Olaf, Du Herthawurst
Ganz ehrlich, erst durch die Veröffentlichung des 2014er Scheibchens "The last defence" beim Wrietzener Kultlabel FDA Rekotz wurde mir das Nordrhein-Westfälische Todesbleikommando Keitzer überhaupt ins Gedächtnis gerufen und das obwohl die Truppe bereits seit 1999 durch den Untergrund lärmt und jüngst mit dem ebenfalls überragenden "Ascension" die bereits sechste Scheibe in den Orkus jagt. Eigentlich eine Schande und kaum entschuldbar…und genau aus diesem Grund schnappten wir uns Frontmann Christian Chaco und Gitarrist Nicolai Hinse, um diesen mal gehörig auf den Zahn zu fühlen…
Christian, trotz zweier Niederlagen mehr wurde Benfica in der letzten Spielzeit portugiesischer Fussball-Meister vor dem großen Rivalen Sporting, der fast wie Dortmund in der Bundesliga die beste Saison aller Zeiten spielte und trotzdem nur Vize wurde. Wie groß war da Deine Genugtuung?
Christian: Moin Olaf, du Herthawurst, das ist doch endlich mal ein vernünftiger Einstieg für ein Interview! Natürlich gibt es immer eine Genugtuung, wenn die Erzfeinde kein Meistertitel oder sonstige andere Titel holen. Ich hab mich daher auch umso mehr auf den letzten Meistertitel gefreut, da ausgerechnet unser ehemaliger Trainer nach 6Jahren Benfica zum Stadtrivalen gewandert ist.
Als Band aus Nordrhein-Westfalen gab es doch sicherlich einen großen Freudentaumel als der BVB gegen Sporting in der Champions League gewann, oder?
Christian: Klar wie oben schon erwähnt freu ich mich immer wenn Sporting oder auch Porto international nichts gewinnen (lacht).
Angefangen als reine Grindcore Band habt Ihr für meine Ohren seit „Descend into heresy“ die Wandlung zu einer lupenreinen Todesblei Combo vollzogen. Lag das auch am Wechsel zu FDA Rekotz?
Nicolai: Nein, mit dem Wechsel hat das nichts zu tun, diese Entwicklung vollzog sich davon völlig unabhängig. Rico hat uns auch noch nie irgendwelche Vorgaben gemacht, wir sind da völlig unabhängig. Du hast aber Recht, dass die Death-Metal Anteile seit der „Decend into Heresy“ stetig gewachsen sind. Sicherlich finden sich noch Grindcoreelemente, aber dieser Anteil ist geschrumpft. Bewusst ist dieser Wandel jedoch nicht vollzogen worden, sondern wir haben angefangen andere Songs zu schreiben und uns zu entwickeln.
Ich habe eh die Empfindung, dass Ihr, seid Ihr bei Rico in Wrietzen unter Vertrag steht, die Wahrnehmung Keitzers um ein Vielfaches erhöht wurde. Stimmst Du mir dazu? Und wie fühlt es sich überhaupt an, bei dem wohl momentanen besten Label für derbe Mucke zu sein?
Nicolai: Ja, die Wahrnehmung ist dadurch gestiegen und wir fühlen uns weiterhin sehr wohl bei Rico. Wir haben den Wechsel nie bereut und wenn man sich die Entwicklung von F.D.A. In den letzten Jahren mal anschaut, so hat sich da auch einiges getan und FDA ist gewachsen und gereift. Rico hat zum einen einfach eine gute Nase für gute Bands und zum anderen bringt er die Mucke raus, auf die er Bock hat. Darüber hinaus sind er und seine Crew auch einfach menschlich auf unsere Wellenlänge und wenn man sich sieht, hat man einfach Spaß und eine gute Zeit.
Zum neuen Album. Was ist für Dich oder Euch ein Aufstieg („Ascension“)?
Nicolai: Dass wir nun eine Vielzahl von Cds verkaufen und große Festivals spielen (lacht). Im Prinzip ist die neue Platte für uns ein Aufstieg, denn nach unserer Meinung haben wir uns weiterentwickelt und das neue Material ist bislang das Stärkste und Reifste, welches wir bislang geschaffen haben. Wir haben uns zu „The Last Defence“ noch einmal gesteigert und sind stolz auf die Scheibe.
Elmo schrieb in seinem Review, dass Ihr vor Abwechslungsreichtum und Innovation strotzt und neben brutalem Gebolze auch Struktur, Dynamik und Groove vorhanden sind. Das war ja in der Vergangenheit nicht immer so. Gewollt oder eine logische Weiterentwicklung?
