Mal wieder ein schönes Potpourri an Schlechtigkeiten
Auf eine mehr als wechselvolle Geschichte können die Erfurter von Macbethzurückblicken. Als eine der dienstältesten Bands des ehemaligen Arbeiter und Bauerstaates, von Stasi Repressalien gebeutelt, mit Auftrittsverboten belegt und furchtbaren Schicksalsschlägen heimgesucht, haben sich die Jungs dennoch durchgebissen und bereits 2009 mit „Gotteskrieger“ ein unfassbar starkes Stück Metal veröffentlicht, welches diese Tage mit „Wiedergänger“ ocker getoppt wird. Großartige Mucke, unfassbar heavy produziert und erneut mit saustarken Texten, die wie zuvor auf Deutsch verfasst wurden und keinesfalls plakativ, anbiedernd oder aufgesetzt wirken. Und dennoch müssen sich die Fünf immer wieder Anfeindungen erwehren, die dermaßen unter Niveau liegen und einen daran zweifeln lassen, ob den jeweiligen Verfassern überhaupt bewusst ist, welche Sprache sie selbst sprechen. Ich unterhielt mich darüber und anderen Sachen mit Bandchef und Gitarristen Ralf Klein, der gutgelaunt via Telefon aus Erfurt mir mehr als ausführlich Rede und Antwort stand. Es war auf jeden Fall eines der längsten Gespräche, was ich je geführt habe…
Der 29.09. rückt unaufhaltsam näher. Im Vorfeld zur Veröffentlichung von „Wiedergänger“ habt Ihr ja schon ordentlich geile Presse bekommen. Lebt es sich da leichter oder überwiegt trotzdem die Nervosität?
Nervös ist vielleicht übertrieben, aber die Erwartungshaltung ist schon recht hoch. Allerdings war die Resonanz auf die „Gotteskrieger“ auch schon super, doch das Ergebnis war relativ ernüchternd. Der Markt ist einfach zu voll und daher haben wir unsere Erwartung von „megaeuphorisch“ auf „gespannt“ heruntergeschraubt. Wir warten einfach mal ab, was passiert (lacht).
Wobei die Euphorie doch eigentlich da sein müsste? Das durchweg überragende Presseecho, vor allem meine 9,5 von 10 Punkten sind doch klasse?
Klar, doch wir polarisieren mit unserer Musik und spalten die Leute in zwei Lager. Die Einen finden es immer noch klasse und von den Anderen kommen dann so Sprüche wie: Metal und Deutsch? Das geht gar nicht, wobei es genügend erfolgreiche Gegenbeispiele gibt. Gut, Rammstein ist nicht unbedingt Metal, doch die Nische, die sie da kreiert haben, funktioniert doch bestens. Harte Gitarren und deutsche Texte, das geht durchaus! Natürlich brüllen nicht gleich alle „Hurra“ und ein gutes Review freut uns, doch wir haben auch schon von einschlägig bekannten Magazinen durch die Blume gesagt bekommen, dass das was wir machen, gar nicht geht. Wir waren bei „Gotteskrieger“ fest davon überzeugt, dass uns das Album weiterbringen würde, doch die Ergebnisse haben uns dann doch etwas ernüchtert. Wie gesagt, der Markt ist satt und mittlerweile hat ja jedes Dorf seine eigene Metalband (lacht).
Nun solltet Ihr aber mit so einer Granate im Rücken etwas mehr Selbstbewusstsein an den Tag legen…
Bescheidenheit ist auch eine Tugend, hahaha. Es sind halt diese beiden Seiten, Gut und schlecht die uns immer anhängen, da gibt es keine Grauzone. Wir allerdings stehen zu 100% hinter dem, was wir tun. Das Album ist ja nun schon einige Monate im Kasten, wurde zigmal gehört und im Proberaum bis zum Erbrechen gespielt (lacht). Wir sind absolut von „Wiedergänger“ überzeugt, da wir trotz der ewigen rauf- und runterspielerei immer noch das Gefühl haben, dass die Songs gut sind und zünden, was für uns und spätere Liveaktivitäten sehr wichtig ist. Das hatten wir halt bei unserem selbstbetitelten ersten Album überhaupt nicht, weshalb wir auch 4 Songs von damals…
Greif mir bitte nicht vor, da kommen wir noch zu.
