Alben des Jahres 2023

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HIPSTER MIT SCHWERTERN



Spricht man von Viking Metal, dem echten, den unverfälschten, den unverwässerten, kommt man unweigerlich auf die Mannen aus Haugesund zu sprechen, die mit ihrem neuen und nunmehr neunten Album „North star“ die Fahne weiterhin hochhalten, während sich ehemalige Weggefährten musikalisch aus dem Rennen um den Thron der Nordmänner verabschiedet haben. Mal ehrlich: Gibt es überhaupt noch ernsthafte Konkurrenz zu Einherjer? Die Diskussionsrunde unter den Fans sei hiermit eröffnet und ich gebe die Frage mal direkt an Drummer Gerhard Storesund alias Ulvar weiter, mit dem ich ein lauschiges und zuweilen sehr amüsantes Gespräch führte…

Hm, ich mag diesen sogenannten Wettkampf nicht und will uns auch gar nicht mit anderen Bands vergleichen. Es gibt keine Konkurrenz, lediglich Kollegen, ob nun gute oder weniger gute (grinst). Aber ich gebe Dir insofern recht, dass wir immer noch unseren Wurzeln treu geblieben sind, wo hingegen andere diese Pfade schon vor langer Zeit verlassen haben und andere musikalische Richtungen eingeschlagen haben. Ich werde hier allerdings keine Namen nennen, hahaha.

Kannst Du mit dem Begriff „Viking Metal“ überhaupt was anfangen? Seht Ihr Euch selber in einer Linie mit den Nordmännern?

Manchmal mache ich mir schon Gedanken darüber, ob dieser Begriff unsere Musik richtig definiert. Vieles wird mittlerweile als Viking bezeichnet, was für mein Dafürhalten eher in die Richtung Folk, Pagan und viele andere Subgenres geht und nicht unbedingt dem ursprünglichen Gedanken entspricht. Für uns wird es solche Ausflüge nicht geben, wir bleiben weiterhin dem Metal treu und werden ihn in dieser Art und Weise auch immer weiterspielen. Wir hat halt keinen Folk und werden unsere Songs auch niemals mit solchen Elementen anreichern. das glaubt uns sowieso keiner (lacht).

Zum zweiten Teil Deiner Frage: Ich persönlich sehe mich in keiner direkten Linie zu den alten Nordmännern, denn ich lebe urban, in einer Stadt, wenn auch einer kleinen, in einer sekularen Gesellschaft. Wir leben heutzutage einfach zu komfortabel und die Bindung zur Natur ist komplett verloren gegangen. Ich persönlich versuche mich so oft wie es nur geht aus der Gesellschaft herauszunehmen, auch um meine Gedanken zu sortieren, schalte das Telefon aus, trinke meinen Kaffee im Wald und versuche, an diesem von mir genannten ”heiligen Ort” den alten Idealen zumindest ein wenig gerecht zu werden. Wir alle stecken einfach zu sehr in der Moderne fest, so dass wir viele ursprüngliche, positive Ideen einfach vergessen und verdrängt haben, was ich sehr schade finde.

Dazu natürlich die Frage: Hast Du „Vikings“ gesehen und was hast Du von der Serie gehalten? Ich fand sie zum Schluss etwas unglaubwürdig.

Natürlich habe ich die gesamte Serie gesehen und ich bin mehr als einmal vom Glauben abgefallen, was da so erzählt wurde. Ich stimme Dir also komplett zu. Ich denke, man muss die Serie so nehmen, wie sie gedacht ist: Als pures Entertainment mit gutaussehenden Menschen, die Schwerter tragen. Hipster mit Schwertern sozusagen (lacht). Ich war mehr als einmal ziemlich angepisst über das, was die da einem erzählen wollten. Ok, manche Sachen waren durchaus historisch korrekt, doch die Wikinger sind ja nicht nur rumgezogen, haben geplündert oder gebrandschatzt. „The last kingdom“ war auch so ein Quark, der sich anfangs historisch korrekt angefühlt hat, doch dann kamen wieder die wunderbar am Schädel glattrasierten Nordmänner in Hipster Klamotten. Meine Fresse, welcher Depp hat sich das ausgedacht (lacht)?

