Alben des Jahres 2023

DIE Alben DES MONATS (02/24)

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Es war ein Paukenschlag! Unerwartet frisch und befreit ballerten uns Die Apokalyptischen Reiter am 25.08. diesen Jahres mit "Der rote Reiter" eines ihrer besten Alben der Bandhistorie vor den Latz und zeigten uns: Ja, die Reitermania ist wieder da! 2 Jahre hatte man sich vom Schlachtfeld der Musikindustrie zurückgezogen und tief Luft geholt, um ein Meilenstein in der 22 Jahre andauernden Erfolgsgeschichte der Thüringer aufs Tableau zu hieven, welcher nicht nur bei den Kritikern, sondern vor allem bei den Fans für mächtig Anklang sorgte. Grund genug Reiter Viersaiter Volkmar bei seinem Gastspiel im Berliner SO36 zu einem mehr als angenehmen Plausch zu treffen und ein wenig die Hintergründe zu beleuchten…

Volkmar, willkommen zurück in Berlin. Ist ja auch schon wieder ne halbe Ewigkeit her…

Stimmt! Wir haben uns tatsächlich vorhin gefragt, wann wir letztmals hier waren. Das muss die Heidenfest-Tour gewesen sein…das war entweder im Kesselhaus oder im Postbahnhof, das weiß ich nicht mehr so genau. Aber irgendwo musst du ja die ganzen Bands unterbringen. Wenn ich heute das SO36 sehe, das ist schon etwas kuschliger. Vor ein paar Tagen muss hier so eine Deathcore Tour mit 7 Bands durchgeschossen sein. Kann mir gar nicht vorstellen, wie hier 40 Leute rumwuseln, hahaha.

Ihr seid zurück! Freut uns alle sehr. Hat Euch denn die selbstauferlegte Auszeit von rund 2 Jahren gutgetan?

Ich denke schon, denn wir merken, dass das, was wir vermisst haben, wieder da ist. Der Kick und das gute Gefühl, wieder da zu sein, Gigs zu spielen. Nach 20 Jahren hatten sich da ein paar Routinen eingeschlichen und überhaupt ist die 20 eine so gewaltige Zahl, da haben wir einfach realisiert, dass dies der beste Zeitpunkt wäre, mal einen Cut zu machen. Jeder hat in der Zeit sein Ding durchgezogen, dafür war es umso schöner, als wir wieder anfingen, zusammen Musik zu machen. Bei den letzten Alben bestand der Entstehungsprozess aus unglaublich viel Denkarbeit, dafür sind wir durch die ganze Welt geschippert, waren auf einem Hausboot, haben uns eine Hütte im Riesengebirge gemietet und musste von jetzt auf gleich kreativ sein. Das ist meist nicht ganz so einfach, wie es sich einige Leute vorstellen.

„Der rote Reiter“ war so als Release überhaupt nicht geplant, weil wir uns keinerlei Zeitdruck unterwarfen und einfach ohne jegliche Gedanken drauf losschrieben. Dann kam da aber so viel geiles Zeug zusammen…dennoch waren wir der Auffassung, die Songs hätten Demostatus. Wir wussten allerdings relativ frühzeitig, dass wir von Vincent Sorg als Produzenten mal weggehen wollten, nicht weil wir nicht zufrieden waren, sondern einfach um auch mal eine Veränderung herbeizuführen. Musiker halt (lacht). Es stand ebenfalls ziemlich früh fest, dass wir mit Eike Freese und Alex Dietz was machen wollten, luden die beiden dann auch zu uns in den Proberaum nach Weimar ein, um ihnen was vorzuspielen wovon wir halt dachten, das ist maximal Demostatus. Wir dachten da kommt so eine Ansage von wegen: „Uuuh, da müssen wir jetzt noch ein Jahr dran arbeiten, damit das richtig geil wird.“ Doch mitnichten. Stattdessen hieß es, wir sollen da bloß die Pfoten von lassen, das ist geil, das hat Energie, Eier und ist genau das, was wir uns wünschen.

Eike und Alex haben ähnlich wie wir die Metal-Roots, sind fast im gleichen Alter und haben uns ziemlich schnell davon überzeugt, ein rasiermesserscharfes Reiteralbum zu machen. 2 Monate später sind wir dann mit diesen Songs im Studio aufgeschlagen und haben uns bei den Aufnahmen oft an unsere Anfangstage erinnert, wo wir geradeaus gespielt haben, feststellten, dass das geil ist und es einfach so übernommen haben. Dieses Bauchgefühl muss man sich auch trauen, denn wenn man mit eigenen Songs zu lange in Revision geht, kann das auch schonmal nach hinten losgehen. Bei diesem Denkprozess kann es dann auch unter anderem dazu kommen, dass der eigentliche Kerngedanken vollkommen verloren geht und ein vermeintlich guter Song auf der Strecke bleibt, weil zu viel an ihm herumgedoktort wurde. Dann wird es ein Kopfalbum, welches am Reißbrett entstanden ist und nicht mehr ein emotionales Bauch-Album, welches die ursprüngliche Energie nicht mehr einfängt.

