Label: Century Media
VÖ: 20.03.2020
Stil: Deathcore
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Was soll man einleitend groß zu Heaven shall burn schreiben? Jeder kennt die Krachmucker aus Thüringen und jeder sollte bis heute, ob ihm die Mucke gefällt oder nicht, neidlos anerkennen, dass sich die Jungs ihren Erfolg mehr als hart erarbeitet und dementsprechend vollends verdient haben. Nun also Album Nummer Neun, welches die fast unüberbrückbare Aufgabe hat, mein Lieblingsalbum und Vorgänger „Wanderer“ toppen zu müssen, was bei einem Doppelalbum durchaus nicht einfach sein wird. Aber schauen wir einfach mal und widmen wir uns bleich mit CD Nummer 1.
Allein das gezockte Intro „March of retribution“ presst einen schon an die Wand und wenn die Thüringer mit „Thoughts and prayers“ ins Geschehen eingreifen, gibt es kein Halten mehr und der Nachbar wählt schon mal vorsorglich die 110. DAS sind HSB in Reinkultur, kompromisslos, knüppelhart und selbst der akustische Mittelteil packt einen sofort an den Testikeln. „Eradicate“ prügelt einem dann dezent die Scheiße aus dem Leib, während „Protector“ dann ein wenig melodiöser aber nicht minder brutal aus den Boxen ballert.
Der erste Überhit folgt dann mit „Übermacht“, der mit einem leichten Elektrobeat beginnend sich zu einem tierisch Mosh Monster entwickelt und mir nicht mehr aus dem Kopf geht. Ein Kandidat für einen festen Platz in jeder zukünftigen Setlist des Quintetts. Das bereits im Vorfeld veröffentlichte „My heart and the ocean“ war dafür verantwortlich, dass ich dem Album mit etwas gemischten Gefühlen entgegenblickte, denn in meinen Augen gehört dieser zu den schwächeren Nummern von HSB, was sich hier erneut bestätigt, doch wenn das vorherige Material so eminent stark ist, fällt dieser, musikalische kleine Ausfall nicht weiter ins Gewicht, denn über den textlichen Inhalt ist jeglicher Zweifel erhaben (siehe das Video weiter unten).
Mit einem ruhigen Piano und dezenten Streichern beginnt mit fast 8 Minuten der längste Track der ersten CD namens „Expatriate“, der nach einer sehr experimentellen und fast nach Ministry anmutenden Tirade kurz in einem kleinen Doom Deather mutiert, um dann wieder in die ziemlich ungewohnte Klang Coulage zurück zu fallen. Allerdings ist der auf Deutsch verfasste Rest dieses außergewöhnlichen Stückes ziemlich aufrüttelnd, obgleich der Song in seiner Gesamtheit tierisch aus dem Rahmen fällt und nicht unbedingt zu meinen Favoriten zählt. Den Wake up call gibt es dann allerdings mit der Todesbleibombe „What war means“, der einen sofort aus der Lethargie zurück auf den Boden der Tatsachen holt und einen kräftig durchschüttelt. „Terminate the unconcern“ ist dann wieder typisch HSB mit allen Trademarks, die man seit jeher von der Band kennt und von daher leider ausrechenbar und nicht unbedingt innovativ oder würdig, in meine 2020 Best of Liste Einzug zu halten, wie es einige Vorgänger Songs hingegen locker schafften. Das komplett von Streichern eingespielte „The ashes of my enemies“ beschließt dann die erste CD stimmungsvoll und man kann in der Pause nun in Ruhe seinen Rotkäppchen Sekt schlürfen und schnell mal eine rauchen, bevor der Platzanweiser zur erneuten Einnahme der Sitzplätze läutet und CD Nummer zwoo beginnt.
Mit „Children of a lesser god“ hat man gleich die zweite Hitsingle als Opener gewählt, denn der Refrain manifestiert sich sofort in dem Teil des Hirns, der für die Speicherung von Ohrwürmern zuständig ist und man singt spätestens nach 2 Minuten inbrünstig mit. Dieses Vergnügen stoppt dann aber abrupt, als mit „La resistance“ ein tanzbarer Mix aus Techno und Industrial aus den Boxen wabert, der zwar immer noch durch die angepissten Vocals von Marcus Bischoff lebt, aber so gar nicht ins Konzept passen will. Ich muss allerdings zugeben, dass ich nach mehrmaligem Hören auch hier Gefallen daran gefunden habe, warum auch immer.