Die Wikinger waren nicht nur Krieger, sondern auch Bauern, Erfinder und vor allem Entdecker, die eine tiefe Verbundenheit zur Natur hatten, selbstständig waren und definitiv keinen Gilette Rasierer kannten, mit dem man sich einen Undercut zulegen kann, hahaha.


Wie hat sich diese weltweite Situation allgemein auf euch als Band, sowie den Entstehungsprozess für „North Star“ ausgewirkt? Einige Musiker berichten ja, dass sie dadurch noch intensiver denn je mit ihren Werken, bzw. Instrumenten beschäftigt haben. Könnt ihr ähnliches berichten?

Definitiv, doch bei uns war das eher der Aufnahmeprozess zum Album, denn spielen konnten wir ja vorher schon recht passabel (lacht). Man könnte sogar fast sagen, dass uns die Pandemie durchaus in die Karten gespielt hat, denn wir hatten diesmal viel mehr Zeit für das Album als früher und vor allem (etwas sarkastisch) keine störenden Konzerte oder Festivals, die einem unnötig die Zeit rauben. Doch auch uns hat es dann erwischt, denn eigentlich war die Veröffentlichung zu Oktober 2020 angedacht gewesen, doch auch das hat uns nicht zurückgeworfen, im Gegenteil, denn wir haben die freie Zeit genutzt, um noch ein wenig an dem Album herumzufeilen, was auszuprobieren.

Ich muss zugeben, dass „North Star“ ist seit Eurem überragenden Debüt „Dragons of the north“ das erste Album ist, welches mir wieder so richtig zusagt. Auch kann man einige musikalische Parallelen erkennen. Inwieweit werdet Ihr noch von Eurem ersten Album beeinflusst? Oder verfolgt Euch dieses überragende Stück Musik quasi wie ein Fluch?

Es ist definitiv kein Fluch, eher ein großartiger Meilenstein in unserer Karriere, der uns bis heute anhängt. Als das Teil 1996 rauskam, befanden wir uns immer noch in der Findungsphase, sei es musikalisch oder als Band. Überall wurde Black Metal gespielt und wir versuchten etwas völlig anderes und stellten uns gegen alle vorherrschenden Trends, was durchaus ein Risiko war. Das Album war sehr originell und orientierte sich mehr am traditionellen Heavy Metal, was wir heute auch noch tun.

Du gehörst zu den Leuten, die „Dragons of the north“ geil finden, aber es gibt auch viele andere, die erst ab „Odin owns ye all“ so richtig auf uns aufmerksam wurden und mit dem Debüt oder den neueren Scheiben rein gar nichts anfangen können, aber so findet jeder seinen persönlichen Favoriten.

Zwischen 2004 und 2008 nahmen wir uns eine längere Pause und als wir uns danach wieder zusammenfanden, gab es tagelange Diskussionen darüber, wie wir uns zukünftig musikalisch aufstellen würden. Sollten wir alte Ideen aus der „Blot“ Phase wieder aufnehmen? Sollten wir neue Ideen entwickeln? Wohin würde die Reise gehen. Irgendwann war aber klar: Fuck the old shit! Wir zogen einen radikalen Schlussstrich und begannen, etwas Neues zu kreieren. Das zog sich dann von der danach veröffentlichten „Norrøn
“ bis zur heutigen „North star“ hin und war ein stetig wachsender Prozess. Wir sind jedenfalls bis heute auf einem sehr guten Weg.

"North star" als Titel ist eindeutig und klar zu verstehen. Was wollt Ihr uns mit diesem Titel aber genau sagen? Was steckt hinter den Texten auf dem neuen Album?

