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DARK FORTRESS – Spectres from the Old World (2020)

(6.045) Schaacki (10/10) Black Metal

Label: Century Media Records
VÖ: 28.02.2020
Stil: Black Metal

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Viel Zeit ist vergangen seit dem letzten Output von DARK FORTRESS und was habe ich mir ein neues Release herbeigesehnt. Sicherlich bot „Venereal Dawn“ eine ganze Menge zu entdecken, zu erforschen und zu ergründen bis man sich irgendwann mal satt gehört hatte, doch nach nunmehr sechs Jahren, die diese Scheibe nun auch schon wieder auf dem Buckel hat, lechzte ich – und sicher auch einige andere Fans – nach Neuem. Seit 2016 las man entsprechend jedes Mal in meinem Poll den Wunsch nach einem Nachfolger. Klar, faul war die Band nicht – auch wenn ich mir etwas mehr live Präsenz (vor allem im Norden) vorstellen könnte – denn sie wieder-veröffentlichten einige ihrer Frühwerke in neuem Glanz, doch um den Hunger nach Frischfleisch zu lindern reichte dies natürlich nicht. Zwar schenkte ich diesen älteren Stücken nun auch mal etwas mehr Beachtung, doch eine wichtige Komponente fehlte ja: Sänger Morean, der seit „Eidolon“ (2008) zum Line Up gehört und die Band mit seinem enormen Stimmenspektrum sowie hoher Musikalität bereichert, ist einfach unverzichtbar.

An besagtem Album hänge ich aber auch so besonders. So eindrucksvoll die epischen und tiefgehenden Kompositionen von den darauf gefolgten „Ylem“ und „Venereal Dawn“ auch sein mögen, der Drive und die Zugänglichkeit sowie die Härte und Aggression von damals ging aufgrund des hohen Anspruches der letzten Scheiben etwas zurück. Doch mit „Spectres from the Old World“, um eines vorweg zu nehmen, zieht Mastermind und Hauptsongwriter V. Santura die Stellschrauben deutlich fester. Das zeigt schon das Intro „Nascence“. Es vergehen nur wenige Sekunden, da prügeln unbarmherzigen Drumsalven auf den Hörer ein. Schnell wird klar, dass hier ein anderer Wind als in den vergangenen Jahren weht. Zwar gibt das Keyboard schon etwas Atmosphäre vor, doch der Sound bleibt aggressiv. Der Übergang zum Opening Track „Coalescence“ ist dann flüssig und lässt keine Fragen mehr offen:

DARK FORTRESS werden 2020 keine Gefangenen machen. Die Nummer rast wie besessen los, die Drums hämmern gnadenlos, die Gitarren zerren finstere Melodien aus ihren Saiten und Morean bestätigt sofort, warum er so unentbehrlich ist, wie ich es anfangs beschrieben habe. Wo er verstummt, übernehmen die Keys und zaubern eine herrlich dunkle Atmosphäre. Darauf folgt wieder starke Gitarrenarbeit, diesmal unter anderem in Form eines Solos mit Old School Charme. Der Einstieg überzeugt sofort und die Rückkehr ist somit geglückt. Wenn ich da sehe, dass das gerade mal die ersten viereinhalb Minuten eines (wieder) sehr langen Gesamtwerkes waren, schwarmt mir im allerschönsten Sinne Böses.

„The Spider in the Web“ beginnt rockig und zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. Denn für einen Moment denke ich kurz an „Baphomet“, den Übersong der Landshuter. Allerdings wendet sich der Stil etwas ab und geht über in den Midtempo Bereich. Der Song wirkt tragend und die Atmosphäre liefert eine besondere Schwere. Auch hier glänzt abermals der Einsatz des Keyboards – ein Instrument, das für meinen Geschmack nirgends so gut genutzt wird, wie bei den Bayern. Viel zu oft machen mir die Tastenkameraden Songs mit ihrer „Überpräsenz“ oder einfach nur sehr viel Kitsch kaputt.

DARK FORTRESS schaffen es wie nur wenige mir eine üble Ganterperle zu verpassen. Doch abgesehen davon – und von dem wiederkehrenden, rockigen Anfangsriff – findet auch eine (beziehungsweise zwei) getragene Passage, wie sie von „Ylem“-Zeiten hätte stammen können, Einzug. „The Spider in the Web“ zeigt somit wunderbar, wie sich die Epik der jüngeren Veröffentlichungen mit alter Härte verbinden lassen. Der Titelsong „Spectres from the Old World“ macht seinem Namen dann wirklich alle Ehre. Denn er liefert mir tatsächlich einen Rückblick in die alte Welt – und zwar die von „Eidolon“, genauer gesagt erinnert mich diese fiese Brechstange ans gute alte „Catacrusis“. Ich sag euch, das Ding geht so derbe nach vorn, lässt euch mitwippen und auch –singen, dass ihr euren Spaß haben werdet.