Eine gute Überleitung zu einer Frage, die Du mir noch nicht beantwortet hast (Gelächter). „Tief, tiefer“ war für mich so ein Kopfalbum, bei dem scheinbar im Nachhinein noch viele Stellschrauben angezogen wurden und wenn ich mir die Setlist der vergangenen Shows und auch die von heute anschaue…da befindet sich nicht ein einziger Song mit drauf…und das obwohl das Album ja Euer letztes war…

Ja, stimmt. Das ist ein richtiger Cut. „Tief, tiefer“ war auch ein riesiges Mammutprojekt mit den parallel zwei geschriebenen Alben, wobei wir im Nachhinein vielleicht doch erst das eine und nach einer Pause von vielleicht einem dreiviertel Jahr das zweite Album hätten veröffentlichen sollen. Das birgt immer gewisse Risiken, so wie wir es gemacht haben, da wir uns auch immer wieder emotional ganz anders positionieren mussten. Es kamen viele persönliche Momente dazu, was „Tief, tiefer“ zu einem recht schwermütigen Album gemacht hat und es sagten auch viele, dass ihnen der Schmiss gefehlt hätte, doch zu der damaligen Zeit passte das Album einfach. In gewisser Weise war dieses Album für uns eine Häutung, doch was vor zwei Jahren galt, muss ja nicht zwei Jahre später immer noch gelten, oder? Unser Ziel war und ist es nie gewesen, uns in irgendwelche Fantasy Welten zurückzuziehen, sondern exakt das zu verarbeiten, was uns in der jeweiligen Phase bewegt.

Die Reiter waren musikalisch sowie textlich immer ziemlich nah am aktuellen Geschehen dran und wenn es uns gutgeht, zeigen wir das natürlich auch. Umgekehrt selbstverständlich genauso. Die Polarität hat die Band schon immer befeuert und „Der rote Reiter“ ist schon als Befreiungsschlag aus den eigenen Zwängen zu sehen. Wir wollten mit dem zahnten Album einfach tierisch einen raushauen und so war auch die Attitüde beim Schreiben der Songs. Wir hatten Bock aufs Spielen und nicht auf einen Debattierclub.

Ich hatte anfangs als ich die Promo zugesandt bekam auch ein wenig Bammel, da ich „Tief, tiefer“ noch im Hinterkopf hatte, doch als ich die Scheibe erstmals hörte, hat es mich umgeblasen. War übrigens beim Rouladenbraten (lautes Gelächter) Viele Leute die ich kenne und die die Reiter schätzen meinten, das geht schon zurück zu den Anfangstagen a’la „All you need is love“, sprich Back to the roots…

Du wirst auch irgendwann müde andauernd gesagt zu bekommen, dass die Songs anstrengend oder verkopft wären. Aber ehrlich…als Fan musst du das auch mal aushalten können (lacht). Wir stellen uns ja auch nicht aus Jux und Dollerei auf die Bühne, sondern bringen uns kreativ ein und wollen auch nicht immer dasselbe Album aufnehmen. Nach der Pause waren wir heiß und merkten schnell, dass dies alles sehr direkt sein würde. Fuchs hat in der Vergangenheit immer viel zum Riffing beigetragen, war quasi der Hauptsongwriter, was sich aber in den letzten Jahren schon aufgesplittet hat und jeder was beisteuerte. Ein Album braucht einen roten Faden und der kann meiner Meinung nach nur in einem Kopf entstehen, was bei den letzten Alben der Fall war. Diesmal haben wir kompositorisch tatsächlich einen Schritt in die alten Tage zurück gemacht und jeder hat seinen Senf beigesteuert. Das Ergebnis ist jedenfalls sehr sehr zufriedenstellend.

Das merkt man an Deinem Enthusiasmus, den Du in unserem Gespräch immer wieder durchblitzen lässt. Hörst Du denn das Album immer noch gerne? Manche Musiker nehmen ja irgendwann nach Release erst einmal ein wenig Abstand.

Aber natürlich! Ich finde, das „Der rote Reiter“ mit das geilste Ding ist, was wir jemals rausgehauen haben und ich merke es auch live, dass die noch relativ jungen Songs beim Publikum richtig gut ankommen. Die haben sich schon ihre 2-3 Lieblingssongs rausgepickt, sei es nun „Herz in Flammen“ oder „Auf und nieder“, welches ja eher eine etwas genehmere Nummer ist, oder „The great experience of ecstasy“, welcher ja nun ziemlich brutal ist, wird genauso abgefeiert. Diese Euphorie der Fans, diese Reitermania, habe ich lange nicht mehr so gespürt und das merkten wir auf jedem Gig der Tour. Es ist überall voll, viele ausverkaufte Shows, was nach einer so langen Pause nicht unbedingt als selbstverständlich anzusehen ist. Das uns vorher etwas Wind ins Gesicht geblasen ist, haben wir auch durchgehalten…und jeder hat ja nun seine eigene Meinung. So ist aber natürlich viel angenehmer (lacht).

