WILDE FAHRT UND 11 MINUTEN ZU SPÄT
Alcatraz Metal Festival 2021
13. bis 15.August 2021 @ Kortrijk-Belgien
Der Wunsch, endlich mal wieder ein Festival besuchen und erleben zu dürfen steigert sich in diesen schweren Zeiten ins unermessliche. Ausgiebig feiern wie früher, nur Spaß, den Alltag mal für ein Wochenende hinter sich lassen, geile Mucke, ausgelassene Stimmung und jede Menge Bier. Ja, das wäre mal wieder ein Erlebnis!
Was in Deutschland in Sachen Großveranstaltung immer mehr in schier unfassbare Entfernungen zu rücken scheint, ist in Belgien unter Einhaltung der bekannten 3G Regeln offensichtlich problemlos möglich. Relativ kurzfristig bekam ich die Möglichkeit, diesem Ereignis beiwohnen zu können und somit fackelte ich nicht lange und ab ging die wilde Fahrt nach Kortrijk in Belgien.
FREITAG 13.08.2021
Freitag früh gegen 10 Uhr sollte es also losgehen, den negativen PCR Test und das ausgefüllte Einreiseformular für Belgien in der Tasche…was sollte also schief gehen? Uns war von vornherein klar, dass wir vom Festival-Freitag wohl nicht ganz so viel mitbekommen werden, aber Ziel war es immerhin, spätestens um 20:30 Uhr den Black Metal Urvätern MAYHEM zu huldigen und danach noch zu AT THE GATES abzuhotten. „Das ist ja noch ewig hin“ und dementsprechend positiv und euphorisch war die Stimmung im Auto. Kaum auf der Autobahn wurden wir allerdings eines Besseren belehrt. Mehr „Stop and Go“ als nordische Raserei war die Devise und letztendlich kamen wir verkehrsbedingt erst ca. 20 Uhr am Hotel, ca. 4km vom Festivalgelände entfernt in Kortrijk an. Egal…schnell den Optimismus Knopf gedrückt…wir schaffen das! Also kurz eingecheckt, die Koffer ins Zimmer geklatscht, innerhalb von gefühlt zehn Minuten die obligatorischen und längst überfälligen 3 Bier + eine Dose eiskalten Jean Tonique (Gin Tonic) ins Gesicht gekloppt und ab ging es zu Fuß in strammen Schritten in Richtung ALCATRAZMETAL FESTIVAL.
Dort machte sich allerdings recht schnell Ernüchterung breit, denn wir bekamen am Einlass die Info, dass die Halle, welche einen Zugang mit Tagesaktuellem Corona Test zum Festival ermöglicht, seit 21 Uhr geschlossen hat. Ein kurzer Blick auf die Uhr zeigte uns 21:11 Uhr! Verdammt. Kein MAYHEM, kein AT THE GATES, kein Black Metal, kein Death Metal und verdammt nochmal……KEIN Bier auf dem Festivalgelände. Shit happens. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben und so blieb uns nichts anderes übrig, die 4 km wieder zurück zum Hotel zu flanieren, selbstverständlich im Späti noch kaltes Bier zu kaufen und den Abend im, bzw. vor dem Hotel zu verbringen, wo nun mittlerweile auch die restlichen beiden Teile unserer illustren Reisegruppe sehnsüchtig auf uns warteten. Bier, Bier, Bier war von nun an die primäre Mission, welche wir erfolgreich absolvierten und dessen Tribut wir am folgenden Samstagmorgen mit einem unfassbar schweren, dicken und furchtbar schmerzenden Kopf zu bezahlen hatten.
SAMSTAG 14.08.2021
Anyway…….neuer Tag, neues Glück. Nach dem Frühstück ging es also auf direktem Weg zur Einlasshalle. Test akzeptiert, das tagesaktuelle Corona-Berechtigungsbändchen abgegriffen, ab in den Shuttlebus und postwendend zur Festival Area. Kurz nach der Stoffbändchenausgabe war es dann endlich soweit. Unfassbar und auch irgendwie total unwirklich. Völlig unglaublich, aber ich stand tatsächlich auf dem heiligen Acker, der mir so unendlich viel bedeutet und konnte es überhaupt nicht richtig fassen! Was habe ich das vermisst! Wahnsinn. Was für ein ergreifendes Gefühl!
