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MORBID ANGEL – Kingdoms disdained (2017)

(4.232) – Jan (SABIENDAS) (8,0/10) Death Metal

Label: Silver lining music
VÖ: 01.12.2017
Stil: Death Metal

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Ich muss zugeben, dass mir vor dem ersten Durchören des aktuellen und langerwarteten Longplayers von Morbid Angel schon ein wenig die Finger gezittert haben. Sechs Jahre ist es nun her, dass die bis dahin als „Legende“ angesehene Band, wohl eines der meist polarisierenden Alben der Death-Metal-Geschichte auf den Markt gebracht haben. Nun, nach einiger Überlegung denke ich, dass gerade „Illud Divinum Insanus“ einer der Gründe ist, warum die Veröffentlichung von „Kingdoms Disdained“ doppelt spannend ist und man hier vielleicht noch einen Satz über das 2011er Album verlieren darf. Wobei wir beim Thema „Erwartungen“ wären.

Damals brachten Morbid Angel, nach der Rückkehr von David Vincent und nach neunjähriger Pause, wieder ein Album heraus, welches von den meisten Fans wohl als klassischer Griff ins Klo wahrgenommen wurde. Bei mir war es so, dass sich eigentlich eine Befürchtung erfüllt hat. Seit „Blessed are the Sick“ wurde immer wieder mit Akustikinstrumenten, Sound-Collagen und Industrial-Elementen experimentiert. Auf „Illud..“ hat man es leider übertrieben und wohl die Kontrolle verloren. Dies führte dann leider auch dazu, dass die eigentlich guten Detah-Metal-Songs nicht mehr wirklich wahrgenommen wurden. Hätten Morbid Angel einen gewissen Rahmen nicht überschritten, hätten wir damals zwar kein herausragendes, aber immerhin ein gutes Album gehabt. (hätte, hätte Fahrradkette….ja ja ich weiß). Warum schreibe ich das alles?

Ich denke die meisten von Euch da draußen fragen sich ob Morbid Angel überhaupt nochmal zu ihrer alten Form zurückfinden können, ob ich meinen Morbid Angel Backpatch jetzt abtrennen muss oder ob man sagen kann „yeah, sie sind wieder da!“. Zusätzlich frage ich mich, ob ich als Fanboy seit 1989, überhaupt eine objektive Aussage zu „Kingdoms Disdained“ machen kann. Nun, eins vorweg: JA! Man kann und der Patch bleibt drauf!

Nachdem sich nun das Besetzungskarussell kräftig gedreht hat, Steve Tucker erneut David Vincent abgelöst hat, mit Scott Fuller der Platz am Schlagzeug neu besetzt wurde und Dan Vadim Von nun für die zweite Gitarre verpflichtet wurde, kündigten Morbid Angel an, nun wieder ein reines Death-Metal-Album heraus bringen zu wollen. Zur Realisierung zog man dann auch in die ManaRecordingStudios ein, welche sich mittlerweile zu einer der ersten Adressen für Death-Metal-Produktionen entwickelt hat. Zusätzlich wurde niemand geringeres, als Morbid Angel Interims-Mitglied und Session Gitarrist Eric Rutan, als Produzent verpflichtet. Na wenn das mal keine gute Arbeitsgrundlage ist. Das Ergebnis kann sich mehr als hören lassen.

Der Eröffnungstrack mit dem Titel „Piles of Little Arms“ wurde ja bereits als Promo-Track veröffentlicht und sorgte für gemischte Reaktionen, zeigt aber deutlich in welche Richtung, die neuen Songs gehen. Was Songwriting, Sound und stilistische Ausrichtung angeht, ist Morbid Angel wieder in der „Tucker-Ära“ angekommen. Das aktuelle Album besinnt sich auf alte Stärken und greift die besten Elemente der Alben „F“ bis „H“ auf und entwickelt diese konsequent weiter. Die Scheibe hätte man eigentlich als direkten Nachfolger von „Heretic“ erwarten können, wäre die Band in der damaligen Besetzung zusammengeblieben. Im Vergleich mit momentan gängigen Produktionen und aktuellen Hörgewohnheiten im Extreme-Death-Metal, wirken Morbid Angel dadurch allerdings wieder erstaunlich frisch und unterstreichen wieder ihre Einzigartigkeit als Band. Vor allem hat Mastermind Trey Azathoth wieder zu alter Form und Spielfreude zurück gefunden.