Na gut (lacht).
Nachdem Du ja schon ein wenig erzählt hast kann ich raushören, dass Dich das Genörgel der Ewiggestrigen über Euren deutschen Gesang immer noch ziemlich anpisst?
Es ist einfach ein Widerspruch, dass wenn man in seinem eigenen Land in seiner Heimatsprache singt, einem ein solch heftiger Gegenwind entgegen pustet. Dieses Verhalten seiner eigenen Sprache gegenüber ist für mich ziemlich befremdlich. Allerdings gebe ich zu, dass ich bei der erstenRammstein Platte auch dachte, dass sich das ziemlich merkwürdig anhört, doch das hat sich nach mehrmaligem Genuss des Albums gelegt. Nun war die Sprache ja bei uns damals in der DDR staatlich verordnet und somit hatten wir ja gar keine andere Wahl, als deutsch zu singen. Klar haben wir es auch auf Englisch versucht, vor allem um etwas internationaler zu klingen und 2003 bei der Reunion hatten wir einen Mix aus Deutsch und Englisch. Als dann aber ein Kumpel aus Kanada unsere Texte las, brach er vor lachen zusammen, denn wir hatten ja quasi nur ein Lehrbuchenglisch verwendet, wo Metaphern gar nicht so rüberkommen. Das war teilweise wirklich völliger Schwachsinn…hahaha. Da merkten wir: Mensch, Deutsch fetzt ja doch und obwohl unser Sänger Olli anfangs ziemlich gemosert hat, haben wir es dann doch durchgezogen. Und Olli geht mittlerweile darin völlig auf und kann sich gar nichts anderes mehr vorstellen und wenn dann auch noch Lob und Anerkennung zurück kommt, dann spornt ihn das noch mehr an. Aber um auf Deine Frage zurück zu kommen…klar ärgert es mich, och wir wollen einfach nichts anderes mehr machen. Ok, hätte Olli jetzt eine Stimme wie Ozzy Osbourne, könnte ich mir das auch irgendwie nicht vorstellen, hahaha. So wie es jetzt ist passt es wie Arsch auf Eimer.
Ich bin jedenfalls absolut begeistert darüber, dass ich nirgendwo mehr diesen dämlichen Stempel „Onkelz“ in Verbindung mit Euch sehen muss.
Mich hat das tierisch genervt, gar nicht mal wegen dem Onkelz Vergleich. Ich hatte damit kein Problem, im Gegensatz zu vielen Anderen, die ihnen die Kehrtwende nicht abnahmen oder sie immer noch an den rechten Rand drückten und uns somit ein klein wenig damit assoziierten. Mich hat genervt, dass die Leute unbedingt und ums verrecken eine Schublade finden MUSSTEN, um uns zu kategorisieren. Es gab noch einige andere lustige Vergleiche wie Subway to Sally und In Extremo (lacht). Micha Rhein kennen wir schon seit Jahren und sind auch mit ihm befreundet und dennoch „schmerzt“ mich der Vergleich, hahaha. In Extremo ist Rockmusik mit diesem Mittelalter-Kram und kein Metal. (ereifert sich) Auch wenn die in Wacken spielen: DAS IST KEIN METAL…so (lacht). Wir haben bei einem Review letztens Tränen gelacht, da wurden wir als Schnittmenge von Destruction und Eisregen bezeichnet. Eisregen? Hahaha, unfassbar. Manche kommen auf Ideen…
„Wiedergänger“. Warum ausgerechnet Gevatter Tod als zentrale Figur?
