Nostalgie ist das Heroin der Alten

Tja, so ein bißchen AC/DC sind wir ja alle, der Eine mehr, der Andere weniger und ich gehöre definitiv zur zweiten Kategorie, fand ich doch die Eidgenossen von Krokus seit jeher besser, eingängiger und einfach rockiger. Jaja, auch solche Menschen muss es geben und daher war ich tierisch von den Socken als mir eines Tages ein Interviewangebot mit Rocklegende Chris von Rohr auf den Schreibtisch flatterte, um mit der Koryphäe an den vier Saiten ausführlich über das neue Album „Dirty dynamite“ zu plaudern, was der mehr als Sympathische Chris (jaja, es gibt neben unserem tatsächlich noch einen…) ausgiebig und mit sehr viel Elan tat. Und da die Jungs im legendären Abbey Road Studio das Album eintüteten, dazu noch eine mehr als geniale Version des Beatles Klassikers „Help“ einzimmerten war schnell klar: Das wird interessant. Wurde es auch, als Chris exakt und fast auf die Sekunde um 11:30 Uhr bei mir durchklingelte…

Die Schweizer Präzision…pünktlich wie ein Uhrwerk…

Yeah…sei gegrüßt aus der verschneiten Schweiz. Mann, was heutzutage alles möglich ist, hahaha. So, ich freue mich auf Deine Fragen und kann Dir jetzt schon versichern, dass Du mich nach dem Interview richtig gut kennengelernt hast…Und die Präzision versuche ich bei Gesprächsterminen exakt genauso einzuhalten, wie auf unserem neuen Album…

Chris, Krokus gehen ins 38.Jahr ihres Bestehens. Was treibt Dich weiterhin an, Musik zu machen? Nach so einer langen Zeit am oberen Limit könnte man doch ruhig mal an den Ruhestand denken…

Wenn ich mir die antiseptische und digitale Demenz anschaue und anhöre, die da so momentan veröffentlicht wird, muss doch eine echte und authentische, live erprobte und durch viele Feuer gegangene Rockband mal wieder für Ordnung sorgen, hahaha. Außerdem betrachte ich Musik zu machen, rauszugehen um zu spielen und in der Welt herum zu touren als eines der letzten echten und handgemachten Abenteuer, die es noch so gibt. Und das ich das noch erleben darf…für mich ist die Musik ganz klar eine Therapie und ein Jungbrunnen. Musik ist mein Leben und kein Jackett, was man irgendwann einfach abstreifen kann, um sich auf’s Altenteil zurück zu ziehen. Seriös gesagt kann uns eigentlich nur irgendein gesundheitliches Problem stoppen. Es gibt keine Fehden mehr und in dieser Zusammensetzung ist es die beste Band, die je unter dem NamenKrokus unterwegs war. Es ist die klassische Zusammensetzung, zu der noch Mandy Meyer als dritter Gitarrist und Helloween Drummer Dani Loeble hinzugekommen sind. Da uns der liebe Gott leider nicht in seine Pläne einweiht kann ich Dir echt nicht sagen, wie lange es noch mit uns weitergeht, aber das 40. wollen wir noch schaffen.

In solch einer langen Karriere, gibt es da ein bestimmtes, ein wegweisendes Erlebnis, von dem Du selbst noch in 20 Jahren Deinen Urenkeln erzählen wirst?

Da gab’s etliche. Wir haben wahnsinnig viele Stadion Gigs gehabt, aber die Konzerte im Hammersmith Odeon waren da schon was ganz Besonderes. Du träumst als junger Musiker immer davon, in England Fuß zu fassen und dann verkaufst du zweimal hintereinander das Odeon aus. Die Konzerte in Amerika, das Texas Jam…ich kann kein einzelnes Erlebnis herauspicken, doch wenn es nach einer langen und entbehrungsreichen Zeit plötzlich losgeht, kommen wahnsinnig viele unvergessliche Eindrücke zustande. Unser Durchbruch in England, die ersten goldenen Platten…es gab viele Highlights.

Nun also Album Nummer 17 mit dem Titel „Dirty dynamite“. In meinen Augen Eure beste Veröffentlichung seit „Round 13“. Frisch, knackig, ergreifend und vor allem bei diesem momentanen Dreckswetter eine herrliche akustische Reise in wärme Gefilde. Danke dafür. Selber zufrieden?