Da gibt es eine ganze Menge, auch für mich persönlich. Natürlich kennen viele den Nordstern, manche aber auch nicht, vor allem nicht, welche verschiedenen Bedeutungen er in vielen Kulturen, wie beispielsweise im antiken Ägypten hat und hatte. Wir nahmen ihn als Albumtitel…,weil er einfach cool klingt (grinst). North benutzen wir als Wort ja auch ziemlich häufig. Die Drachen kamen von „north“, „Far far north“ und dazu gibt es auch Native north Records, die damals unsere „Norwegian native arts“ Scheibe veröffentlicht haben.

Natürlich weiß man, dass bereits die Wikinger den Nordstern als Orientierung benutzten, doch für mich geht es hier mehr um Symbolik, um Metaphern und primär gar nicht um diesen Fakt beispielsweise. Es geht um eigene Ziele, um die eigene Orientierung, um einen Pfad, den man beschreitet. So wie ich vorhin erzählte…der Pfad von „Norrøn
“ bis zum neuen Album.

Das Album ist im Homestudio von Frode Glesnes (aka Grimar) entstanden. Ist das auf die Pandemie zurückzuführen? Hatte dieser Fakt evtl. einen besonderen Einfluss auf das neue Album, bzw. gab es dadurch Unterschiede zu früheren Aufnahmen in anderen Studios?

Ich muss da natürlich anmerken, dass unser Vorgänger „Norrøne spor“ ebenfalls bei Frode aufgenommen wurde und somit war das kein so großes Spektakel wie jetzt vielleicht von Dir vermutet (grinst). Es ist einfach am komfortabelsten für uns, denn wir können aufnehmen und Arbeiten, wann wir wollen. Wir haben alle reguläre Jobs, Familien, Kinder und genießen es, nicht für Monate von Zuhause weg sein zu müssen, um ein Album aufzunehmen. Es hat natürlich eine Weile gedauert, seit Frode das Studio für sich vor Jahren erwarb, bis wir unseren Arbeitsrhytmus gefunden hatten, doch mittlerweile wollen wir diesen einfach auch nicht mehr missen. Mittlerweile ist es für uns der einzige Weg, ein Einherjer Album aufzunehmen.

Ich kann mir auch absolut nicht mehr vorstellen, beispielsweise nach Schweden in ein Studio zu fahren, dieses vier Wochen später zu verlassen und die ganze Zeit ein mieses Gefühl zu haben, man hätte irgendwas vergessen, hätte irgendetwas besser machen können.

Am Wochenende habt Ihr Eure Records Release Show gespielt. Viele Bands hatten vorher immer von einem mehr als merkwürdigen Gefühl gesprochen, ohne Publikum aufzutreten. Wie war es für Euch? Wie waren die Reaktionen?

Wieso ohne Publikum?

Mir wurde zugetragen, es wäre eine Online Show, ein Livestream…

Nein, das war eine reguläre Show mit Zuschauern…

Verdammt, da habe ich nicht gründlich recherchiert…sorry.

Schon gut, liegt vielleicht auch daran, dass Ihr in Deutschland sowas schon gar nicht mehr kennt (lacht). Außerdem sah ich eine Menge Posts in den sozialen Netzwerken, die irgendwas von einem Stream faselten. Aber es war ein absolut regulärer Gig. Natürlich mit weitaus weniger Publikum als sonst, aber immerhin. Es waren 100 Zuschauer erlaubt, die in einem Theater alle zu sitzen hatten.

Als wir den Gig im Vorfeld planten war von 200 die Rede und dementsprechend hatten wir dann auch die Tickets verkauft. Du kannst Dir das Drama vorstellen, als diese Zahl eine Woche vor dem Gig nach unten korrigiert wurde. Doch die Location verhielt sich megacool und erlaubte uns, Freitag und Samstag zu spielen und somit jeden Inhaber eines Tickets in den Genuss des Konzertes kommen zu lassen. Es war ein tolles Gefühl, die Leute von ihrem Netflix, Home Office und -schooling mal wieder vor die Bühne zu bringen, um ein wenig Normalität zu erfahren, ein Bier zu trinken und ein Konzert zu sehen.


Seit 2020 ist Tom Enge als neuer Gitarrist mit Teil der Einherjer Familie. Wie kam der Wechsel zustande und hat er als neues Bandmitglied das Songwriting in irgendeiner Art beeinflusst?