Zum Ende gibt es, quasi zum Runterkommen, noch ein paar ruhige Klänge, die auch eine Überleitung ins nächste Stück liefern – und die ist auch echt gut überlegt. Denn wo es eben noch mächtig nach vorn ging, stampft die Truppe mit „Pali Aike“ durch eine wahrlich hypnotische Nummer. „Pazuzu“ ist nicht nur der Name des nächsten Titels sondern auch der des Winddämons der mesopotamischen Mythologie. Das Stück kommt wieder mit mehr Schwung daher und ehrt seinen Namensgeber äußerst passend. Auch hier könnte man gewisse Ähnlichkeiten zu einem Track von 2008, diesmal „Cohorror“, ausmachen.

Zur Anfütterung der Fans veröffentlichten DARK FORTRESS zuerst den kürzesten und anschließend den längsten Song ihres neuen Albums – auf der Platte selbst ist die Reihenfolge genau umgekehrt. „Isa“ ist in der Tat lang, aber mit Sicherheit keineswegs langatmig. Der Beginn ist zwar gezügelt, doch schon bald drücken schwere Gitarren und rollende Drums aufs Gehör. Es liegt ein nicht zu leugnender Hauch von Death Metal in der Luft. Das Stück hat eine Menge Groove und lässt vor allem auch Morean wieder Raum und Zeit um seine Vielfalt unter Beweis zu stellen. Doch auch die Gitarren dürfen sich noch einmal richtig austoben.

DARK FORTRESS können Epik eben einfach, langweilen dabei aber nie. Das folgende „Pulling at Threads“ legt dann, wie angekündigt, einen anderen Gang ein. Wer hier mitziehen will, sollte sich gut anschnallen. Bemerkenswert ist, dass dennoch immer Platz für Abwechslung bleibt, sind die Lieder auch mal kompakt aufgebaut. Apropos Abwechslung, das Riffing von „In Deepest Time“ lässt sogar mal eine leicht thrashige Note zu, aber eben ohne von stumpfen uffta-uffta Drums begleitet zu werden. Stattdessen verweilt man im Midtempo und stampft genüsslich vor sich hin. Erneut triumphiert darüber der facettenreiche Gesang. Im Zusammenspiel mit der Musik darf erneut das Wort hypnotisch benutzt werden.

An diese Stimmung knüpft das Interlude „Penrose Procession“ an. Der anschließende „Swan Song“ ist der zweitlängste Titel von „Spectres from the Old World“. Er spielt sehr gern mit dem Tempo, dem Härtegrad und mit den Gefühlen des Hörers. Mal wird man von hinten getrieben, dann wieder am Kragen gepackt und zurückgerissen, nur um verlassen und verletzt aber Boden liegengelassen zu werden – und dann wiederholt sich das Spiel auch noch. Ein verstörendes und aufwühlendes Stück!

„Nox Irae“ ist dann mehr Outro als vollwertiger Song, was nicht negativ gemeint ist. Eigentlich passt es ganz gut, dass ein Album wie dieses einen gesonderten Abschluss bekommt. Es hat mich viel Geduld gekostet, doch ich wurde belohnt – nach der langen Pause melden sich DARK FORTRESS mit einem echten Hammer zurück. „Spectres from the Old World“ schließt wie selbstverständlich einen Kreis um so ziemlich alle Schaffensphasen der Landshuter. Es vereint die Rohheit und Aggression vergangener Tage mit der Epik und Tiefsinnigkeit der letzten Veröffentlichungen. Genau so sollte diese Band auch einfach klingen. Man möchte meinen, dass die Bayern sämtliche Stärken auf ihrem neuen Album vereint haben, was auch die zahlreichen Querverweise zu früheren Scheiben deutlich machen müssten.

Und die Tatsache, dass dieses Review so ungewöhnlich lang ausfällt, sollte ein weiteres Indiz für den Umfang und den Abwechslungsreichtum sein, mit dem DARK FORTRESS zu Werke gehen. Wer diesem Album nichts abgewinnen kann, der sollte ernsthaft überlegen, ob extremer Metal wirklich was für ihn ist. Für mich haben wir es hier klar mit einem heißen Kandidaten für die Top 10 des Jahres 2020 zu tun!

Bewertung: 10 von 10 Punkten

Tracklist:
01. Nascence (Intro)
02. Coalescence
03. The Spider in the Web
04. Spectres from the Old World
05. Pali Aike
06. Pazuzu
07. Isa
08. Pulling at Threads
09. In Deepest Time
10. Penrose Procession (Interlude)
11. Swan Song
12. Nox Irae


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