Wow, das ist ja mal ein Statement, was ich so auch noch nie gehört habe…eine Reise in wärmere Gefilde, sehr poetisch, danke dafür. Wir sind mehr als zufrieden, denn im Gegensatz zu „Hoodoo“ haben wir uns diesmal richtig viel Zeit fürs Komponieren gelassen, fast ein Jahr und nach der anfänglichen Ehrfurcht nach der Reunion sind wir mittlerweile als Band richtig zusammengewachsen. Die Platte ist rockiger, rotziger und songtechnisch weitaus besser ausgefallen, als so mancher Vorgänger. Wir alle in der Band sind der Meinung, dass das Album nahtlos an unsere Big 4 Alben „Metal rendez-vous“, „Hardware“, „One vice at a time“ und „Headhunter“ anschließt. Das sind unsere musikalische Visitenkarten, die auch in Amerika richtig erfolgreich waren und ich finde, dass „Dirty dynamite“ dort perfekt reinpasst. Wenn Du das fertige Produkt in den Fingern hast, dass Digipack, wirst Du sehen, wie sehr die Qualität an die von mir angesprochenen Alben heranreicht. Die Alben dazwischen nehme ich mal raus, denn das war, ganz böse formuliert, eher eine Krokus Coverband. Ob wir allerdings mit dieser Einschätzung Recht behalten, sollen letztendlich die Fans entscheiden.

Wie kann man die Bulldogge auf dem Albumcover interpretieren?

Hunde, wollt Ihr ewig rocken, ganz einfach. Und die Antwort darauf ist noch simpler: Hunde müssen ewig rocken (lacht). So kann man das interpretieren. Wir wollten einfach keinen weiteren Totenkopf, sondern was Anderes.

Ihr seid also auf den Hund gekommen…

Nicht unbedingt (lacht). Wir sind alle streunende Rockhunde.

Euren Turnus von 3-4 Jahren zwischen den Veröffentlichungen habt Ihr ja prima eingehalten und da die neuen Songs einen unglaublichen Drive haben kann ich mir vorstellen, dass die Entstehungsphase, trotz der langen Zeit des Komponierens, doch ziemlich entspannt war…

Wir haben uns während des Songwritings einfach immer vor Augen gehalten, ob wir die Songs auch live spielen und ob die neuen Stücke neben unseren Klassikern bestehen können und dafür brauchst du Zeit und darfst nichts übers Knie brechen. Und wenn man zu selbstverliebt an die Sache herangeht, geht das in die Hose. Ja, in gewissem Sinne war es dennoch eine sehr entspannte Entstehungsphase.

Hast Du denn überhaupt noch Platz an der Wand für eine weitere goldene CD, die ja unweigerlich kommen wird?

Ja, ich habe letztens angebaut, hahaha.

Eure Interpretation des Beatles Klassikers „Help“ ist ja wohl die absolute Obergranate geworden. Bekommt man da als Musiker nicht selbst Gänsehaut, wenn man solch ein legendäres Stück in seiner eigenen Version hört?

Darauf kannst Du wetten (lacht). Bislang habe ich aber nur positives Feedback von Frauen zu dem Song bekommen (oha-Olaf). Ich finde immer, dass wenn man einen Coversong macht auch vorher schauen muss, ob eine eigene Interpretation überhaupt möglich ist und mit diesem Song, dieser Botschaft „When I was younger so much younger than today I never needed anybody's help in any way…But now these days are gone I'm not so self assured“…das paste einfach perfekt zu uns und ich denke, das heute der Ringo Starr, Paul McCartney und von mir aus auch Yoko Ono sagen würden: Das ist geil, einfach geil (lacht). Freut mich auf jeden Fall, dass Dir der Song genauso gut gefällt wie mir.

Wer ist denn eigentlich auf diese kolossale Idee gekommen?

Das war meine Idee, denn die Aufnahmen haben wir ja im legendären Abbey Road Studio gemacht und irgendwie war da im Vorfeld schon klar, dass wir irgendeine Hommage an diese vergangenen Zeiten bringen müssen, mit der wir ja groß geworden sind. Die Stones, Beatles, Hendrix…und plötzlich bist du an diesem magischen Ort, wo auch noch ein Amp von Keith Richards und ne Wasserpfeife von der Ono rumsteht, die Mikrofone von John Lennon herumliegen…da kommst man zwangsläufig auf allerhand Ideen (lacht).

Marc Storace liefert auf „Dirty dynamite“ eine mehr als hervorragende Performance ab. Was habt Ihr ihm denn in den Tee gemischt, dass er klingt wie ein junger Gott?

Hahaha. Ich habe ja als Produzent die Aufgabe, die Jungs zu motivieren und alles aus ihnen herauszuholen. Musik ist Emotion pur und wenn du dann noch an solch einem magischen Ort bist, wo jeden Tag auf diesem weltbekannten Zebrastreifen eine Party stattfindet und alles noch nicht „totrenoviert“ ist, dann kann man als Sänger unabwendbar nur Minimum 120% geben (lacht). Er hatte einfach keine andere Wahl. Für mich als Produzent war es das Beste, was ich je gemacht habe und Marc hat sich buchstäblich in einen Rausch gesungen.