Thema Tour. Wie kommt es, dass Ihr nur noch von Donnerstag bis Samstag Shows spielt? 24 Stunde Woche bei den Reitern eingeführt?

(lacht) Genau! Das hat sich so ergeben. Wir haben als Musiker das Glück, in Deutschland zu leben und da wir hier eine gute Infrastruktur haben, können wir eine Tour so planen, dass viele aus den jeweiligen Ballungsräumen zu unseren Shows kommen können. Montag bis Mittwoch zu spielen geht natürlich auch, doch wenn man es sich es aussuchen kann, sind Donnerstag bis Samstag natürlich besser. Die Leute sind entspannter, bleiben nach der Show da, da sie tags darauf ja nicht arbeiten müssen…

Also in Berlin zählt der Freitag noch als regulärer Arbeitstag…

Donnerstag ist der kleine Freitag und da kann man sich ja was ausdenken, wenn’s abends zu heftig war. Oder man schleppt sich von 8-12 hin, es wird einem schlecht…oder die Oma muss ins Krankenhaus. Liebe Kinder, nicht nachmachen! Aber wir haben ja auch einen Doktor in der Band, der stellt auf Bedarf auch Krankenscheine am Merchstand aus (Gelächter).

22 Jahre Reiter, 10 Alben, unzählige Gigs. Gib es da eigentlich noch unerfüllte Träume?

Gab es, doch den erfüllen wir uns jetzt. Japan! Im nächsten Jahr machen wir eine Tour und freuen uns wahnsinnig darüber. Liegt auch an dem Umstand, dass wir den Doktor mit Maske dann durch die Straßen laufen lassen können, das alleine zieht schon (lacht). Der Rest der da noch kommen sollte, ist eh Bonus für mich. Es ist schon krass, dass ich schon lange in der band bin. Da wird man irgendwann mal gefragt: Ey, wir brauchen noch jemand der Bass spielt. Dann bin ich dahin und nun sitze ich seit 22 Jahren mit den Typen zusammen und gehst mit denen durch Dick und Dünn (lacht).

Wir haben auch Glück gehabt, dass wir zuweilen zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren, was in der heutigen Musikindustrie mit all den am Reißbrett geplanten Bands durchaus ein Vorteil ist.

Als Kollege vom Deaf Forever drehe ich mal den Spieß um und würde gerne wissen, welche Frage Du Dir selber mal stellen würdest.

Puuuh…da fällt mir fast gar nichts zu ein. Außer, dass ich jetzt nicht so gerne auf Deiner Seite sitzen möchte (lacht). Außerdem bin ich momentan durch die Reiter so dermaßen eingespannt, dass ich meine schreibende Tätigkeit gar nicht ausführe. Letztens wurde ich gefragt, welche Frage ich so nun gar nicht mehr leiden kann. Meist sind das Fragen nach der Biografie oder nach einem Album, welches der Gegenüber noch gar nicht gehört hat. Dann war’s das für mich auch, da ist keine Grundlage für ein Gespräch vorhanden.

Ich beantworte gerne Fragen, die nicht unbedingt was mit Musik zu tun haben. Wo man schon so auf der Welt gewesen ist zum Beispiel. Das ist ja der schöne Nebeneffekt bei uns, dass man eine Menge von der Welt zu sehen bekommt und gerne auch mal nach einer Tour einen oder zwei Tage hintendran hängt, um Land und Leute ein wenig besser kennenzulernen. Das ganze interkulturelle in der Band kommt ja auch von den vielen Reisen, die ein jeder für sich auch unternommen hat und somit freuen wir uns immer am meisten, wenn wir so richtig weit wegfahren und dabei sogar noch Musik machen können.

Eines Deiner Hobbies ist nebenbei noch Whisky…

Und Rum! Das habe ich in unserer Pause ein klein wenig ausgeweitet, denn ich hatte ja Zeit, viel Zeit und somit fing ich an, wie bei einem Plattenreview Notizen über Verköstigungen anzufertigen und die in einem Blog (Whisky Tempel) zu veröffentlichen. Ich bekam dann immer mehr Feedback von Leuten die wollten, dass ich ihre Marke mal probiere. Dann kamen die ersten Preislisten und ich dachte so: Leute, ich bin kein Händler, sondern will einfach nur ein bisschen schreiben (grinst). Jetzt habe ich aber dennoch einen kleinen Online Shop und weiß momentan gar nicht, wie ich das alles schaffen soll.

Und ich bekomme nur CDs zum reviewen. Ich glaube, ich schwenke mal um…

Solltest Du, denn so ein Whisky ist schon etwas leckerer als eine mp³ zum Beispiel (Gelächter)

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