Eine gewisse Monotonie gehört zum Black Metal
„Antihelion“ heißt das neue Werk des Baden-Württemberger Black Metal Kommandos, welches bei unserer Redaktion einschlug wie eine fiese Splittergranate des Zorns. Die ansässige Schwarzmetallfraktion von Zephyr’s Odem war entzückt, doch vor allem Chef Olaf, der mit diesem Genre eher wenig anfangen kann, überschritt sogar die Höchstpunktzahl. Ein Grund sich Frontmann Blaspherion zu schnappen und ein aktuelles Gespräch zu führen.
Die natürlich dümmste Frage vorneweg…Wie zufrieden seid ihr selbst mit dem neuen Machwerk? Es ist ja schon mehr als erstaunlich, dass Ihr scheinbar immer wieder noch eine Schippe drauflegen könnt…
Wir sind schon recht zufrieden. Ist eine runde Sache geworden. Natürlich finden wir als anspruchsvolle und recht selbstkritische Personen immer Details an denen man noch feilen will aber irgendwann muss man halt auch einen Schlussstrich ziehen und die Arbeiten an einem Album abschließen.
Jedes Mal noch eine Schippe draufzulegen ist unser Ziel. Da sind wir sehr ehrgeizig. Es geschieht aber bis jetzt eigentlich von selbst da man mit jedem Jahr mehr und mehr Erfahrungen sammelt was Komposition und Arrangements angeht. Selbst wenn die Entwicklung in dieser Hinsicht vielleicht irgendwann stagniert bleiben immer noch etliche weitere Faktoren und Stellschrauben übrig auf die man sich noch stärker konzentrieren kann und welche auch einen großen Einfluss auf die Produktion eines Albums haben.
Seit der letzten, bereits großartigen Veröffentlichung „The Katalyst Of The Katharsis“ sind gerade einmal zwei Jahren vergangen. Da bleibt beim Touren ja nicht viel Zeit. Wie verlief der Entstehungsprozess des Nachfolgers? Wovon lasst ihr euch generell bzw. im speziellen bei der aktuellen Scheibe beim Songwriting inspirieren?
Im Grunde genommen ist es immer derselbe Entstehungsprozess. Am Anfang stehen einzelne Riffs oder Melodiebögen aus denen dann nach und nach komplette Songstrukturen erwachsen. Wenn die grobe Struktur eines Songs dann steht, beginnen wir damit Details auszuarbeiten und Arrangements richtig zu setzen. Die Inspiration kommt dabei nicht von einer speziellen Sache, sondern richtet sich ausschließlich nach einer Art „Bauchgefühl“ das man gerade in diesem Moment eben hat. Das richtige Gefühl für das Songwriting entwickelt sich mit der Zeit. Natürlich nur, wenn auch ein gewisses Talent als Basis gegeben ist. Das ist es, was dann gepaart mit der Erfahrung aus nun bald 20 Jahren unsere Alben voneinander unterscheidet und im Regelfall auch immer besser als den jeweiligen Vorgänger macht.
Wer nur grob in die vergangenen Werke rein hört, könnte meinen, ihr hättet euren Kurs sicher beibehalten. Feinschmecker dagegen werden wohl sagen, ihr habt über die Jahre eure Stärken immer weiter ausgearbeitet und rast zielstrebig gen Perfektion. Wie seht ihr selber den Weg von Unlight? Stellt ihr bei der Arbeit an neuem Material Vergleiche mit den älteren Scheiben?
Sicherlich wurde grob gesagt der Kurs beibehalten. Man erkennt immer noch, dass es Unlight ist. Aber die Erfahrung und der Reifeprozess aus 20 Jahren Bandgeschichte prägt natürlich schon die Machart der Alben. Hin und wieder vergleichen wir schon unser neueres Material mit den älteren Outputs. Natürlich fällt uns auch auf, dass wir gereift und gewachsen sind. Sind auf den alten Scheiben vorrangig Brutalität und Raserei wichtig gewesen, so sind die neueren Werke viel detailverliebter und aufwändiger komponiert aber ohne dabei auch nur im Geringsten an Kälte oder Brutalität einzubüßen.
Eine beständige Parallele in der Diskografie seit „Sulphurblooded“ ist der deutsche Titel in der Tracklist. Ist das eine zufällige Entwicklung oder wird dies zu einer Tradition werden, die wir auch auf den kommenden Werken finden werden?
Anfangs, auf der allerersten Veröffentlichung, war es nur reiner Zufall. Als wir nach einer Pause wieder Texte in Deutscher Sprache auf ein Album gepackt hatten fanden wir es gut. Mittlerweile wollen wir das beibehalten und sehen es schon als eine kleine Tradition an. Die Deutsche Sprache ist unsere Muttersprache und wenn man mit ihr umzugehen weiß, dann ist sie mindestens genauso ausdrucksstark wie die englische. Was man aber auf gar keinen Fall von uns sehen wird, sind Texte in Schwedischer oder Norwegischer Sprache. Kann man sich denn noch mehr anbiedern??? Das ist ja geradezu ekelhaft. In solchen Fällen kann man nur das Fehlen von Rückgrat attestieren. Oder soll das eine Art Marketing-Strategie sein um als true zu gelten und/oder mehr Absatz zu generieren? Armselig.
Erneut breitete sich Begeisterung aus, dass Ihr erneut viel dem alten, oldschooligen Thrash Metal gehuldigt habt. In einem früheren Gespräch habt Ihr die Wichtigkeit dieser Elemente immer herausgestellt. Ist das heuer immer noch so?