Ihr habt ja Mandy Meyer seit letztem Jahr als festes Mitglied in der Band. Nun ist er ja auch noch Mitglied bei Unisonic. Keine Angst, dass da was kollidieren könnte und vor allem, ist Krokus seine oberste Priorität?

(klingt irgendwie aufgesetzt ernst) Ich denke schon, dass Krokus seine oberste Priorität ist und mit ihm in der Band sind wir noch stärker geworden. Er ist mehr der Melancholische, der Balladeske und ist daher die perfekte Ergänzung zu Fernando von Arb, der mehr der „Chuck Berry“-lastige ist, während Mandy eher das Filigrane bevorzugt. Außerdem ist es ja auch gar nicht klar, wie es in Zukunft mit Unisonic weitergeht und außerdem sind die Zeiten von dreijährigen Tourneen eh schon lange vorbei. Ich denke, dass sich das bestens jonglieren lässt.

So ein famoses Album schreit förmlich danach, live supportet zu werden. Also, wann geht’s wo los?

Vor allem hoffe ich, dass wir endlich mal wieder nach Berlin kommen, das ist viel zu lange her. Da sollen sich mal die Veranstalter etwas auf den Hosenboden setzen. Wir hatten ja das letzte Video zu „Hoodoo Woman“ in Berlin in so einem saukalten Kellerloch gedreht und da sagte ich mir schon, dass dies doch nicht allein Berlin sein kann, da muss doch noch was kommen. Wir werden uns schon was Schickes für Deutschland zusammenstellen.

Was hältst Du persönlich von Bands wie beispielsweise Airborne, die dem traditionellen Hardrock einen mehr als frischen Wind verpasst haben?

Ich will hier Kollegen nicht bashen, doch für mich ist es zwar eine sehr gute und vor allem energetische Band, doch es fehlen einfach die ganz großen Songs. Sie sind gut, zweifelsohne, doch gerade als neue Band brauchst du unbedingt richtige Ausnahmesongs…und das fehlt den Jungs noch.

Wird man eigentlich nach all den Jahren, wo man eben solche Bands zuhauf hat kommen und gehen sehen, irgendwann melancholisch?

Nein…obwohl ich gerne an die Sixties und Seventies zurückdenke und wie sagt man doch so schön: „Nostalgie ist das Heroin der Alten“ (lacht). Alles war damals noch nicht so verbraucht, so business-lastig, es war alles ein reiner, purer. Daran denke ich gerne, doch da ich momentan der Meinung bin, dass wir die beste Band haben, erspare ich mir dann doch den Blick zurück. Ich bin sowieso ein Mensch, der im Hier und Jetzt lebt, mein Jetzt ist meine Zukunft und ich bin stets neugierig geblieben. Das Leben ist einfach spannend und irgendwie kommt immer wieder eine neue Überraschung auf dich zu. Allein schon die Festivals: Loreley, Sweden Rock, Hellfest..ich komme doch dadurch gar nicht dazu, irgendwelche schlechte Laune zu haben, hahaha.

Als Rocker ist es mittlerweile in der Schweiz etwas nervig, als Autofahrer unterwegs zu sein und permanent diese Alkoholtester dabei zu haben, vor allem wenn man bedenkt wie schwierig es ist, die Teile in Deutschland zu bekommen. Da ist ja wohl nix mehr mit Drugs & Rock’n’Roll oder wie siehst Du das?

Darum kaufe ich mir jetzt einen kleinen Hummer, denn mit diesem Auto lassen sie dich hier komischerweise in Ruhe. Hummer soll man fahren und nicht essen (lacht). Es ist schon furchtbar mit all den Vorschriften, doch man muss selber seinen Weg durch all diese Widrigkeiten finden, die einem der Staat vor die Füße wirft. Doch das erlebt Ihr in Deutschland ja noch schlimmer mit der zentralistischen Verstaatlichung und überall reden die Politiker rein. Immer mehr Steuern, immer mehr Abgaben, das muss bekämpft werden. Bei Euch ist es ja noch viel schlimmer, was Ihr an Steuern bezahlt…

Deswegen kommen ja auch so viele Deutsche zu Euch…

Und die sind alle herzlich willkommen! Ich würde ebenfalls in die Schweiz gehen denn ich habe keinen Bock, mein ganzes Leben lang zu arbeiten, um dann einen Staat zu subventionieren. Danke, nein!

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