Wir hatten ja schon immer eine Affinität zum Thema Tod und Verderben…obwohl…wir hatten auch mal einen Song namens „Hail to metal“, hahaha. Es ging einfach um das immer wiederkehrende Verderben, den Verfall, den der Wiedergänger in der germanischen Mythologie personifiziert…
Dann hättet Ihr die Scheibe auch „Merkel“ nennen können…
(lacht) Oder so, auch ne gute Idee. Wir tun uns eh immer etwas schwer bei Albumtiteln. Ursprünglich wollten wir die Teile wie Led Zeppelin nummerieren. Allerdings war dann der „Wiedergänger“ wirklich stimmig und passend zu unseren Songs, da wir mal wieder ein schönes Potpourri an Schlechtigkeiten auf dem Album vereint haben, hahaha. Massenmörder, Kriege, wir haben mal wieder nichts ausgelassen.
Daher gleich zu den Songs. Gehe ich recht in der Annahme, dass Ihr mit Eurem Opener „Kamikaze“ den wohl härtesten Track aller Zeiten eingetütet habt?
Daher haben wir auch diesen harten Break in der Mitte eingebaut mit ein bisschen Akustik Gedöns aufgepeppt. Pause, Luft holen. Das war halt die Stelle, wo sich der Pilot noch einmal Gedanken macht und sein Leben Revue passieren lässt, bevor er sich hinein in den Tod stürzt. Textlich ist das natürlich in keinster Weise verherrlichen, davon distanzieren wir ins ganz klar und außerdem ist mir ganz wichtig zu betonen, dass wir immer Pazifisten waren. Es ist ohnehin sehr schwer, solche Geschichten in kleine Texte zu verpacken, doch Olli schiebt mir immer wieder interessante Geschichten zu, die ich dann verarbeite. Mich hat bei „Kamikaze“ einfach interessiert, was in solch einem Mann vorgeht. Textlich wollen wir einfach interessante Storys erzählen und musikalisch gebe ich Dir Recht, der Song ist wirklich ziemlich hart und eine Rückbesinnung auf unsere Tage, wo wir langsam aber sicher in den Thrash Metal abglitten.
Ralf, hast Du jemals „Den Totmacher“ mit Götz George gesehen?
Der Film war der Auslöser für „Fritz H.“. Allein die Tatsache, dass George nach seiner Darstellung von Fritz Haarmann wochenlang völlig ausgebrannt war zeigt doch, was für ein Monster das war. Der Harrmann, nicht George, hahaha. Hach, eine kleine Parallele zu uns, denn auch dieser Film polarisierte. Die einen fanden den total geil, die anderen empfanden ihn als völligen Scheißdreck. Für mich ist es einer der besten Filme, der je in Deutschland gedreht wurde…der hat mich schwer beeindruckt. Da waren, trotz des Kammerspiel-artigen des Films, ziemlich finstere Szenen bei, wie Haarman ihm beispielsweise erklärt wie schwer es ist einen Pimmel zu schneiden, weil er andauernd wegrutscht. Krass! Ich habe mich dann mit der Figur etwas näher beschäftigt. Er hat die Jungen ja nicht nur ermordet, er hat ihnen den Kehlkopf herausgerissen, ganze Stücke aus ihnen herausgebissen, wodurch er ja den Spitznamen „Vampir von Hannover“ bekam und nicht „Totmacher“ wie oft fälschlich behauptet. Als ich nach der Wende mal westwärts bin, war ich auch in Hannover, wo der Typ tatsächlich noch allgegenwärtig ist.
Wie letztens auch im Fanblock von Hannover 96
Genau. Die Geschichte ist jetzt bereits über Generationen getragen worden und es wird nicht aufhören. Nen Kumpel aus Sondershausen, der in Hannover Verwandtschaft hat, hat mir erzählt, dass jedes Jahr zu Weihnachten von der Stadt ein Kalender heraus gebracht wird, wo der Haarmann auch Erwähnung findet. Es gab ja auch wohl ein paar Beschwerden, mit solch einer „Persönlichkeit“ doch keine Werbung für die Stadt zu machen, hahaha.