Obwohl die Anteile an Thrash Metal in den neuen Songs etwas geringer ausgefallen sind, ist uns dieses Element in unserer Musik immer noch sehr wichtig. Es sorgt für Abwechslung und Spritzigkeit und außerdem können wir einfach nicht anders da uns diese Spielart des Metals vor allem in den 1980ern und 1990ern sehr beeinflusst hat.
Was mir bei mehrmaligem Hören auffiel ist, dass Ihr eine Unmenge an Ohrwürmern auf dem Album habt, was für eine Band Eures Genres eigentlich eher untypisch ist. Kommt das einfach so aus Euch herausgesprudelt? Den Titeltrack „Antihelion“ kann ich schon langsam mitpfeiffen…
Ja, das ist einfach so. Hahaha… es ist halt eben unser Stil. Unsere Songs haben einen individuellen Wiedererkennungswert. Es gibt doch nichts langweiligeres als eine Platte zu hören auf der sämtliche Tracks vollkommen austauschbar sind. Bei uns besteht diese Gefahr jedenfalls nicht. Versteh´uns da bitte nicht falsch! Eine gewisse Monotonie gehört zum Black Metal – keine Frage! Aber wenn alles austauschbar und einfach nur langweilig klingt weil keinerlei Spannungsbögen erkennbar sind, dann ist das nicht unbedingt ein Zeichen für Qualität in unseren Augen. Nichtsdestotrotz sind die Geschmäcker wie eh und je sehr verschieden.
Berichtigt mich gern, aber bisher hatte ich den Eindruck, dass ihr (leider) eher ein Underground-Tipp wart. Zum Beispiel spieltet ihr beim Party.San zuletzt noch im Zelt, welches berechtigter Weise aber sehr gut gefüllt war. An welchem Punkt seht ihr euch? Stellt ihr euch nach fast 20 Jahren Bandbestehen eigentlich noch Fragen über sowas wie „Status“ oder zieht ihr einfach euer Ding durch und schaut, wohin die Reise geht? Wenn es nach Olaf und mir geht, könntet ihr ja gern in den Black Metal Olymp aufgenommen werden.
Tja, das verstehen wir selber nicht ganz. Wir sind aus dem Underground und fühlen uns da auch sehr wohl. Das ist die Wurzel unserer Existenz. Dennoch fragt man sich immer wieder an welchen Faktoren festgemacht wird, welche Band da gerade „gehypt“ wird. Natürlich werden wir immer unser Ding durchziehen – daran besteht kein Zweifel. Wir werden uns für nichts und niemanden verbiegen. Aber diese Statusfrage steht vielleicht schon hin und wieder im Raum. Immer wieder wird man darauf gestoßen. Vor allem dann, wenn wieder ein totlangweiliger und vielleicht dazu noch relativ talentbefreiter Act enorm viel Aufmerksamkeit erhält. Aus welchen Gründen auch immer. Auch aktuell gibt es da wieder ein paar. Wir haben schon lange aufgegeben rationale Erklärungen für dieses Phänomen zu finden. Es ist aber manchmal etwas seltsam, wenn nicht fast frustrierend, wenn man mit jeder neuen Platte absolut geniale Kritiken einfährt und über alles gelobt wird, dann aber doch mal wieder nichts passiert.
Apropos Underground – aktuell erfahren viele junge Bands der Atmospheric Black Metal Bewegung eine Menge Aufmerksamkeit. Was haltet ihr, die ihre Wurzeln im Thrash Metal deutlich zur Schau stellen, von dieser Entwicklung? Wäre es denkbar, dass auch Unlight mal einen viertelstündigen Song komponieren? Oder bleibt es bei „in der Kürze liegt die Würze“?
Ehrlich gesagt haben wir da nicht den Einblick in die Szene. Wir sind da recht isoliert auf unserer Insel im Schwarzwald und in irgendwelchen Online-Foren stöbert auch keiner von uns. Da bewegt sich was? Ja? Ok. Für uns kommt auf jeden Fall kein viertelstündiger Song in Frage. Das ist nicht unser Ding.
Mit „Antihelion“ werdet ihr sicher einige Türen einrennen. Ein solches Werk sollte gebührend gehuldigt werden. Was könnt ihr uns zum Thema Tour zum neuen Album sagen? Und gibt es schon bestätigte Bookings für den Festivalsommer, die ihr uns verraten dürft?
Ob das wirklich so kommt wagen wir ja zu bezweifeln. Auch die letzte Scheibe wurde hochgelobt aber es kam nicht wirklich was dabei raus. Das Thema Tour ist so eine Sache. Natürlich bekommen wir seit Jahrzehnten Angebote für Touren. Aber mal im Ernst – wir bezahlen sicherlich keine 10.000,- Euro für eine zweiwöchige Europatour mit ein oder zwei größeren Headlinern und müssen die Tour dann noch selber fahren. Was da seit Jahren abgeht ist reine Abzocke und nichts Anderes! Da machen wir nicht mit. Und das ist der Hauptgrund warum wir bis jetzt noch keine Tour gespielt haben und es vielleicht auch nie werden. Schlussendlich wird so das Kapital einiger Bands darüber entscheiden, wer tourt und wer nicht – ganz gleich auf welcher Qualitätsstufe deren Musik angesiedelt sein mag. Aber solange sich immer wieder Bands finden, welche diese Preise bezahlen, hört das nicht auf. Vielleicht werden wir aber mit Freunden selbst etwas auf die Beine stellen - wer weiß.
Vielen Dank für eure Zeit – und dass ihr uns und der Szene ein weiteres wunderbares Stück Musik geschenkt habt. Die abschließenden Worte überlass ich euch.
Auch wir bedanken uns für dieses wunderbare Interview und für die Anerkennung eurerseits! Danke!