Tom kennen wir schon unser gesamtes Erwachsenenleben und ist ein enger Freund von uns. Wir haben über ihn allerdings nie als Mitglied der Band nachgedacht, weil wir eben komplett waren (lacht). Als sich Aksel dann entschloss, die Band zu verlassen merkten wir schnell, dass Tom die absolut beste Wahl für den vakanten Posten war. Er ist extrem talentiert und vor allem ein Multi-Instrumentalist. Er spielt Drums, vielleicht sogar besser als ich, dann natürlich Gitarre, er kann singen und er spielt Banjo, was er sich in einer Woche selbst beigebracht hat, hahaha.

Es gibt natürlich viele gute Musiker, die auch für Einherjer infrage gekommen wären, doch wir wollten unbedingt einen Local Guy in der Band und er passt einfach wie Arsch auf Eimer, ist witzig und hat sich super eingeführt. Zum Songwriting konnte er nichts mehr beitragen, da er erst spät während des Gesamtprozesses zu uns stieß und die Songs bereits fertig waren. Aber er wird definitiv mit seinen Ideen die nächsten Alben bereichern.


Welche Erwartungen knüpfst Du an das neue Album?

Ich weiß es ehrlich gesagt gar nicht. Wir sind erstmal heilfroh, dass das Teil endlich draußen ist. Mann, wir hatten verdammt viele Pläne mit dem Ding. Tourneen, Festivals und andere Dinge, um die Scheibe angemessen zu promoten. 2020 wollten wir auch schon unterwegs sein. Warum das wohl nicht geklappt hat…Jetzt müssen wir schauen, wie es weitergeht, machen viele Interviews und freuen uns einfach tierisch darüber, dass „North star“ unglaublich gut ankommt und das Feedback echt gigantisch ist. Ja, wir haben auch über Streaming Shows nachgedacht und gesprochen, doch das ist absolut nichts für uns.

Mit „North Star“ seid ihr, nach Eurem Debüt 1996, wieder zurück bei Napalm Records unter Vertrag. Gab es dafür besondere Gründe? Back to the roots zum Bespiel? Ihr wart ja mit Indie Recordings eigentlich recht erfolgreich.

Da gab es mehrere Gründe für, doch der einfachste ist, dass der Vertrag mit Indie Recordings ausgelaufen war und wir uns einfach mal umgeschaut haben, wo für uns was zu holen wäre (grinst hörbar). Und das Interesse war tatsächlich recht zahlreich vorhanden, was für jede Band ein Geschenk ist, denn heutzutage ist es nicht mehr ganz so einfach, einen vernünftigen Deal an Land zu ziehen.

Napalm waren sofort Feuer und Flamme und wenn man sich den Werdegang des Labels mal anschaut sieht man, dass die Bude mittlerweile ein klein wenig größer ist als wie damals, wo sie uns bereits unter Vertrag hatten (lacht). Es ist vielleicht nicht back to the roots, aber sicherlich ein Kreis, der sich nun geschlossen hat.


Ulvar, Danke für das Gespräch. Die letzten Sätze sollen Dir gehören. Was gibt es aus Deiner Sicht noch zu sagen? Grüße an die Fans? Die nächsten Beutezüge der Wikinger ins alte Europa?

(lacht) Ich will auf jedem Fall allen von Euch da draußen ans Herz legen, wieder vermehrt physische Produkte zu kaufen und auf den ganzen Download Scheiß zu verzichten oder diesen zumindest einzuschränken. Es geht nicht unbedingt um uns, denn wir haben Jobs und sind unabhängig von der Band, doch viele Bands nagen am Hungertuch, haben sich jahrelang den Arsch abgespielt und nichts kommt dabei rum. Leute, jeder braucht was zu essen und andere Dinge, um vernünftig zu leben, zu überleben. Das ist für mich eine verdammt wichtige Sache, die ich einfach noch ansprechen musste.


OLAF

Interviewpartner: Gerhard Storesund (Ulvar) (Drums)


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