Nicolai: Wie bereits erwähnt, eine Weiterentwicklung. Ob diese logisch ist, weiß ich gar nicht. Gewollt ist sie natürlich, sonst hätten wir die Songs nicht aufgenommen, sondern neue geschrieben. Aber wie bereits erwähnt, ist diese Entwicklung nicht wirklich bewusst vollzogen worden. Wir haben uns nicht überlegt „so nun ist Schluss mit Grindcore und wir schreiben Songs nun nur noch in dieser oder jener Art“. Es war ein fließender Prozess. Ernsthaft drüber nachgedacht haben wir nicht.
Eigentlich eine bekloppte Frage, die aber für mich unerlässlich ist, doch wie groß ist Eure eigene Zufriedenheit mit dem neuen Album? Und komm mir nicht mit irgendwelchem „…unser bestes, alle anderen waren doof…“ Gelaber, hahaha.
Nicolai: Natürlich nicht: Keine unsere Scheiben finden wir schlecht, doof etc. aber es ist so, dass wir mit Ascension sehr zufrieden sind und wohl mit noch keiner Scheibe bislang so zufrieden waren. Mit „The Last Defence“ haben wir unseres Erachtens schon einen Schritt nach vorn gemacht, was sicherlich auch durch die professionelle Aufnahme bei Jörg Uken unterstützt worden ist. Mit Ascension sind wir den eingeschlagenen Weg nun konsequent weitergegangen und haben an der Scheibe nichts zu meckern.
Aufgenommen habt Ihr das Teil ja in Rhauderfehn bei Jörg Uken. Ich hatte dieses Jahr das Glück und die Freude, dort ebenfalls ein paar Tage zu verbringen und kann mir vorstellen, dass diese Abgeschiedenheit sich mehr als positiv auf den Aufnahmeprozess ausgewirkt hat, oder?
Nicolai: Es ist wohl mehr die gute Zusammenarbeit mit Jörg. Wir kommen bestens miteinander aus und fühlen uns bei Jörg sehr wohl. Er macht es da aber auch einem nicht schwer. Wir haben bei ihm immer eine gute Zeit und sind traurig, wenn das Budget aufgebraucht ist und wir nach Hause müssen (lacht).
Das gute Stück erscheint exakt an dem Tag, wo wir miteinander sprechen, nämlich den 27.10.2016. Welche Hoffnungen hast Du mit der neuen Scheibe? Die vorab bekanntgewordenen Reaktionen waren ja durchgängig hervorragend…oder gab es auch negative Stimmen?
Nicolai: Wir hoffen natürlich, dass die Scheibe vielen gefallen wird und wir durch die Platte die Möglichkeit haben, auf dem ein oder anderen Festival nächstes Jahr zu spielen. Wir wollen den Kram einfach live präsentieren. Die Reaktionen sind durchweg positiv, klar wird es auch immer welche geben, denen es nicht zusagt und nicht gefällt, aber man kann es eh nicht allen recht machen.
Leider ist es ja in den letzten Jahren für härtere Bands extrem schwierig geworden, eine komplette Tour zu fahren und von daher werden Festivalauftritte immer wichtiger. Doch selbst da konnte ich Euch in der letzten Zeit kaum sehen. Woran lag das und werdet Ihr diesen Umstand in 2017 ändern?
Nicolai: Das wissen wir selber nicht so genau. Wir würden gerne Festivals spielen, aber es ist nicht ganz so einfach. Wer uns buchen will soll sich melden, wir haben jedenfalls Bock! Wenn es nach uns geht, werden wir 2017 mehr Konzerte und Festivals spielen.
Wie werdet Ihr jetzt „Ascension“ promoten? Was steht in nächster Zeit so an?
Nicolai: FDA macht da ja immer einiges an Werbung und es gibt bereits ein Video zu einem Song der neuen Scheibe. Ansonsten werden wir vermehrt im Netz auf uns aufmerksam machen und hoffentlich durch Konzerte die Scheibe bewerben.
Wenn Ihr jetzt die Möglichkeit hättet mit 2 Bands Eures Labels zusammen eine Tour zu bestreiten, wer wäre das und warum?
Nicolai: Oh schwere Frage, wer ist denn alles bei Rico?? Mhm, eventuell Incarceration und Weak Aside. Die neue Scheibe von Incarceration ist geil und dieses Package wäre ein fettes Brett.
Wenn Du einen Wunsch frei hättest in Bezug auf Keitzer…welcher wäre das?
Nicolai: 1 Jahr keine anderen Verpflichtungen, sich ganz auf die Band konzentrieren und eine große Welttournee (lacht).
Ich danke Dir für Deine Zeit, sage Muito obrigado und gewähre Dir gerne die Möglichkeit, die letzten Worte an unsere Leserschaft zu richten und Ihnen mitzuteilen, warum kein Weg an Keitzer vorbeiführt…
Nicolai: Das soll die Leserschaft selbst herausfinden, indem sie sich die neue Scheibe anhört und hoffentlich sieht man sich auf mind. einem unsere Konzerte. Vielen Dank für das Interview