Von den ersten Eindrücken überwältigt, zog erstmal jeder einzelne unserer Reisegruppe seiner Wege und so verschlug es mich sofort an die Hauptbühne, die „Prison Stage“ auf der die belgischen Lokalhelden DYSCORDIA bereits eifrig zugange waren. Die Band überzeugte mit einem Mix aus Progressiven Songstrukturen und kräftigem Power Metal und bot mit einigen gegrowlten Vocals in einem wahnsinnig perfekten Soundgewand auch die nötige Abwechslung. Was für ein Einstand……mein erstes Konzert nach sage und schreibe 17 Monaten. Unbeschreiblich, was das mit einem auf der emotionalen Ebene macht. Ich will ehrlich sein…unabhängig von der Klasse DYSCORDIA´s…aber es wäre wohl letztendlich völlig egal gewesen, wer da nun gerade auf der Bühne steht. Der allgemein bekannte Umstand, die letzten Monate Entzug und die Tatsache, dass man endlich in Freiheit, so wie früher und völlig losgelöst seiner Passion nachgehen konnte, erzeugte eine Gänsehaut sondergleichen am ganzen Leibe und zauberte auch ein paar Tränchen in meine müden Äuglein. Unendliche Dankbarkeit machte sich in meinem angeschlagenen Kadaver breit! Was war das für ein ergreifender Moment, der (zum Glück) über das gesamte Wochenende…mal mehr, manchmal weniger…anhalten sollte!
Danach folgte logischerweise erstmal (für ¾ der Beteiligten) außerordentlicher Bierkonsum und ein paar leckere belgische „Fritjes“ mit Käsesoße und Jalapeños. Währenddessen zerlegten nebenan NECROTTED die „Swamp Stage“ in Grund und Boden und metzelten sich mit präziser Brutalität durch ihre Setlist. Da einer meiner Begleiter nicht ausschließlich zu seinem persönlichen Vergnügen anwesend war und dementsprechend am Sonntag diverses Equipment einer schwedischen Death Metal Legende zu verladen hatte, galt es nun erstmal unser Auto vom Hotel auf den Festivalnahen VIP Parkplatz zu lenken. Musikalisch war für uns sowieso gerade wenig Interessantes dabei und so konnte man sich im Hotelzimmer wenigstens mal schnell noch eine halbe Stunde Schlaf einverleiben, was den schwer verkaterten Leibern sehr zum Wohlgefallen gereichte.
Gute zwei Stunden später fanden wir uns topfit, gestärkt und taufrisch wieder an der „Swamp Stage“ wieder, auf der gerade die einzige reine Punk Band des Festivals, die belgischen Altmeister FUNERAL DRESS den Mob völlig zum Kochen brachte. Die schwer bezeichnende, irgendwie auch absolut passende und Motto gebende Textzeile: „Party on, Party on, Party on…Party on, Party on, Party on…Beer and Whiskey all night long…Party on, Party on, Party on” hallt auch heute immer noch in meinen Ohren nach. Das Zelt bebte, die Meute flippte völlig aus. Stimmung ohne Ende! Grandios!
Danach brüllte FLEDDY MELCULY von der Mainstage in die Massen. Da uns die Chose aber etwas zu modern ausgerichtet klang, blieben wir lieber im Zelt und warteten ein paar Minuten (es gab ja Bier) bis die finnischen Melodic Deather OMNIUM GATHERUM die Bühne enterten und uns die ersten Death Metal Töne um die zarten Ohren föhnen sollten. Prinzipiell ging der Gig musikalisch ganz in Ordnung, doch leider war der Sound zum ersten (und einzigen) Male sehr schwammig und unsauber. Fronter Jukka Pelkonen wirkte zudem mit seinem Dutt und den absolut bescheuerten und aufgesetzt wirkenden „Heavy Metal“ Gesten irgendwie sehr „poppig“ und somit völlig fehl am Platz und ließ das Ganze Geschehen durch sein seltsames Gehabe etwas ins Lächerliche abdriften. Dennoch (wenn man nicht hinschaute) ein ordentlicher und zufriedenstellender Auftritt der Jungs aus dem Land der 1000 Seen.