Im ersten Durchlauf wird aber auch klar, dass es sich hier nicht um „leichte Kost“ handelt. Ähnlich wie bei „Formulas Fatal to the Flesh“ brauchte ich einen zweiten Durchgang damit das Album richtig zünden konnte. Bei ersten Mal, war ich schlicht von den Eindrücken überrumpelt. „Piles of Little Arms“ ist meiner Meinung nach leider der Song mit den weitesten Strecken und wird als Promo-Song dem Gesamtkunstwerk nicht wirklich gerecht. Der Folge-Song „D.E.A.D.“ schlägt da direkt in eine ganz andere Kerbe. Augenscheinlich chaotisches schräges Riffing, mehrfach sehr abrupte Tempowechsel und ein wild anmutendes Drumming, welches einem schlicht die Luft raubt. Wandelbar wie ein Shoggoth auf Speed und erstmal nicht sehr zugänglich. Aber Azathoth spielt inmitten des Chaos seine kakophonische Flöte und verpasst dem ganzen doch eine Struktur und Nachvollziehbarkeit. Scott Fuller braucht sich hinter der Bestform eines Pete Sandoval nicht verstecken.

Righteous Voice“ bietet danach den perfekten Kontrast mit klassischen Morbid Angel-Songwriting. Präzise Blastbeat-Einleitung gefolgt von einem schleppenden Mid-Tempo-Riff welches sich immer wieder mit Blasts abwechselt. Der Gesang orientiert sich da Tucker-Typisch an der Melodie der Gitarren und greift auf die gewohnte Trademarks zurück. Insgesamt deutlich eingängiger. „Architect and Iconoclast” fällt durch einen wahrlich epischen Mittelteil auf und bei „Paradigms Warpes“ habe ich mehrfach auf Rewind (wer kennt‘s noch?) gedrückt um mir eine Passage in der sich Bass und Gitarren im Wechsel duellieren, also Bass spielt allein, mehrfach anzuhören. Starker Song!

The Crumbling Chaos“ ist ein zusätzliches Highlight des Album. Durch den leicht helleren und gedoppelten Gesang wirkt der Song ein wenig wie ein Klassiker aus der Mike Browning-Ära und beinhaltet zum Ende hin einen Gitarrenlauf der sich zwischenzeitlich zum immer wieder in eine Solo und wieder zurück verwandelt. Ich will an dieser Stelle jetzt nicht jeden Song einzeln aufdröseln, aber um nochmal auf die Einleitung zurück zu kommen, ist mit „Declaring for War“ auch ein Song vorhanden der mich mit seinem stampfenden Beat und einer gewissen Monotonie, spontan an „Destrutors vs. The Earth“ erinnert. Die Wirkung des Songs wird hier allerdings durch den Gesangsstil von Steve Tucker hervorgehoben, welche natürlich auf permanente Wiederholung des Titels verzichtet.

Die Gitarren wirken sehr raumgreifend und organisch. Wahrscheinlich waren hier wohl auch wieder 1-40 Gitarrenspuren auf dem Mischpult aktiv. Typischer Morbid Angel-Mix um es mal kurz zu beschreiben und eine wirklich gute Abwechslung zum doch manchmal eher klinischen Sound anderer aktueller Produktionen. Schlagzeugtechnisch hätte ich mir etwas weniger Fokus auf Snare und ein wenig mehr Bassdrum gewünscht. Aber das sind eher Kleinigkeiten.

Mein Fazit an dieser Stelle ist, dass Morbid Angel relativ nahtlos an eine Ära angeknüpft haben, welche leider (oder zu dem Zeitpunkt auch nicht) im Jahr 2004 ein jähes Ende fand. Alle neuen Bandmitglieder fügen sich sehr gut ein und haben den typischen Stil absolut verinnerlicht. Ein Vergleich mit diversen Ex- und Gründungsmitgliedern ist hier unnötig. Alles passt. Was ich aber besonders hervorheben möchte ist, dass Trey es geschafft hat, jedem Song ein eigens Highlight zu verpassen, durch welches sich jeder Song abhebt und einen guten Wiedererkennungswert erhält „Kingdoms Disdained“ ist kein genredefinierendes, wegweisendes Meisterwerk. Die Zeiten sind vorbei und solche Alben wird es wohl weder von Morbid Angel, noch von irgendeiner anderen Band jemals wieder geben. Man kann die „Altars of Madness“ nur einmal im Leben zum ersten Mal hören, sag ich immer.

Morbid Angel melden sich aber mit einem wirklich überdurchschnittlich guten Album zurück, welches es schafft, eine klare eigene Linie zu verfolgen und sich aus der Masse abzuheben. Der Eindruck eines schlecht ausgefeilten Songwritings, welchen ich nach dem ersten Durchlauf hatte, hat sich bei genauer Betrachtung nicht betätigt. Ich würde sagen die Rückeroberung des Death-Metal-Olymp kann starten. Auch nach 30 Jahren immer noch, oder wieder eine eigene Marke! Über den weltenzerstörenden Rübezahl auf dem Cover kann jeder denken was er will.

Bewertung: 8,0 von 10 Punkten (natürlich total objektiv)

Tracklist:
01. Piles of little arms
02. D.E.A.D.
03. Garden of disdain
04. The righteous voice
05. Architect and iconoclast
06. Paradigms warped
07. The pillars crumbling
08. For no master
09. Declaring new war
10. From the hand of kings
11. The fall of idols

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