Und „Stück für Stück“ handelt dann vom Kannibalen von Rothenburg, Arwin Meiwes?
Nein. Es geht um Kannibalismus im Allgemeinen, wie beispielsweise 1972, als diese Rugby Mannschaft aus Uruguay in den Anden abstürzte und sich dazu entschloss, Teile der Toten zu essen, um zu überleben. Oder von den Filipinos, die 4 Monate als Schiffbrüchige auf dem Meer herumtrieben und anfangs noch 30 waren. Als sie gerettet wurden, waren lediglich 12 übrig und in den späteren Vernehmungen kam auch hier raus, dass sie die Toten gegessen hatten. Was soll man denn in solch einer Extremsituation tun? Da hilft es nicht, jemanden mal kurz in die Wade zu beißen, hahaha. Das Ende des Songs sollte eigentlich so sein, dass der letzte Verbliebene ganz traurig ist, das er jetzt alleine ist, was Olli aber ziemlich bekloppt fand und somit haben wir es enden lassen, dass er Letzte einen isst und plötzlich kommt ein Schiff vorbei und er sich denkt: Scheiße, hätte ich mal noch ne halbe Stunde gewartet, hahaha. Wir haben uns fast eingesecht bei dem Text…
Weniger witzig ist die Geschichte um Stalingrad, aus der Ihr eine ziemlich packende Trilogie gebastelt habt.
Ich bin Dir ja schon mal dankbar, dass Du nicht gleich mit Accept gekommen bist…
Ähh, das wollte ich aber noch…
Hahaha. Unsere Idee war aber schon viel früher da…
Und dann kommt das teutonische Aushängeschild und veröffentlicht gleich ein komplettes Album mit dem Titel. Angepisst?
Es rief nen Kumpel an der wusste, dass ich an diesem Krempel arbeite und meinte nur, dass das neue Accept Album „Stalingrad“ heißen würde. Da ist uns erstmal allen komplett das Essen aus dem Gesicht gefallen (lacht). Das war exakt die gleiche Scheiße wie bei „Gotteskrieger“, als wir mit dem „Abendmahl“ die Geschichte von dem Meiwes (der erwähnte Kannibale von Rothenburg) erzählen wollten und dann kamen plötzlich Rammstein mit „Mein Teil“ um die Ecke und wir befürchteten das alle Welt denken würde, wir hätten von denen Irgendetwas geklaut. Mit „Stalingrad“ verhielt es sich aber ein wenig anders, denn aufgrund unseres fortgeschrittenen Alters…
…habt Ihr das noch selbst miterlebt.
(großes Gelächter) Ey, so alt sind wir nun auch wieder nicht. Aber unsere Großväter haben das noch miterlebt und mitbekommen. Wären wir jetzt 20 Jahre jünger, wäre das auch nicht mehr der Fall. Bei Hanjo (Bass) war es mit dem „Boot“ so, da sein Opa auf U-Booten war und mein Großvater war an der Ostfront, allerdings nicht im heutigen Wolgograd. Und wie es der Zufall will konnte ich vor ein paar Monaten mit einem echten Veteranen reden, als ich an einem Haus gearbeitet habe und der Nachbar mich fragte, ob ich bei ihm auch was reparieren könnte. So kamen wir ins Gespräch. Der war über 90, fuhr noch Auto (lacht) und fing auf einmal an von wegen: Die Jugend von heute hat es ja viel einfacher als wir früher. Er wurde mit 17 eingezogen und hatte das Glück, als einer der Letzten, verwundet, noch aus Stalingrad ausgeflogen zu werden. Ich merkte an seinen Erzählungen, dass er das trotzdem nie überwunden hatte und es ist halt ein himmelweiter Unterschied ist, ob man nun ein Buch liest oder mit ein Augen- und Zeitzeuge spricht. Das hat mich sehr beeindruckt. Als ich zur Recherche einige Bücher las, musste ich diese zeitweise weglegen, weil es einfach nicht zu ertragen war. Traumatische Erlebnisse sind generell schlimm, ob es nun Krieg oder sogar die Zustände in der damaligen DDR waren.