Danach begab ich mich in die Händlermeile. Schließlich galt es auch die ein oder andere Trophäe in Form von Shirts und vor allem Schallplatten mit nach Hause zu nehmen. Man ist schließlich nicht nur zum Spaß hier. Mit vollen Taschen und spürbar leichterem Geldbeutel ging es zurück zur Mainstage.
Pünktlich um 17:55 Uhr betrat das deutsche Thrash Metal Flaggschiff DESTRUCTION die Bretter, die die Welt bedeuten. Da ¾ der Anwesenden Reisegruppe, inkl. meiner Wenigkeit, Anfang 2020 die Kult-Thrasher für drei Wochen mit unserer kleinen Kapelle FINAL BREATH auf deren „Born To Perish“ Europa Tour supporten durften, machte sich im Vorfeld ein klein wenig Unbehagen breit, denn wie mittlerweile bekannt sein dürfte, hat Gitarrist „MIKE“ die Band nach 39! Jahren verlassen und so spielten die Herren auch diesen Gig ohne Gründungsmitglied „Mike Sifringer“. Dafür stieg nun ihr langjähriger Soundmann, Tour Manager und langjähriger Freund der Band „Martin Furia“ mit in den Ring und macht es sich von nun an zur Aufgabe, zusammen mit Gitarrenpartner „Damir Escic“ diese schwerwiegende Lücke zu füllen und ja…was soll ich sagen…die Jungs haben abgerissen und gerockt ohne Ende. Brachialer Sound, eine arschtighte Performance (Randy Black ist einfach eine verdammte Maschine), eine perfekt aufeinander eingespielt Band, ein Schmier in Topform, Spielfreude und eine grandiose Setlist, die keinen Klassiker vermissen ließ, zeichnet DESTRUCTION im Jahre 2021 aus. Dementsprechend zufrieden und mit einem breiten Grinsen im Gesicht, zog es uns nach der abschließenden „Bestial Invasion“ zum nächsten…ähhhh…Bierstand.
Zurück in der Swamp Stage warteten wir gespannt auf die Schweden DARK TRANQUILITY und was die Jungs in den folgenden 55 Minuten darboten, war schlicht und ergreifend nicht von dieser Welt. Was für eine Hammer Performance! Eine grandiose Songauswahl, ein Sound vom Allerfeinsten und ein derart sympathischer Frontmann ließen mir wieder die Gänsepelle über den geschundenen Leib jagen und bei „The Dark Unbroken“, dem Überhit vom aktuellen Album, kullerten plötzlich auch wieder ein paar Tränen über meine Wangen. Das war pure, in Noten gepackte Emotion und einfach nur unvergesslich! Sänger „Mikael Stanne“ zeigte sich in absoluter Topform, traf sogar bei den Cleanvocals absolut jeden Ton und war…aufgrund der aktuell recht schwierigen Live Situation für alle Bands…völlig aus dem Häuschen, beeindruckt und absolut überwältigt von den Reaktionen des Publikums und rang sichtlich mit seiner Fassung. Eine unfassbare Machtdemonstration schwedischen Melodic Death Metal´s moderner Prägung. Einfach grandios!
ORDEN OGAN musste ich leider aufgrund extremen Bierdurstes (Bier trinken ist wichtig) und einer aufkeimenden Hungerattacke ausfallen lassen und dann hieß es auch schon sich im Zelt nach ganz vorne zu kämpfen. Die schwedische Death Metal Institution HYPOCRISY lud zum Tanz und bereits während des Intros zu „Fractured Millenium“ überkam mich wieder dieser wohlige Schauer. Die Gänsehaut kehrte zurück und beim ersten Markerschütterndem Schrei von Meister Tägtgren gab es absolut kein Halten mehr.
