Label: Season of Mist
VÖ: 24.07.2020
Stil: Black Metal
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Ach ja, 2020, was bist du nur für ein Jahr – einerseits ist es für Musiker aufgrund der Corona Pandemie verdammt hart, von ihrer Kunst zu leben, andererseits wartet dieses verzwickte Jahr mit wirklich vielen großen musikalischen Highlights auf. Nach THE SPIRIT, DARK FORTRESS, NAGLFAR und WINTERFYLLETH bringen – wohl nicht nur von mir heiß ersehnt – nun auch GAEREA endlich neuen Stoff raus. Ok, was heißt da eigentlich „endlich“? Das Debüt „Unsettling Whispers“ ist ja gerade mal zwei Jahre alt. Doch mit diesem hatten mich die fünf Portugiesen mächtig geschockt und so wurde es sogar für mich zum Album des Jahres 2018. Ein verdammt hohes Maß also, das „Limbo“ nun zu erreichen hat. Und was soll ich sagen? Der Nachfolger machte schon mit den ersten vorgestellten Songs (chronologisch „Null“, „To Ain“, „Conspiranoia“) einen großartigen Eindruck.
Was mir sofort auffiel, war die gesteigerte Nachvollziehbarkeit der Songstrukturen. Auch wenn ich dem Erstling damals die Höchstnote verpasste – an der ich jetzt auch nicht rütteln will – so höre ich im direkten Vergleich zum neuen Material nun noch klarer jedes einzelne Instrument, jeden Übergang und jeden Melodiebogen. Es wirkt eben alles noch etwas aufgeräumter. Das tut dem Hörempfinden einen großen Dienst und holt den Hörer gleich noch besser ab. Denn was GAEREA auszeichnet, ist ihr Verlangen danach, selbst bei extrem hohen Tempo und viel Druck noch immer Melodien zu schreiben, die nicht nur lapidar über dem Grundgerüst liegen, sondern sowohl ins Klangkorsett als auch ins Ohr dringen. Die Gitarren heben sich also nicht über den Rest hinweg sondern bilden eine Einheit mit der Rhythmusfraktion und kriechen dennoch durch diese Wall of Sound direkt in den Gehörgang. Diese binäre Formel gelingt da nicht jedem so gut.
„Eindringlich“ ist da ein Wort, dass passender wohl kaum das Hörempfinden von „Limbo“ beschreiben könnte. Denn nicht nur die konservativen Instrumente bohren sich in Ohr und Herz – nein, auch gerade der Gesang hat hier eine hohe Stellung. Dieser fügt sich genauso ins Klangbett ein wie der Rest, steht also nicht, wie bei mancher Produktion, überlaut im Vordergrund. Und auch er schafft es, wie zuvor bei den Gitarren beschrieben, sich in die Lauscher vorzukämpfen. Ein Grund dafür mag auch die überaus emotionale und leidenschaftliche Art sein, in der hier geschrien und geklagt wird, als gäbe es kein morgen. Ich nehme dem Mann am Mikro wirklich alles ab und schon ohne den Text konnte ich einem Song wie „To Ain“ anhören, dass es um Worte voller Leid aus dem tiefsten Tiefen seiner Seele geht.
Ein Lob muss ich auch noch der Rhythmusabteilung geben – auch einer solchen Basis ist es geschuldet, dass die vorab geschilderten Elemente so effektiv und groß ihre Wirkung erzielen können. Die Basslines sind schon eine herrliche Untermalung, doch was der Drummer hier abermals abliefert, ist echt wahnsinnig gut – brachial, total on point und immer auf die Stimmung des Songs perfekt angepasst. Dies kann man übrigens auch super auf YouTube in einem Drum Playthrough Video zum Titel „Null“ bestaunen.
Es mag wohl sein, dass ich aus der Sicht eines Fans schreibe, da mich die Band schon vor zwei Jahren völlig überzeugt hatte, andersrum hatte ich auch einen enorm hohen Anspruch an das neue Material. Und ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass diese Erwartungen so enorm überstiegen werden würden. Alles, was ich an GAEREA seit dem ersten Kontakt so schätze, wurde nochmals verbessert. Für mich ist dieses Quintett aus Portugal ein ganz großer Hoffnungsträger für die Zukunft des extremen Metals und „Limbo“ wird einer ihrer Meilensteine sein. Applaus!
Bewertung: 10 Punkte mit Sternchen
Tracklist:
01. To Ain
02. Null
03. Glare
04. Conspiranoia
05. Urge
06. Mare
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