Was mich aber stört ist, wenn im Zusammenhang mit dem 2.Weltkrieg immer von den „bösen“ Deutschen gesprochen wird. Den Krieg haben die Oberen angezettelt, die die starben waren Menschen, die sich damit später schon gar nicht mehr identifizieren konnten und einfach nur noch weg wollten. Genauso hat es sich ja mit dem „Maikäfer“ Ding von der letzten Platte verhalten, wo es um die Vertreibung ging. Wenn es gegen Zivilisten geht, egal auf welcher Seite, hört es einfach auf. Ich find es auch zum kotzen wenn alle behaupten, dagegen gewesen zu sein. Wenn alle im Widerstand gewesen wären, hätte es den Krieg niemals gegeben. Das ist doch heute genauso. Guck doch mal nach Afghanistan. 80% der Leute finden das scheiße, dass unsere Soldaten da unten sind, doch geht deswegen irgendjemand auf die Straße? Ich nehme mich da auch nicht raus, weil es bei mir ja genauso ist. In der DDR war es doch genauso. Die Masse war auch gegen das System, doch ein offenes Aufbegehren hat es einfach aufgrund der zu erwartenden Repressalien nicht gegeben. Aber die Manipulation war gigantisch. Wenn der Honecker nach Erfurt kam, wurde kurzerhand ein riesiger Betrieb still gelegt, ein halber freier Tag ausgerufen, damit jeder am Flughafen winken konnte und die ausländische Presse hat sich gewundert, wie treu und fest die Bevölkerung hinter ihrem Staat steht. So ein totaler Senf. Aber wir sind etwas abgeschweift…
Es gab zu dieser Trilogie schon einige Stimmen die meinten, das man das doch bitte etwas pauschaler hätte halten sollen und da hat selbst Olli, der bekanntermaßen eher links ausgerichtet ist gesagt, dass wir eben als Deutsche aus der Sicht der Deutschen schreiben. Und wie es der Song ganz klar aussagt, waren wir da zum Schluss Kanonenfutter, ebenso wie der Volkssturm, der alte Männer und Kinder in den letzten Tagen noch geopfert hat. Wir hatten tatsächlich überlegt, ob wir in den Song noch ein Sample vom Gröfaz einbauen, was sicherlich sehr ironisch geklungen hätte, haben uns dann aber letztendlich für die Ansprache des deutschen Oberkommandos entschieden, was der Trilogie seine Authensität verleiht.
Ist denn geplant, die Trilogie komplett live zu spielen?
Bei der Release Party werden wir das mit Sicherheit machen. Es fühlt sich einfach gut an, die Songs zu spielen doch ich weiß nicht so recht, ob wir die Leute damit vielleicht etwas überfordern. Bei „Das Kreuz“ hatte ich so meine Zweifel, doch auch der Song fühlt sich verdammt gut an. Die Leute, die das Album bisher gehört haben, haben auch verschiedene Lieblingssongs, doch beim „Kreuz“ treffen sich irgendwie alle.
Wobei ich finde, dass man Eure Stalingrad Trilogie ein wenig aus dem Kontext des gesamten Albums herausnehmen muss und diese eigentlich für sich alleine steht.