Extrem gut aufeinander eingespielt und mit einem derart druckvollen Sound versehen, klatschten die Herren hier mal nebenbei so gut wie fast jede „Konkurrenzband“ spielend einfach an die Wand. Dass das Repertoire der Band jede Menge Hits vorzuweisen hat steht außer Frage, doch spätestens bei „Adjusting The Sun“ blieb dann endgültig kein Stein mehr auf dem anderen und der Mob tobte durch die „Swamp Stage“. Ein Fest für jeden Nackenwirbel und definitiv heute noch zu spüren! Zu guter Letzt, sprach unser Lieblings-Peter vom langerwarteten neuen Album, welches zur Freude aller Anwesenden, noch in diesem Jahr erscheinen soll und so wankten wir mit dem Refrain des Megahits „Roswell 47“ auf den Lippen und grinsenden Gesichtes, zwar ausgepowert, aber völlig zufrieden zum nächsten…ähhhh…Bierstand.
Dort angekommen, mittlerweile schwer gezeichnet, leicht vernebelt und mehr schwankend als aufrechtstehend, hörte ich von der Mainstage wie der gute Herr DIRKSCHNEIDER seine „Balls Through The Wall“ schmetterte, aber ich hatte einfach keine Zeit dem ehemaligen ACCEPT Fronter zu huldigen, denn die Nacht sollte für mich noch sehr schwarz werden.
Mit dem Intro vom „In The Nightside Eclipse“ Album starteten die norwegischen Finsterlinge EMPEROR in eine Zeitreise in die 90er und mich überkam sofort eine Welle der Nostalgie. Ich kann diesen absolut magischen Auftritt, gemischt mit Tränen, purer Freude, grandiosen Emotionen und einer wirklich 70 Minuten anhaltenden Gänsehaut nicht in Worte fassen. Ich habe keine Ahnung, ob es am elendig langen Konzertentzug liegt, aber diese Darbietung war gezeichnet von einer dermaßen abartigen Intensivität, von purer Magie und schien aus einer völlig anderen Dimension zu kommen.
Es folgte Hit auf Hit, Ishan war perfekt bei Stimme, was gerade den Cleanvocal Passagen sehr zugute kam und auch sonst versprühten die teuflischen fünf in ihrer Performance eine unfassbar heimelige, abgrundtief finstere und gnadenlos böse Atmosphäre, die mich weit zurück in meine eigene Vergangenheit warf und mich wie in Trance gefangen zurückließ. Wahnsinn, dass diese Mucke über die Jahre hinweg keinerlei Faszination verloren hat und es ist schier unfassbar, was das Dargebotene auch über 25 Jahre später noch in einem auszulösen vermag! Pure Liebe und absolute Hingabe! Was für ein intensives und emotional tief berührendes Konzerterlebnis. Für diesen Gig bin ich so unendlich dankbar! Mein absolutes Highlight an diesem Wochenende! Ich werde noch sehr lange von diesem magischen Auftritt zehren können. Eine wahrhaft kaiserliche Erfahrung! DANKE!
SONNTAG 15.08.2021
Wie nicht anders zu erwarten, war auch am Sonntag früh der Kopf so unendlich schwer, der Körper von den „Strapazen“ gezeichnet und sämtliche, bisher z.T. unbekannte Regionen im eigenen Leib schmerzten einfach nur noch. Das hielt uns allerdings nicht davon ab, direkt nach dem Katerfrühstück zum Ort des Geschehens zurückzukehren und man sollt es nicht für möglich halten, aber was am Samstag in Sachen Bierkonsum bereits erschreckende Ausmaße angenommen hatte, sollte am Sonntag noch um einiges überboten werden! Egal…Eile war angebracht, denn schließlich sollten bereits um 11:35 Uhr die Franzosen von LOUDBLAST aus allen Rohren feuern.