Wo ich auf der ersten CD noch dachte, ich hätte bei „Expatriate“ auf CD 1 Mille von Kreator herausgehört, gibt es nun bei „The sorrows of vioctory“ keinerlei Zweifel, dass hier Hansi Kürsch von Blind Guardian der Band einen Besuch abstattet und somit für ein starkes Hörerlebnis sorgt. Nicht das der krachende Midtempo Song seine Hilfe gebraucht hätte, doch er macht ihn noch eine Spur interessanter, was bei einer Länge von achteinhalb Minuten auch von Vorteil ist. Da kann der Deather „Stateless“ leider überhaupt nicht mithalten und fällt bei insgesamt 19 Songs hinten etwas runter. Werden viele von Euch sicherlich anders sehen, doch damit kann ich leben. „Tirpitz“ ist dann schon ein vollkommen anderes Kaliber, denn ebenso wie das größte jemals erbaute deutsche Schlachtschiff, rammt diese HSB Bombe einem ein Loch in die Wand. Ebenso ein Highlight des Albums und ich glaube mich zu erinnern, dass dieses Schiff sogar mein T-Shirt ziert, welches ich mir am Nikolaus Tag anno 2009 in der mir damals nicht passenden Größe L kaufte, was dann allerdings drei Jahre passte und sogar an der Hüfte ein wenig schlackerte. Eine kleine Anekdote am Rande.
„Truther“ ist dann wieder ein Todeblei Bratzen der vorzüglichsten Sorte, der mit seinen etwas über zweieinhalb Minuten zwar nicht besonders lang geraten ist, dennoch vollkommen ausreicht, einigen Bands des Genres die Schweißperlen auf die Stirn zu meißeln. Mit dem darauffolgenden Nuclear Assault Cover von „Critical mass“ hat man sich zwar einen textlich mehr als passenden Song für das Heaven shall burn’sche Universum auserkoren, die Durchführung allerdings hat nicht einmal ansatzweise den Schmiss der von Crisix ebenfalls verwursteten Version von letztem Jahr. Sei’s drum, denn mit „Eagles among vultures“ hat man dann wieder ein Monster aus der hauseigenen Feder vorzuweisen, der ebenfalls live für einige Turbulenzen im Pit sorgen sollte. Doch nun kommt ein wenig Wehmut auf, da mit „Weakness leaving my heart“ der letzte Song ansteht, bei dem HSB noch einmal alles in die Waagschale werfen und jede nur so kleine auf dem Album vorhandene Facette noch einmal kompakt bündeln. Nach vier Minuten Piano und Streichern legen die fünf sich noch einmal quer, sagen auf heftigste Weise „Tschüss“ und hinterlssen einen vollkommen zufriedenen Redakteur, der sich gewiss ist, eines der bedeutendsten, wenn auch nicht besten Werke des laufenden Jahres gehört zu haben, welches eine unfassbare Halbwertszeit aufweisen wird.
Allein für dem Umstand, dass HSB ein Doppelalbum an den Start gebracht haben, gebührt ihnen Lob, Anerkennung und Respekt und mindestens ein halber Punkt in der Endabrechnung mehr. Ebenso der Umstand, dass die Thüringer dieses Medium exzellent ausgenutzt haben, um sich komplett auszutoben und kreativ zu entleeren. Da hat man als Hörer schon eine Weile dran zu knabbern, zu entdecken und immer neu zu analysieren. Dementsprechend kann und darf man ohne Abstriche von einem großartigen Abwechslungsreichtum sprechen.
Die erneut brutale Produktion unter Mithilfe von Eike Freese bohrt einem Löcher in die Schädeldecke, drückt einem die Maden aus dem Wanst und unterstreicht einmal mehr die musikalische Brutalität der Herren HSB, die mit diesem Doppelalbum einen weiten Weg hinter sich gebracht haben und erfolgreich ins Ziel gekommen sind. Kurzum: Eine mehr als gerechtfertigte Kaufempfehlung und bereits jetzt vorab Glückwunsch zur erwartenden Nummer 1 in den deutschen Media Control Verkaufscharts.
Bewertung: 9,0 von 10 Punkten
Tracklist:
CD1
01. March of retribution
02. Thoughts and prayers
03. Eradicate
04. Protector
05. Übermacht
06. My heart and the ocean
07. Expatriate
08. What war means
09. Terminate the unconcern
10. The ashes of my enemies
CD 2
01. Children of a lesser god
02. La Resistance
03. The sorrows of victory
04. Stateless
05. Tirpitz
06. Truther
07. Critical mass
08. Eagles among vultures
09. Weakness leaving my heart
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