MINENWERFER – Feuerwalze (2023)
(8.222) Niclas (9,0/10) Black Metal
Label: Osmose Productions
VÖ: 10.03.2023
Stil: Black Metal
In den letzten Jahren gewinnt der Erste Weltkrieg als Thema für diverse Metal-Bands immer mehr an Prominenz. Es wird verdammt Zeit sage ich dazu! Lange Zeit schien es so, als würden die unbeschreiblichen Gräuel des Zweiten Weltkriegs die ursprüngliche Katastrophe des 20. Jahrhunderts auf ewig überschatten, doch diese neue Garde an Metal-Bands scheint ein simples Faktum verstanden zu haben: Der Erste Weltkrieg war mit Abstand der sinnloseste Krieg der Menschheitsgeschichte.
Während man beim Zweiten wenigstens noch auf die Notwendigkeit zur Bekämpfung der Nazis verweisen kann, die für Millionen von Menschen in Europa eine existenzielle Bedrohung darstellten, gab es im Ersten kein klares Gut und Böse, keine hehren Ziele. Stattdessen war der Erste Weltkrieg nichts weiter als ein gewaltiger Schwanzvergleich zwischen den europäischen Nationen, in dem Millionen für nichts weiter starben als die gekränkten Egos einiger größenwahnsinniger Monarchen. Daher eignet er sich wohl besser als jeder andere Krieg, die Sinnlosigkeit des Krieges allgemein zu verdeutlichen.
MINENWERFER sind eine Band, die wie kaum eine zweite die Schrecken des Krieges in eine musikalische Form gießen kann. Das amerikanische Duo von Generalfeldmarschall Kriegshammer und Wachtmeister Verwüstung ist eine von jenen Bands, die sich mit jedem Album neu erfindet, um den Sound der Musik and die Thematik des Albums anzupassen, ohne aber ihren unverkennbaren Sound zu verlieren. Während das Vorgängeralbum „Alpenpässe“ noch sehr melodisch und atmosphärisch ausgelegt war, um die majestätische Gebirgskulisse der italienischen Front in den Köpfen der Zuhörer sichtbar zu machen, schlägt man auf „Feuerwalze“ eine weitaus direktere und aggressivere Route ein.
Das Album dreht sich um die höllische Schlacht an der Somme 1916, ihrerseits nicht nur eine der schrecklichsten Gefechte des Krieges, sondern der gesamten Menschheitsgeschichte. Und MINENWERFER geben sich alle Mühe, die Hölle der Somme auch für den Hörer nachvollziehbar zu machen. Schon der Opener „Cemetery Fields“ setzt den Standard dafür fest. Das Sample einer schrillenden Trillerpfeife reißt einen aus dem Schlaf und dann ist es fast so, als könne man den Klang des Grabenkampfes selbst aus den Lautsprechern kommen hören. Statt atmosphärischer Gebirgsromantik erwarten den Hörer rumpelige Dauer-Blasts wie das Feuer eines rostigen Maschinengewehrs, kreischende Gitarrensoli und gequälte Screams ohne lange Atempausen.
Die bewusst dreckige Produktion tut ihr Übriges dazu. Wenn man ähnlichen Bands wie 1914 oder KANONENFIEBER eines vorwerfen kann, dann dass die glatt polierte Produktion der Atmosphäre allzu oft eher abträglich ist. MINENWERFER klingen indessen so, als hätte man den Schlamm des Schlachtfeldes direkt auf die Platte geschmiert. Trotzdem ist die Melodik des Vorgängeralbums auf „Feuerwalze“ nicht komplett vergessen. Songs wie „Eternal Attrition“, „Nachtschreck“ und „Labyrinthine Trench Sectors“ warten mit ebenso vielen raffinierten Riffs auf wie mit purer ungebremster Aggression.
„Feuerwalze“ ist definitiv kein Album, das man sich zum Entspannen an einem ruhigen Sonntagnachmittag anhören würde. Wahrscheinlich ist man nach dem Hören eher noch gestresster als vorher. Aber vielleicht ist das auch das Ziel. Was es nämlich zweifellos ist, ist ein monumentales Kunstwerk, das dem Hörer die grausame Sinnlosigkeit des Krieges wie kaum ein zweites vor Augen führt. Nicht schön, aber notwendig.
Bewertung: 9,0 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. Cemetery Fields
02. Feuerwalze
03. Eternal Attrition
04. Nachtschreck
05. Sturmtruppen III (Sommekämpfer)
06. Shrapnel Exsanguination
07. Labyrinthine Trench Sectors
Anmerkung der Redaktion:
Aufgrund des Führens eines Eisernen Kreuzes im Bandlogo wurden den Musikern des Öfteren unterstellt, Nazis zu sein bzw. die nationalsozialistische Ideologie zu glorifizieren. Auch wird das Label Purity Through Fire, bei welchem die Band unter Vertrag steht, kritisch gesehen, da diese auch rechtsextreme Gruppen wie Leichenzug, Kroda und Ødelegger verlegt.
„Here and there, I have cared less and less over time. If you're ignorant of history and just a politically correct crybaby, go find a different band to listen to. That being said, it's been a while since we've had any accusations, but I'm sure there are various venues and cities that would be less than welcoming to us, just because of lack of research. I choose not to worry about it, and don't feel the need to defend anything.“
– Kriegshammer im Interview mit Brutal Sedation
„Hier und da, mit der Zeit hat mich das aber immer weniger gekümmert. Falls du ignorant gegenüber der Geschichte und lediglich eine politisch korrekte Heulsuse bist, suche dir eine andere Band zum hören. Davon abgesehen ist es eine Weile her als wir zuletzt mit Anschuldigungen konfrontiert wurden, wobei ich mir allerdings sicher bin, dass es vereinzelte Locations und Städte gibt die uns aufgrund der fehlenden Recherche eher weniger willkommen heißen würden. Ich habe beschlossen mich nicht darüber zu sorgen und ich verspüre auch nicht den Drang irgendetwas verteidigen zu müssen.“
– freie Übersetzung
In einer Besprechung der Split-Veröffentlichung Ich hatt einen Kameraden mit der ukrainischen Band 1914 auf Powermetal.de schloss der Rezensent bei beiden Gruppen trotz der lyrischen Thematik eine Verankerung von rechtem Gedankengut in den Liedern aus. (Quelle: Wikipedia)
Die Band ist mittlerweile bei Osmose unter Vertrag.