Mein PCR Test war, wie bereits im Vorfeld vermutet an diesem Tag nicht mehr gültig und somit durfte ich mich einem AntiGen Schnelltest unterziehen. Klar, ergab sich dadurch ein kleiner Zeitverlust…wobei die Abwicklung wirklich bis ins kleinste Detail und absolut perfekt durchorganisiert war…was aber letztendlich dazu führte, dass LOUDBLAST bereits mitten im Set waren. Wahnwitzige Spielfreude und Songs vom 1993er Klassikeralbum „Sublime Dementia“, gegossen in einen perfekt ausgepegelten und unfassbar druckvollen Sound, fernab von jeglichen und z.T. ausgelatschten HM2 Pfaden boten eine Old School Death Metal Klatsche vom allerfeinsten. Geiler Gig!
Da die Sonne unnachgiebig auf die Platte krachte, galt es nach dem französischen Inferno erstmal in einem der wenigen und somit umso stärker umkämpften Schattenplätzen zu verweilen, diverse Kaltgetränke zu vernichten und den Magen mit fester Nahrung zu versorgen. Dementsprechend habe ich AFTER ALL und die EVIL INVADERS nur aus der Ferne wahrgenommen. Unser kühles Plätzchen befand sich in direkter Nähe zur Zeltbühne und so konnten wir uns bei ARTILLERY ein wenig die Rübe abschrauben. Die Dänen boten einen mehr als beachtenswerten Gig und thrashten sich mit den gewohnt präzisen und enormen Geschwindigkeitsausbrüchen durch ihr Set. Einzig das sehr penetrante Organ von Sänger „Michael Bastholm Dahl“ wurde mir auf Dauer dann doch etwas zu viel (selbst die Ansagen wurden im bekannten Sangeston vorgetragen), was aber durchaus auch am ohnehin schmerzenden Kopf gelegen haben sein könnte.
17:55 Uhr. Zeit für den ultimativen „Deathhammer”. Schnell nochmal Bier geholt und ab nach vorne. Das Holländisch/deutsche Kriegsschiffbattalion von ASPHYX war enorm gut drauf und so boten die Jungs über eine gute dreiviertel Stunde, in gutgelaunter Spielfreude einen absolut perfekt gewählten Querschnitt ihres gesamten Schaffens. Einzig meinen absoluten ASPHYX Lieblingssong „MS Bismark“ vermisste ich schwer in der ansonsten grandiosen Setlist, was mich aber glücklicherweise mit dem Gänsehautverbreitenden „The Rack“ wieder versöhnlich stimmen ließ. Über 40 Minuten walzte die Band unter dem Banner „Death The Brutal Way“ alles in Grund und Boden. Death Metal Herz…was willst du mehr? Bier vielleicht?
Ich bin ja bekanntlich dem Black Metal sehr angetan und somit freute ich mich nach dieser Lehrstunde in Sachen Death Metal enorm auf die herannahende totale Dunkelheit und absolute Vernichtung. Die Panzer Division MARDUK rollte auf die „Swamp Stage“ und sollte diese in Grund und Boden hämmern. Ohne Intro oder sonstigen Schnickschnack starteten die Herren eindrucksvoll angepisst und mit jeder Menge Wut im Bauch mit „Werewolf“ in ihr Set. Keiner meiner Lieblingssongs, aber live definitiv besser als auf Platte. Nach dem Song drehte man sich in Richtung Schlagzeug, harrte der Dinge, die da kommen mögen und ließ eine knappe Minute verstreichen, bevor die nächste Salve Hass ins Publikum gefeuert wurde. Anfangs dachte ich mir nichts dabei, aber dieses Verhalten wurde wirklich nach JEDEM Song wiederholt. Warum? Ladehemmungen? Was soll das? Durch diese selbstauferlegten Zwangspausen kam leider absolut keine Stimmung auf.
