ABWECHSLUNG PUR UND MAIDEN LIVE
TAG 1 TAG 2
Wenn Engel eine Reise tun. Herrlichster Sonnenschein, kaltes Bier und zwei gutgelaunte Redakteure starteten gegen 12 aus Berlin, um erstmals das Rock unter den Eichen zu begutachten, welches von vielen Seiten als absolutes Highlight gepriesen wurde und somit einer genaueren Untersuchung bedurfte. Vorher galt es aber noch die Elbe zu überqueren, welches uns noch eine kleine Bootsfahrt bescherte, eine 70.000 tons of Metal light quasi, allerdings ohne zollfreien Einkauf. Schande. Danach war es nur noch ein Katzensprung und wir errichteten unser Camp in einer idyllischen Waldlichtung, umgeben von herrlichem Getier, welches einem permanent um die Birne kreiste und nach unserem Blut trachtete, doch wer mit Schrod unterwegs ist weiß, dass Gutste immer auf alle Eventualitäten vorbereitet ist und mit einem sündhaft teuren Anti Insekten Spray bei mir zu punkten wusste. Top der Mann. Dann schoss auch noch Morten auf den Platz und nach Einlagerung der polnischen Gerstensäfte ging es Richtung Bühne, denn wir waren ja nicht zum Spaß hier…
Aufgrund unser etwas späteren Anreise konnten wir den Opener Extint nicht mehr sehen (was nicht verwunderlich war, denn die Jungs spielten erst Samstag) und somit starteten wir mit den Berliner Grindern von Henry Fonda, die vor einem recht spärlich besetzten Auditorium ihre Weisen zum Besten gaben. Da wurde ein derbes Brett geklöppelt, welches dennoch bei den Leuten ziemlichen Anklang fand, mir persönlich allerdings nach einer kurzen Dauer zu eintönig wurde. Technisch durchaus ok, songtechnisch gibt es in diesem Subgenre aber weitaus hochwertigeres. Aber als Untermalung während der näheren Inspektion des Festival Areals allemal akzeptabel und somit schlenderte ich über den Platz und stellte ziemlich schnell fest, wie malerisch und landschaftlich großartig gelegen diese Location ist. Wernesgrüner vom Fass, allerlei vom Grill, so muss das. Hier und da wurden ein paar Hände geschüttelt, drei Meter dumm gequatscht und auf die nächste Band Nummer gewartet.
Pripjat konnten erneut mehr als überzeugen! Leider waren die zahlenden Gäste mehr damit beschäftigt an ihren Zelten zu hocken und zu saufen, statt dem Kölner Thrash Express den Respekt zu zollen, den sie sich so langsam mal verdient haben, denn neben Space Chaser sind Pripjat DIE Band der Stunde im teutonischen Thrash Unterholz. Wie nicht anders zu erwarten war ballerte der Vierer eine Granate nach der anderen ab, beackerte jeden Bühnenmillimeter und begeisterte restlos. Die paar Leute, die sich vor der Bühne einfanden, hatten jedenfalls ihren Spaß, ließen die Haare fliegen und starteten sogar einen kleinen Moshpit. Pripjat ließen sich davon anstecken und boten einen grandiosen Auftritt, wie eigentlich immer und wer dieses großartige Band immer noch nicht live gesehen hat, sollte dies endlich mal nachholen. Pflichtsieg!
2 Jahre hat nun mittlerweile das letzte, hochgelobte Album „Unchained“ der Melodic Death von Burden of Grief auf dem Buckel, was eigentlich den Umkehrschluss zulassen müsste, dass endlich mal neues Material der Mannen aus Kassel auf dem Plattenteller landen müsste. Doch bis es soweit ist, „muss“ man sich mit einer energetischen und großartigen Performance auf der Bühne begnügen, von der die Jungs allerdings an diesem Tag eine ganze auf der Pfanne hatten. Das machte richtig Spaß und trat mächtig in den Allerwertesten. Ebenso wie die darauffolgenden Fleshless. Der tschechische Todesblei Express zeigte eine fette Show, sägte ein mächtiges Brett und huldigte dem altvorderen Todesblei. Riffs ohne Ende, tolle Songs, doch leider wieder Wenige vor der Bühne. Was soll da denn noch passieren, dass die Faulnasen ihre Ärsche von der Wiese erheben?
Vor Fleshless startete das Projekt "Wie überbrücke ich die Umbaupause", denn im Vorfeld wurden Powerslave (mehr dazu an Tag 2) und die Coverheroen von Eisenkarl verpflichtet, die jeweils in 5 Slots das Volk bei Laune halten sollten, was an diesem ersten Tag den Mannen aus Meppen hervorragend gelang. Im ersten Teil gaben die Mannen schon Vollgas und konnten sich nach anfänglicher Eingewöhnungsphase des Publikums schnell viele Sympathien erspielen. Klar, wenn man solch eine Setlist hat:
For whom the bells tolls
Cowboys from hell
Dirty deeds
Know your enemy
Bomber
Da war man doch gespannt auf den zweiten Slot...