Da gebe ich Dir sogar Recht. Doch wir wollten es exakt genauso machen, wie es auf dem Album erschienen ist. Ein ganzes Konzeptalbum über diese Thematik wollten wir einfach nicht machen, dass wäre dann dem „Guten“ doch etwas zuviel gewesen. Das was Accept da gemacht haben, gefiel uns eh nicht, obwohl ich bekennender Fan der Jungs bin. Außerdem war es nur ein Song über eine fiktive Geschichte, wir halten uns an die Fakten. Mir waren das zu viele Floskeln über diese kranke Scheiße, die dem Thema in keinster Weise gerecht wird. Aber die Leute fahren voll drauf ab. Das ursprüngliche Cover zu dem Album sollte ja auch alte Sowjetkunst enthalten mit der Statue Mutter Russland, einer Bomberstaffel darüber und der Ruine der Stadt im Hintergrund, worauf ihnen dann aber wohl gesagt wurde, dass sie damit Beifall von der falschen Seite provozieren könnten. Das ging uns ja ähnlich mit den Promofotos, wo wir mit den alten Wehrmachtsmäntel in schwarz weiß dastehen und viele Leute was hereininterpretiert haben. Die Kragenspiegel bei Hanjo beispielsweise, gab es in der NVA eins zu eins auch. Doch ein Redakteur einer örtlichen Zeitung meinte auch, dass er das Foto bei seiner Chefredakteurin nicht durchbekommen würde. Warum? Ist da irgendetwas Verfängliches drauf zu sehen? Es gibt eh nur einen, der solche Devotionalien tragen darf und das ist Lemmy.
Euren Vorgänger „Gotteskrieger“ hatte noch Euer ehemaliger Schlagzeuger Engel produziert. Irgendwie ist völlig an mir vorbeigeschrammt, dass er gar nicht mehr in der Band ist. Wer hat denn diesmal den fantastischen Sound hingezimmert?
Auch Engel.
Danke, Frage beantwortet und das in Rekordzeit…
Hahaha, Auch ich sabbel ganz schon viel was?
Is aber auch alles interessant und nicht langweilig…
Wir waren vom Sound auf der „Gotteskrieger“ schon komplett begeistert und da er ja zwei Jahre bei uns mitgespielt hat wusste er ganz genau, was wir haben wollten. Er war ja schon vorher Fan von uns und es war ihm eine Ehre, bei uns mitzuspielen, was wir nie so recht glauben konnten und wollten, hahaha. Für ihn war das ein Erlebnis und das, obwohl er eigentlich Gitarrist ist, doch wir einen Schlagzeuger benötigten, hat er halt Schlagzeug gespielt. Der kann eigentlich so gut wie fast alles…Wir haben uns jedenfalls tierisch darüber gefreut, dass er mit uns das Album zusammen gemacht hat…und das in lediglich zwei Wochen. Er ist immer noch ein Teil der Band.
Nun habt Ihr auf dem Digipack mit „Macbeth“, „Bomber“, „Zeit der Zeiten“ und „Höllenfeuer“ ein paar alte Songs neu aufgenommen. Warum dieses?
Da schließt sich ein Kreis, was Engel betrifft. Er kannte ja den alten Kram und diese vier Songs waren auf dem Demo von 1985, welches eine, sagen wir, etwas räudige Qualität nach dem hundertsten Mal kopieren hatte. Nun ist er und sein Kumpel aber ein absoluter Fanatiker was ollen Ost Metal anbelangt und er war tierisch entsetzt, wie er „Macbeth“ und „Bomber“ in den Versionen auf unserem ersten Album vom 2006 hörte. „Spinnt Ihr?“ war seine erste Reaktion und wir verteidigten uns damit, den Songs ein etwas moderneres Gewand zu geben. Und da hat er den Satz geprägt: „Lemmy spielt doch Ace of spades auch nach 30, Jahren nicht anders“, womit er natürlich vollkommen Recht hatte. Als er dann in die Band einstiegt hatte er eine ganz klare Bedingung: Entweder wir spielen die Songs wie 1985 oder er kommt erst gar nicht, hahaha. Dann haben wir uns auf den alten Kram besonnen und spielen die Songs so, wie sie ursprünglich konzipiert waren…und wenn ich ehrlich bin, kriege ich ein klein wenig schlechte Laune, wenn ich die neueren Versionen höre. Engel hatte völlig recht. Iron Maiden covern ja auch nicht ihre alten Sachen und die eigenen Coverversionen von Manowar sind unnötig…
In meinen Augen sind Manowar unnötig…
Die ersten drei Platten sind geil, der Rest ist Schrott, da gebe ich Dir Recht. Aber zurück zu unseren Coverversionen. Die sind leider in ihrer ursprünglichen Version nur auf der alten Kassette verfügbar, doch noch nicht einmal ich habe mehr so ein Teil und die Fans, die so eins vielleicht noch besitzen dürften mittlerweile in einem Alter sein, wo sie eh nicht mehr vor die Tür gehen, hahaha.