Poserhafte Bosheit, wenig Kommunikation zum Publikum und diese permanent schlechte Laune verbreitende Haltung von Frontbiest „Mortuus“ passt ja zur Ausrichtung der Mucke und gehört auch definitiv dazu, aber was zur Hölle hat es denn mit diesen ständigen Pausen auf sich? Permanentes Nachladen anstelle von Dauerfeuer! Warum? Wohl kaum eine andere Black Metal Band dieses Erdballes habe ich öfter live gesehen als MARDUK, aber dieses Mal war das irgendwie gar nichts. Am Ende blieb lediglich die Erkenntnis, dass man ohne diese Ladepausen noch locker drei Songs mehr hätte in die Setlist packen können. Schade.
Enttäuscht blieb mir ja quasi gar nichts anderes übrig, als mir erstmal ein Bier zu gönnen. Der Schock musste irgendwie verdaut werden. Irgendjemand schnappte Gerüchte eines Cocktail Standes auf und somit machten wir uns auf den Weg, herauszufinden, ob dies nun der Wahrheit entspricht oder auf eine Erzählung aus dem Reich der Sagen und Legenden zurückzuführen war. Dummerweise (oder Glücklicherweise) fanden wir (jetzt erst) eine Art „Biergarten“ mit Tischen und Bänken und eben auch diesen geheimnisvollen und sagenumwobenen Cocktailstand. Nun ja…die nächsten Stunden beschränkten sich demnach ausgiebig auf die Einnahme diverser alkoholischer Getränke und ließ den körperlichen Verfall unablässig weiter fortschreiten.
Auf der Hauptbühne zelebrierte mittlerweile die deutsche Metal Queen DORO ihre in Stahl gegossene Messe und hätte mich nicht einer meiner Begleitenden Mitstreiter von der Bierbank gerissen, so wäre ich dort sang und klanglos versumpft. Nun gut…rechtzeitig zur Power Ballade „Für immer“ stand ich nun also…zugegeben, leicht verwirrt…bei DORO. Prinzipiell kann man ja von DORO halten was man will, aber man muss das schon auch irgendwie respektieren, was die gute Frau da leistet. Die Performance jedenfalls war über jeden Zweifel erhaben. Gesanglich sitzt da auch mit 57 Jahren einfach noch jeder Ton genau dort, wo er sein muss und zusätzlich verfügt die Gute über eine absolut großartige Nähe zum Fan, was bei diesem Auftritt letztendlich darin gipfelte, dass man zum abschließenden Hit „All We Are“ ein ca. zehnjähriges Mädchen aus der ersten Reihe auf die Bühne holte und diese in engelsgleicher Stimme den allseits bekannten Refrain mit der „Queen Of Metal“ ins Mikrofon hauchen durfte.
Egal wie hart die Schale eines jeden Metallers sein möge und egal wie böse und finster man sein Gemüt in ständiger und totaler Dunkelheit hegen möchte, aber hier machte sich sofort wieder Gänsehaut breit und viele achso derbe Gestallten um uns herum, inklusive mir hatten in diesem Moment schwer mit den Tränen zu kämpfen. Das war einfach ein herzallerliebster, zuckersüßer und emotional völlig ergreifender Auenblick. Danke dafür!
Zurück im „Biergarten Of Hell“ reifte dann plötzlich die Idee heran, bei den belgischen Crust/Punk Ikonen BARK, in deren Reihen der neue DESTRUCTION Gitarrist „Martin Furia“ ebenfalls die Axt bedient, in der Front Row, also quasi mitten im Pit zu stehen. Im Nachhinein eine unfassbar blöde und selten dämliche Idee, aber aufgrund des erhöhten Bierkonsums auch durchaus nachvollziehbar. Also nix wie hin. BARK knüppelten jedenfalls die „La Morgue Stage“ in einen Haufen aus Schutt und Asche und hinterließen nichts als verbrannte Erde. Es war laut, es war dreckig, es war eng und verschwitzt, überall flogen Menschen durch die Gegend und somit kann man durchaus von einem mehr als gelungenem Auftritt sprechen, bei dem hauptsächlich der obersympathische Frontirokese „Ron Bruynseels“ einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Mega Performance. Satter Abriss. Wer auf leicht angethrashten Crustpunk steht, sollte hier unbedingt mal ein Ohr riskieren. Geiler Stoff!
