weniger bei CM eingeplant war, sowie Lommer bei Cripper. Das war quasi so ein Austausch unter den Bands.

Britta: Ich wollte neben Cripper eigentlich immer noch ein zweites Projekt haben, doch nun muss ich mir wieder ein neues zweites Projekt suchen. Ein Teufelskreis. Aber auch ich habe noch ein paar recht gute Ideen im Kopf. Langweilig wird es mir sicher nicht.

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