Was ich total beeindruckend fand war, dass Ihr Eure Stasi Unterlagen auf Eurer Homepage veröffentlicht habt…(nachzulesenhier)
Wobei wir kurz vorher noch einmal inne gehalten haben, uns dann aber doch entschlossen haben, diese mit geschwärzten Namen zu veröffentlichen. Hätten wir die IM’s offen gelegt, wären wir nicht viel besser gewesen als die. Aber trotz der Bitterness haben wir uns teilweise absolut totgelacht, was da alles für ein Scheiß drinsteht. Aber wir wunderten uns schon sehr, wie viele Bandinterna da drin standen wo wir dachten: Was ist denn hier jetzt los? Im Endeffekt stellte sich raus, dass einer der Maulwürfe in der Band, der andere als Techniker von uns aktiv war, dass hat uns schon getroffen. Aber nach 23 Jahren ist es eigentlich nur noch lustig.
Ich habe im Vorfeld zu diesem Gespräch mir einige aktuelle Interviews angeschaut. Inwieweit kotzt man als Musiker, wenn einem Fragen gestellt werden, die man bei Wikipedia seit Jahren nachlesen kann? Will damit sagen das man merkt, dass sich der Gegenüber überhaupt nicht richtig mit der Band beschäftigt hat.
Sehr. Manche haben bei der „Gotteskrieger“ einfach den kompletten Pressetext mit eingefügt, mit Bandhistorie, die aber mittlerweile bekannt sein müsste. Aber nein, überall tauchte der Rotz mit auf. 1985, Stasi, Selbstmorde…blablabla. Ich hab damit kein Problem, aber nerven tut’s irgendwann doch schon etwas. Es ist bezeichnend für die Presse, denn wen dpa eine Meldung veröffentlicht, schreiben auch alle ab. Das ist halt so. Es findet teilweise keinerlei Recherche und Hinterfragung statt und permanent werden olle Floskeln aufgewärmt. Ich bin bekennender Anhänger des Rock Hard und der dicke Götz ist auch ein Fan von uns, der hat sogar unsere DVD in den online Shop mit aufgenommen, als unser Vertrieb pleite gegangen ist, doch was da für Fragen teilweise kamen, war auch etwas merkwürdig. Ein bisschen befremdlich war die Frage von Buffo, ob den Ostbands im Westen arrogant und überheblich gegenüber getreten wird. Das hat mit Musik nichts zu tun und überhaupt sind doch jetzt 23 Jahre ins Land gegangen, da müsste doch eigentlich alles erledigt sein. Aber so manche Sachen ändern sich wohl nie.
Zwei Tage später erschien das Review der wohl größten Fachzeitschrift im Heavy Metal, bei der eine scheinbar ungebildete Redakteurin sich über den Refrain und dazugehörigen Text zu „Fritz H.“ ereiferte. Schade nur, dass dieser aus den 30er Jahren und nicht von der Band stammt. Sie selbst will von Macbeth nichts mehr hören und ich will keine unqualifizierten und nicht recherchierten Kritiken lesen, die jeglicher Grundlage entbehren.