Da bekanntlich nichts für die Ewigkeit besteht, wurde es also langsam Zeit Abschied zu nehmen. Schwer zu glauben, aber leider wahr…dass ALCATRAZ METAL FESTIVAL 2021 neigte sich leider dem Ende entgegen. Doch bevor dieses Event in die ewigen Jagdgründe der Vergangenheit rutschen sollte, rief noch unser lieber „Mille“ und seine Mannen zur „Violent Revolution“ auf. KREATOR boten einen mehr als anständigen Gig, bei dem wirklich kein Klassiker außer Acht gelassen wurde. Songs vom Schlage eines „People Of The Lie“, „Phobia“ oder „Flag Of Hate” ließen keinerlei Wünsche offen und bildeten den absoluten Höhepunkt eines rundum gelungenen Auftrittes der sympathischen Ruhrpott-Thrasher. Leider fehlte es ein wenig an „Lautstärke“, was das Dargebotene ein bisschen zu brav und somit weit entfernt von „Extreme Aggression“ erscheinen ließ. Ob die ganzen Luftschlangen- bzw. Konfettikanonen dann noch Thrash Metal oder mehr Kindergeburtstag sind, muss letztendlich auch jeder für sich selbst entscheiden. Ich jedenfalls könnte da gerne drauf verzichten.
Das alles ändert aber nichts an der Tatsache, dass KREATOR auf der musikalischen Seite absolut überzeugend abgeliefert haben und einen fulminant würdigen Headliner für dieses Festival abgaben. Begleitet von einem eindrucksvollen Feuerwerk, welches zu den letzten Tönen von „Pleasure To Kill“ über der Mainstage in den belgischen Nachhimmel gebombt wurde, vermochte KREATOR die gebührende Ehre zu besitzen, dieses grandiose Festival zu beenden. Was für ein Abriss!
FAZIT
Ich bin mit keinerlei, bzw. relativ wenigen Erwartungen nach Kortrijk gefahren und wurde mit so unfassbar vielen grandiosen Eindrücken belohnt. Belgien zeigte auf eindrucksvolle Art und Weise, dass auch (Groß)Veranstaltungen mit rund 12.000 Personen, weitgehend ohne diverse Einschränkungen unter Beachtung der (gerade von unserer Regierung) vielgepredigten 3G Regel durchaus möglich sind.
Eine wahrhaft wunderschöne Location, überall freundliche Menschen, absolut nette und zuvorkommende Ordner, Kontrolleure und Einweiser, fantastisches Essen, spitzen Sound und eine durch und durch perfekte Organisation beherrschten das gesamte Festivalgeschehen.
Egal, ob es die Abwicklung und den enormen Aufwand der Kontrolle zur Einhaltung der 3G Regelungen mit den Schnelltestangeboten betrifft, den Transport der Menschenmassen zwischen Festival und Einlasshalle mittels Shuttlebus oder wenn es einfach um die Einhaltung des Zeitplanes auf den drei Bühnen geht, es war ALLES unfassbar entspannend, fast ohne Wartezeiten und auf den Punkt genau geplant, durchgeführt und völlig locker und perfekt geregelt. Meinen tiefsten Respekt für diese logistische Meisterleistung!
Sicherlich mag die aktuell schwierige Situation und der damit verbundene Konzertentzug einen wesentlichen Teil dazu beigetragen haben, dass gerade dieses Festival solch dermaßen heftige emotionale Regungen (von ausufernder Freude bis Tränen der Traurigkeit war alles dabei) in mir auszulösen vermochte, aber ich bin restlos begeistert.
Liebes ALCATRAZ MUSIC Team: Vielen Dank für dieses unvergessliche Wochenende. Das war wirklich ganz großes Kino. Ich komme gerne wieder! Wir sehen uns in 2022!