...der dann auch zünftig mit "Fade to black" eingeläutet wurde und obwohl ein paar Maulnasen mit der Interpretation Eisenkarls nicht zufrieden waren...ich fands ausgesprochen gut und vor allem war es Livemucke! Und exakt das ist es, was ich an diesem hier neu erlebten Konzept so gut fand, denn statt Konserve gab es hier Frischfleisch...und das vom feinsten:
Fade to black
Even flow
South of heaven
Orgasmatorn (Sepultura Style)
Ja, auch wenn ich diverse spöttische Kommentare über mich ergehen lassen musste...ich freute mich tierisch auf die Excrementory Grindfuckers und war damit auch nicht alleine, was die stattliche Anzahl von Leuten vor der Bühne eindrucksvoll unter Beweis stellte. Da flog Konfetti, es wurde mitgesungen und auch endlich entstand vor der Bühne so etwas wie ausgelassenes Festivalfeeling. Die Fuckers waren in Spiellaune, hatten eine herrlich durchgeknallte Setlist und verbreiteten unbändigen Spaß. Ok, ich mag die Jungs auch mehr im Club, aber hier in Bertingen hatten die Niedersachsen von Anfang bis Ende den Grindcore Gott auf ihrer Seite und erfreuten die langjährigen Fans ebenso wie jene, die vorher noch nichts von der Truppe gehört hatten. Klasse!
Da mich andere Verpflichtungen nun etwas einschränkten, konnte ich die folgenden Slots von Eisenkarl nur zur Hälfte begutachten und stellte fest, dass trotz den Pausen zwischen den einzelnen Slots die Jungs voll konzentriert und straight zur Sache gingen und nun auch mehr Leute das Konzept verinnerlicht hatten und sensationell mitgingen. Ich weiß jedenfalls, dass ich für die geplante Zephyr's Odem Covernight die Jungs ganz dick auf meinem Zettel habe...
Da is der gute Paule Speckmann und Master natürlich eine ganz andere Kategorie, vor allem ernster und dementsprechend straight langte der Exil-Tscheche mit seinen beiden Mitstreitern voll hin und konnte, unterstützt mit einem Mödersound, das nun proppevolle Infield vom ersten Takt an begeistern. Das groovte, ballerte und rumste, dass es eine wahre Wonne war. Speckmann ist einfach ein Blickfang und bietet dazu noch grundsoliden Todesstahl, der einfach zum abmoshen animiert. Auch vor und nach der Show war sich diese Szeneikone für keinerlei Schandtat zu schade, posierte für Fotos und trank mit mir und den Jungs vom GUC Stand den einen oder anderen Schnaps. Dies hatte allerdings zur Folge, dass ich später ziemlich angeschlagen die letzten Bands mit einem Auge bemustern konnte und dementsprechend Morten in die Breche springen musste. Achja…Master waren natürlich Killer. Hat das irgendwer anders erwartet?
Death Metal, wie er für meinen Geschmack einfach sein muss: Groovig, gerade genug Melodie, um sich ein klein wenig von der breiten Masse abzuheben und dabei aber doch flott genug, um der Seele des Death Metal's treu zu bleiben. So auch nun hier beim RUDE. Super entspannte Typen, die Holländer. Wie lange mag es her sein? Ich glaube 2005, beim With Full Force Festival, hatte ich meine erste und bis dato letzte Live-Berührung mit God Dethroned. Warum eigentlich? Ach ja, die Auflösung (2010) ...Die Neugründung (2015). Und nun, locker ein Jahr nach der Wiedervereinigung, scheinen die Herren vollkommen neu entflammt, bereit, Gott erneut zu entmannen, ääähm, entthronen.
An den Start ging es hier mit so ziemlich allen Klassikern der Diskographie sowie – selbstverständlich – auch neuen Spitzenbrechern! Überzeugend an allen Fronten also, sei es menschlich oder musikalisch. Souverän, und mit einem panzerhaften Groove – Geil! Das überzeugt und macht mächtig Bock auf das neue Material. Schön euch wieder zu haben, Jungs! Und nun…Bühne frei für Destruction…
Also, wenn man das deutsche Thrash-Trio kennt, weiß man ja, worauf man sich einlässt. So auch ich... Immer und immer wieder fällt einfach auf, dass bei vielen, der musikalisch sehr „True“ gebliebenen Bands einfach die Action auf der Bühne fehlt. So leider auch, mal wieder, hier bei Destruction. Das war in allen Lebenslagen wirklich musikalisch akkurat, keine Frage, hat geknallt.
Wenn ich dann aber eine Setlänge von +/- achtzig anberaumten Minuten bekomme und mir dann über die ganze Zeit drei Typen anschaue, die einfach nur auf sehr nüchterne Art und Weise „ihren Job“ durchziehen, langweilt mich persönlich das bereits nach zehn Minuten. Dies ist sehr schade, wie ich finde, denn auf die Ton- und Klanggebung kann man beim besten Willen nicht meckern, das war super. Die Setlist war für meinen Geschmack auch super gewählt und trotzdem hat mir einfach ein kleines bisschen Begeisterung seitens der Musiker gefehlt...schade. Ich war wohl auch nicht der einzige, der das so empfand – Beständig lichteten sich die Reihen vor der Bühne, was aber den Headliner des ersten Abends nicht davon abhielt höflich „Danke“ zu sagen und das sogar mit einem Bombardement aus Plektren und anderen Bühnengütern. Belohnt wurde also, wer bis zum Ende durchhielt. Nun ja, gerne wieder, beim nächsten Mal aber wieder mit mehr Elan, Männer.[Morten]
Alles in allem ein großartiger erster Tag, der leider etwas zu feuchtfröhlich endete. Ganz wichtig noch einmal zu erwähnen ist das Experiment, während der späteren Umbaupausen auf einer kleinen Bühne zwei Bands aufspielen zu lassen, um die zeitlichen Lücken zu überbrücken. Fazit dazu: Riesige Idee, die am Folgetag allerdings noch gesteigert werden sollte.
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